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"Freireligiösen"-Immobilien Prenzlauer Berg,
Pappelallee 15-17:
 
SPD/PDS-Skandal um Nazi-Sekte ausgeweitet
 
Nach Aktenfund im Landesarchiv Berlin: War die Rückübertragung der Immobilien der nazistischen "Freireligiösen" an die "Freigeistige Gemeinschaft" legal ? ---
"Freireligiöse Gemeinde Berlin" war eindeutig nationalsozialistisch.
Landesrechnungshof und Korruptionsbekämpfungsstelle des Kammergerichts eingeschaltet  ---
HVD zog Fäden  ---  HVD will jetzt Immobilie in Friedrichshain  ---
HVD verliert Gerichtsprozeß gegen das BIFFF...  ---  Briefbombendrohung gegen das BIFFF...
 

Die SPD-Politikerin, Ex-HVD-Vize und Berliner Freigeistigen-Vorsitzende Anke Reuther hat offenbar die Öffentlichkeit und die Behörden über den wahren Charakter der nazistischen Berliner Freireligiösen im Unklaren gelassen, um ihre Organisation "Freigeistige Gemeinschaft Berlin e. V." in den Besitz der früheren Freireligiösen-Immobilien Pappelallee 15-17 in Prenzlauer Berg zu bringen. Das wurde am Rande des groß angekündigten Gerichtsprozesses des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) gegen das BIFFF... wegen unserer Kritik an der Freireligiösen-Ausstellung des Prenzlauer-Berg-Museums vom Januar 1999 klar. Der HVD hat den Prozeß bereits in der ersten Instanz am Landgericht Berlin hundertprozentig verloren. Daß er noch die SPD-Abgeordnetenhaus-Mitglieder und HVD-Mitglieder Kirsten Fussan-Freese, Regine Koch und Jutta Weißbecker als Zeuginnen auffuhr - sie sollten Gefälligkeitsaussagen zugunsten der HVD-Klage machen - nutzte auch nichts mehr. Das Gericht hörte die Zeuginnen gar nicht erst an und entschied zugunsten des BIFFF.... Und das Landgericht schrieb ins Urteil (AZ 27 O 131/99): "Der Kläger (HVD) stellt nicht in Abrede, sich um die Rückübertragung des Grundstücks Friedenstraße 60 in Berlin-Friedrichshain zu bemühen. Die Behauptung des Klägers, nach dem 30. Januer 1933 verfolgt worden zu sein, ist eine anspruchsbegründende Voraussetzung des Restitutionsanspruchs (vgl. § 1 Abs. 6 VermG)". Schlecht für den HVD, der sich mit der Ausstellung "Kein Jenseits ist - kein Auferstehn" 1998/99 selbst in die Tradition der Freireligiösen stellte, denn wir fanden im Landesarchiv Berlin die alte Akte der "Freireligiösen Gemeinde Berlin e. V.", die eindeutig beweist, daß auch die Berliner Freireligiösen nationalsozialistisch orientiert waren. Schlecht auch für die Freigeistigen, denn sie müssen jetzt um die frisch "rückübertragenen" Immobilien Pappelallee in Prenzlauer Berg fürchten. Wir haben inzwischen Anzeige erstattet beim Rechnungshof von Berlin und bei der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung des Kammergerichts: Zu viele Ungereimtheiten bei der "Rückübertragung" der Pappelallee 15-17, die SPD und PDS politisch mitverantworten, zu viel SPD-Prominenz bei den Nutznießern des Deals, zu viel PDS-Schützenhilfe für die Transaktion.

Die Sache ist kompliziert, und das half offenbar der kleinen Gruppe um Anke Reuther (1990-1994 SPD-Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus), ein millionenschweres Vermögen aus Staatsbesitz für sich zu privatisieren. Während wir wegen unserer Kritik an den Freireligiösen noch heftig beschimpft wurden vom Prenzlberger PDS-Stadtrat für Finanzen und Immobilienmangement Robert Scholz (Ex-SPD-Mitglied aus West-Berlin; ein Mann, der Luxus liebt und ihn sich leisten kann, der schon mal PDS-Freunde ins Familien-Landhaus in der Toscana einlädt - Chianti verbindet - und der selbst lieber im feinen Villenviertel Heiligensee Berlin-West wohnt statt in Prenzlauer Berg): er sei studierter Historiker und lasse sich von einem BIFFF... nichts vormachen, die Freireligiösen seien niemals Nazi-nah gewesen, er habe sich doch selbst erkundigt, "ich bin soweit vom Fach, daß ich Windbeuteleien erkenne" usw. - ja, währenddessen fanden wir im Landesarchiv Berlin, was dem Historiker Scholz, der jetzt in Immobilien macht, entgangen war: die Akte 94 VR 2429 des Vereinsregisters beim Amtsgericht Charlottenburg über die 1919 gegründete und 1935 erloschene "Freireligiöse Gemeinde Berlin e. V." (FGB-alt), die sich informell auf das Gründungsjahr 1845 zurückführte.

Klar nationalsozialistisch

Die Akte hat es in sich. Sie beweist die Nazi-Orientierung der FGB-alt bis ins Detail. Und diese Akte wurde vom Kulturamt Prenzlauer Berg unter PDS-Kulturstadtrat Burkhardt Kleinert bei der Ausstellung "Kein Jenseits ist - kein Auferstehn" über die Berliner Freireligiösen im Prenzlauer-Berg-Museum, die das Kulturamt gemeinsam mit Reuthers Truppe und dem HVD 1998/99 veranstaltete, mal eben vergessen. Die Ausstellung präsentierte die Freireligiösen als sozialistisch (das "national" ließ man weg) und diente offenbar dazu, einen materiellen Deal ideologisch abzusichern: die 1997/98 vollzogene Schenkung des früheren Immobilien-Eigentums der FGB-alt (ein Berliner Stadthaus von 1922 mit Hinterhaus, Pappelallee 15, und ein riesiges Gelände, der ehemalige Freireligiösen-Friedhof Pappelallee 17, mit "Feierhalle"), die inzwischen im Besitz des Bezirks Prenzlauer Berg waren, an die 1955 gegründete "Freigeistige Gemeinschaft Berlin e. V." (FGB-neu) der Prenzlberger SPD-Politikerin Anke Reuther. Die Schenkung lief rechtlich nicht als Schenkung, sondern als "Restitution", Wiedergutmachung für nationalsozialistisches Unrecht, das die FGB-alt angeblich erlitten hatte; die FGB-neu beansprucht die Rechtsnachfolge der FGB-alt.

Keine Kontinuität

Doch die Akten beweisen noch mehr. Vergleicht man die Akten der 1935 erloschenen FGB-alt und der 1955 gegründete FGB-neu, so fällt nicht nur auf, daß die beiden Organisationen völlig verschiedene Namen haben: Freireligiöse Gemeinde und Freigeistige Gemeinschaft. Die FGB-neu wurde in West-Berlin von Personen gegründet, die in der Akte der FGB-alt gar nicht auftauchen. Offenbar gibt es keine personelle Kontinuität. Lediglich die Behauptung "gegründet 1845" ist gleich - und gleich falsch, denn die Satzung der FGB-alt wurde 1915 errichtet, der Verein wurde 1919 ins Vereinsregister eingetragen, die FGB-neu gibt es überhaupt erst seit 1955. Wie will man da die Rechtsnachfolge antreten? Ebenso könnte jemand mit schwarzen Haaren kommen und behaupten, Nachfolger von Kaiser Nero zu sein, und das Colosseum in Rom als Eigentum beanspruchen. So gesehen war die Schenkung von 1997/98 mangels Rechtsnachfolge keine "Restitution", sondern illegal, ein Verschenken von Staatseigentum ohne jeden Grund, vielleicht ein Fall für den Staatsanwalt.

Reuther kennt die Akte der FGB-alt offenbar, denn in der Fortsetzung der Kulturamts-Ausstellung über die Freireligiösen, die Reuther jetzt selbst präsentiert - in Räumen der Pappelallee Haus Nr. 76, denn in "ihrem" Haus Nr. 15 sitzt der HVD; Ehrengast bei der Eröffnung der neuen Reuther-Ausstellung: PDS-Kulturstadtrat Burkhard Kleinert - zeigt sie zwei Seiten aus der Akte im Faksimile - allerdings andere als die, die wir hier veröffentlichen. Das Restitutionsverfahren betrieb die FGB-neu jedoch mit der Behauptung, Rechtsnachfolger und deshalb selbst Opfer des NS-Regimes gewesen zu sein, wie die Akte der FGB-neu beweist. Belog die FGB-neu die Behörden bewußt? Beide Behauptungen, die der Rechtsnachfolge und die der NS-Verfolgung, sind die rechtliche Grundlage der Restitution. Beide Behauptungen stehen nach unserem Aktenfund im Landesarchiv nun in Frage: Ohne eindeutige Nachfolge "FGB-alt zu FGB-neu" keine Restitution; wurden lediglich die einen Nazis von anderen Nazis verfolgt - wie es hier allenfalls der Fall war -, so fehlt auch jeder moralische Grund für eine "Wiedergutmachung". Hat außer uns niemand im Landesarchiv nach Aufklärung gesucht?

"Heil Hitler! Freireligiöse Gemeinde Berlin"

Die Akte der FGB-alt beweist alles, was wir bereits in früheren Stellungnahmen gegen die Freireligiösen-Ausstellung des Prenzlberger Kulturamtes vorbrachten, was Reuther, Kleinert, Scholz und der HVD jedoch bestritten haben: Die Berliner Freireligiöse Gemeinde war 1933/34 - wie die anderen freireligiösen Gemeinden im Deutschen Reich - nationalsozialistisch, und dies auch noch besonders demonstrativ. Die FGB-alt war in den 20er Jahren Mitglied des Dachverbandes "Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands" (BFGD), der 1924 im "Volksbund für Geistesfreiheit" (VfG) aufging. Geschäftsführer von BFGD und VfG war das NSDAP-Mitglied Carl Peter. Die Organisationen näherten sich im Lauf der Jahre immer mehr den neuheidnischen, völkisch-germanentümelnden Sekten und schließlich dem Nationalsozialismus an. Weil das Wort "Geistesfreiheit" zu liberal klang, nannte sich der VfG im Mai 1933 in "Deutscher freireligiöser Bund" um, im Juni 1933 nannte er sich wieder in BFGD um, im September 1933 nannte er sich in "Bund der Gemeinden Deutschen Glaubens" (BDGD) um, im Juni 1934 nannte er sich wieder in BFGD um. Peter war unter allen Namen Geschäftsführer, die FGB-alt war unter allen Namen Mitgliedsorganisation. Zum Vorsitzenden des BGDG wurde im September 1933 das SS-Mitglied Wilhelm Hauer gewählt, ein intellektueller Kopf des antisemitischen und antichristlichen "Kirchenkampfs" der Nazis. Aus führenden Vertretern der SS, aus völkisch-religiösen, neuheidnischen Sekten und aus dem BFGD/BDGD gründeten Hauer und der NSDAP-Reichtsagsabgeordnete Ernst Graf zu Reventlow - ein langjähriger Anhänger der Strasser/Röhm-Fraktion der NSDAP, der zahlreiche Freireligiöse zuneigten - im Juli 1933 die nazistische "Arbeitsgemeinschaft Deutsche Glaubensbewegung" (ADG) als religiösen Überbau des NS-Staates, gerichtet gegen die christlichen Kirchen und die jüdischen Gemeinden. Auch die FGB-alt war so Mitglied der ADG, was Reuther bisher bestritten hat.

Der Vorsitzende der FGB-alt Max Blum mußte 1933 zurücktreten, weil er wohl nicht "arisch" genug war. Die FGB-alt warf 1933 ihre alte demokratische Satzung aus der Weimarer Republik auf den Müllhaufen der Geschichte und beschloß eine neue: das nazistische Führerprinzip wurde eingeführt, der Vorsitzende, der nun "Führer" heißen sollte, ernannte die Vorstandsmitglieder, statt daß sie gewählt wurden. "Der Führer dankt für das ihm einstimmig erwiesene Vertrauen und gibt bekannt, daß er demnächst seine Mitarbeiter ernennen und den Mitgliedern bekannt geben wird", heißt es im Sitzungsprotokoll - die FGB-alt war fortan eine auf den NS-Staat zugeschnittene Nazi-Organisation. Die FGB-alt änderte nun auch ihren Namen in "Gemeinde deutschen Glaubens Groß-Berlin - Freireligiöse Gemeinde" und dokumentierte damit den Übertritt ins Nazi-Lager, in das auch die übrigen Gemeinden des BFGD/BDGD, die sich nun "deutschgläubig" nannten, mit fliegenden Fahnen überliefen. In der neuen Satzung der FGB-alt, die einstimmig beschlossen wurde, hieß es ausdrücklich: "Mitglied des Bundes der Gemeinden deutschen Glaubens. Unsere Gemeinde steht auf dem Boden des Bundes". Der BDGD aber war Gründungsmitglied der "Deutschen Glaubensbewegung" Hauers und bekundete 1933/34 immer wieder, treu zum NS-Regime zu stehen. Alles dies hatten wir bereits im Dezember 1998 gegen die geschichtsverfälschende Ausstellung des Prenzlberger Kulturamtes vorgebracht, aus anderen freireligiösen Schriften zitiert, die in der Staatsbibliothek öffentlich zugänglich sind; die Akte der FGB-alt beweist es nun ein weiteres Mal, unbezweifelbar, Ausflüchte zwecklos.

Die FGB-alt benutzte auch nach der Namensänderung ihre alten Briefbögen weiter, unter dem Briefkopf "Freireligiöse Gemeinde zu Berlin, Pappel-Allee 15-17" wurden die Briefe ans Vereinsregister nun "Mit deutschen Gruß!" und "Heil Hitler" unterschrieben, der Gemeindestempel als Sigel hinzugefügt. Antifaschisten?

Nazis gegen Nazis

Im April 1934 wurde lediglich der Vorstand der FGB-alt vom Polizeipräsidenten abgesetzt, und zwar aufgrund der Reichstagsbrandverordnung des Reichspräsidenten Hindenburg vom Februar 1933, die die politischen Grundrechte der Weimarer Verfassung - auch das Vereinsrecht - außer Kraft setzte. Weitere Gründe wurden nicht genannt, darüber kann heute spekuliert werden. Die FGB-alt benannte sofort den gesetzlich vorgesehenen Notvorstand aus sieben Personen. Gegen nur eine der sieben erhob der Polizeipräsident "Bedenken" - dieses Dokument stellt Reuther heute aus -, doch diese Person wurde von der FGB-alt sofort ausgetauscht, was Reuther verschweigt. Der Notvorstand besaß nun das Vertrauen der Nazi-Behörden und wurde von diesen bestätigt, inklusive seines Mitglieds Ewald Harndt, der 1993 als 92jähriger Greis plötzlich wieder auftauchte und auf Versammlungen der FGB-neu und des HVD präsentiert wurde - als lebender Beweis für die beanspruchte Rechtsnachfolge im Restitutionsverfahren, die sich aus den Akten der FGB-neu ansonsten nicht ergab. Harndt verfaßte auch die geschichtsverfälschende Gedenktafel, die heute am Friedhofspark Pappelallee 17 hängt und pauschal eine NS-Verfolgung der FGB-alt behauptet. Doch auch Harndt besaß 1934 das Vertrauen der Nazis und unterschrieb "Mit deutschem Gruß!", wie die Akte beweist.

Erst in Folge der Ausschaltung der Röhm/Strasser-Fraktion der NSDAP - der viele Freireligiöse zuneigten und die in der Industriestadt Berlin eine ihrer Hochburgen hatte - und im Zusammenhang mit dem Kampf um die Vorherrschaft über die deutsche Polizei zwischen Göring und Himmler - Himmler unterstützte die Freireligiösen aus taktischen Gründen und empfing den BFGD/BDGD-Vorsitzenden Hauer zur Privataudienz in München - wurde der BFGD "einschließlich seiner sämtlichen Organisationen" von Ministerpräsident Göring für das Gebiet des Staates Preußen im November 1934 aufgelöst, nachdem die Gestapo - so die Akte der FGB-alt - noch im Dezember 1933 dem Vereinsregister beim Amtsgericht Charlottenburg mitgeteilt hatte, daß "ein allgemeines Verbot der 'Freireligiösen Gemeinden' nicht beabsichtigt" sei. Die Gestapo unterschrieb im Gegensatz zur eilfertigen FGB-alt nicht mit "Heil Hitler", sondern nur "im Auftrage". Die bereits stark überalterte und schon in Selbstauflösung begriffene FGB-alt wurde infolge des Göring-Erlasses jedoch erst im Laufe des Jahres 1935 als eingetragener Verein aus dem Berliner Vereinsregister gelöscht und bestand faktisch und mit Duldung der Nazi-Behörden weiter, wie andere Dokumente beweisen. Angeblich - so behauptet es die FGB-neu - wurden die Immoblien Pappelallee 15-17 erst im April 1936 vom preußischen Staat beschlagnahmt, als Carl Peter ganz legal die Freireligiösen des BFGD in Lesekreisen um die Nazi-Zeitschrift "Deutsches Werden" sammelte, die mit Unterstützung der SS erschien. Sie war ausdrücklich die Fortsetzung der früheren BFGD-Zeitschrift "Die Geistesfreiheit/Deutsche Glaubenswarte", die Peter ebenfalls herausgegeben hatte. Aus den Lesekreisen gründete Peter 1937 den BFGD unter dem Namen "Gemeinschaft Deutsche Volksreligion" (GDV) legal und stramm nationalsozialistisch wieder neu als eingetragenen Verein - mit einer Gemeinde in Berlin. Die GDV hielt 1942 in Berlin einen großen reichsweiten Kongreß ab, öffentlich und ganz legal. NS-Verfolgung? Oder doch nur eine Selbstreinigung von den wenigen verbliebenen nicht hundertprozentig Nazi-treuen Freireligiösen der Weimarer Zeit?

Alte Nazi-Seilschaften

Schon im November 1945 belebte Peter den Dachverband wieder neu und benutzte - taktisch klug für eine Verfolgungslegende - den Namen BFGD, unter dem die Organisation von Göring aufgelöst worden war. Wieder war er nun der Geschäftsführer, wie unter allen anderen Namen der Organisation seit den 20er Jahren. Der BFGD der 50er Jahre (und auch der späteren Jahrzehnte) wurde personell und ideologisch von Alten Nazis geführt: neben Peter der spätere BFGD-Präsident Wilhelm Bonneß, der 1942 in Hauers Zeitschrift "Deutscher Glaube" die "nationalsozialistischen Rassenerkenntnisse" gelobt hatte; der BFGD-Bundesgeschäftsführer und Nachfolger Peters Dietrich Bronder, der schon 1933 als Hitler-Junge bei der Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz begeistert dabei gewesen war; der Freireligiösen-Chefideologe Georg Pick, der 1937 in seinem Buch "Die Religion der freien Deutschen" Adolf Hitler zum Gott der Freireligiösen ausgerufen hatte usw. Diesem BFGD schloß sich auch die 1955 gegründete FGB-neu an. Die Immobilien der FGB-alt waren inzwischen in Volkseigentum übergegangen.

Es gibt in der Tat eine Kontinuität FGB-alt zu FGB-neu: über die Organisation des Nazi Carl Peter, die mal BFGD, mal BDGD, mal GDV, dann wieder BFGD hieß, aber immer dieselbe war. Es ist die Kontinuität der Nazi-Tradition, die eine heutige "Wiedergutmachung" von Nazi-Unrecht, das Nazis anderen Nazis angetan haben, eigentlich ausschließen sollte. Hat die PDS nichts besseres zu tun, als eine Freireligiösen-Affäre mit loszutreten, zumindest solange wirkliche Verfolgte des NS-Regimes immer noch auf Entschädigung warten müssen? In Prenzlauer Berg offenbar nicht.

Chaos als Weg zum eigenen Haus

Die Sache ist noch viel komplizierter, und FGB-neu und HVD nutzten die Unübersichtlichkeit der Verhältnisse. Ob auch politische Beziehungen hilfreich waren? Mit den Vereinsregister-Akten der FGB-neu und des HVD läßt sich der Weg zum eigenen Haus nachzeichnen. 1971 taucht plötzlich Ernst Jeske - ein politischer Wirrkopf, mal Anarchist, mal SED, mal SPD - bei der FGB-neu auf, die offenbar weniger als 20 Mitglieder hat, und wird sofort ihr Vorsitzender. 1978 verhandelt er mit dem Ministerialbeamten beim Innerdeutschen Ministerium Hermann Kreutzer - der heute die rechte SPD-Abspaltung "Kurt-Schumacher-Kreis" betreibt - darüber, wie an die Immobilien der FGB-alt in Prenzlauer Berg heranzukommen sei. Nach Jeskes Tod 1984 existiert die FGB-neu faktisch nicht mehr, Vorstandswahlen werden bis 1991 nicht mehr ordnungsgemäß abgehalten bzw. nicht ordnungsgemäß beim Vereinsregister angemeldet, es findet auch schon einmal eine "Wahl" ohne vorherige Einladung der Mitgliedschaft oder nach einer nicht mehr gültigen Satzung statt, das Amtsgericht Charlottenburg verweigert 1990 formell die Vorstands-Eintragung ins Vereinsregister - Chaos. Ab 1984 wird die FGB-neu von der "Freigeistigen Gemeinschaft Nordrhein-Westfalen" - heute Mitglied im HVD-Dachverband - "betreut", das heißt, faktisch übernommen. Das Archiv der FGB-neu - inklusive des Schriftwechsels Jeske/Kreutzer - wird vom früheren HVD-Vorsitzenden Hans-Joachim Koch dem HVD-Archiv übergeben. Hans-Joachim Koch und Irmgard Koch wechseln sich im Vorsitz ab, gewählt wird mal mit 11, mal mit 8 Mitgliedern, davon drei Koch. Schon seit 1963 immer dabei: Käthe Wartenberg. 1990 berichtet Koch auf einer Versammlung der FGB-neu erstmals über die Immobilien der FGB-alt in Prenzlauer Berg. Rechtsanwälte stellen namens und im Auftrag der FGB-neu-Vorsitzenden Irmgard Koch beim Berliner Magistrat einen Antrag auf Restitution zugunsten der FGB-neu. Doch Koch ist zur Zeit des Antrags nicht als Vorsitzende im Vereinsregister eingetragen, kurz nach dem Restitutions-Antrag weist das Amtsgericht die Eintragung sogar formell zurück. Statt ihrer wird erst 1991 Hans-Joachim Koch als Vorsitzender eingetragen, erstmals seit 1984 rechtlich einwandfrei. Dennoch erfolgt die Restitution letztlich aufgrund des rechtlich unzulässigen Antrags der Nicht-Vorsitzenden. Das Vereinsleben der FGB-neu besteht Anfang der 90er Jahre ausschließlich im Betreiben der Restitution der Immobilien, wie die Akte zeigt. 1993 weist das Amtsgericht die Eintragung der Wiederwahl Kochs zurück, weil die Mitgliedschaft zur Wahl nicht eingeladen worden war; dennoch findet eine ordnungsgemäße Wiederholung der Wahl nicht statt. 1993 wird die SPD-Politikerin Anke Reuther zur stellvertretenden Vorsitzenden des HVD gewählt, Ewald Harndt ist als Ehrengast dabei. 1995 wird der SPD-Politiker Gerd Wartenberg zum HVD-Vorsitzenden gewählt; Wartenberg war bis 1980 baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion des Abgeordnetenhauses, dann SPD-Bundestagsabgeordneter, heute Staatssekretär beim Regierenden Bürgermeister. HVD-Vize Reuther läßt sich 1995 per Akklamation von der winzigen, hochbetagten FGB-neu-Mitgliedschaft in Personalunion zur Vorsitzenden der FGB-neu wählen, betont "das enge Zusammenwirken der Freigeistigen Gemeinschaft mit dem Humanistischen Verband Deutschlands" und läßt die Satzung ändern: die FGB-neu soll mit dem HVD vereinigt werden, dem HVD soll im Falle der Auflösung der FGB-neu - die aufgrund der Überalterung der Mitglieder absehbar ist - das Vermögen der FGB-neu zufallen, also auch die Immobilien nach erfolgter Restitution. Im Haus Pappelallee 15 sitzt seit 1992 der HVD mit Mietvertrag. 1997/98 erfolgt die "Rückübertragung" der Immobilien der FGB-alt an die FGB-neu, die ganze 13 Mitglieder hat, davon zwei Reuther.

Noch Fragen? Noch eine Antwort: Seit 1998 werden die rechtlichen Angelegenheiten der FGB-neu, soweit sie aus der Vereinsregister-Akte ersichtlich sind, von der Berliner Notars- und Rechtsanwaltskanzlei der SPD-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin erledigt. Däubler-Gmelins Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium ist der heute prominenteste Freireligiösen-Propagandist, Eckhart Pick, ein Sohn des Georg Pick, der 1937 Hitler zum Gott der Freireligiösen erklärte und der nach 1945 zu einem Chefideologen des BFGD wurde.

Briefbombendrohung gegen das BIFFF...

Im Immobiliengeschäft geht es oftmals mit harten Bandagen zu, aber so hart? Wir waren überrascht, als wir 1999 im Internet lasen, daß wir uns jetzt hauptsächlich mit dem HVD und den Berliner Freireligiösen beschäftigen würden und daß man uns doch ein paar "Mailbomben" schicken solle, zu deutsch: Briefbomben. Als Absender war ein prominentes Mitglied der "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft e. V." (DUR) angegeben, einer Nazi-Sekte aus dem "Kirchenkampf", die wir schon früher intensiv erforscht hatten, die sich ebenfalls auf Wilhelm Hauer beruft und die in enger Verbindung zum HVD und den Freireligiösen steht. Der heutige Vorsitzende des neuen HVD-Zusammenschlusses Berlin-Brandenburg und "wissenschaftliche" Berater des Kulturamtes bei der Prenzlberger Freireligiösen-Ausstellung, Horst Groschopp, sprach schon 1997 vor "Deutschen Unitariern" und Freireligiösen über die gemeinsame Geschichte und erklärte 1999 öffentlich, er stehe im engen Akten-Austausch mit der DUR - und zwar Akten über uns! Der beschuldigte DUR-Mann bestreitet den "Mailbomben"-Aufruf nicht ausdrücklich, sondern versprüht Nebel: "Absender fälschen kann ja jeder".                                                              (September 1999)
 

...Bezug: HVD-Ausstellung über Freireligiöse Gemeinde Berlin
 

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