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Im April 2002 bat die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft um die Abdruckgenehmigung zweier Artikel von Peter Kratz über den Rassehygieniker und Eugeniker Magnus Hirschfeld, dessen Arbeiten die Nazi-Eugenik mit vorbereiteten. Hirschfeld, der als Jude nach den Nazi-Gesetzen verfolgt wurde, hatte sich aus dem Exil 1934/35 noch vorsichtig positiv über das Nazi-Eugenik-Gesetzgeäußert und lediglich kritisiert, daß die Eugenik nun auch gegen Juden "mißbraucht" werde. Die Abdruckgenehmigung wurde selbstverständlich nicht erteilt. Wir dokumentieren hier die Anfrage und unsere Antwort. 

MAGNUS-HIRSCHFELD-GESELLSCHAFT e.V.
FORSCHUNGSSTELLE ZUR GESCHICHTE
DER SEXUALWISSENSCHAFT
...

Berlin, Montag, 22. April 2002
 

Betreff: Bitte um Veröffentlichung

Sehr geehrter Herr Kratz,

im Auftrag der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft bereite ich die Herausgabe einer Textsammlung zur kritischen Hirschfeld-Rezeption vor. In die Sammlung, die in Buchform veröffentlicht werden soll, würde ich gern ihre Aufsätze
Der Streicher des Sex. In: Konkret, 4/2000
Das falsche Idol. In: Gigi, 7/2000, S. 8-13
aufnehmen.

Aus Anlaß des zwanzigjährigen Bestehens der MHG soll mit dem Band ein Überblick über die kritische Auseinandersetzung mit dem Schaffen Magnus Hirschfelds gegeben werden, wie sie von 1983 bis heute stattgefunden hat. Vor dem Hintergrund der Bestrebungen zur Gründung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung soll der Reader Material für ein kritisches Resümee liefern und Ausgangspunkte für weitere Diskussionen bieten, so z.B. für eine Hirschfeld-Tagung, die das Moses-Mendelssohn-Zentrum für europäisch-jüdische Studien, Potsam, für das Frühjahr 2003 plant.

Die Textsammlung wird im Rahmen der von der MHG herausgegebenen Schriftenreihe "Berliner Schriften zu Sexualität, Politik, Gesellschaft" im LIT-Verlag veröffentlicht werden, und soll im Winter 2002/2003 erscheinen. Der an den Verlag zu entrichtende Druckkostenzuschuß wird von der MHG übernommen, leider reicht das Budget jedoch nicht aus, um Autorenhonorare zu zahlen.

Hiermit bitte ich Sie darum, uns die Zustimmung zu geben, daß wir Ihre o.g. Aufsätze in die Textsammlung aufnehmen dürfen. Ich bin der Meinung, daß Ihre Texte wichtige Aspekte einer kritischen Hirschfeld-Rezeption enthalten und daher nicht in der Sammlung fehlen sollten. Selbstverständlich erhalten Sie vor dem Abdruck die Druckfassung zum Gegenlesen.

Vorausgesetzt Sie stimmen zu, habe ich an Sie noch folgende Fragen bzw. Bitten:
1. Liegt das Copyright für die genannten Aufsätze allein bei Ihnen oder muß die Druckgenehmigung noch an anderer Stelle eingeholt werden?
2. Haben Sie die Aufsätze als Textdateien vorliegen? Wenn ja, wäre es hilfreich, Sie würden mir die betreffenden Dateien per e-mail zusenden, möglichst im Format Word für Windows (oder als RTF-Datei).
Als zügigen und unkomplizierten Kommunikationsweg schlage ich die Korrespondenz per e-mail vor. (Bitte verwenden Sie meine private e-mail-Adresse ..., die ich in der Regel täglich abrufe). Über Ihre baldige Antwort würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Seeck

Unsere Antwort erfolgte prompt:

28. 04. 2002

Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V.
Herrn Andreas Seeck
...
 

Betreff: Ihr Schreiben vom 22. 04. 02

Sehr geehrter Herr Seeck,

vielen Dank für Ihr Interesse an meinen Arbeiten über den
Rassehygieniker Magnus Hirschfeld. Sicher ist es eine kluge Idee,
wenn sich die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft "vor dem Hintergrund
der Bestrebungen zur Gründung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung",
wie Sie schreiben, auch "kritisch" mit dem Werk ihres Namensgebers
auseinandersetzen will, vor allem in Zeiten, in denen Eugenik bereits
wieder praktiziert wird und eine zukünftige massenhafte eugenische
Praxis im Rahmen der Gentechnik am Menschen vorbereitet wird.

Der Jugoslawienkrieg hat ja bereits auf einem anderen Feld gezeigt,
wie eine vorhergehende Auseinandersetzung mit den Verbrechen der
deutschen Wehrmacht den neuerlichen Einsatz deutscher Soldaten dort,
wo solche Verbrechen geschahen, politisch ermöglichte, mit der Folge der
neuerlichen Vertreibung von Juden und Roma aus dem Kosovo als
Nebeneffekt des eigentliches Zieles, nämlich der Einführung der
deutschen (inzwischen europäischen) Währung und einer deutschen
Militärverwaltung zur Absicherung des deutsch-europäischen
Wirtschaftseinflusses dort. Diese Art der "Kritik" erweist sich
mehr und mehr als universell anwendbare politische Strategie.

Auch die Zwangsarbeiter-Stiftung, die ein weiteres Kriegsverbrechen
in eine gute Tat ummünzen soll, gibt ein Beispiel, wie sich die
Nachfolger der damaligen Verbrecher eine mit Millionen Euro
ausgestattete Propagandaeinrichtung schufen, die den Ruhm
ihrer kritischen Selbstreflexion noch verbreiten wird, wenn das
letzte Opfer schon längst ohne Entschädigung für seine
Zwangsarbeit gestorben sein wird.

Ich habe daher keinen Zweifel daran, daß es auch zur Errichtung
einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung kommen wird, und zwar
mindestens mit der von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft
geforderten finanziellen Ausstattung von zig Millionen Euro,
die aus biologischen Gründen jedoch leider nicht mehr den
Opfern des Hirschfeldschen Biologismus, sondern nur noch
den Mitgliedern der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft zugute
kommen können. Denn der Namensgeber eignet sich wie
niemand sonst für die Einführung einer neuen Eugenik,
wenn man seine Rassenhygiene vorher einer entsprechend
"kritischen Rezeption" unterzogen hat.

Sie werden nicht im Ernst glauben, daß ich Ihnen für dieses
Projekt meine Arbeiten überlasse.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Kratz
 

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