© 2006 by P. Kratz. Jede Verwendung des Textes und der Abbildungen unterliegt dem Urheberrecht.
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Der
folgende Text von Peter Kratz, der sich mit dem Ideologen der
rechtsextremen
Sekten Deutsche Unitarier, Freireligiöse und Humanistischer
Verband,
Hubertus Mynarek, befaßt, stammt aus
dem Jahr 1988.
Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung 1. Vorbemerkung 2. Zur Person Hubertus Mynarek 3. Mynarek und die
antichristliche,
völkisch-rassistische Sekte "Deutsche 4. Mynarek und die extremistische Neue Rechte 5. "Ökologische
Religion" -
Mynarek formuliert die Hauer-Hunke-Religion 6. Mynarek als Referent und Diskutant bei der VHS Bonn Zusammenfassung Es läßt sich eine gerade geistige Traditionslinie von den ersten bedeutenden völkischen Theoretikern Deutschlands, Lagarde und Langbehn, über den NS-Theologen Hauer und die Theologin der extremistischen Neuen Rechten der 70er/80er Jahre Hunke bis zum. "Öko-Theologen" Mynarek ziehen. Lagarde und Langbehn schaffen erste Ansätze eines "germanischen Glaubens": antisemitisch-antichristlich, romantisch-zivilisationskritisch, völkisch, organisch-biologistisch (Führerkult) orientiert, bei Lagarde mehr mystisch betont, bei Langbehn mehr pantheistisch-kosmisch und extrem. spiritualistisch-parapsychologisch betont. Vor allem Langbehn postuliert die Prägung des Charakters (und der Religion) von Volk und Rasse durch Natur und Landschaft ("Blut und Boden"). Hauer führt Lagarde und Langbehn zu einer deutlich pantheistischen Synthese zusammen, immer darauf bedacht, den völkisch-rassistischen Gehalt der beiden "Urväter" zu bewahren, hütet sich jedoch als Anhänger der völkischen und Rasen-Trennung (Apartheid) im Gegensatz zu Langbehn vor expliziter Herrenmenschenideologie (Höher-/Minderwertigkeit). Er arbeitet die Gedanken Lagardes und Langbehns zeitgemäß für die 20er, 30er und 40er Jahre in Deutschland um, hinterläßt jedoch nur ein theoretisches Gerippe der germanischen Religion. Hunke betont die Naturmystik, verwissenschaftlicht Hauers Ansatz durch umfangreiche Literaturstudien, füllt Hauers theoretisches Gerippe durch zahllose eklektisch gesammelte Zitate von Mystikern, Philosophen und Schriftstellern aus der deutschen Geschichte sowie durch laienhaft verstandene Naturwissenschaft mit Fleisch, strafft seinen Ansatz zu einem modernisierten, stringenten Pantheismus auf der Grundlage altgermanischer Mythen und arbeitet alles zeitgemäß für die 60er und 70er Jahre der Bundesrepublik durch, ohne eine einzige völkisch-rassistische Grundposition Hauers aufzugeben. Mynarek übernimmt distanzlos die Hunke-Arbeit als "Überwindung der religiösen Krise" unserer Zeit, hebt wieder mehr Hauers Betonung des mystischen religiösen Erlebnisses hervor und füllt alles mit Parapsychologie und noch weiter mit laienhaft verstandener Naturwissenschaft, besonders mit umstrittenen Ergebnissen der neueren Physik, die er überwiegend bei Capra abschreibt. Er arbeitet die organisch-biologistische Weltsicht, die sich von Lagarde und Langbehn über Hauer und Hunke schon durchzieht, mit deutlich antidemokratischen Konsequenzen heraus und sucht hierüber wie über seine Zivilisationskritik (bisher weitgehend erfolglos) den Anschluß an die Ökologiebewegung der 70er und 80er Jahre. Er verbindet organische Gesellschaftslehre, germanische Mythologie (z.B. Naturmythologie und die geringere Werteinstufung individuellen Lebens gegenüber dem Überleben der Sippe) und romantische Technikkritik mit dem Anspruch der Religion, also mit dem Anspruch, Gottes Wort zu lehren. Am Ende kann die extremistische Rechte aus seinem Ansatz sogar neuerliche Vernichtungsforderungen gegen Mitmenschen religiös begründen. Er mischt eine explosive antidemokratische Ideologie, die in dieser Form zur Zeit ihres Gleichen sucht. Selbst in den 20er Jahren, als mit organisch-biologistischer Gesellschaftslehre und germanischer Religiösität sich zwei Wurzeln des deutschen Faschismus verbreiteten und die Weimarer Demokratie ideologisch unterhöhlten, war diese Synthese kaum derart ausgearbeitet anzutreffen. Dazu begründet Myn. sie zum Schluß geschickt fast ohne jeden direkten Rückgriff auf Quellen der damaligen Zeit, was es dem in der völkisch-antidemokratischen Ideologie Unkundigen erschwert, den wahren Hintergrund und Sinngehalt seiner Ideen zu erkennen. Dies schließlich auch deshalb, weil Myn. sich mit seinem ökologischen Anspruch und seiner gepflegten Rolle als Opfer von "Verfolgungen" der katholischen Amtskirche nicht ungeschickt als progressiv verkauft. Tatsächlich gibt es auch heute im Bereich der Sekten keinen ähnlichen Ansatz, der Antidemokratisches, Germanisch-Völkisches und Ökologisches in dieser Weise mit religiösem Absolutheitsanspruch und göttlichem Sendungsbewußtsein verbindet, und dem gleichzeitig zur Verkündigung dieses Gebräus namhafte Verlage, öffentliche Bibliotheken und Bildungseinrichtungen wie z.B. Volkshochschulen offenstehen. Bei seinen Vorträgen an der VHS Bonn war Myn. bisher einschläfernd monologisierend, möglichst viel redend, um Diskussionen zu vermeiden und in der notgedrungen zugestandenen kurzen Diskussionszeit autoritär, keine andere Meinung duldend und gegen kritische Zuhörer beleidigend. 1. Vorbemerkung Die hier behandelte Szene versucht, völkische und ökologische Gedanken zu vereinen. Von daher gibt es gleichermaßen Verbindungen zu den heutigen Bewegungen der Grün-Alternativen wie der extremen Rechten. Ideologisch wurzelt die Szene in völkisch-zivilisationskritischen (völkisch-"ökologischen") Bewegungen zu Anfang dieses Jahrhunderts, die einen geistigen und z.T. personellen Ursprung des Nationalsozialismus darstellen. Letztlich zurückgeführt wird die Szene in der heutigen wissenschaftlichen Literatur auf die Stammväter völkischer Ideologie in Deutschland, Paul de Lagarde (1827-1891) und Julius Langbehn (1851-1907), deren Schriften erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre massenwirksame, zum Nationalsozialismus hinführende Rolle voll entwickelten. Beide gelten als
Schöpfer der
"germanischen Religion", deren Hauptpunkte sich auch bei Myn.
wiederfinden: Eine zusammenfassende,
doch umfassend
informative Darstellung der religiösen Ideologie Lagardes und
Langbehns
gibt George L. Mosse: Ein Volk - Ein Reich - Ein Führer. Die
völkischen
Ursprünge des Nationalsozialismus, München 1979, im Kapitel
"Ein
germanischer Glaube". 2. Zur Person Hubertus Mynarek Geboren 1929 in Oberschlesien. In seinem autobiographischen Buch "Zwischen Gott und Genossen" (Frankfurt 1981) überschreibt er seine Kinderjahre: "Katholik und Hitlerjunge in einer Person" (S. 7). Katholisches Elternhaus; der Vater untersagt ihm den Besuch der NS-Eliteschule ("Napola"), zu der er von der NSDAP benannt worden war. 1945 einige Wochen in polnischer Haft; während der Haft Entschluß, katholischer Priester zu werden. 1952 Examen über theologische Aspekte beim Lebensphilosophen Max Scheler, der ebenfalls zu den geistigen Vorbereitern des Nationalsozialismus gezählt wird und auf den sich Myn. später immer wieder berufen wird. 1953 kath. Priesterweihe. 1954 Dissertationsarbeit über das "religiöse Erlebnis", dessen mystischer Aspekt Myn. nun nicht mehr loslassen wird. 1958 Übersiedlung in die Bundesrepublik. 1966-1968 Professor für Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft an der Universität Bamberg. 1968-1972 Professor für Religionswissenschaft an der Universität Wien. 1971/72 Pro-Dekan der Katholischen Fakultät. 1972 "Offener Brief" an den Papst (Anrede: "Herr Papst"), in dem er die Aufhebung des Zölibats und eine Demokratisierung der römisch-katholischen Kirche fordert. 1972 Kirchen austritt, anschließend Heirat. Seine Kirchenkritik machte 1972 in zahlreichen liberalen Blättern Schlagzeilen; er galt damals als progressiv. In seinem Buch "Eros und Klerus" (München 1980) sowie in zahlreichen Vorträgen denunziert er prominente Katholiken wegen deren angeblichem Sexualleben; Prozesse von Betroffenen und kirchlichen Instanzen gegen ihn verliert er. 1972 Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis, Zwangspensionierung durch den österreichischen Staat. Myn. lebt seitdem als Pensionär und Schriftsteller in Rheinland-Pfalz. In den 70er Jahren Annäherung an die völkisch-rassistische Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft"(DUR). 1979 veröffentlicht er im "Verlag Deutsche Unitarier" sein Buch "Orientierung im Dasein" (München, 2. Aufl. 1984), das er im Auftrag der Sekte für deren Jugendarbeit verfaßt. Er tritt als Referent bei DUR-Veranstaltungen auf und publiziert in den "unitarischen blättern", der Monatszeitschrift der DUR. Gründungsmitglied der "Bundesarbeitsgemeinschaft Christen in den Grünen". Ende 1985 Auseinandersetzung der BAG mit Myn. wegen dessen inzwischen offen antichristlicher Haltung; daraufhin gegenseitige Distanzierungen voneinander. 3.
Mynarek
und die antichristliche, völkisch-rassistische Sekte
Die Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft (DUR) darf nicht verwechselt werden mit christlichen Unitariern des Balkans und der USA. Nach dem Buch "Wotans Wiederkehr. Blut-, Boden- und Rasse-Religionen" (München 1981) des Sektenbeauftragten der evangelischen Kirche Friedrich-Wilhelm Haack wurde die DUR 1947 aus ehemaligen Mitgliedern der nazistischen "Deutschen Glaubensbewegung" und "Deutschen Christen" gegründet. Haack zitiert das "Handbuch Religiöser Gemeinschaften": "Ideologisch gesehen kommen die Deutschen Unitarier weithin von der durch Jakob Wilhelm Hauer 1933 zusammengeschweißten "Deutschen Glaubensbewegung" her...Das völkische Erbe der Deutschen Unitarier vertritt vor allem die Schriftstellerin und Religionswissenschaftlerin Dr. Sigrid Hunke, die auch Vizepräsidentin der 'Religionsgemeinschaft Deutsche Unitarier e.V.' und Mitbegründerin der Zeitschrift 'Glaube und Tat' ist."(S. 69 f) Zu den Mitgründern der DUR gehörte auch der frühere Goebbels-Mitarbeiter Herbert Böhme, auch Begründer des seit vielen Jahren im Verfassungsschutzbericht aufgeführten rechtsextremen "Deutschen Kulturwerks Europäischen Geistes". Die Jugendorganisation der DUR beteiligte sich in der 50er Jahren an der Gründung der ebenfalls langjährig im Verfassungsschutzbericht als rechtsextrem genannten "Wiking Jugend". - Mynareks Vordenker: Der NS-Theologe Jakob Wilhelm Hauer Nach dem Sonderheft der Zeitschrift "unitarische blätter" "Unitarische Religion - Umriß und Aussage" (Nr. 3/1981), in dem auch Myn. über "Unitarische Religion - Eine Wirklichkeitsreligion der Verantwortung" publizierte, gilt Wilhelm Hauer (1881-1962, 1933 legte er seinen "jüdischen" Vornamen Jakob ab) weiterhin als einer der Stammväter der Sekte. Der Professor für Religionswissenschaft in Marburg und Tübingen beschäftigte sich zeitlebens mit den Unterschieden germanischer, persischer und indischer ("arischer") Religiösität "semitisch-vorderasiatischer", worunter die völkische Ideologie die moslemische, die jüdische und die aus dem Judentum. hervorgegangene christliche Religion zählt. Für Myn. ist Hauer "eine der -trotz ihrer theoretischen Verirrungen während des Dritten Reiches - bedeutendsten Größen der Religionswissenschaft des 20. Jahrhunderts" (Orientierung, S. 83). In seinen Hauptwerken
"Deutsche Gottschau"
(Stuttgart 1934), "Was will die Deutsche Glaubensbewegung" (Stuttgart
o.J.(1935))
und "Religion und Rasse" (Tübingen 1941; es beinhaltet eine
Sammlung
von Hauer-Vorträgen an der "Wissenschaftlichen Akademie
Tübingen
des NSD-Dozentenbundes") legte Hauer die Grundpositionen seiner
völkischen
Religiösität nieder: Hauer beschränkte sich im wesentlichen darauf, die teil weise unterschiedlichen Ansätze Lagardes und Langbehns in diesen Positionen zusammenzuführen, deutlicher pantheistisch auszuformulieren und direkt den Bedürfnissen des NS-Staates (zu Zeiten des Kulturkampfes vor allem gegen die kath. Kirche) dienstbar zu machen. Dabei enthält seine rassistisch begründete Trennung der Religiösitäten keine Höherbewertung der deutsch-germanischen gegenüber anderen, sondern die Forderung nach einer radikalen Trennung (Apartheid): undeutsche Religion hat in Deutschland nichts zu suchen, im Orient darf sie sein. Eigentlich neue Gedanken brachte er in die Theologie der germanischen Religion nicht ein, betätigte sich statt dessen vor allem als Agitator der von ihm geführten "Deutschen Glaubensbewegung"(DG), die inoffiziell als die eigentliche Religionsgemeinschaft der HJ/SA-Kader galt. Statt eigene kultische Handlungen zu entwickeln, beschränkte sich die DG - neben dem NS-üblichen Feiern germanischer Feste - auf antichristliche/antijüdische Agitation und die Propagierung der Inhalte von Rosenbergs "Mythus des 20. Jahrhunderts", das nach Zeitzeugenberichten die "Bibel" der DG war. Nach den Zeitzeugenberichten der "Deutschlandberichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1934-1940" (Frankfurt 1980, Bde. 1935, 1936, 1937) hielt Hauer zahlreiche antichristliche und antijüdische Veranstaltungen unter dem Saalschutz von SA und SS ab. Dabei wurden christliche Zwischenrufer oft brutal zusammengeschlagen. Vor allem im Rheinland kam es aufgrund von Denunziationen der Hauer Bewegung zu Verhaftungen und Verfolgungen christlicher Jugendlicher. Aus einen Flugblatt der
Hauer-Bewegung
von 1935: Hauer verlor im Rahmen der Entnazifizierung nach 1945 seine Professur, publizierte aber weiterhin völkische Schriften, u.a. auch in der von Hunke herausgegebenen DUR-Zeitschrift "Glaube und Tat". Bei der VHS-Veranstaltung am 2.12.86 in Bonn auf seine Hauer-Einschätzung angesprochen, log Mynarek: Hauer habe sich "Mitte der 30er Jahre vom NS-Regime abgewendet"; er sei daraufhin von der Gestapo verfolgt worden. Er (Mynarek) habe dies nach dem Krieg selbst "im Hause Hauer" recherchiert. Als Myn. daraufhin ein Briefwechsel Hauer/NSDAP vom November 1944 (!) vorgelegt wurde, in dem Hauer eine christliche Lehrerin wegen angeblicher "Friedenspropaganda" denunzierte und ihre Entfernung aus dem Staatsdienst forderte (Grußformel: "Heil Hitler! Wilhelm Hauer"), gab Myn. zu, diesen Briefwechsel zu kennen und meinte nun plötzlich, Hauer sei "bis zu letzt ein Nazi" gewesen. Myn. vermied es, den Grund für seine positive Einschätzung Hauers näher zu erläutern. Ebenso vermied er es, auf die zumeist tödlichen Folgen (Volksgerichtshof!) solcher Denunziationen einzugehen. - Mynareks
Vordenkerin: Sigrid Hunke (geb. 1913)
ist langjährige
Vizepräsidentin der DUR und seit einiger Zeit auch
Ehrenpräsidentin
der Sekte. Sie lebt in Bonn. Clauß gehörte
zu den Nazi-Psychologen,
die 1933 die Gleichschaltung und "Arisierung" der Deutschen
Gesellschaft
für Psychologie betrieben. Er hatte gute Verbindungen zur SS,
wurde
jedoch nach 1943 aus seinem Lehramt entfernt, da er die
Apartheid-Konzeption
des Rassismus gegenüber der
Höher-/Minderwertigkeits-Konzeption
der Herrenmenschenideologie bevorzuge. Er wurde im Rahmen der
Entnazifizierung
auch nach 1945 vom Lehramt ferngehalten. In seinem Buch "Religion und
Rasse"
(1941) nennt Hauer die Arbeiten von Clauß eben denen des
prominentesten
NS-Rassetheoretikers, Hans F. K. Günther, als "die grundlegenden"
(S. 183); Clauß habe "die seelisch-geistigen Artbilder der
verschiedenen
Rassen her auszustellen und miteinander zu vergleichen" versucht
(ebd.).
Hauer und Clauß standen in Kontakt. In ihrer Dissertation (heute in der Bibliothek der Freien Universität Berlin zugänglich) erhebt Hunke unter häufigem Bezug auf das SS-Organ "Das Schwarze Korps" die Forderung nach "Reinigung deutschen Lebens von fremden Vorbildern" zugunsten "arteigener Vorbilder": "Doch haben auch andersartige Vorbilder zuzeiten deutsches Leben mitbestimmt. Mit der Kirche drangen vorderasiatisch-wüstenländische Vorbilder ein und übten ihren Einfluß durch Jahrhunderte hindurch" (S. 2) und hätten "seelische Schäden" (S. 3) verursacht. "Wie der Nationalsozialismus sich wieder zu den großen ewigen Gezeiten des Lebens und zu dem Gesetz der eigenen Art bekennt und damit zur Ewigkeit des deutschen Volkes, so geht er zurück zu den Quellen seiner Volkheit - doch nicht um altgermanische Lebensformen wiederzubeleben, die ihren zeit-und geschichtsbedingten Eigenstil haben, sondern um in jener historischen Sonderprägung nordischen Wesens das Gesetz der eigenen Art zu erkennen"(S. 163). In diesem Sinne einer gründlich durchmodernisierten germanischen Religion schuf Hunke später mit ihrem Hauptwerk "Europas andere Religion" (Düsseldorf 1969) eine umfassende pantheistisch-neuheidnische Weltanschauung, die die Ansätze Hauers oberflächlich von Nazi-Terminologie reinigte und unter eklektischem Bezug auf die deutsche Mystik, deutsche Philosophen des 19. Jahrhunderts sowie Vordenker der rechts extremen "Konservativen Revolution" der Weimarer Zeit stringent durcharbeitete. Der Bezug auf die "Konservative Revolution" fehlte noch bei Hauer, der ohnehin lediglich ein weltanschauliches Gerippe hinterließ. Hunke ergänzte die Argumentation - auch dies ist neu im Vergleich zu ihren Vorläufern - um laienhaft verstandene Naturwissenschaft, insbesondere Physik, die als Argument zur "wissenschaftlichen" Absicherung ihrer Ideologie herhalten muß. Sie schuf damit eine den nordischen Europäern angeblich "artgemäße" germanische Religion ohne platten Rückgriff auf die altgermanische Vielgötterei. Daß die deutsche Mystik, vor allem der mittelalterliche Meister Eckehart, trotz der Christianisierung das "Gesetz der eigenen Art" gegen die "semitische Überfremdung" durch das Christentum behauptete, erklärt sie dort (wie Hauer) rassistisch: es sei im Blut angelegt, die Kraft des Blutes schlage gegen die kulturelle Überfremdung durch: "Wir kommen zum Kern unserer Betrachtung ... Allem europäischem Denken liegt eine eigentümliche und ursprüngliche Bewußtseinsstruktur zu Grunde..., die sich grundsätzlich von den orientalischen wie von den asiatischen unterscheidet" (S. 455 f); der "Entwurf der europäischen Religion" entspreche "einer ureuropäischen Wesensnotwendigkeit" (S. 470). Mynarek bezieht sich positiv auf dieselben Denker wie Hunke und auf Hunkes Hauptwerk selbst, wenn er schreibt: "Die Grenzen dieser ungenügenden Erfahrungsweise (d.i. die christliche Erfahrungsweise Gottes und der Welt, P.K.) zu sprengen war eines der Grundanliegen der universalen Evolutions- und Seinsmystik des von seiner Kirche verfolgten Jesuiten Teilhard de Chardin. Dieser geniale religiöse Denker steht mit Philosophen, Dichtern und Mystikern vom Range eines Johannes Scotus Eriugena, Meister Eckeharts, Giordano Brunos, Spinozas, Fichtes, Schellings, Hegels, Goethes, Schleiermachers, Henri Bergsons, Max Schelers, Rilkes u.a. in einem unterschwelligen, aber außerordentlich bedeutsamen Traditionsstrom abendländischer Intuition und Wirklichkeitserfahrung, den man nicht zu Unrecht als 'Europas andere Religion' und als für 'die Überwindung der religiösen Krise' geeignet bezeichnet hat. (Folgt als Anmerkung:) So lauten Haupt- und Untertitel des Werkes von S. Hunke, das 'Europas andere Religion' sehr farbig und aufschlußreich behandelt" (S. 133, 343 in: Mynarek: Religion -Möglichkeit oder Grenze der Freiheit?, Köln 1977). Die Denker, die Myn. hier aufzählt, bilden sowohl für ihn wie auch für Hunke die Basis und den schier unerschöpflichen Zitatenschatz zur Ableitung ihrer Weltanschauung. Die von Hunke
durchgeformte germanische
Religion kreist um einige recht einfache Grundprinzipien:
pantheistischer
Allgott-Glaube: Gott verwirklicht sich in allem Seienden, in aller
Materie,
Idee. Historie. Daraus folgend: Weil Religiösität artgebunden ist, diese Religiösität nur dem nordischen Europäer artgemäß ist, kann auch nur er sich als "gottförmig" sehen, nicht jedoch z.B. orientalische Menschen. Hunke macht sich selbst und alle Arier zu Göttern und nähert sich somit explizit der Herrenmenschen-Ideologie wieder an. Diese Prinzipien haben
weitreichende
ethische Folgen: wenn alles menschliche Handeln (der "Arier") "an
Gottes
Statt" sich vollzieht, so kann auch Auschwitz gerechtfertigt werden;
die
KZ-Schlächter hatten sich in ihrer vom "Schicksal" aufgetragenen
mörderischen
Aufgabe (das göttliche Böse) sieghaft zu bewähren. Das
sind
die letzten Konsequenzen den Hunkeschen Theologie. Hunke sieht auch
Negatives auf der
Welt, vor allem die ökologische Krise. Um dies trotz des
Allgott-Glaubens
verurteilen zu können, benutzt sie den altbekannten Kunstgriff.
Sie
macht in der Nachfolge Lagardes, Langbehns und Hauers den
"jüdisch-christlichen
Dualismus" dafür verantwortlich: die den Orientalen angeblich
arteigene,
den Europäern artfremde Trennung von Gott und Welt, den Glauben an
Gnade und Sünde, an Erlösung und Schuld und angeblich in
deren
Folge die angebliche Mißachtung der diesseitigen materiellen
Welt.
Als Sündenbock (auch für Drogensucht oder den Marxismus, den
sie als typisch orientalischen Erlösungsglauben (Weltrevolution!)
sieht) tritt bei ihr in ideologisierter Form der "Ewige Jude" wieder
auf
den Plan. Gesellschaftspolitisch vertritt Hunke - vor allem in ihrem Buch "Das nachkommunistische Manifest" (Seewald Verlag Stuttgart 1974) - ein antidemokratisches, biologistisches Modell der organisch-hierarchisch geführten Gesellschaft, in der das Individuum sich auf seinem "schicksalsmäßig vorgegebenen" Platz nach seinen "schicksalsmäßig vorgegebenen" Auf gaben zu bewähren habe. Dort macht sie auch den "vorderasiatisch-semitischen Dualismus" für die Entstehung der Arbeiterbewegung verantwortlich: "die Zerreißung des Seins in Gott und Welt" habe den falschen Dualismus von "Kapitalist und Lohnabhängigem" entstehen lassen (S. 206), der Jude Karl Marx habe semitisches "süßes Gift" (S. 127) verbreitet, die Forderung nach der Befreiung der Arbeiter im letzten Jahr hundert sei "ein Erlösungsmythos orientalischen Stils" (S. 48) gewesen. Dagegen müsse "das deutsche Volk sein eigenes Wesen erkennen" und die unitarische "Einheit der Gegensätze" in der Volksgemeinschaft herbeiführen (S. 17). Die Demokratiebestrebungen zu Beginn der 70er Jahre ("Mehr Demokratie wagen") sind ihr dagegen "biedermännische Tarnformeln für die Gesamtpolitisierung und Ideologisierung aller Lebensbereiche, Institutionen, Betriebe" (S. 172). Hunke schafft hier eine religiöse Begründung für eine politisch motivierte Ausgrenzungspolitik, wie sie die Nazis gegen "politische Volksfeinde und -fremde" betrieben haben. Hunke pflegte zeitlebens Kontakte zum organisierten Rechtsextremismus. Eine Neuauflage ihres Buches "Am Anfang waren Mann und Frau" brachte sie im Verlag Peter Wegener Bonn heraus, der nicht nur L.F. Clauß verlegt, sondern über den auch der "La Plata Ruf" zu beziehen ist, eine in Argentinien von geflohenen Nazi-Verbrechern, u.a. auch dem Goebbels-Adjutanten Wilfried von Oven, betriebene Informationszeitschrift für Gesinnungsfreunde. Seit 1986 ist Hunke ständige Mitarbeiterin der rechtsextremen Zeitschrift "elemente - für die europäische Wiedergeburt", in der sie einen aggressiv- antisemitisch illustrierten Artikel über "Europas andere Religion" und die "Zukunft unseres unvergänglichen Erbes in Mann und Frau" veröffentlichte. Die Zeitschrift "elemente" steht in der Tradition der französischen "Nouvelle Droite", der rechtsextremen intellektuellen Erneuerungsbewegung um den Publizisten Alain de Benoist, der in seinem Buch "Heide sein - Zu einem neuen Anfang" (Tübingen 1982) ähnliche Positionen vertritt wie Hunke. Über ihre Mitarbeit bei "elemente" hat Hunke nun auch eine Beziehung zum heutigen internationalen Rechtsterrorismus: neben ihr und anderen ist auch der Brite Michael Walker ständiger Mitarbeiter. Walker beherbergt in seiner Londoner Wohnung nach einem Bericht der Sozialistischen Fraktion des Europäischen Parlaments den von Italien wegen Mordversuchs gesuchten Roberto Fiori, der im Verdacht steht, in das Bombenattentat auf dem Bahnhof von Bologna 1980 (85 Tote) verwickelt zu sein. Mynarek hat bisher kein einziges distanzierendes Wort zu dieser "Ehrenpräsidentin" der DUR verlauten lassen. Im Gegenteil. Myn. übernimmt in seinem Buch "Orientierung im Dasein" (1979 im Verlag Deutsche Unitarier München erschienen) komplett die Hunkesche Weltsicht. Das Buch ließt sich seitenweise wie eine Abschrift früherer Hunke-Bücher: Vom Blut- und Boden-Volksbegriff ("gemeinsame Siedlung in einem zusammenhängenden Raum, gemeinsame oder wenigstens verwandte Abstammung" (S. 51)) über das Volk als "Schicksalsgemeinschaft" (S. 53), die "Volksgemeinschaft" ("dann fallen die Interessen der Gesellschaft, die Zwecke des Staates und die Anliegen der Schicksals- und Kulturgemeinschaft Volk zu einer Interessensgemeinschaft zusammen" (S. 58)), die angeblich natürlich schicksalsmäßigen Rollenverteilungen in der Gesellschaft, seitenweise Zitate Hauers er "Europa und das Christentum" (S. 80-87), seitenweise Zitate Hunkes über "Europas andere Religiösität" (S. 88-92), die angebliche "Entartung" der nordamerikanischen Kultur (S. 95) (Entsprechendes findet sich schon bei Hauer: "Wir hatten schon früher hingewiesen auf die seltsame Erscheinung nach dem Krieg (Erster Weltkrieg, P.K.), daß eine Niggerkultur mit Jazz und Tango wie eine Welle unser Volk, ja ganz Europa überschwemmte" (Gottschau, S. 51)) finden sich alle zentralen Bestandteile der von nazistischer Terminologie gereinigten völkischen religiösen Weltanschauung. Das Buch stellt im wesentlichen eine Zusammenfassung der Hunke-Bücher "Europas andere Religion", "Das nachkommunistische Manifest", "Das Ende des Zwiespalts" (Bergisch-Gladbach 1971) und "Am Anfang waren Mann und Frau" dar, alles populär "für die Jugendarbeit" aufbereitet und anschaulich ausgewalzt. Myn. ergänzt dies lediglich nach Art eines Jugendlexikons mit allgemein Wissenswertem z.B. über "Unser Kontinent Europa" oder "Unsere Erde: Kontinente -Rassen - Religionen", so zwei Kapitelüberschriften. Myn. übernimmt auch ein wesentliches konstituierendes Merkmal von Lagarde und Langbehn, Hauer und Hunke, ihre Begründung des Antisemitismus: die Juden als Trenner von Gott und Welt, auf der Erde unspirituell- materialistisch, Natur ausbeutend, Anhänger des "Fortschritts" (Langbehn); im Gottesverständnis naturfeindlich, lediglich geistig. Diese Sicht, erst von Langbehn rassistisch unterfüttert, enthält die wesentlichen Komponenten des Jahrhunderte alten Judenhasses. Diesen Antisemitismus findet man in nicht-rassistischer Form, also von der Bindung an Vererbung ("Blut") wieder gereinigt, als Weltanschauungskritik der heutigen, jüdisch christlich geprägten (westlichen) Welt auch als Grundlage von Myn.'s Überlegungen. Diese Kritik des "Dualismus" breitet er erstmals in seinem Buch "Religion -Möglichkeit oder Grenze der Freiheit" aus. (Dort ist ihm auch die Bibel "ein verwirrendes Tohuwabohu" (S. 104); das Urchristentum sieht er als "zwischen den Mühlsteinen einer selbstgerechten jüdischen Priesterhierarchie" zerrieben (S. 14); den hierarchisch organisierten kirchlichen Katholizismus bezeichnet er gegen alle historische Wahrheit als "Nährboden für den Nationalsozialismus" (S. 204) und gleichzeitig als aufbauend "auf das hier archaische Grundmuster des spätjüdischen Kirchenwesens" (S. 269), womit er implizit - auch dies ein altes rechtsextremes Argumentationsmuster - dem jüdischen Volk die eigentliche Verantwortung an seiner Vernichtung zuschiebt.) Im Kern geht auch M, mit Rückbezug auf Hauer und Hunke, davon aus, daß die angeblich jüdische Gott/Welt-Trennung der eigentliche Grund des heutigen (ökologischen, "materiali stisch-fortschrittlich" verursachten) Unheils ist, das nicht aufgetreten wäre, hätte man statt dessen die pantheistische (germanische) Weltsicht übernommen bzw. beibehalten. Der Jude als Sündenbock und der Arier als Retter, diese durch keine Empirie zu belegende Verirrung in der Analyse von Krisenursachen, ist - verbrämt - auch Grundlage von Myn.'s Weltanschauung. Auf der Bonner VHS-Veranstaltung am 2.12.86 tat Myn. dann nach der Methode der vergleichenden Banalisierung den skandalösen Ausspruch: "Die Juden oder ein Teil der Juden, wenn man die Politik Israels betrachtet, sollen erst mal den eigenen Faschismus beseitigen, bevor sie anderen rechtsextreme Tendenzen vorwerfen". Myn. publiziert nicht nur seine eigene, auf Hauer und Hunke fußende Konzeption des "unitarisch-ökologischen Humanismus" in den "unitarischen blättern", er tritt auch als Referent bei Kongressen der DUR auf. Etliche Besucher seines Bonner VHS-Vortrags am 2.12.86 gaben sich nach der Veranstaltung in Gesprächen als Mitglieder der DUR-Sekte zu erkennen und verteidigten die Arbeiten Hunkes. Die VHS Bonn bot so der Sekte für einen Abend einen Versammlungsraum. Die Sekte selbst hat
heute einen
völkisch-rassistischen Flügel um die Ehrenpräsidentin
Hunke
und einen von jüngeren Mitgliedern dominierten eher
konservativ-ökologischen,
der jedoch zunehmend von jüngeren rechtsextremen
"Nationalrevolutionären"
infiltriert wird, die sich auf die "Konservative Revolution" der
Weimarer
Zeit berufen. Die maßgeblichen Entscheidungen trifft immer noch
der
erstere. Er vertritt auch (z.B. in den "unitarischen blättern"
Nr.1/1982:
"Die Ausländer -Belastung oder Bereicherung") offen rechtsextreme
Ausländer-raus-Forderungen, diesmal religiös begründet:
"Teil meines Glaubens an das Leben über den individuellen Tod
hinaus
ist - neben der Einbettung im All-Leben - auch die Hoffnung, in den
Kindern
und Enkeln weiterleben zu können. Darin ist eingeschlossen,
daß
ich mich in meiner Enkel Generation sowohl im Aussehen als auch im
Wesen,
im Charakter wie im Empfinden noch wiedererkennen möchte. Ich
beharre
auf dem Recht auf eigene Identität, sowohl biologisch als auch
kulturell,
ebenso wie ich allen Völkern und Menschen dieses recht zuerkenne.
Ich gebe daher - ohne Ressentiment - zu, daß ich die
Ausländer
in ihrer Masse hier nicht will" (W.-H. Voss, unitarische blätter
1/82,
S.18). Dies ist die religiöse Begründung der rassistischen
Apartheid. 1980 Veröffentlichte
Myn. in
dem Buch "Abschied vom Wachstumswahn" (Achberg) den Artikel
"Ökologischer
Humanismus als weltanschaulicher, ethischer und religiöser
Impuls".
Zu den fünf Autoren des im von der Neuen Rechten infiltrierten
Achberger
Verlag erschienenen Buches zählte auch der rechtsextreme
"Nationalrevolutionär"
Günter Bartsch mit seinem Beitrag "Ökologischer Humanismus -
Eine neue Stufe der Menschwerdung?". Bartsch gehört seit Ende der
60er Jahre zu den Insidern der extremistischen
"Nationalrevolutionäre",
über deren Entwicklung er seitdem kontinuierlich publiziert. Anfang der 80er Jahre trat Myn. mit dem Chefideologen der Neuen Rechten in der Bundesrepublik, Henning Eichberg, bei der "Unitarischen Akademie" als Referent auf (Thema: "Entfremdung - Mythen - Identität"). Eichberg schrieb u.a. die Grundsatzerklärung des NPD-Studentenbundes NHB und versuchte in den 70ern, u.a. gemeinsam mit im Verfassungsschutzbericht aufgeführten NPD-Aktivisten, in Norddeutschland "nationalrevolutionäre" Basisgruppen und Wehrsportgruppen aufzubauen. Eichbergs damalige organisatorische und theoretische Tätigkeit trug nach seinem eigenen Urteil wesentlich zur Formierung der Neuen Rechten in der Bundesrepublik bei; er ist der Erfinder des Konzepts der "nationalen Identität" der Neuen Rechten, das heute bei fast allen rechtsextremen Gruppen die zentrale Rolle in der Argumentation spielt. Myn. trat auch als Referent im rechtsextremen "Collegium Humanum" (CH) in Vlotho auf. Die freie Bildungseinrichtung wird von dem ehemaligen "Reichsamtsleiter in der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude", Werner Georg Haverbeck, geleitet, der 1981 das ausländerfeindliche "Heidelberger Manifest" mitunterzeichnete. Laut Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1984 traf sich im CH unter dem Deckmantel eines Seminars über "Umweltfragen und Naturreligionen" das neonazistische "Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers", das von dem Neonazi Michael Kühnen gegründet wurde. An dem Treffen nahmen ca. 25 Personen teil, überwiegend ehemalige Funktionäre der verbotenen Kühnen-Gruppe ANS/NA, die vor allem die Teilnahme der neonazistischen FAP an den Landtagswahlen 1985 in Nordrhein-Westfalen erörterten. Nach einem Bericht der "Neuen Westfälischen Zeitung" arbeitete in der Geschäftsführung des CH der Kühnen-Vertraute und FAP-Funktionär Michael Krämer; dies wurde von Haverbecks Frau, Ursula Haverbeck-Wetzel, für den Vorstand des CH öffentlich bestätigt und verteidigt. 1986 veröffentlichte
Myn. in
dem Buch "Zurück zur Natur-Religion?" (Freiburg) den Artikel
"Ökologische
Religion". Herausgegeben wurde das Buch, das auch der im
Verfassungsschutzbericht
als rechtsextrem eingeordnete "Buchdienst Nation Europa" vertreibt, von
Holger Schleip, einem völkischen Grünen, um den es in den
baden-württembergischen
Grünen jahrelange Auseinandersetzungen gab. Schleip publizierte
auch
in der vom Verfassungsschutz über Jahre hin als rechtsextrem
genannten
Zeitschrift "Nation Europa" und war zu Beginn der 80er Jahre in der
Redaktion
der "unitarischen blätter" tätig. Mitautoren dieses Buches
sind
u.a.: Haverbeck, Eichberg, Schleip sowie der
"Nationalrevolutionär"
Peter Bahn. Bahn kam von der NPD über die maoistische KPD der 70er
Jahre, war einige Zeit Mitglied der Grünen und ist heute bei der
DUR
aktiv. Er hat jahrelang über die Geschichte der DUR und Wilhelm
Hauer
gearbeitet gegen Entgelt Ahnenforschung betrieben und pflegt heute
Kontakte
zur neonazistischen "Nationalistischen Front", die mit der FAP
verbunden
ist. Er verteidigte auch auf einem internen Treffen von
"Nationalrevolutionären"
das Absingen des verbotenen Horst-Wessel-Liedes. Bahns Artikel in
diesem
Buch ist eine zusammenfassende Abschrift der Hunke-Fassung der
germanischen
Religion. Myn. gab auf einer VHS-Veranstaltung zu, Kontakte zu Bahn zu
haben. Der Leiter der türkischen Redaktion des WDR, Yüksel Pazarkaya, in dem Buch "Zurück zur Natur-Religion?" mit einem Beitrag über "Mensch und Natur im Islam" vertreten, distanzierte sich nach dem Bekanntwerden des rechtsextremen Hintergrundes einiger Mitautoren von diesen und dem Herausgeber, fühlte sich von letzterem getäuscht und bedauerte seine Mitwirkung an dem Buch - Myn. tat dies auf der Bonner VHS-Veranstaltung ausdrücklich nicht. Myn. unterstützte
mit seiner
Unterschrift die Aufrufe "Anstoß für eine deutsch-deutsche
Alternative"
des "Initiativkreises Linke Deutschland-Diskussion" sowie die
"Denkschrift
Friedensvertrag - Deutsche Konföderation -Europäisches
Sicherheitssystem".
Nach einem Urteil des Bonner Landgerichts vom 23.6.1987 (AZ: 70242/87)
dürfen beide Gruppen als "neofaschistisch" bezeichnet werden. 5.
"Ökologische
Religion" - Myn.'s bisher letztes Buch "Ökologische Religion" (Goldmann Verlag München 1986), das von ihm. selbst als sein Hauptwerk angesehen wird, bringt eine umfassende Neuformulierung der seit Lagarde und Langbehn entwickelten germanischen Religion. Methodisch ändert sich nichts: eklektische Zitatensammlungen; laienhaft verstandene Naturwissenschaft, die als Beweis der Wissenschaftlichkeit der eigenen Sicht angeführt wird; ebenso neuere Physik, die großenteils nach dem Muster Hunkes oder Capras (eines anderen neueren Theoretikers organischer Weltanschauung, aus dessen Werk "Wendezeit" (München 1982) Myn. nun viel abschreibt) als "Beweis" ebenso verwendet wird wie unkritische Rückgriffe auf parapsychologische Phänomene. Am Kern des Argumentationsganges ändert sich ebenfalls wenig; Myn. ist allerdings bemüht, direkte Bezüge auf rechtsextrem belastete Autoren zu vermeiden und versucht statt dessen, mit Hilfe z.T. neueren Autoren die organisch-biologistische Weltanschauung scheinbar aus dem Nichts zu entwerfen, die es doch in ausgearbeiteter Form bereits seit dem Beginn unseres Jahrhunderts gibt: Wurzelnd in der antifranzösischen, antiaufklärerischen Kritik Fichtes, fanden sich solche Ansätze schon im. letzten Jahrhundert bei Tönnies, Haeckel -auf den Myn. Bezug nimmt - , 1918 bei Spengler "Der Untergang des Abendlandes" und ausgearbeitet bei J. v. Uexküll in "Staatsbiologie" 1920, Hertwig 1922, Spann "Der wahre Staat" 1920 und dem Nazi-Theoretiker Krieck in den 30er Jahren. Myn.'s Leistung besteht darin, diese organische Weltanschauung aus neueren Autoren zu begründen und sie in einer bisher nicht dagewesenen Deutlichkeit als Religion zu präsentieren. Auf den Punkt gebracht, versucht er sich hier an einer Synthese der Ideen v.Uexkülls und Hauers, ohne die beiden in diesem Buch zu nennen. Dabei scheut er sich allerdings nicht, am Rande auch "die treffenden Ausführungen von W.G. Haverbeck" (S. 273, vgl. oben "Collegium Humanum") oder den von den Nazis hofierten völkischen Dichter Stefan George (auf S. 56) zu zitieren. - Religiösität ist erblich bedingt Myn. setzt wiederum bei der Kritik des "Dualismus" von Gott und Natur an, der für Umweltkrise, Großtechnologie, Moralverlust, psychische Störungen, allgemein für das Haßbild "Moderne" verantwortlich sei. Anders als in früheren Arbeiten ("Religion - Möglichkeit oder Grenze der Freiheit", "Orientierung im Dasein") - wohl durch Proteste verunsichert - führt er den "Dualismus" nicht mehr direkt auf das Judentum zurück, sondern auf die frühen christlichen Kirchenväter und - hierin Capra folgend - auf das philosophische Werk von Descartes ("res cogitans versus res extensa"). Hauer folgend, sieht er "Religion doch als eine anthropologische Konstante, als eine feste grundlegende Eigenschaft des Menschen" (S. 21) , als "eine biologische Tatsache, etwas, das in den genetisch-biologischen Anlagen des Menschen verankert ist" (S. 157). Nicht-religiöse Menschen leiden demnach unter Erbkrankheiten. Sein pantheistisches Gottesverständnis ist von einer Art "Zweieinigkeit" geprägt: zum einen das "absolute hervorbringende Prinzip" der Natur, zum anderen "alles Seiende": "Natur in der Sinneinheit von hervorbringendem (absolutem) Naturprinzip und hervorgebrachten Naturdingen, -werten, -gestalten" (S. 89). "Ökologische Religion faßt Natur als die universelle Größe, d.h. als die Wirklichkeit ausnahmslos alles dessen, was existiert. Die unendliche Einheit alles Seienden, die allein und ursprünglich schon dadurch gegeben ist, daß alles Seiende ist, daß es existiert, ist das, was ökologische Religion als Natur kennzeichnet und verehrt. ... Ökologische Religion verehrt und bewundert demnach Natur in der ganzen atemberaubenden Weite und Mannigfaltigkeit ihrer Gestalten, verehrt und bewundert aber noch mehr die Natur in der Tiefe ihres einen und grundlegenden Seins- und Schaffensprinzips" (S. 90). - Affirmation alles Seienden, auch des Bösen Bei der Naturverehrung handele es sich "nicht um eine neue Natur-Romantik, um eine schwärmerische Sentimentalität für die Natur oder um eine naive Rückkehr zur idyllischen Natur, die sie ja in Wirklichkeit nie war, da ja das Grausame, bisweilen geradezu dämonisch Anmutende der Natur nicht geleugnet werden kann. Ökologische Religion ist 'Natur-Religion' einzig und allein in dem Sinne, daß sie Natur als das Seinsganze, als die Ganzheit aller Wirklichkeit, als die Einheit von hervorbringendem und absolutem Prinzip und hervorgebrachten Naturdingen oder Seienden, einschließlich des Menschen, engagiert-existentiell sieht, anerkennt, bewundert und verehrt und daraus entsprechende Konsequenzen zieht" (S. 92). Hier vertritt er die affirmative Naturmystik Hunkes, deren Konsequenzen oben bereits ausgeführt wurden. Nur der "ökoreligiöse Mensch", also der, der Myn. folgt, so verkündet uns der Sektenprediger, sei eigentlich Mensch: das göttliche Prinzip walte im Menschen als einem Teil der Natur und es habe diesen genetisch so ausgestattet, daß er das in ihm waltende Prinzip religiös erkennen könne und, quasi als ausführendes Organ des göttlichen Prinzips, dessen Wollen realisieren solle. "Ohne dieses Transzendieren im Sinne der bewußten Realisierung der latenten Zielrichtung der Natur auf das Urprinzip, das alles durchwaltet, allem innewohnt, erreicht der Mensch nicht seine eigentliche Bestimmung, seinen eigentlichen Wert" (S. 171). Hunke hatte dies als "Handeln an Gottes Statt" formuliert, s.o. - Mynarek als Teil Gottes, seine Gegner als "Irrläufer der Evolution" Während also der nicht-ökoreligiöse Mensch nicht den Wert des Menschseins erreicht, so die Konsequenz aus Myn.'s These, bezeichnet er sich und seine Anhänger als den "nächsten Schritt der Evolution...Ökologische Religiösität greift diesem Evolutionsprozeß...schon voraus" (S. 115 f). "Der ökoreligiöse Mensch (ist) der Sinn der Erde, der Evolution der Natur" (S. 159). Wer Myn. nicht folgt, ist nicht nur als Mensch ohne Wert und verfehlt seinen Sinn (diese Konsequenzen fanden sich - zudem rassistisch überhöht -auch bei Hauer und Hunke), sondern er kann sich auch nur noch zum "Unfrieden mit der Natur" (und damit mit Gott) entscheiden, zur "technisch-utilitaristisch instrumentellen Vernunft" als das Böse, das sich die Natur dienstbar machen will, statt ihr Wollen zu realisieren (S. 182 f); dieser Mensch "verweigert sich seinem Naturauftrag" (S. 156) = Gottesauftrag, er ist "ein Irrläufer der Evolution" (S. 159). Myn. knüpft hiermit explizit an die Herrenmenschen- Ideologie an, die er naturreligiös begründet. Diese These vom "Irrläufer der Evolution", der seinen Wert als Mensch nicht erreiche, kann die extremistische Rechte direkt zu neuen Vernichtungsforderungen weiterformulieren, denn dieser Irrläufer "technisch-utilitaristischer Mensch" gefährdet den göttlichen Evolutionsplan und hat damit keine Existenzberechtigung. Da dieser technisch- utilitaristische Mensch ja - wie oben dargestellt - auch nach Myn.'s Meinung letztlich Ausfluß des "jüdisch-christlichen Dualismus" sei, ist in dieser gefährlichen These sogar eine Rechtfertigung der Judenvernichtung zumindest tendenziell angelegt (s. u.). Interessant ist in diesem Zusammenhang auch Myn.'s Haltung zum Krieg. Nicht der Krieg als solcher ist gegen die Natur und damit gegen Gott, denn: es gebe ja "auch das 'Gesetz' des Fressens und Gefressenwerdens, den Drang der rücksichtslosen Ausbreitung und Durchsetzung von Leben auf Kosten anderen Lebens" (S. 180) in der Gott-Natur. Nur der "unnatürliche" technische, auf der Basis der gegen Natur/Gott gerichteten technisch- instrumentellen Vernunft ablaufende Krieg wird abgelehnt: "Wo und wann könnte sich die der Großtechnik innewohnende Kraft der Zerstörung denn auch so austoben wie im Krieg? Deswegen sind vielleicht die waffentechnischen Fortschritte im Bereich der Gesamttechnik die größten. Jedenfalls ist der Krieg kein Krieg im herkömmlichen Sinne mehr, sondern Krieg im Banne des technischen Primats, technischer Krieg. Da ist nicht mehr der Held gefragt, der Tapfere, Mutige, der Abenteurer, zumindest weichen alle Kampftugenden vor der Macht und Gewalt des technischen Kriegsspektakels zurück, das vor allem eine Materialschlacht ist .... Soldaten sind im Grunde keine Soldaten mehr, sondern Arbeiter, Bedienungspersonal der über ein gewaltiges Vernichtungspotential verfügenden, todbringenden Maschinen" (S. 193). "Natürlich" und damit im Sinne des göttlichen "Prinzips" sind demnach die Kampftugenden Tapferkeit und Mut im "natürlichen" Kampf Mann gegen Mann. - Begründung der Forderung nach Ungleichheit aus Naturphänomenen Dreh- und Angelpunkt der Ideologie der Neuen Rechten, innerhalb derer sich Myn. bewegt, ist die Ablehnung der Gleichheitsforderung der Aufklärung, der bürgerlichen und sozialistischen Revolutionen. Um das zum ersten Mal in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 festgeschriebene, heute mit der UN-Menschenrechtskonvention weltweit geltende Postulat von der Gleichheit der Menschen ablehnen zu können und dagegen die rechtsextreme Forderung nach dem "Recht auf Ungleichheit" zu setzen, sind verschiedene theoretische Begründungen versucht worden, so z.B. auch die Heranziehung der "nationalen Identität". Im vorliegenden Fall werden Ungleichheitsphänomene in der Natur herangezogen. Myn.'s affirmative "Anerkennung, Bewunderung und Verehrung der Natur" postuliert einen "ästhetischen Selbstwert der Natur" (S. 54), der im "von innen heraus Gesetzmäßigen, Planvollen, Harmonischen des Kosmos und der lebendigen Welt" (S. 46) seinen Ausdruck finde und als göttlich Gewolltes vom Menschen bewahrt werden müsse. Nicht die "utilitaristisch- instrumentelle" vernünftige Überlegung "Ohne Baum kein Sauerstoff zum Atmen", "Ohne sauberes Trinkwasser verdursten oder sich vergiften" ist sein Argument, sondern der göttliche "ästhetische Selbstwert": "Diesbezüglich kann man geradezu mit Händen greifen, daß die lebendigen Formen und die verschiedenen Arten von Lebewesen neben ihrer physiologischen Funktion auch eine eigenständige morphologische, rein ästhetische und ideale Aufgabe erfüllen" (S. 48). Diese von allen naturwissenschaftlich-systemtheoretischen Überlegungen mit Bezug auf Ökosysteme und die "Funktionsweise" der Natur überhaupt befreite, rein religiös-ideelle Affirmation des Vorgefundenen kann nach Myn.'s Grundsatz, nicht nur "anzuerkennen, zu bewundern und zu verehren", sondern vor allem auch "daraus entsprechende (Handlungs-) Konsequenzen zu ziehen" - auf die Menschheit bezogen - nur rassistische Konsequenzen haben: Rassenmischung widerspricht dem "ästhetischen Selbstwert des Seienden". Myn. spricht diese Konsequenz im Gegensatz zu Hauer und Hunke nicht aus, legt aber in seiner Neuformulierung von deren Ansätzen dazu den Grundstein. Einen Theologen des 19. Jahrhunderts zitierend, hält Myn. "die möglichste Überwindung...der Gleichheit" für "Weltzweck, dem alles Naturstreben dient" (S. 59). Myn. dehnt diese
"ästhetische
Grundkomponente der Natur" (S. 45) auch explizit auf das Böse aus,
wenn er die Beschreibung und Verherrlichung dieser "Grundkomponente"
durch
einen anderen Autor ausgerechnet in diesem Zusammenhang zustimmend
zitiert:
"Es existiert hier eine mit vitalen Fortsetzungszwecken nur lose
zusammenhängende
Produktivitätsexuberanz, die im Schönen, im
Häßlichen,
in den Ausdrucksformen des Gutmütigen, des Bösen, des
Hinterlistigen
alles menschlicher Phantasie Mögliche weit übersteigt und die
unendliche variierte Chiffre des beabsichtigten
überzweckmäßigen
Ausdrucks mit solcher Sicherheit zeichnet" (ebd.). Daß dies keine Überinterpretationen sind, machte Myn. bei seinem Bonner VHS-Vortrag am 17.9.87 klar, der darin gipfelte, daß Myn. Naturbetrachtung und Naturmythen als "die wesentlichen Erkenntnisformen" des Menschen im Umgang mit der Welt darstellte. Die Mythen der Naturvölker, aus unmittelbarer Naturanschauung gewonnen, seien die Bilder und Symbole, mit denen sich Wahrheit besser erkennen lasse als mit den Methoden der Wissenschaften. (Dies ist allerdings ein Widerspruch zu seiner eigenen Wissenschaftsgläubigkeit z.B. in Bezug auf die neuere Physik; Myn. sieht diesen Widerspruch nicht.) Im Buch "Ökologische Religion" fordert er als Erkenntnismittel den "offenen, unverklemmten Blick auf die Natur" (S. 63), denn "die Natur, sowohl die leblose als auch die belebte, ist objektive Weisheit" (ebd.). - Der organisch-biologistische Gottesstaat Die These vom göttlichen Selbstwert des Seienden, der sich dem Menschen mystisch offenbare, gewinnt eine direkt antidemokratische Zielrichtung in Myn.'s organisch-biologistischer Idee von Gesellschaft. Wie alle biologistischen Gesellschaftstheoretiker der Organismus-Metapher folgend, favorisiert er ein hierarchisches Gesellschaftsmodell mit einem Führer an der Spitze (Zentralnervensystem, zentrale Steuerung), in dem die einzelnen Bürger lediglich die ihnen von der Natur angeblich zugedachten Rollen auszufüllen haben (ausführende Organe des Organismus), bis hin zur individuellen Selbstaufopferung, wenn es das Überleben des "Ganzen" verlange (wie in Ameisen- und Bienenstaaten). Die Parallelen zum germanischen Sippen-Mythos sind deutlich. Myn. sieht diese Staatsbiologie, die er mit "unverklemmtem Blick" der Natur abgelesen hat, ausdrücklich als die angemessene Verwirklichung des göttlichen Planes, als Gottesstaat: "Das kann man im heutigen ökopolitischen Kontext so verstehen, daß die Natur die 'Absicht' hat oder dahin tendiert, mit dem Menschen ein ethisch-soziales, ein sittlich-gesellschaftlich verfaßtes Wesen hervorzubringen, das durch die geeignetste politische Staatsform der Natur in ihrer Gesamtheit zu ihrem effektivsten Rechtsstatus verhilft" (S. 212 f). Diese Überlegung bildet das Ende und sozusagen die Krönung der Myn.'schen Ökoreligion (im Buch lediglich noch gefolgt von einem Kapitel über sein Verhältnis zu anderen Religionen, die der seinen natürlich unterlegen sind). In seinen organisch-biologistischen Gottesstaat mündet sein religiöser Entwurf: "In dieser Sicht ist die Natur auch politisch" (S. 212). Dabei bediene sich die göttliche Natur ausschließlich der Sekte Myn.'s: "Ist doch Ökologische Religiösität jene grundlegende und umfassende Haltung, in der...die (ideell) vollkommenste Struktur der menschlichen Gesellschaft immer schon keimhaft zur Harmonie gekommen" sei (S. 213). Wie diese Gesellschaftsharmonie konkret aussieht, das hatte Myn. bereits zu Beginn seines Buches entwickelt. Neben dem "ästhetischen Selbstwert der Natur" sei auch der "soziale Eigenwert" als "weiterer Wesensaspekt der Natur" zu sehen (S. 54). Myn.'s "unverklemmter Blick auf die Natur" als Erkenntnismittel, das ihm Offenbarung liefert, und seine daraus abgeleiteten Handlungskonsequenzen, die Bestandteil seines religiösen Ansatzes sind, lassen ihn zu deutlich antidemokratischen, autoritären Schlußfolgerungen kommen: "Man darf schließlich wohl mit gutem Recht auch von einem sozialen Prinzip und sozialen Tendenzen innerhalb des Organismus selbst sprechen. Damit meinen wir den Sachverhalt, daß alle Glieder und Organe eines Lebewesens mit ihren eigentümlichen Funktionen der Entwicklung des Ganzen dienen und nur mittelbar sich selber. Das Leben ist logische Einheit und Einheitstendenz in der Vielfalt und Mannigfaltigkeit der Organe und Funktionen. In der Überlegenheit des Ganzen, in der überlegenen Einheit des Ganzen kann man eine Verknüpfung des Machttriebes und des (sozialen oder) Einheitstriebes des Lebens erblicken, so jedoch, daß der erstere im Dienste des letzteren steht, daß er die auseinanderstrebenden oder gar gegensätzlichen Tendenzen bzw. Leistungen der einzelnen Teile, Glieder und Organe zum Dienst an der Einheit zwingt, aufeinander abstimmt, machtvoll im Sinne und zugunsten des lebenden Ganzen koordiniert" (S. 57). Um nur ja nicht falsch verstanden zu werden, etwa in der Art, er übertrage gesellschaftliche Terminologie auf Natur und nicht Natur auf Gesellschaft, fügt er als Anmerkung an (dabei auf den in den 30er und 40er Jahren führenden psychologischen Theoretiker organischer Weltanschauung, Eduard Spranger, Bezug nehmend, bei dem Hunke 1940/41 nach eigener Aussage studiert haben will): "In Anlehnung an Ed. Sprangers Theorie der wertenden menschlichen Lebensformen sagt auch A. Müller: 'Verbindet sich mit dem Machttypus (ein Begriff aus Sprangers psychologischer Typenlehre, P.K.), ihn veredelnd, der von sozialen Werten erfüllt Typus, so können sich beide zum verantwortungsvollen Führer- oder Herrschertypus vereinigen.'" (S. 254). Myn. fügt sogleich an, wiederum jedes Mißverständnis ausräumend, der biologische Organismus sei "als eine Art echtes Sozialgebilde mit echter Gliedhaftigkeit seiner Teile" zu verstehen, und zwar ausdrücklich "ähnlich den menschlichen Gemeinschaftsformen" (S. 59). Das Gerede vom "guten", vom "verantwortungsvollen" Führer bei Spranger und Müller ist dabei nichts anderes als die Führerideologie, mit der die Nazis den Bürgern ihren autoritären Staat schmackhaft machten; für Kritik an solchem Führer, für demokratische Kontrolle oder gar Abwahl ist in Myn.'s "menschlichen Gemeinschaften" natürlich kein Platz, denn wo könnten, der Organismus-Metapher folgend, ein Arm, ein Bein, eine Lunge und ein Herz ihr Zentralnervensystem demokratisch wählen. Die "Glieder und Organe" seiner dem Organismus parallelisierten "menschlichen Gemeinschaften" haben explizit "eigentümliche Funktionen", d.h. naturgegebene Funktionen: jeder auf dem ihm von der Natur zugedachten Platz, kein dem Führer nachgeordnetes Gesellschaftsmitglied kritisiert den Führer, so wie kein Bein das Gehirn kritisiert. Wird dieses angeblich gottgewollte Ordnungsprinzip eingehalten, so erreicht die jeweilige "menschliche Gemeinschaft" die "überlegene Einheit des Ganzen". Wird es etwa, wie in der Demokratie, dem Natur-Gott frevelnd, abgelehnt, so ist diese Gemeinschaft entsprechend unterlegen. Myn. kommt also hier über seine Neuformulierung exakt wieder zu denselben Schlußfolgerungen wie der Nazi-Agitator Hauer, den Myn. ja ohnehin für einen der größten Religionswissenschaftler des 20. Jahrhunderts hält (s.o.). Wenig später (S. 61) beschwört Myn. dann den "Korpsgeist" der "bekannten Ameisen- und Bienenstaaten", in denen "die Selbstaufopferung (des Individuums, P.K.) von einem überindividuellen Gesamtwillen zeugt" (S. 61). In einer Anmerkung fügt er an: "Es ist doch im Interesse des Organismus als einer absolut vorrangigen Ganzheit, daß die tätigsten und lebenswichtigsten Organe am längsten erhalten bleiben, die weniger wichtigen eingeschmolzen werden, um überhaupt durchhalten zu können. Hat man es doch geradezu als 'Selbstaufgabe' und 'Selbstaufopferung' bezeichnet, wenn 'in Zeiten von Mangel und Hunger ganze Gewebe sich einschmelzen lassen zugunsten anderer, die von größerer unmittelbarer Lebenswichtigkeit, wie Hirn und Herz, sind' (A. Müller)" (S. 255). Führer befiehl, wir folgen!, Du bist nichts, Dein Volk ist alles!, Städte werden zu Festungen erklärt, Hunderttausende müssen kritiklos sterben, damit im Führerhauptquartier weitergelebt werden kann: das ist die Realität von Myn.'s ökologischem Gottesstaat. Gerechtfertigt wird all dies mit der Natur als "übergeordnetes, also schon vor jeder Sinnstiftung durch den Menschen waltendes umfassendes Sinnprinzip" (S. 88), als Gottes Wille. Der autoritäre, antidemokratische Charakter von Ms Gesellschaftsvorstellung ohne Chancengleichheit, ohne die vertikale Durchlässigkeit der offenen Gesellschaft, seine Art der Ungleichheits-Rechtfertigung, wird über das ganze Buch an verschiedenen Stellen bekräftigt: "Einheit mit der Natur, wie wir sie besprochen haben, bedeutet nicht Einerleiheit. Jedes Ding, jede lebende Art hat eine spezifische Funktion, eine besondere Rolle und Aufgabe im Sinnganzen der Natur...Wir Menschen bleiben dann im Naturganzen, im Naturzusammenhang, in der (bewußten) Einheit mit der Natur, wir entsprechen gerade dann der Natur und sind 'natürlich', wenn wir die spezifischen Aufgaben wahrnehmen und erfüllen, die sie von uns verlangt, die sie in unsere Natur eingegeben, eingeprägt hat...Ihre (der Natur, P.K.) Kräfte, Potenzen, Tendenzen sind in uns und drängen zu den uns eigenen, uns entsprechenden Rollen und Verhaltensformen" (S. 117). "Der Mensch erfüllt nun die Aufgabe, die ihm die 'sich mit ihm forttreibende' Natur gestellt hat, u.a. dadurch, daß er ihre Werte (die im ersten Kapitel ausführlich charakterisierten ästhetischen, sozialen, logisch-mathematischen, biotechnischen usw. Wertaspekte) in sein Bewußtsein hebt und zur Sprache bringt" (S. 139). Es dürfe "nie vergessen werden, daß es die Natur selbst ist, die sich im Menschen zur Geltung bringt" (S. 147). Das besonders perfide an Myn.'s Begründung der autoritären Gesellschaft und der Ungleichheit, an seiner Ablehnung demokratischer Strukturen ist, daß er nicht etwa mit politischen Argumenten kommt, die - wie es angemessen wäre - Gegenstand einer politischen Auseinandersetzung sein könnten. Er tritt vielmehr mit dem Anspruch auf, nichthinterfragbares Gotteswort zu verkünden. Tiefreligiöse Menschen, die zudem psychisch anfällig für Sekten sind, werden durch diesen religiösen Anspruch zu einem antidemokratischen politischen Fanatismus getrieben, der sich in der demokratischen Öffentlichkeit (noch) auf modisch-fortschrittliche Ökologiegedanken berufen kann. Unter dem Deckmantel der Fortschrittlichkeit entsteht hier eine Sekte, die bei weiterer Unterstützung durch staatliche Stellen wie z.B. der VHS Bonn zumindest tendenziell zu einer Gefahr für den demokratisch verfaßten Staat werden könnte. - Mynareks Schwierigkeiten mit dem Pantheismus, sein Rest an christlicher Prägung und die Möglichkeit des neuerlichen Holocaust in einem verbrecherischen Gottesstaat Gänzlich unvermittelt und überraschend nimmt das Buch "Ökologische Religion" zum Ende hin eine Wende vom Pantheismus weg, die allerdings in zahlreichen argumentativen Widersprüchen steckenbleibt und die nicht vernebeln kann, daß als Schlußfolgerung aus Myn.'s Ansatz auch der verbrecherische Gottesstaat möglich ist, der seine Gegner nach den Gesetzen der Natur beseitigt. War Myn. angetreten, den "jüdisch-christlichen Dualismus" zu überwinden (den Anspruch, dies getan zu haben, bekräftige er bei der Bonner VHS-Veranstaltung am 17.9.87 vehement), so führt er ihn nun wieder ein. Offenbar hat der ehemals katholische Theologe Schwierigkeiten mit der ethischen Kategorie des Bösen bekommen. Im Gegensatz z.B. zu Hunke kann er sich mit seiner christlichen Sozialisation wohl doch nicht so einfach, wie er es das ganze Buch über getan hat, zur Existenzberechtigung des Bösen als Teil des göttlichen absoluten hervorbringenden Prinzips bekennen. Es schiebt nun, ohne der Widersprüche zum behaupteten Pantheismus Herr zu werden, die Verantwortung für das Böse in Natur und Menschheitsgeschichte auf ein postuliertes "Nicht-Absolutes", ein "Nicht-Göttliches", wie er es nennt (S. 200 f), das dem "Absoluten" antagonistisch ist. Zu den Wirkungen des "Nicht-Absoluten" äußert er sich ambivalent: einerseits sei durch diesen (von Myn. nicht so benannten) Dualismus "das Prinzip des Kampfes ums Dasein unausweichlich gegeben" (S.. 201) ebenso wie "die oft furchtbaren Phänomene der Grausamkeit und Aggression in der Tier- und Pflanzenwelt" (S. 199). Andererseits strebe dieser Dualismus dialektisch (ein ebenfalls von Myn. nicht explizit verwendeter Begriff) zu einer "vollkommenen Harmonie der Natur" (S. 200) am Ende ihrer Geschichte. Er tröstet sich mit einer judao- christlich anmutenden Erlösungshoffnung für den Sanktnimmerleinstag über die Existenz des Bösen hinweg. Aufgabe des Menschen sei es, das Böse jedenfalls nicht weiter zu vermehren. Da er diese Überlegungen abstrakt hält, lediglich einmal allgemein auf Naturzerstörung, ein anderes Mal konkret auf "in Tiertests veranstaltete Quälereien" und "Massentierhaltung" (S. 205) hin erläutert, bleiben sie für seine Konzeption des Gottesstaates ohne Bedeutung. Der ethischen Forderung an den Menschen widerspricht dann aber wiederum die dialektische Verlaufsform der Entwicklung zur Endzeit-Harmonie, die er (wie alles andere) als gottgewollt-natürlich postuliert: "die Grausamkeit und Aggression in der Natur (seien) aus letzten metaphysischen Gründen von ihrem Entwicklungsprozeß zur vollkommenen Harmonie des Ganzen hin wahrscheinlich gar nicht abtrennbar" (S. 203). "Der universale Lebenswille der Natur entzweit sich anfänglich im Rahmen der Geschichte, er individualisiert sich, spaltet sich in die seienden Individuen auf, die diesen Lebenswillen als ihren eigenen partiellen erleben, aber auch behaupten und durchsetzen wollen. Die Richtung geht dann aber in einer immer deutlicheren und intensiveren Endperspektive auf das Wieder-Eintreten, Wieder-Eingehen, Wieder-Einströmen in den universalen Lebenswillen der Natur, in ihr Urprinzip, in die 'natura naturans', aber so, daß auch für dieses Prinzip die umfassende Natur- und Geistesgeschichte der kosmischen Entwicklung eine bereichernde Bedeutung hat und die Geschichte der einzelnen Seienden eine bleibende Relevanz in diesem Gesamtprozeß behält" (S. 201). Das heißt, die Entwicklung zur "Harmonie" bedarf notwendigerweise der Dialektik von Gut und Böse, des Kampfes ums Dasein, der Aggression und Grausamkeit als göttlich-natürlicher Erscheinungen: der "bereichernden Bedeutung" wegen. Jeder Tod, jedes Böse hat für diesen Entwicklungsprozeß zur "Harmonie" eine notwendige "bleibende Relevanz"; Leid und Not sind so Voraussetzungen zum "allseitigen Frieden der Natur im Endstadium ihres kosmischen Entwicklungsprozesses" (S. 204). Damit löst er seine ethische Forderung nach prinzipieller Vermeidung des Bösen wieder auf; das Recht des Stärkeren im Kampf ums Dasein gilt heute. Dies unterscheidet seine Ökoreligion auch von solchen Religionen, die von vorne herein eine Vermeidung des Bösen fordern, das als Sünde und als ein Hindernis für das Eingehen ins Himmelreich angesehen wird. Bei Myn. ist das Böse dagegen als Antagonismus des Guten eine Notwendigkeit auf dem Weg zum Himmelreich, der "Evolution" zur "Harmonie" nämlich. In Verbindung mit seiner gefährlichen These vom "Irrläufer der Evolution" (s.o.), als den Myn. den vom "jüdisch-christlichen Dualismus" beeinflußten "technisch-utilitari stischen Menschen" ansieht, gerät seine Rechtfertigung des Bösen, der Grausamkeit als "Relevantes" und "Bedeutungsvolles" auf dem Weg zur "Harmonie" zu einer hochexplosiven Mischung: in der Tat ist hier die Vernichtung des jüdisch-christlichen "Irrläufers" und die religiöse Rechtfertigung dieser Vernichtung als gottgewollter, wenn auch zugegebenermaßen steiniger und grausamer Weg ("Kampf ums Dasein", der "aus metaphysischen Gründen" vom "Entwicklungsprozeß zur vollkommenen Harmonie...nicht abtrennbar" sei) im göttlichen Evolutionsplan hin zur letztendlichen "Harmonie" theoretisch angelegt. Ja, die neuerliche Menschenvernichtung, aus der Natur metaphorisch "mit unverklemmtem Blick" vom dortigen Kampf ums Dasein für die Menschheitsgeschichte abgelesen, erscheint so nicht nur als - bedauerlicher - Teil der gottgewollten Evolution,; sie ist geradezu notwendige Voraussetzung zur Erreichung der "Harmonie", denn der "technisch-utilitaristische Mensch" stört ja als "Irrläufer" diesen Evolutionsprozeß. Auch dies ist eine Folgerung aus Ms methodischem Postulat, Prinzipien der Natur via "unverklemmter Blick" und Naturmystik in der Menschheitsgeschichte zu verwirklichen, das Wollen der göttlichen Natur nicht nur in Anerkennung, Bewunderung und Verehrung, sondern auch in Handlungen zur Geltung zu bringen: für diese Folgerungen aus Ms Sicht, die Menschheit sei "Sinnvollenderin aller Weltkräfte" (S. 150), gibt es sogar indirekte Belege in seinem Buch: "Die Pflanzenwelt kann also ein generelles Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht in Anspruch nehmen, weil wir auf den Verzehr bestimmter Pflanzen elementar angewiesen sind" (S. 209). "Pflanzen und Tiere - unsere stammesgeschichtlichen Brüder und Schwestern - (haben) ... ihren Lauf vollzogen und die Staffette des Lebens weitergereicht, damit der Mensch entstehen konnte" (S. 211). Methaphorisch-naturmystisch übertragen: die "Irrläufer" haben kein Recht auf Leben, weil der "ökologische Mensch (als) Sinn der Evolution der Natur" (S. 159) "elementar" auf die Erreichung der "Harmonie" angewiesen ist, da er sonst ebenfalls seinen und der gesamten göttlichen Natur Sinn verfehlt. Die göttliche Natur hat aber nach Myn. nun gerade die Menschheit (und hier insbesondere Ms Sekte, wie oben dargestellt) zur "Sinnvollenderin aller Weltkräfte" bestimmt; sie soll "den allseitigen Frieden der Natur im. Endstadium. ihres kosmischen Entwicklungsprozesses" (S. 204) vollenden und nicht stören, wie die "Irrläufer". Damit ist auch die göttliche Natur selbst "elementar" auf den Holocuast an den "Irrläufern" angewiesen, will sie nicht ihren eigenen Plan konterkarieren (was sie nach dem gesamten Myn.'schen System. selbstverständlich nicht will). Die "geeignetste politische Staatsform", die sich die göttliche Natur nach Myn.'s Meinung mit Hilfe des Menschen selbst schafft (S. 212 f, s.o.), indem sie "sich im Menschen selbst zur Geltung bringt" (S. 147), darf keinerlei Recht für die "Irrläufer" beinhalten, ansonsten die göttliche Natur ihren eigenen göttlichen Evolutionsplan verfehlte. Myn.'s Gottesstaat ist demnach kein Rechtsstaat, sondern kann in der Konsequenz seines eigenen Systems nur ein verbrecherischer Unrechtsstaat sein, aus dem Menschen minderen Rechts, die zudem ihren "eigentlichen Wert" als Menschen verfehlt haben (S. 171, s.o.), um der gottgewollten Evolution Willen, um der phantasmagorischen "Harmonie" Willen, ausgeschieden werden müssen. Der Weg zur "Harmonie" über "Grausamkeit und Aggression" ist ein göttlicher, ein natürlicher, vom "absoluten schaffenden Prinzip" in der Natur selbst schon verwirklichter. Alles Gerede von der prinzipiellen Vermeidung des Bösen verblaßt vor der gottgewollten "Sinnvollendung", vor der "Harmonie" werden neuerliche Leichenberge aufgehäuft und von den Auserwählten überwunden. Es ist nicht anzunehmen, daß Myn. sich all dessen bewußt ist. Es ist auch nicht anzunehmen, daß Lagarde und Langbehn sich bewußt waren, daß ihre germanische Religion nach Auschwitz führen würde. Auch zu ihren Zeiten fehlten noch die Praktiker, die das theoretisch Angelegte in verbrecherische Taten umsetzten. Myn.'s Verhältnis
zum Bösen
oszilliert aufgrund seines letztlich ungeklärten
Verhältnisses
zum Pantheismus zwischen systemimmanenter Affirmation und subjektiver
Negation.
Damit kann er allerdings einen klaren, verbindlichen ethischen
Imperativ
zum Guten nicht mehr schlüssig begründen. Er schwankt zum
Schluß
zwischen christlicher und germanischer Orientierung. Für eine
"Orientierung
im Dasein", wie er eines seiner Bücher titulierte, ist dies nicht
brauchbar. Seine Anhänger werden sich wohl am größten
Teil
der "Ökologischen Religion", an der Verführung zur
germanischen
Religion orientieren; im Glauben, damit den "Triumph des Guten" (S.
204)
leider erst "am Ende der kosmischen Geschichte" (S. 201)
herbeizuführen.
Dabei können sie sich auf Myn. berufen: "Der Preis für das
ungeheure
Leid in der Geschichte der Natur ist die vollkommene Harmonie der Natur
am Ende dieser Geschichte" (S. 200). Heutiges Leid und Endzeit-Harmonie
bedingen sich. Auf jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen der VHS Bonn, zu denen Myn. von der Fachbereichsleiterin Philosophie der VHS, Dr. Regina Claussen, gegen alle Proteste immer wieder eingeladen wird, präsentiert sich Myn. als Sektenprediger. Die Zeit füllt er regelmäßig mit mehr als eineinhalbstündigen Monologen, so daß für eine Diskussion seiner Thesen kaum Zeit bleibt. Auf der VHS-Veranstaltung am 2.12.86 wurden konträre Diskussionsbeiträge vom Veranstaltungsleiter sogar unterbunden; es durften dort lediglich Fragen an den Referenten gestellt werden. Solche Fragen beantwortet Myn. nach den Bonner Erfahrungen regelmäßig mit einem weiteren langen Monolog, so daß für weitere Fragen kaum Zeit bleibt. Auf der Veranstaltung am 17.9.87 wurde von Claussen zu Beginn gleich darauf hingewiesen, daß es sich um eine Vortragsveranstaltung handele, um die zuvor aufgrund der Proteste in der Lokalpresse zugestandene "obligatorische Diskussion" sogleich auf ein Minimum zu beschränken. Meist beschimpft Myn. kritische Diskutanten: sie seien in Wirklichkeit "zu feige", sich ihm persönlich zu stellen; sie seien "Halbgebildete", "Unintellektuelle", die "in ihre Psyche sehen sollten, denn was man anderen vorwirft, das projiziert man nur von sich selbst"; einen Teilnehmer wollte er aufgrund seiner Fragestellung als "Studenten der katholischen Theologie" (und somit einen seiner angeblichen Hauptfeinde) erkannt haben und kanzelte ihn deswegen in aggressivem Ton ab, ohne auf seine Frage einzugehen. Am 2.12.86 gab es eine längere Auseinandersetzung mit Teilen des Publikums darüber, daß Myn. Kritiker als "die wahren Faschisten" bezeichnet hatte; es folgten gegenseitige Androhungen von Beleidigungsklagen. Dort tat er auch den skandalösen Ausspruch: "Die Juden oder ein Teil der Juden, wenn man die Politik Israels betrachtet, sollen erst mal den eigenen Faschismus beseitigen, bevor sie anderen rechtsextreme Tendenzen vorwerfen"; Anlaß war ein Myn.-kritisches Flugblatt, das ein Mitarbeiter des Bonner "Vereins an der Synagoge" mitunterzeichnet hatte. (Der Verein, der auch von Mitgliedern der Bonner Jüdischen Gemeinde getragen wird, arbeitet die Bonner NS-Geschichte auf.) Myn. reagiert auf sachlich vorgetragene Fragen und Kritik aggressiv und intolerant. Er ist von dem Wahn besessen, überall von der katholischen Kirche verfolgt zu werden. Er sei "der Dämon schlechthin" und will auf einer VHS-Veranstaltung sogar herausgefunden haben, daß nunmehr "DKP und Papst" sich zusammengeschlossen hätten, um. ihn zu verfolgen. Bisweilen lügt Myn. auch einfach, z.B. bei der Behauptung, er selbst habe "im Hause Hauer" recherchiert, daß Hauer sich Mitte der 30er Jahre vom NS-Regime losgesagt habe; auf einen entsprechenden konkreten Vorhalt (s.o.) meinte er dann, als habe er das erste nicht gesagt, Hauer sei "bis zuletzt ein Nazi" gewesen. Dem gesetzlichen
Bildungsauftrag
der Volkshochschule wird der Referent weder durch seine
einschläfernden
Monologe noch durch seine Publikumsbeschimpfungen gerecht.
de Benoist, Alain:
Heide sein.
Zu einem neuen Anfang, Tübingen 1982 Zeitschrift "unitarische
blätter": |