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Abstruse
Diskriminierung
abweichenden Verhaltens: Welche diskriminierenden und abstrusen Vorstellung Magnus Hirschfeld in Wahrheit von Sexualität hatte, zeigt sein Buch "Die Homosexualität des Mannes und des Weibes" von 1914 (2. Aufl. 1920). Bezeichnenderweise wurde der Nachdruck des Hirschfeld-Buches 1984 von E. J. Haeberle herausgegeben und kommentiert, einem Funktionär der neokonservativen "Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung e. V." (DGSS) des Düsseldorfer Unternehmers Rolf Gindorf; Haeberle veranstaltete 1990 mit dem als "Ratten-Dörner" bekannten homophoben Hormonforscher Günter Dörner eine "Internationale Konferenz für Sexualforschung", die der Hirschfeldschen "Internationalen Konferenz für Sexualreform" von 1921 nacheiferte. Hirschfeld war Mitglied des naturreligiös-sozialdarwinistischen "Monistenbundes" Ernst Haeckels und glaubte daran, "die Natur" habe das menschliche Verhalten sinnvoll und auf ein nicht näher dargelegtes Ziel "der Evolution" ausgerichtet und bestimme das menschliche Verhalten vollständig. Deshalb suchte er nach dem "evolutionären" Sinn der Homosexualität. Er glaubte, die meisten - wenn nicht alle - Homosexuellen bekämen, wenn sie sich fortpflanzten, genetisch "degenerierte" Nachkommen, weil sie selbst schon verborgene "degenerierte" Erbanlagen hätten. Deshalb habe "die Natur" die Homosexualität erfunden, so daß die "Degenerierten" sich nicht fortpflanzten, sondern ihre Sexualität unfruchtbar unter sich auslebten, und die menschliche Keimbahn so von Erbfehlern frei bliebe. Deshalb müsse es auch auf jeden Fall verhindert werden, daß Homosexuelle zur Tarnung oder aus Laune heterosexuell heirateten, sich fortpflanzten und so die menschliche Keimbahn verdürben. Die abstruse Theorie Hirschfelds, die er frei erfunden hatte und durch keine einzige wissenschaftliche Untersuchung stützen konnte, zielte deutlich auf eine Abwertung der Homosexuellen. Offenbar haßte Hirschfeld seine eigenen homosexuellen Neigungen so sehr, daß er nicht anders konnte, als abweichendes sexuelles Verhalten für minderwertig zu erklären. Daß menschliches Verhalten, auch sexuelles, gesellschaftlich bestimmt ist, kam ihm nicht in den Sinn. Hirschfeld
schrieb hierzu (zit. n. 2. Aufl. 1920, S. 390-392):
Einen guten Beleg für diese 'Regenerationstheorie' bietet eine europäische Herrscherfamilie, und zwar dreimal im Laufe weniger Generationen. (4) Auch mir hat sich immer wieder die Überzeugung aufgedrängt, daß die Homosexuellen, ohne selbst Degenerierte zu sein, einen Degenerations-Ersatz darstellen, vielleicht weniger nach dem komplizierten Schema von Römers als einfach dergestalt, daß sich die Natur der Homosexuellen als eines Vorbeugungsmittels der Degeneration bedient. Diese Annahme wird durch die Ehe und die Nachkommenschaft der Homosexuellen bestätigt. Ein großer Teil dieser Ehen ist kinderlos. Gehen aber Kinder aus den Verbindungen Homosexueller hervor, so tragen diese zum Unterschied von ihren Erzeugern vielfach den Stempel geistiger Minderwertigkeit, es sei denn, daß durch eine besonders gesunde Ehehälfte ein relativer Ausgleich geschaffen wird. Jedenfalls ist vom rassenhygienischen Standpunkt die Ehe eines oder einer Homosexuellen stets ein sehr gewagtes Unternehmen. ... Es kann nicht bestritten werden, daß den Ehen Homosexueller mit degenerierter Nachkommenschaft auch solche gegenüberstehen, aus denen anscheinend - wohlgemerkt anscheinend - völlig gesunde Kinder hervorgegangen sind; nach meiner Erfahrung sind sie aber in der Minderzahl." Ende des
Hirschfeld-Zitats. Die göttlich
waltende Allmacht Natur - Hirschfeld war tatsächlich nur ein
religiöser
Phantast von bescheidenem Denken, um nicht zu sagen: von beachtlicher
"geistiger
Minderwertigkeit" im Vergleich zu den Soziologen, Psychologen,
Pädagogen
schon seiner Zeit! (Zurück im Text zur Stelle der Anmerkung über den "Zurück"-Button Ihres Browsers.) (1) Veralteter Ausdruck für Schwule. (2) Gemeint: Familie mit homosexuellen Ehepartner(n). (3) Schaubild S. 391 des Hirschfeld-Buches. (4) Offenbar meint Hirschfeld die in Bayern herrschenden Wittelsbacher, traut sich aber 1914 nicht, dies zu schreiben. |