Peter Kratz: "Rechte Genossen.
Neokonservatismus in der SPD", Kapitel 4
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4. "Es lebe Deutschland!" 
Nationalrevolutionäre Agitation im Zentrum der SPD 

Kritik an der sozialdemokratischen Ost- und Friedenspolitik der 70er und 80er Jahre ist inzwischen in der SPD zu einem Hebel geworden, die Nation als politisches Konzept gegen die sozialen Interessen fest zu verankern. Eine Koalition, die von Personen aus der Bonner Parteizentrale bis in den Ullstein-Verlag Herbert Fleissners reicht, setzte in den 90er Jahren fort, was nationalrevolutionäre Wiedervereinigungs-Initiativen der 80er Jahre in Koalitionen zwischen einzelnen prominenten Sozialdemokraten und Neonazis begannen. Das Ziel eines nach außen starken, hegemonialen Deutschland, das nach innen einen politischen und sozialen Sonderweg geht, verfolgen auch rechtsextreme Teile der Jungsozialisten in Ostdeutschland, die sich heute wieder am "Kriegssozialismus" des Ersten Weltkriegs und am völkischen "Hofgeismarkreis" der 20er Jahre orientieren. Die Parteispitze unterstützt sie dabei, Antifaschisten dagegen grenzt sie aus. 

Die Ideen der Konservativen Revolution sind inzwischen in der SPD weit vertreitet und tief verankert. Peter Brandt, Herbert Ammon, Theodor Schweisfurth, Tilman Fichter haben das Ihrige dazu geleistet, Glotz hat es als Bundesgeschäftsführer und als Chefredakteur der "Neuen Gesellschaft/Frankfurter Hefte" geschehen lassen. Auch wenn sie nicht alle oder nicht durchgängig Parteimitglieder waren, so war ihr Hauptwirkungsort während der 80er Jahre die SPD. Sie waren und sind der Kern einer Szene ähnlich der der 20er Jahre: auf die Parteien der linken gerichtet, parteiübergreifend, mehr eine breite intellektuelle Bewegung. Schriften von Brandt und Ammon und ihren Verbündeten Henning Eichberg und Alfred Mechtersheimer - letztere schlossen sich in dieser Zeit keiner Partei an - werden heute vom gesamten Neofaschismus zur Lektüre empfohlen, sei es in den Büchern des "Thule-Seminars", sei es in der "Deutschen Nationalzeitung" des DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey. Als "dramatisch interessant" empfahl die "Deutsche Nationalzeitung" im Januar 1993 "das neue Buch von Willy Brandts Sohn" - "Vaterlandslose Gesellen" von Dieter Groh und Peter Brandt -, dessen Inhalt "der sogenannte Verfassungsschutz von heute skrupellos als 'rechtsradikal' einordnen" würde, so das Frey-Blatt. Ähnlich hatte schon Jahre vorher die Zeitung "student" des rechtsextremen "Ring freiheitlicher Studenten" (rfs) über Brandt und Ammon geurteilt, eine Vorläuferzeitschrift der "Jungen Freiheit". Unter den neuen SPD-Mitgliedern aus Ostdeutschland, die lange antiwestlich sozialisiert wurden, sympathisieren viele mit nationalen und autoritären Vorstellungen. Der Wohlstandschauvinismus, der schon 1914/15 die Entscheidungen beeinflußte, ermöglicht den Rückzug auf die Verteidigung des "Eigenen" gegen das "Fremde" - Begriffe, die der Theoretiker Eichberg zu politischen Waffen formte -, wenn die sozialen Standards bedroht sind. Daß die Partei die Fascho-Jusos des neu gegründeten "Hofgeismarkreises" in Leipzig, die im Fernsehen Verständnis für den ausländerfeindlichen Pogrom in Rostock bekundeten, nicht einfach ausschloß, sondern mit einem milden einjährigen Funktionsverbot belegte, ist nur ein Symptom. "Realitätsnah" müsse man erkennen, "daß es eine Illusion ist, anzunehmen, wir allein könnten die gesamten sozialen Probleme dieser Welt lösen", meinte der Führer dieser Juso-Gruppe, Sascha Jung, zu seiner Verteidigung. Es ist mehrheitsfähig in der SPD, nicht danach zu fragen, wer solche Probleme mit verursacht hat. Und wer dennoch fragt, bekommt als Antwort "Völkermischzone" zu hören. Offenbar glaubt die Parteispitze, solche Nachwuchskräfte in Zukunft zu benötigen. 

Die Formierungsbestrebungen in der SPD, mit denen Hochtechnologie-Subventionen und Sozialabbau abgesichert werden, führen zum Konzept der Nation hin. Die SPD greift heute auf ihre eigene Tradition zurück: die der "Kriegssozialisten" der 10er und der Nationalrevolutionäre der 20er und frühen 30er Jahre. Versteht man Friedrich Ebert als den mächtigsten der "Kriegssozialisten", Julius Leber als den bedeutsamsten Märtyrer ihrer unmittelbaren Nachfolger, so zeigt ihre Verehrung in der sozialdemokratischen Traditionspflege, daß der Rückgriff auf bewährte Formierer zum Zentrum der Partei gehört, nicht etwa zum rechten Rand. Man sollte auch nicht der Illusion erliegen, Personen wie Henning Eichberg, Alfred Mechtersheimer oder Armin Mohler spielten gar keine oder allenfalls nur am Rande eine Rolle, weil sie der Sozialdemokratie nicht angehören. Ihre Mittelsleute, zu denen der aus der Kulisse sehr effektiv wirkende Willy-Brandt-Sohn Peter Brandt, Fichter oder Glotz zählen, übten in den letzten Jahren mehr oder weniger geschickt, aber kontinuierlich und erfolgreich Einfluß in der Partei aus. Das ist jetzt nützlich, wo die Formierung durchgesetzt werden soll. Ihre antirepublikanischen und faschistischen Vorläufer aus den 20er Jahren, auf die sie sich offen, sogar stolz berufen, haben damals die Strategie erfolgreich erprobt und angewendet. Daß die Nachfolger in den 80ern die Wiederherstellung des ungefesselten größeren Deutschland und deshalb vor allem die Zerschlagung des "Jalta-Systems" - so ihr Name für die verhaßte Friedensordnung von 1945 - und neuerdings defacto die Zerschlagung der Europäischen Union anstrebten, weil diese das deutsche Kapital in Zügeln hielten, war nur logisch: Erst mußten die Voraussetzungen für eine deutsche Hegemonie geschaffen werden, die seit 1945 nicht gegeben waren. 

Es sind weniger die konkreten politischen Ziele der nachfolgend dargestellten Gruppen, die innerhalb der SPD zugunsten von Positionen der Konservativen Revolution wirkten. Sie waren oftmals zu abseitig, zu kompromißlos vorgetragen oder bereits historisch überholt, um als Forderungen in Partei- oder Wahlprogramme einzugehen. Es sind vielmehr die Diskussionszusammenhänge, die bis heute fortwirken, die Nabelschau auf nationale Identität, die nationalistische Rhetorik und Atmosphäre, in der die neue Asyl- und Ausländerpolitik der Abschiebung und Abschottung möglich wurde, in der auch die deutsche Hegemonialpolitik über Europa akzeptiert wird, in der nach Bundeswehreinsätzen in den alten Zielgebieten der Nazi-Wehrmacht und der kaiserlichen Marine gerufen wird. 

Die deutsche Rechte dichtet seit 1989 eine neue Dolchstoßlegende: Mit ihrer Friedenspolitik der letzten dreißig Jahre sei die SPD den Menschen in Europa in den Rücken gefallen und habe den Stalinismus stabilisiert, eine Brandt-Bahr-Breschnew-Clique und ihre Enkel hätten die Völker Europas neokolonialistisch an die Supermächte versklavt: "Wodka-Cola-Kolonialismus" heißt das griffige Schlagwort, Eichberg hat es erfunden. Die hahnebüchene These zielt - wie die Dolchstoßlegende nach dem Ersten Weltkrieg - nicht nur gegen den Frieden als politischen Auftrag, nicht nur gegen den friedlichen Ausgleich der Interessen in Europa und die Koexistenz-Politik der 70er und 80er Jahre, sondern auch gegen den Sozialstaat und die demokratischen Strukturen der zweiten deutschen Republik. Die Angriffe auf Herbert Wehner im Fühjahr 1994, von Willy Brandts Witwe Brigitte Seebacher-Brandt publikumswirksam in Szene gesetzt, waren der bisherige Höhepunkt der neuen Legende. Eilfertig stimmte ein Chor sozialdemokratischer Rechtsausleger in Vorwürfe ein, die Wehner, den Kommunisten der 30er Jahre, als Agenten von DDR und UdSSR erscheinen lassen sollten, Willy Brandt dagegen als den unglücklich verführten, der nun als Nationaler instrumentalisiert wurde. Die Parteispitze schwieg tagelang, bis Dokumente verfügbar waren, die Wehner entlasteten. Offenbar hielt man die Vorwürfe für glaubhaft und wollte sich nicht frühzeitig aus dem Fenster legen. Dabei strafte doch die Erinnerung an die hämische Verfolgung, der Wehner in den 60er und 70er Jahren von seiten des bundesdeutschen Kleinkommunismus ausgesetzt war, die Geschichte von Anfang an Lügen. 

Kein anderer Vorfall als das starre Schweigen der Parteispitze zu Beginn der Affäre zeigt deutlicher, wie erfolgreich die "Neue Rechte" bereits die Bewußtseinslage in der SPD bestimmt, wie gut sie in der Lage ist, Verwirrung zu stiften. Eine offensive Verteidigung der Ostpolitik und der Kontakte zur SED erfolgte nur zögerlich, und selbst Egon Bahr räumte ein, man habe wohl zu sehr auf die Staatsführungen des Warschauer Paktes gesetzt statt auf die osteuropäischen Oppositionsbewegungen. Zu denen zählten allerdings oftmals auch nationalrevolutionäre Hasardeure mit Kontakten zum westeuropäischen Neofaschismus, und in den 70er und 80er Jahren hatte man in der SPD Gründe dafür, solche Kontakte zu meiden. 

Ein Symposium der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zur Ostpolitik im September 1993 war nun mit Nationalrevolutionären wie Herbert Ammon und dem SPD-Europaabgeordneten Edelbert Richter auf dem Podium, Tilman Fichter oder Ulrich Schacht aus der Zitelmann-Riege des Springer-Verlages so besetzt und besucht, daß Bahr - als einziger zur Verteidigung aufs Podium geladen - leicht in die Enge getrieben werden konnte: Zwei Tage lang wurde mit der Friedenspolitik abgerechnet, die man dafür verantwortlich machte, die Teilung Deutschlands aufrechterhalten zu haben. SPD-MdB Stefan Hilsberg aus Brandenburg präsentierte sich als Vertreter der Ostdeutschen, griff die SPD-SED-Kontakte an und sagte zur Politik der "Wende" und zur heutigen Situation in den neuen Bundesländern: "Wir haben erreicht, was wir wollten." Auf den Publikumszwischenruf "Eine Million Arbeitslose!" ging er nicht ein. Ammon sprach hier über die Bewohner der neuen Bundesländer als "sogenannte Ostdeutsche", die Landnahme gegen Polen wohl mitdenkend. 

Fichter, von SPD-Vize Wolfgang Thierse freundlich begrüßt, demonstrierte deutschlandpolitische Gemeinsamkeiten mit Schacht, der die DDR auch schon mit dem KZ Auschwitz verglichen und Erich Honecker explizit auf eine Stufe mit Adolf Eichmann gestellt hatte. Schacht trat als Redner bei der revanchistischen "Deutschen Jugend des Ostens" der Vertriebenenverbände auf (jetzt "DJO - Deutsche Jugend in Europa") und publizierte in deren Zeitschrift "Der Pfeil". In der "Welt am Sonntag", wo er Kulturredakteur war, schrieb im Juli 1993 Alfred Mechtersheimer: In Wahrheit sei es die multikulturelle Gesellschaft, die den Rassismus befördere; das Deutschland des Grundgesetzes sei "eine psychisch kranke Nation ohne Selbstvertrauen" und werde "dieser Bedrohung", die von den Ausländern ausgehe, "nicht standhalten". Schacht freute sich im selben Monat in seinem Blatt: Die von Botho Strauß mit dem "Spiegel"-Artikel "Anschwellender Bocksgesang" losgetretene Diskussion um das deutsche Erwachen "zerschlug mit einer neuen natürlichen (!) Selbstverständlichkeit und befreienden geistigen Souveränität die bislang in Deutschland diesbezüglich gängigen Diskurs-Muster und kulturpolitischen Herrschaftsmodelle so sehr, daß den Vertretern des intellektuellen Ancien regime westdeutscher Prägung - wiedervereinigungsfeindlich und maastrichtsüchtig, national und international handlungsunwillig, selbsthasserisch und selbstdenunziatorisch, wie es sich immer noch gebärdet - nur noch der altbewährte 'Faschismusverdacht' als Gegenmittel einfiel." Welch eine Szene bei der Ebert-Stiftung! Sie entspricht der Politik, die ihr Namensgeber zu seiner Zeit betrieb. 

Schon Glotz hatte 1979 in dem Buch "Die Innenaustattung der Macht" vom "fast automatenhaft auslösbaren Selbsthaß eines Teils der deutschen Linken" geschrieben, dessen Folge es sei, daß die Linke in der Berufsverbotepolitik der 70er Jahre "die alten autoritären Denkmuster, die den Faschismus so begünstig haben", wiedererkennen wollte. Das sei "falsch" und liege daran, daß die Linke Deutschland immer noch nicht als "Vaterland" akzeptiere. Zum Verhältnis autoritärer Denkmuster zu Bürgerrechten fiel ihm damals nur ein: "Wie konnte man wegen eines Kommunisten, der nicht Sozialarbeiter werden durfte, so ein Theater machen? Soll er sich einen anderen Job suchen!" 

Tilman Fichter beteiligte sich 1994 ebenfalls an der haltlosen Seebacher-Wehner-Affäre. Ob man die verschiedenen Rollen organisiert verteilte - Seebacher-Brandts Doktorvater Ernst Nolte publiziert unter Zitelmann ebenso bei Ullstein wie Fichter -, darauf kann erst einmal gewettet werden. In der "FAZ" beschuldigte Fichter Wehner, sein Leben lang der Form nach ein Vertreter des kommunistischen "demokratischen Zentralismus" gewesen zu sein und auf diese Weise von oben herab, mit "keinerlei Rücksicht auf die Stimmungslage in der Nachkriegssozialdemokratie", die angeblich national und antiwestlich gewesen sei, 1960 abrupt die Westbindung der Bundesrepublik akzeptiert zu haben. Allerdings kam es Fichter deshalb seltsam vor, daß Wehner Ostagent gewesen sein sollte. 

Fichter vertritt in seinem Buch "Die SPD und die Nation" von 1993 die neue Dolchstoßlegende der Rechten ebenfalls. Das Buch hat eine gewisse Signalwirkung, auch wenn man es - wie seinen Autor - nicht überschätzen sollte: mit seinem Inhalt, einer kaum versteckten nationalrevolutionären Kritik der SPD-Politik und mit der Umgebung, in der es erscheint. Beim Ullstein-Verlag trifft sich die "Neue Rechte": Uwe Backes, Eckhardt Jesse, Rainer Zitelmann, Herbert Ammon, Heinz Brill, Helmut Diwald, Tilman Fichter, Günter Rohrmoser, Heimo Schwilk, Ulrich Schacht, Bodo Scheurig, Alfred Schickel, Caspar von Schrenck-Notzing, Wolfgang Venohr, Karlheinz Weißmann, Michael Wolffsohn, Paul Carell alias Paul Karl Schmidt - vor 1945 SS-Untersturmbannführer und Propagandachef des Nazi-Reichsaußenministers Ribbentrop -, Günther Deschner von der "Nouvelle Ecole" des Alain de Benoist, David Irving, Werner Maser, Ernst Nolte, Albert Speer, dazwischen ein paar Feigenblätter. Unter Zitelmanns Lektorat schrieben in der Reihe "Ullstein Report" Rechtsausleger das Erwachen des schlechtesten Deutschland herbei: Jörg Haider, Hans-Helmuth Knütter, Wolfgang Kowalsky, Jochen Kummer, Alfred Mechtersheimer, Patrick Moreau, Jens Motschmann, Klaus Rainer Röhl. 

Ein hauptsächlicher Anker für die Nationalrevolutionäre in der SPD ist Tilman Fichter. Er hielt sich immer schon in dieser Szene auf, auch vor seinem Eintritt in die SPD und seiner Anstellung beim Parteivorstand. Schon 1981 veröffentlichte er in der Zeitschrift "Stichwort" - die sich "eine Schrift der Jugendbewegung" nannte - einen Artikel über die vermeintliche "Identitätsaufgabe" der akademischen 68er-Jugend. In der Zeitschrift schrieb im selben Jahr auch Lothar Stengel-von Rutkowski, ehemals Waffen-SS-Offizier an der Ostfront, Mitarbeiter der "Nationalsozialistischen Monatshefte" und hier Biograph des Nazi-Rassisten Hans F. K. Günther. Bis Ende der 80er Jahre war Stengel-von Rutkowski einer der Hauptideologen der kleinen Nazi-Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft", aus der nicht nur etliche NPD- und REP-Funktionäre kamen, sondern die es auch in den 80er und 90er Jahren verstand, mannigfache Verbindungen zur Sozialdemokratie zu knüpfen. Alte Kontakte zwischen rechten Teilen der Sozialdemokratie und der Strasser-Fraktion der Nazis, zu der völkisch-religiöse Vorläufersekten der "Deutschen Uniatrier" um Ernst Graf von Reventlow und Wilhelm Hauer zählten, mögen da hilfreich gewesen sein. In "Stichwort" schrieb Stengel über den "Deutsche Unitarier"-Ideologen Hubertus Mynarek, mit dem Fichter ab 1984 für die deutsche Widervereinigung kämpfte, wie unten dargestellt wird. 

Solche Umgebungen klären, warum Glotz in seiner NG/FH die Zitelmann, Nolte oder Benoist nicht persönlich schreiben zu lassen braucht. Autoren wie Fichter oder Ammon - der 1990 mit dem Backes-Jesse-Zitelmann-Trio in dem Ullstein-Buch "Die Schatten der Vergangenheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus" schrieb - decken den Bereich eine Nummer kleiner und unverfänglicher ab. 

Bei der Präsentation des Fichter-Buches gab es im August 1993 im Berliner "Zeughaus" des Preußenkönigs Friedrich II. eine nationalrevolutionäre Gala. Ehrengast war Wolfgang Thierse, die Buchvorstellung machte SPD-MdB und Parteivorstandsmitglied Norbert Gansel; im Publikum saßen Peter Brandt, Ammon, Freya Klier, die "MUT" ein Interview gab, und Lutz Rathenow, der in Eichbergs Hausblatt "wir selbst" und in NG/FH publizierte. Hier hielt der brandenburgische SPD-Vorsitzende Steffen Reiche seine berüchtigte Rede über seinen Stolz, Deutscher zu sein, die die "Junge Freiheit" später vollständig abdruckte; darin erklärte er Fichters Buch - auf Schleichers "Querfront" von 1932 anspielend - zur "Querstraße". Zitelmann, der Fichters Buch lektoriert hatte, hielt auch gleich die Laudatio auf das Buch und gab den Vertretern des "besseren Deutschland" noch einen Tritt: "Was haben Jürgen Habermas, Günter Grass, Erich Kuby für ein Problem? Sie können ihr Volk nicht leiden!" Ziel dieser Tirade war nicht mehr und nicht weniger als der antifaschistische Konsens des Grundgesetzes. Wörtlich fast identisch vertrat auch der Anti-Antifa-Ideologe und "MUT"-Autor Hans Helmuth Knütter diese Position. In dem Ullstein-Buch "Westbindung: Chancen und Risiken für Deutschland", das Zitelmann, Weißmann und Michael Großheim im Verlag Ullstein-Propyläen herausgaben, schrieb Knütter: "Deutschfeindlichkeit ist eine Sache intellektueller Meinungsführer", und nannte neben Zitelmanns Liste noch Gregor Gysi. Diesen "Intellektuellen, Schriftstellern und hedonistisch eingestellten Bildungsbürgern" sagte Knütter den Kampf an, die Zitel- und Weißmänner empfahlen in ihrer Einleitung zu dem Buch, diesen Kampf mit der Rückwendung zu den "Ideen von 1914" zu beginnen. 

Fichter hatte schon im Oktober 1989 in der "taz" einen wütenden und wirren Angriff auf Kuby losgelassen: Er habe nach 1945 in München als Agent "amerikanischer Reeducationpolitik" gegen die Deutschen "Charakterwäsche" betrieben. Den Ausdruck "Charakterwäsche" prägte Caspar von Schrenck-Notzing, der mit Armin Mohler die Zeitschrift "Criticon" betreibt. Sein Buch "Charakterwäsche. Die Politik der amerikanischen Umerziehung in Deutschland" erschien bei Ullstein. Ein "Lügner" sei Kuby, so ließ Fichter in der "taz" nun jemand anders sprechen, um nicht selbst verklagt zu werden. "Kontrolleur" der deutschen Kultur sei er gewesen, und zwar "im Auftrag der US-Besatzungsmacht", meinte Fichter höchstselbst. Er habe eine Zeitschrift des nationalrevolutionären "Nonkonformismus" absichtlich "heruntergewirtschaftet", bis sie hätte eingestellt werden müssen, weil sie einen "kritischen Leitartikel über die Vertreibung der Sudetendeutschen" gebracht habe, der wiederum "in Ost-Berlin übel vermerkt worden sei" usw. Fichters Vorwürfe gipfelten im Schlußsatz des Artikels: "Es liegt durchaus in der Kontinuität seiner Denkweise, wenn Kuby heute den Neutralismusvorwurf wieder aufgreift und angesichts der sich verändernden deutsch-sowjetischen Beziehungen erneut in der BRD Deutschtümelei und Verrat am Westen wittert." 

Als Zitelmann 1994 aus der Zeitung "Die Welt" fliegen sollte, unterzeichnete Fichter gemeinsam mit Ammon, Weißmann, Backes und Jesse, Mechtersheimer, Seebacher-Brandt eine Solidaritätserklärung - ihr Schützling wurde zum Chef des "Welt"-Ressorts "Zeitgeschichte" befördert. Wenig später tauchte Fichter als Teilnehmer des "Dienstags-Gesprächskreises" in Berlin auf, der zur Heckelmann-Krise der Berliner Großen Koalition führte. Gesprächskreis-Betreiber Hans-Ulrich Pieper kam ehemals aus dem "Nationaldemokratischen Hochschulbund" NHB und der nationalrevolutionären Gründungsorganisation der 60er und frühen 70er Jahre namens "Außerparlamentarische Mitarbeit" APM, deren damaliger Mitglieder sich heute teilweise bei der "Jungen Freiheit" finden. Die Verfassungsschutzberichte führten die APM als Schwesterorganisation der "Aktion Neue Rechte" auf, dem ersten bundesweiten Sammelbecken der Nationalrevolutionäre, bei dem auch Eichberg mitmischte. Die Verfassungsschützer wiesen 1972 bereits auf die "Sozialismus"-Demagogie der APM und ihre Übergänge zu den K-Gruppen hin, die bis in die 80er Jahre wirkten, als Fichter mit ehemaligen K-Grüpplern und Neofaschisten Deutschland vereinigen wollte: "Die Nationalrevolutionäre der APM unterhalten Kontakte zu Maoisten, mit denen sie in der Forderung übereinstimmen: 'Es lebe das vereinte, unabhängige, sozialistische Deutschland'." 

Nach einem Bericht des "Berliner Extradienstes" von 1968 war Pieper wegen seiner Militanz sogar in der NPD umstritten, wo er "Propagandareferent der Jungen Nationaldemokraten" gewesen sei. Dann war er REP-Pressesprecher und REP-Kandidat in München, heute ist er FDP-Mitglied beim Zitelmann-von Stahl-Flügel. Er hatte zur Teilnahme an "Dienstags-Gesprächen" in den 90ern neben Fichter auch Jörg Haider, Zitelmann, Fleissner, Heinrich Lummer, Manfred Brunner, einige Top-Manager großer Konzerne sowie Bankiers - sogar von der Bundesbank - und auch "Junge Freiheit"-Redakteure gewinnen können. Pieper werden heute weitreichende Verbindungen in Politik und Wirtschaft nachgesagt. Er war zeitweise Pressesprecher der Rüstungsfirma Rheinmetall in Düsseldorf und Referent der Bonner CDU-Zentrale, als Kurt Biedenkopf dort Generalsekretär war. In Mohlers und Schrenck-Notzings "Criticon" schrieb er in den 90ern gegen die "Umerziehung" der Deutschen durch die Sieger des Zweiten Weltkriegs und über "Reichsverfassungsentwürfe", die angeblich von Treudeutschen erarbeitet würden. 

Sein "Dienstags-Gesprächskreis" war der fehlgeschlagene Versuch, zeitgemäß an die "Antibolschewistische Liga" der Jahre 1918/19, den "Juniclub" der Konservativen Revolution oder an den Düsseldorfer "Industrieclub" der frühen 30er Jahre anzuknüpfen. Unmittelbares Vorbild war die "Düsseldorfer Herrenrunde" der 80er und 90er Jahre, die Industriemagnaten mit rechtsextremen Politikern - von völkisch-rassistischen Neuheiden wie dem Verleger und Düsseldorfer Gemeindeleiter der "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft", Kurt Winter, bis zu Brunner und Schönhuber - zusammenbrachte, wo aber auch z. B. die Präsidenten der deutschen Nachrichtendienste referierten. Der Pieper-Kreis spiegelt die Atmosphäre wieder, in der sich Fichter seit fünfzehn Jahren oder länger bewegt.  (65)  

Tilman Fichter wurde von Peter Glotz aus Berlin in die Bonner SPD-Zentrale geholt, als Glotz Bundesgeschäftsführer war. Hier stieg er schnell zum Referenten für Schulung und Bildung beim Parteivorstand auf und ist seit 1987 zuständig für die Fortbildung der hauptamtlichen SPD-Funktionäre in der SPD-Parteischule. "Geistiger Kopf der SPD-Parteischule" und "Angelpunkt" nanne ihn der Berliner "Tagesspiegel" 1993. Da war er schon angeschlagen und stand laut "Die Welt" kurz vor der Entlassung, die jedoch ausblieb. Von der Parteibasis unkontrolliert - sein Job steht nicht in der Parteisatzung, dem Votum des Parteitags stellt er sich nicht, eine Wahl findet nicht statt - bastelt Fichter seit Jahren an einem brisanten politischen Bündnis mit dem Neofaschismus, Bandbreite: vom Dunstkreis der Mordhetzer der "Aktion Widerstand" aus den frühen 70er Jahren, die "Willy Brandt an die Wand!" schrien, über die faschistische Intellektuellen-Zeitung "Junge Freiheit" bis zum Pogrom-Rassismus der Leipziger Fascho-Jusos, die in alter Burschenherrlichkeit "Haltet Euer Deutschtum hoch!" grölen. Dabei weist Fichter immer wieder auf seinen Job beim Parteivorstand der SPD hin, als wollte er den Eindruck erwecken, seine Politik habe höchste sozialdemokratische Weihen. 

Zumindest scheint er beim Kräftemessen verschiedener Fraktionen im Parteivorstand als Gewicht zu dienen, auch wenn Vorstandsmitglied Glotz inzwischen Distanz zu seinem Zögling suchte. Er agiere "ohne Augenmaß", meinte Glotz im März 1994 besorgt, weil der grobschlächtig argumentierende Fichter den sorgsam ausbalancierten europäischen Ethnopluralismus von Glotz gefährdet. Die Nähe zu Leuten wie Zitelmann wurde sogar schon in den Feuilletons bemerkt, da war es Zeit für eine - folgenlose - Distanzierung. Auch weiterhin ist Fichter "ständiger Mitarbeiter" in NG/FH, auch weiterhin Bildungsreferent des Parteivorstands. Man mag sich zeitweise vom Minenhund entfernen, doch Fichter und seine Freunde sind unverzichtbar, wenn es um "nationale Identität" geht. Ihre Funktion ist es, mitzuhelfen, den rechten Rand zu halten und die Übergänge herzustellen. Da wird manche alte nationalistische Ecke und Kante geduldet, obwohl es moderner Hegemonialpolitik im Wege stünde, wenn diese Szene tatsächlich Macht hätte. 

Im Beratungsgremium der Parteischule unterliegt Fichters reale Tätigkeit für seinen Arbeitgeber einem zwiespältigen Urteil. Einige wollen ihn aus unterschiedlichen Gründen loswerden, der Vereins-Vorsitzende der Parteischule, der SPD-Altlinke Peter von Oertzen, dagegen unterstützt ihn: Es sei "unsinnig", Fichter vorzuwerfen, zur "Neuen Rechten" übergegangen zu sein, seine Positionen bewegten sich vielmehr weiterhin innerhalb der SPD. 

Oertzen hat sich allerdings selbst bewegt. Er schrieb im Januar 1991 in der Zeitschrift "MUT" einen Artikel über Nationalgefühl anläßlich der Debatte um den Bonn-Berlin-Umzug und die Hauptstadtfrage. Im selben Heft schrieben "neurechte" Theoretiker wie Gerd-Klaus Kaltenbrunner und Reinhard Löw und Franjo Tudjman, dem man seine Nähe zu den kroatischen Ustascha-Faschisten vorwirft. Für Oertzen war dies kein Problem: Er habe diesen Artikel mit Absicht in dieser Zeitschrift veröffentlicht, um deutlich zu machen, daß es auch in der SPD gute nationale Traditionen gebe, so äußerte er sich damals sinngemäß. Das Umfeld seiner Publikation weist die Richtung der Interpretation. "Braucht Deutschland eine Hauptstadt?", fragte die Überschrift, "Wir müssen unsere nationale Geschichte verarbeiten", forderte der Untertitel. Das Gemälde "Einzug Napoleons in Berlin" illustrierte die erste Seite, und die Lehre daraus formulierte Oertzen so: "Deutschland braucht eine wirkliche Hauptstadt, und die kann nur Berlin sein." 

Der Artikel enthielt die üblichen Versuche, der Linken die Nation nahezubringen, wie sie seit fünfzehn Jahren von Brandt und Ammon bekannt sind, ergänzt um Lobpreisungen des "österreichisch-bayrischen Barock" als "einer der glanzvollsten Beiträge Deutschlands zur Weltkultur". Da mögen sich die Afrikaner mit ihren Lehmhütten doch genierlich verstecken! Vom Gejammere desorientierter kleinbürgerlicher Intellektueller ("Wer sind wir, die von nun an in einem Staat vereinigten Deutschen?") über die Aufrechnung deutscher Verbrechen gegen die der anderen bis zur Hetze gegen Linke, denen die "'multikulturellen' Parolen in meterlangen Streifen aus dem Munde hängen", bot Oertzen den "MUT"-Abonnenten das, was sie lesen möchten und gewohnt sind. Daß er Karl Liebknecht anführte, mag einige erschreckt haben, doch Oertzen präsentierte ihn als Deutschen, nicht als Linken: "Wenn heute selbsternannte 'linke' Avantgarden mit der Parole 'Nie wieder Deutschland' auf die Straße gehen und sich über die 'Reichstagswahlen' vom 2. Dezember (1990, P. K.) entweder mokieren oder entrüsten - je nachdem - dann darf man sie vielleicht daran erinnern, daß nicht nur Bismarck und Hitler (einmal, im März 1933) im deutschen Reichstag gesprochen haben, sondern auch Virchow und Mommsen, August Bebel und Karl Liebknecht. Die demokratische Linke hat im Kampf um die geistige Führung der deutschen Nation eine schreckliche Niederlage erlitten; wer wagte es, das zu leugnen? Aber seit wann ist der beste Weg aus der Niederlage der, die eigenen Traditionen auf den Müll zu werfen und die eigene Geschichte umzuschreiben?" Von Ebert und Noske, der Lensch-Gruppe, den Schumacher, Löbe, Wels - 1914 bis 1933 alle im Reichstag heftig für die Nation aktiv - schwieg Oertzen lieber. Daß Virchow politisch Biologist und Rassist war, daß Mommsen mit seiner Erforschung des antiken römischen Imperiums auch ein Vorbild für Großdeutschland schaffen wollte, paßt zwar in die spezifisch deutsche Ausprägung der bürgerlichen Revolution, nicht jedoch in die Reihe mit Liebknecht. Von "Nie wieder Deutschland!" hatte Oertzen offenbar nichts begriffen. Der Artikel war deutlich im nationalen Taumel des Jahres 1990 geschrieben. Als nationale Traditionen meinte Oertzen die "eigenen", nicht die internationalistischen. Deshalb konnte er an die 1848er Revolution erinnern, deshalb konnte "MUT" dazu ein Gemälde der Barrikadenkämpfe am Alexanderplatz in der Nacht des 19. März 1848 drucken. Denn das Paulskirchen-Parlament - großdeutsch, patriarchal, militaristisch, monarchistisch und einziges, machtloses Ergebnis der Revolution - beschloß zuerst einmal den Krieg gegen Dänemark, um Schleswig heim ins Reich zu holen. So endete die deutsche "Querfront" immer wieder. "Wirklich unerträglich" nannte es Oertzen in seinem Streitgespräch mit Glotz in NG/FH 1988, "daß z. B. ein deutscher Wirtschaftsminister aus der Zeitung erfährt, daß ein großes deutsches Unternehmen 20 oder 25 Prozent seines Kapitals an irgendeinen arabischen Scheich verkauft hat." Lensch, Ebert und Noske hätten zugestimmt. 

Das Buch "Die SPD und die Nation" des Oertzen-Schützlings Fichter zeigt keine andere Perspektive auf. Es ist eine Demonstration gegen die westlich-liberalistische, internationalistische Ausrichtung des Demokratischen Sozialismus, den Fichter für gescheitert hält. An seine Stelle setzt er den Ethnopluralismus, in dem die bestehenden sozialen Unterschiede zwischen den Regionen als angebliche regionale Identität erscheinen. Er wirft der SPD vor, sich auf die europäische Einigung ausgerichtet zu haben statt auf die Wiederherstellung der deutschen Volksgemeinschaft. Implizit schwingt der Vorwurf mit, die SPD, von 1933 bis 1945 im ausländischen Exil, habe nach 1945 (wenigstens nach Kurt Schumacher) eine größere Nähe zu ihren Asylländern als zum eigenen Volk gehabt. Bei dieser Kritik verharrt er auf deutschlandpolitischen Vorstellungen der 50er Jahre, die sich allerdings schon damals als falsch erwiesen und von der SPD aufgegeben wurden: Das starke, wiedervereinigte Deutschland des Sonerwegs, scheinbar neutral nach Ost und West, weil sein eigener Hegemonialblock in der Mitte Europas, dieses konzept hatte lediglich der Neofaschismus in die 80er Jahre gerettet, wo es am Rand der Friedensbewegung und im Zuge der deutschen Einigung - beide Male mit Fichters Unterstützung - eine kurzzeitige Wiedergeburt feierte. Den Schnee von gestern kann man abschütteln, es bleibt die Hinwendung zur "Nation" als der bestimmenden politischen Kategorie übrig. 

Fichter wendet den stilistischen Kunstgriff an, diese rechte Politik anscheinend nur zu referieren. Wer nicht seine Politik der letzten zehn Jahre beobachtet hat und nicht seine alten Artikel kennt, aus denen er nun seitenweise abschreibt, dem fällt beim ersten Durchlesen kaum auf, daß er seine eigene Politik referiert. Doch das Hintertürchen, die eigene Stellungnahme hinter Zitaten zu verstecken, läßt das Buch gänzlich fade erscheinen. Die Urteile der demokratischen Presse waren denn auch wenig schmeichelhaft: "Nicht sehr gehaltvoll", "journalistisch-plakativ", "ohne neue Erkenntnisse" (Zeitung "Das Parlament"); "streckenweise wie ein Lehrbuch für einen Volkshochschulkurs"; "die eingangs gestellte Frage, wie heute ein moderner 'sozialdemokratischer Vaterlandsbegriff' aussehen kann, wird von Fichter allerdings auch nicht beantwortet" ("Süddeutsche Zeitung"). Dagegen urteilten vor allem rechtsextreme Zeitschriften positiv, von der "Jungen Freiheit" bis zu "Nation und Europa", die im September 1993 schrieb: "nützliches Mitbringsel", "wichtiges Buch". 

Die Politik des SPD-Bildungsreferenten ist recht einfach gewirkt: Vor den sozialen Interessen des Individuums wie der breiten Bevölkerungsmehrheit rangiert das Interesse der abstrakten Nation, der Gemeinschaft des Volkes. Nationalgefühl tritt an die Stelle der Sozialpolitik, allerdings muß es oft erst noch erweckt werden. Fichters Nation besteht nicht aus konkreten Menschen mit konkreten Bedürfnissen, sondern aus Schachfiguren, die einen Auftrag erfüllen sollen: die Einheit der Nation um jeden Preis herzustellen. Die Kritik an der Ost- und Friedenspolitik der SPD ist dabei bloß Vehikel. Fichter beurteilt sie nicht von den Interessen derer her, die von Passierscheinregelungen, Transit- und Verkehrsabkommen, Rentner-Reisemöglichkeiten, KSZE-Menschenrechtsverbesserungen, Handelserleichterungen einen täglichen Nutzen hatten, erst recht nicht von der verfassungsmäßigen Verpflichtung zu Frieden und Gewaltverzicht her. 

Sein Vorwurf unterscheidet sich nicht von dem der deutschen Rechten: Die SPD habe die Einheit der Nation geopfert für lumpige menschliche Erleichterungen, für bloßen Frieden, habe die alltäglichen Lebenswünsche der Menschen höher gestellt als das hehre Prinzip der Gemeinschaft der Deutschen. Er meint dies tatsächlich als Vorwurf, denn Mitgefühl für die Schwachen und Leidenden bestimmt nicht seine Politik. Er schreckt nicht einmal davor zurück, den Juden implizit die Schuld an der deutschen Teilung zuzuschieben: "Eine Zementierung der Zweistaatlichkeit als historische 'Wiedergutmachung' für die Massenvernichtung der europäischen Juden bedeutet ... letztlich eine Neuauflage des deutschen Sonderwegs in Europa", schrieb er 1990 in einem Artikel. 1992 (!) wiederholte er dies: "Doch kann die Antwort auf den Holocaust nicht die künstliche Spaltung Deutschlands sein." Als wäre dies jemals der Grund für zwei deutsche Staaten statt einem gewesen! 

Der Vorwurf gegen die SPD, in Kameraderie mit der SED gestanden zu haben, war bisher vor allem von der Rechten erhoben worden, z. B. von dem CDU-MdB und Vertriebenen-Verbandsfunktionär Hartmut Koschyk, der ihn in die Enquete-Kommission des Bundestages zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte einbrachte. In seinem "Nation"-Buch meinte nun auch Fichter gegen die eigene Partei: Helmut Schmidt habe im menschenleer geräumten Güstrow zum polnischen Militärputsch Jaruselskis geschwiegen, sogar den "Kotau" vor dem Stalinismus vollzogen. Die neue größere Bundesrepublik bezeichnete er als "Restdeutschland", die Anerkennung der polnischen Westgrenze fand er durch Helmut Kohl "mit Eiseskälte ... erzwungen", hier sei "die 'rechtliche Preisgabe eines Drittels' des Reichsgebietes" vollzogen worden. Er zitierte die Formulierung zustimmend von jemand anderem, das "Reichsgebiet" jedoch war echt Fichter. Das "Ostpreußenblatt" dankte ihm und berichtete breit über seine Buchvorstellung im Berliner "Zeughaus". Es fand die Frage sehr interessant, "ob die SPD sich national zu erheben vermag. Die Diskussion jedenfalls ist eröffnet." Fichter selbst hatte auf dieser Veranstaltung die Zeit von 1932 zurückgewünscht, "wo linke Leute von rechts und nationale Leute von links kamen", wie ihn das "Ostpreußenblatt" zitierte. 

Fichter scheint fasziniert zu sein von politischer Gewalt - aber immer aus der Distanz des bequemen Sessels in der SPD-Parteizentrale. Zuerst war es die scheinbar linksradikale Gewalt, die er im SDS gegen die verhaßte Bundesrepublik mobilisieren wollte, die Satellit des USA-geführten Westens sei. Später ist es der soldatische "Schützengraben", den die intellektuellen Vordenker des Faschismus aus der Konservativen Revolution der 20er Jahre schon einmal als Quelle deutscher Politik ansahen. Offenbar glaubt er, mit dem "Schützengraben" die gesamte Geschichte erklären zu können: 1988/89 schrieb er eine Neuinterpretation der SDS-Geschichte; die "Frontgeneration" habe den SDS gegründet, und zwar aus dem "Mythos einer klassenübergreifenden Kameradschaft im Schützengraben" des Zweiten Weltkriegs heraus. Die "lebensgeschichtlichen Erfahrungen" der SDS-Gründer seien "geformt (gewesen) durch das kollektive Fronterlebnis" bei gleichzeitiger "gefühlsmäßige(r) Distanz zu den tradierten Werten, Symbolen und Umgangsformen der alten Arbeiterbewegung". 1993 erklärte er den "Hofgeismarkreis der Jungsozialisten" der 20er Jahre: "Nicht das traditionelle sozialdemokratische Vereinsmilieu, sondern das Fronterlebnis im Ersten Weltkrieg hatte das Denken dieser Gründungsgeneration der Jusos geprägt." Und dann die Wiedergründung der SPD nach 1945: kein Akt des Antifaschismus, kein Bündnis derer, die aus den Konzentrationslagern kamen, mit denen, die aus dem Faschismus gelernt hatten, keine Organisation der Arbeiterbewegung, kein Hoffnungsträger der frierenden, hungernden, arbeitslosen Ausgebombten, sondern: Kurt Schumacher, der "ehemalige Frontoffizier aus dem Ersten Weltkrieg", "übte nach 1945 besonders auf ehemalige Soldaten und Offiziere eine große Faszination aus", so Fichter 1992. Seltsam: Wo Fichter aktiv wird, sucht und findet er den Geist der "Stahlgewitter", den Geist der Weltkriegs-Schützengräben aus jenem grundlegenden Buch der Konservativen Revolution, das Ernst Jünger verfaßte, als sich in der Weimarer Republik "linke Leute von rechts" und "rechte Leute von links" trafen. Zu dieser Zeit will Fichter zurück, das sagte er 1993 im Berliner "Zeughaus" explizit. 

Fichter ist ein fanatischer Befürworter des Bonn-Berlin-Umzugs von Parlament und Teilen der Regierung als Vehikel der nationalen Wiedergeburt Deutschlands. Wie Oertzen, so betreibt auch er die Umzugsdebatte ideologisch, meint Berlin als Symbol. Er spricht von der "Hauptstadt-Lüge" Bonns und der angeblichen Blockadepolitik bequemer Bonn-Beamter. Doch auch hier ist der weltanschauliche Hintergrund spürbar: Fichter scheut den eindeutigen historischen Anklang nicht, wenn er die Umzugs-Debatte zum "Kulturkampf um Berlin" stilisiert und Erinnerungen an die Völkischen hervorruft, die den Gegensatz Germania gegen Lutetia beschworen, die Ideen von 1914 gegen die von 1789 setzten, Preußen gegen Frankreich, eben Berlin gegen das westliche Bonn. Tatsächlich wurde die Umzugsdebatte sogar im Deutschen Bundestag entlang dieses Gegensatzes geführt. Die Bonner Republik, so Fichter in seinen Schriften, sei von "Bequemlichkeit", "Abseits", von "Hinterbänklern", "Bürokraten" und "Mafia" bestimmt. Solche Staatsverdrossenheits-Argumente bildeten bereits in den 20er/30er Jahren eine Basis der Agitation gegen die Weimarer Republik. Daß es eine "Berliner Republik" mit Verfassungsgarantien für indiviuelle Grundrechte niemals niemals gab, daß in Berlin dagegen die Reaktion ein ums ndere Mal siegte, zeigt, worauf die Ideologisierung dieser Umzugsdebatte hinausläuft. Fichter sieht keineswegs in den bunten alternativen Zusammenhängen, die in den letzten 30 Jahren in der isolierten westberliner Insel wuchsen, die Perspektive für die Hauptstadt und die Nation, im Gegenteil. Auch hier scheint sein "Schützengraben" durch, wenn er forderte, Berlin müsse zur "gelebten Hauptstadt", zum Zentrum "der Diskurse zwischen Links und Rechts über die Nation" werden und endlich Abschied nehmen von seiner multikulturellen "Kiezromantik", so berichtete die "Berliner Zeitung" über Fichters "Zeughaus"-Rede. Der Umzug als symbolische Tat sei "ein notwendiges Zeichen nationaler Solidarität", doch lieber wären den Menschen wohl Arbeitsplätze und Wohnraumsanierung, Lohn- und Rentenangleichung. 

Geld spielt keine Rolle, wenn es um diese Art von Nation geht, und der Wohlfahrtsstaat gehört nach Fichters Rede vom August 1993 ohnehin ethnopluralistisch dereguliert: Die "liebgewordenen Vorstellungen der SPD der 80er Jahre vom ewigen Frieden, vom unerschütterlichen, bürokratisch verwalteten Wohlfahrtsstaat oder vom scheinbar gefahrlosen Einstieg in die kleine, feine und reiche Europäische Marktwirtschaft (sind) an ihr Ende gekommen", so zitierte ihn die "Berliner Morgenpost". Der Satz findet sich wörtlich auch im "Nation"-Buch. Hinter diesem Ende von Frieden und Wohlstand beginnt die Nation, wie sie immer war: für die breite Mehrheit mit trocken Brot und kalter Wohnung, aber heißem Herzen. Eine "Politik des kalten Herzens" habe die SPD der 70er und 80er Jahre gegenüber der Volksgemeinschaft gemacht, so Fichter nun in seinem Buch. 

Zusammengenommen beinhaltet sein Satz vom Ende des Friedens, des Wohlfahrtsstaates und der Europaidee und seine Alternative der Politik der "linken Leute von rechts" nichts anderes als das politische Programm der intellektuellen Neofaschisten und pragmatischen Konservativen der "Neuen Rechten": Ein sozial dereguliertes, im Innern autoritär strukturiertes Deutschland ergreift die Weltmachtrolle gegen die europäischen und überseeischen Konkurrenten, notfalls kriegerisch; die Interessen der Mehrheit bleiben im sozial heterogenen ethnopluralistischen Europa auf der Strecke. 

"Das Problem Deutschlands ist die Ich-Schwäche der Deutschen", meinte Fichter mitten in der sozialen Krise. Leider dominiere Auschwitz immer noch das Bewußtsein, die Deutschen müßten aber nun endlich ein entspannteres Verhältnis zu ihrer Geschichte gewinnen, damit sie eine normale Nation werden könnten, sagte er sinngemäß auf dem oben genannten FES-Symposium 1993. So wie die Friedens- und Gewaltverzichtspolitiker der SPD der 20er Jahre von den Verfechtern der alten Dolchstoßlegende als "Erfüllungspolitiker" beschimpft wurden, so findet Fichter für ihre Nachfolger der 70er und 80er Jahre das Schimpfwort "Koexistenzpolitiker". So wie damals die Feindschaft zum Versailler Friedensvertrag und zum Völkerbund das Bindeglied war, so war es bis Anfang der 90er die Feindschaft zum KSZE-Prozeß, der mit seiner Gewaltverzichtspolitik nur den "Status Quo" stabilisiert habe. Frieden und menschliche Erleichterungen? Peanuts! 

In Wahrheit geht es um etwas anderes als die Einheit der deutschen Nation, nämlich um ihre Kriegsfähigkeit. Das wurde deutlich, als Fichter im Februar 1994 in der Zeitung "Die Welt" über den Jugoslawien-Krieg schrieb, unter Zitelmanns Redaktion der "Geistigen Welt". "Doch so wie die Bevölkerungsmehrheit in Sarajevo nun einmal aussieht, wiederholt sich dort - zugegebenermaßen schleichend - das Menschheitsdrama von Auschwitz erneut. ... Daher müßten die Eliteeinheiten der europäischen und nordamerikanischen Armeen Bosnien-Herzegowina in einer gemeinsamen Aktion besetzen und die gesamte Bevölkerung beziehungsweise die diversen Streitkräfte entwaffnen." Auch die Bundeswehr solle sich daran beteiligen. Nur schoß man in Auschwitz nicht aufeinander, und die Befreier, die Rote Armee, brauchten auch nicht die gesamte Bevölkerung des KZ zu entwaffnen. Glotz druckte den "Geistige Welt"-Artikel im Mai 1994 in NG/FH nach.  (66)  

Wiedervereiniger der 80er Jahre legten die Fundamente 

Die innerparteilichen Angriffe auf die Friedens- und Ostpolitik der SPD sind keineswegs auf Fichter und seinen Kreis beschränkt. Sogar der politisch einflußreiche "Gesprächskreis Sicherheit und Abrüstung" der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), der von Florian Gerster und dem Geschäftsführer der FES, Jürgen Burckhardt, bestimmt wird, beteiligte sich daran. Im Februar 1994 luden Gerster und Burckhardt einen der exponiertesten Vertreter der nationalrevolutionären Deutschlandpolitik, Alfred Mechtersheimer, als Widerpart zu Egon Bahr auf ein Podium, das über die "Bundeswehr 2010" diskutieren sollte. Mechtersheimer ist nicht nur als langjähriger, scharfer und rechtsextremer Kritiker der SPD-Entspannungspolitik und als Bündnispartner Fichters bekannt. Er ist vor allem auch seit seinem Ullstein-Buch "Friedensmacht Deutschland. Plädoyer für einen Patriotismus" von 1993, das er unter Rainer Zitelmanns Lektorat neben Autoren wie Jörg Haider oder Hans Helmuth Knütter herausbringen ließ, politisch weitgehend isoliert. Selbst alte Freunde distanzierten sich von ihm und warfen ihm Nationalismus und Antisemitismus vor. Denn in dem Buch geißelte Mechtersheimer die "Fremdenflut" nach Deutschland und meinte: "In einem gewissen Sinne sind Workuta (ein stalinistisches Arbeitslager für Rußlanddeutsche, P. K.) und Auschwitz Exzesse multikultureller Gewalt. Es ist ein Verbrechen an der Menschheit und am Frieden, wenn man Völker mit Gewalt zusammenzwingt." Demnach wäre der millionenfache Mord der Nazis an den Juden Europas das Ergebnis einer multikulturellen Gesellschaft, die die fremden Juden durch ihre Einwanderung nach Europa erzwungen hätten. Auschwitz als Notwehr der Deutschen - das ist die alte Rechtfertigung der Nazis. "Die tausendjährige Zugehörigkeit der deutschen Ursprungsländer Österreichs zum übrigen Deutschland", so schrieb er hier auch, "ist kein abgeschlossenes Kapitel." Bei der Wiedervereinigung Deutschlands habe der Zentralrat der Juden in Deutschland "erheblichen Druck auf die Bundesregierung" ausgeübt, um das Prinzip "Rückgabe vor Entschädigung" durchzusetzen; eigennützig hätten die deutschen Juden die Behandlung "des nach 1933 arisierten und nach 1945 enteignet gebliebenen jüdischen Vermögens in ihrem Sinne geregelt" haben wollen und damit die Deutschen der neuen Bundesländer wirtschaftlich geschädigt. 

Inzwischen wird Mechtersheimers Buch von der "Deutschen National-Zeitung" des DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey empfohlen, und die "Republikaner" im baden-würrtembergischen Landtag verteidigten ihre Forderung nach "ethnisch reinen Gebieten" in Deutschland damit, dies wörtlich hier zitiert zu haben. 

Das Buch war der vorläufige Schlußpunkt seiner Karriere nach rechtsaußen, die breit bekannt geworden war, als Mechtersheimer Anfang der 90er offen für die Zeitung "Junge Freiheit" warb. In seinem "Friedenskomitee 2000" und seinem "Deutsch-Arabischen Friedenswerk" ist Henning Eichberg aktiv, in der Zeitschrift des "Friedenskomitees" schrieb auch Alain de Benoist. Über beide Organisationen verbreitete Mechtersheimer in den letzten Jahren auch antiisraelische Literatur aus der "Verlagsgesellschaft Berg" (VGB), die der Bundesinnenminister im Verfassungsschutzbericht seit Jahren kontinuierlich als rechtsextremistisch einstuft. Der VGB-Inhaber Gerd Sudholt war zur Verbüßung einer Strafe wegen Volksverhetzung sogar inhaftiert; er hatte einen Text des französischen "Auschwitz-Lügners" Robert Faurisson verbreitet. 1993, zur Zeit der ausländerfeindlichen Pogrome, schrieb Mechtersheimer in seiner Zeitschrift "Frieden 2000": "Die ganze Welt sieht das wieder aufgetauchte Gespenst des deutschen Nazismus und Antisemitismus. Doch in Umfragen in Deutschland ist es nicht aufzuspüren." Die Linke sei doch viel gefährlicher: "Während die rechtsextremen Gewalttäter fast ausschließlich spontan unter Alkoholeinfluß handeln, gehen die linksextremen Gewalttäter zumeist gezielt konspirativ vor. Zu den geistigen Vätern dieser Gewalteskalation gehört auch Ralph Giordano", weil der sich gegen Neonazi-Angriffe verteidigen wollte. 

Inzwischen hat sich Mechtersheimer auch anderen rechtsextremen Organisationen, wie den "Unabhängigen Ökologen" angenähert; hier sollte er im Juni 1995 gemeinsam mit dem ehemaligen "Deutschen Unitarier" Baldur Springmann auftreten. Die ARD-Sendung "report Baden-Baden" meinte 1994 über die Entwicklung des früheren Friedensforschers: "Ein unheilvoller Weg vom einstigen Friedensengel der Linken zu einem Steigbügelhalter der Rechten." Es ist bemerkenswert, daß die sozialdemokratischen Politiker Gerster und Burckhardt im selben Jahr versuchten, Mechtersheimer politisch zu resozialisieren, obwohl er da bereits als ein Hauptagitator der "Neuen Rechten" breit bekannt war. Weshalb glaubte man, mit einem solchen Ideologen diskutieren zu müssen?  (67) 

Eine Grundlage der nationalrevolutionären Agitation, die in den 80er Jahren auf die Sozialdemokratie, die grün-alternative Bewegung und die rechten deutschlandpolitischen Oppositionellen in der CDU/CSU-FDP-Regierungskoalition einwirkte - und hier "Querfront"-Bündnisse herstellte -, war der Kreis um Mechtersheimer, der 1985 die "Denkschrift Friedensvertrag, Deutsche Konföderation, Europäisches Sicherheitssystem" herausbrachte. Das Papier hatten Herbert Ammon und Theodor Schweisfurth gemeinsam mit Fichter, Peter Brandt und anderen verfaßt. Die "Denkschrift" war das Zentrum eines Netzes nationalrevolutionärer Gruppen der Niekisch-Strasser-Linie, denen damals immer dieselben Personen angehörten. In der Friedensbewegung sahen sie einen Hebel, den Zweiten Weltkrieg doch noch zu gewinnen, das "Jalta-System" zu zerschlagen. Sie wollten die beiden deutschen Staaten zuerst aus den Paktsystemen Nato und Warschauer Vertragsorganisation herauslösen, um sie über eine deutsch-deutsche Staatenkonföderation zur Wiedervereinigung zu führen. Mit der Aussicht auf militärische Neutralität dieses Deutschland lockten sie Friedensbewegte an, die in den Jahren der Blockeingliederung West- und Ostdeutschlands - den Jahren der Zähmung des aggressiven ökonomischen Potentials in der Mitte Europas durch seine Konkurrenten - den Sinn dafür verloren hatten, welche Friedensgefahr die wiedervereinigte deutsche Kapitalmacht als ihr eigener hegemonialer Block für Europa und die Welt bedeutete. 

Was deutsche Neutralität auf politischen Gebiet hieß, nämlich eine Abkehr von liberalen und sozialen Grundsätzen - den "Ideen von 1789" - und eine Hinwendung zu Formierungskonzepten der biologischen Volksgemeinschaft - den "Ideen von 1914" -, war vielen unbekannt, die Mitte der 80er noch nichts von Konservativer Revolution und "Neuer Rechter" gehört hatten. Die Forderung nach einem Friedensvertrag klang gut in der Zeit der Nato-Nachrüstungsdebatte und der Atomraketenbedrohung; daß sich hinter ihr auch Hegemonialpolitik und Neoimperialismus des deutschen Kapitals gegen die sozialistischen Staaten Osteuropas ebenso wie gegen die konkurrierenden Nato-Partner verbargen, wollten viele Friedensaktivisten wohl gar nicht erst sehen, da dies ihr Gemeinschaftsgefühl der Guten, ihre Romantik der lila Halstücher und Gitarrenklänge störte. Bei vielen wurde mehr unbewußt ein Komplex von Ansichten wirksam, die zusammengenommen darauf hinausliefen, ein mächtiges Deutschland in der Mitte Europas wiederzuerrichten, das aus seiner 1000jährigen Geschichte als politischer, ökonomischer, kultureller und personell umfangreichster Zentralmacht des Kontinents - der Mythos des "Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation" - faktisch einen Führungsanspruch gegenüber den Nachbarn auch für die Zukunft herleitete. 

Andere deutsche Mythen, wie das einzigartige "Land der Dichter und Denker", der "Dritte Weg zwischen Ost und West", "zwischen Kapitalismus und Kommunismus", der "deutsche Sonderweg", die "Mitte Europas" und ähnliches stellten den gut gedüngten Boden für die nationalrevolutionäre Aussaat dar. Sie bildeten immer schon die geistige Grundlage der imperialen Politik des deutschen Kapitals, erst recht, seitdem es galt, die reale Gefahr des Sozialismus zu beseitigen, der seine Kapitalverwertungsmöglichkeiten einschränkte. Doch in einer Zeit, als Deutschland für schwach und geteilt, politisch und militärisch entmündigt gehalten wurde, als das deutsche Kapital nur in den engen Grenzen der Weltkriegssieger die Technologien zukünftiger Märkte enwickeln konnte - Atomkraft, Luft- und Raumfahrt -, als schließlich die Hauptsieger durch die Umstände ihrer Kriege in Vietnam und Afghanistan ihren moralischen Kredit aus dem Kampf gegen den barbarischen Nazismus verspielt hatten, da waren auch große Teile der Linken bereit, ein wiedervereinigtes neutrales Deutschland als Friedensgaranten gegen die beiden Supermächte anzusehen. 

Eine Analyse der jüngeren Geschichte und der ökonomischen Situation auf dem europäischen und dem Weltmarkt hätte sie eines Besseren belehrt, doch die 80er Jahre waren nicht die Zeit politisch-ökonomischer Analysen. Man begnügte sich in der Friedensbewegung - und in der Sozialdemokratie als einem ihre Teile - mit dem Augenschein, und so konnte Henning Eichbergs absurde These, Deutschland sei doppelt kolonialisiert von "Wodka-Cola", diene als Vorfeld und Austragungsort des großen Krieges zwischen den Supermächten und müsse sich deshalb "befreiungsnationalistisch" aus der Fremdherrschaft winden, breit Anhänger gewinnen. Auf die Geschichte des Kolonialismus und die Befreiungskämpfe der "Dritten Welt" zu verweisen, war demagogisch - dennoch ein erfolgreiches Propagandakonzept -, denn das vereinigte Deutschland, erst recht nach den "Dritter Weg"-Konzepten der Konservativen Revolutionäre, war selbst Kolonialmacht gewesen und als solches gedacht; ein vereinigtes ethnopluralistisches Europa der Vaterländer hätte fast den gesamten Kolonialismus als eigene Geschichte gehabt. Waren die europäischen Kapitalien in den 80er Jahren etwa nicht neokolonialistisch? Doch die irrationale Angst vor einem angeblich drohenden "Bruderkrieg" BRD-DDR im Ost-West-Konflikt der Supermächte, dem sich die beiden Staaten so wenig hätten entziehen können wie die seit 1945 diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs lebende Teile einer selben Familie, schmälerte die Kritikfähigkeit. Obwohl die Annahme, die wiedervereinigte deutsche Kapitalmacht werde nun plötzlich friedlicher sein als früher - unterliege also wohl nicht mehr den Prinzipien der Gewinnmaximierung und Konkurrenz -, absurd und unbegründet war, glaubte man dennoch den Propagandisten der Nation. 

Die zentrale Aussage der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" war: Damit Deutschland nicht länger "Glacis" sei, damit eine echte europäische Friedensordnung verwirklicht werden könne, müsse es wiedervereinigt werden, denn nur so könnten die Kontrahenten, die auf einen Krieg zusteuerten, aus Mitteleuropa hinausgedrängt werden. Nicht mehr die geschichtliche Erfahrung, daß ein starkes Deutschland die größten Kriege vom Zaun gebrochen hatte, zählte in dieser Argumentation, sondern das phantasierte Gegenteil der Empirie: daß die deutsch-deutsche Grenze die eigentliche Kriegsgefahr darstelle und deshalb beseitigt werden müsse, daß nach dem Wegfall dieser Grenze allenthalben Frieden sei. Diese Geschichtsmythologie - eine besondere Version der alten imperialistischen These, daß die Welt nur am deutschen Wesen genesen könne, und an sonst nichts - bestimmte nicht nur die "Denkschrift" Ammons, Schweisfurths, Fichters, Brandts und Mechtersheimers, sondern einen ganzen Debattenstrang innerhalb der Friedensbewegung bis weit in die SPD hinein, auf den der "Denkschrift"-Kreis daher Einfluß nehmen konnte. 

Der Inhalt ihres Papiers ist auch im Detail bemerkenswert, zumal die abstrusen Geschichtsfälschungen Resonnanz hatten, wie Fichters "SPD und Nation"-Buch zeigt, das die "Denkschrift" anführt. Es sei "Hitlers Krieg" gewesen, schrieben Ammon und Schweisfurth, als wären die Nazis eine Besatzungsmacht über das deutsche Volk gewesen. "Deutschland" dagegen sei 1945 "domestiziert" worden, und der Leser gewinnt den Eindruck, als sei die Nazi-Besatzungsmacht nur von den alliierten Besatzern der Kriegssieger abgelöst worden, als seien die unschuldigen Deutschen dabei vom Regen in die Traufe gekommen. Diese Deutschen seien jetzt wieder vom Krieg bedroht, weil die neuen Besatzer - "die Rivalen um Deutschland", wie es in der "Denkschrift" hieß - wieder aufrüsteten, "weil sich am Besatzungszustand materiell seit 1945 fast nichts geändert hat". Die Schrift beklagte die angebliche "Entspannungseuphorie" der 70er Jahre als gefährliche Gemütsverirrung und meinte die damalige sozialdemokratische Friedenspolitik. Der KSZE-Prozeß wurde abgelehnt, weil er "nicht spezifisch deutsche Angelegenheiten" betraf. Der Schwur der "Denkschrift"-Unterzeichner lautete: "Wir wollen das 'Europa der Vaterländer' und in ihm Deutschland als unser ungeteiltes Vaterland." Das war der explizite Rückgriff auf eine Parole der "Neuen Rechten". Mechtersheimer schrieb das Vorwort: "Diese Denkschrift formt das nationale Aufbegehren in ein Friedenskonzept für Mitteleuropa", sie sei der "patriotische Aufschrei" gegen die "Fremdbestimmung der deutschen Politik".  (68)  

Solche Thesen hatten Vorläufer im Nachkriegsdeutschland. Sie konnten in den 80er Jahren nur Erfolg haben, weil es in den 50ern bereits einmal den Versuch gegeben hatte, eine Querfront gegen die Westintegration der Bundesrepublik Deutschland und damit gegen die Teilung und Zähmung Vorkriegsdeutschlands und der deutschen Kapitalmacht gegeben hatte, die vom Neonazismus bis zu pazifistischen Linksintellektuellen reichen sollte. 

Ihr Kopf war Wolf Schenke, ein integrativer Politiker des Alt- und Neofaschismus, der bis zu seinem Tod 1989 die zentrale Bezugsperson dieser nationalrevolutionären Deutschland-Vereiniger bis weit in die Sozialdemokratie hinein war. Für Schenke stellte die Wiedervereinigung Deutschlands das alles überragende Ziel dar. Sein Konzept vertrat er fast vierzig Jahre: Nach dem Austritt aus den Paktsystemen müßte die Vereinigung von BRD und DDR über eine Konföderation schrittweise erfolgen. Schenkes Zeitschrift, "Neue Politik", propagierte alle möglichen Konföderationpläne der 50er und frühen 60er Jahre - inklusive des kurzlebigen, taktischen "Deutschland-Plans" der SPD von 1959 -, die teilweise auch über die deutschen Grenzen hinausgingen und die Kerngebiete des "Alten Reiches" umfaßten: die beiden deutschen Staaten, Österreich, Ungarn, Tschechoslowakei und Polen, "Zwischeneuropa" eben. Schenke war der Meinung, daß nicht die Zeit vor 1945, sondern die nach 1945 eine "deutsche Daseinsverfehlung" sei, wie er in Anlehnung an Ernst Niekisch formulierte: Diese Vergangenheit, nicht der Komplex Auschwitz, müsse bewältigt werden. Das war der rechte Inhalt des späteren "Historikerstreits". 

Schenke war vor 1945 hoher Funktionär der Reichsleitung der Hitlerjugend, zeitweise Herausgeber und Chefredakteur des HJ-Schulungsbriefes "Wille und Macht". Als Anhänger des Hilter-oppositionellen nationalrevolutionären Flügels der NSDAP lehnte er Mitte der 30er Jahre die ihm angebotene Leitung des außenpolitischen Amtes der HJ-Reichsführung ab und ging als Korrespondent für den "Völkischer Beobachter" in den japanisch-chinesischen Krieg, wo er nach eigenen Angaben auch als Agent für Japan tätig war. Seine Artikel über diesen Krieg - auch in anderen Organen der Nazis veröffentlicht, z. B. 1938 in der "Zeitschrift für Geopolitik" - waren gekennzeichnet vom nationalrevolutionären "Antiimperialismus", der antibritisch und antiamerikanisch, aber projapanisch ausgerichtet war. 1946 wurde Schenke von den USA im Schanghaier Kriegsverbrecherprozeß angeklagt und freigesprochen. 

Ab 1950 machte er in der Bundesrepublik mit alten NSDAP-Parteigenossen und ehemaligen Waffen-SS-Leuten, aber auch in Bündnissen mit einigen naiven Linkspazifisten vor allem aus dem christlichen Bereich, Politik fürs Vierte Reich. Seine Organisation "Dritte Front" - der Schenke den Namen einer Zeitschrift Otto Strassers aus den 30er Jahren gegeben hatte - versuchte in den 50er Jahren, ein Bündnis mit der stärksten Oppositionskraft gegen Adenauers Westintegrationspolitik, der SPD, gegen diese Orientierung der Bundesrepublik Deutschland am westlich-liberalen Politikverständnis zu erreichen. 

Obwohl Schenke der Niekisch-Strasser-Linie zugehörte, in der sich nach 1945 die Unterschiede in manchen Positionen Niekischs und Strassers aus der Zeit vor 1933 verwischten, wollte Schenke nun, aus dem "Schaden" des 8. Mai 1945 klug, das große faschistische Bündnis über die zerstrittenen Fraktionen hinweg. Er suchte z. B. auch Kontakt mit Hjalmar Schacht, der vor 1933 zeitweise die Beteiligung der "Kriegssozialisten" aus der Sozialdemokratie an einer Querfront gegen die Weimarer Republik betrieb und dann für die Ermordung Gregor Strassers und Kurt von Schleichers sorgte, und einem weiteren hochrangigen Funktionär des etablierten Nazi-Staates, Werner Naumann. Der war seit 1933 Chef des Ministerbüros des Reichspropagandaministers Josef Goebbels gewesen, dann als SS-Offizier Befehlshaber des Sicherheitsdienstes und der Sicherheitspolitzei in der Sowjetunion und in Holland. 1944 wurde er Staatssekretär von Goebbels und nach dessen Selbstmord für einen ganzen Tag der letzte Reichspropagandaminister. Bis zum 2. Mai hatte Naumann im Führerbunker ausgehalten und die Leichen von Goebbels und Hitler gesehen, bevor er geflohen war. Anfang der 50er Jahre war er gewissermaßen der ranghöchste Alt- und Neonazis auf der bundesdeutschen politischen Bühne. Naumann hielt die Fäden des Neofaschismus in der Hand, bis er 1953 auf Befehl der britischen Besatzungsbehörde verhaftet wurde, nachdem er versucht hatte, die nordrhein-westfälische FDP planmäßig mit Nazis zu unterwandern. Schenke kommentierte die Verhaftung als Schlag "nicht gegen die ehemaligen Nazis, sondern ... gegen die Deutschen an sich." Naumann hatte vor seiner Verhaftung auch regen Kontakt zu August Haußleiter, der später mit Schenke die "Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher" (AUD) gründete und diese 1980 in die Partei Die Grünen einbrachte, zum späteren NPD-Chef Adolf von Thadden und dem Gründer des "Deutschen Kulturwerkes Europäischen Geistes" (DKEG) und der "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft", Herbert Böhme, der ebenfalls aus dem Goebbels-Ministerium kam. Interessant ist auch Naumanns Kontakt zu Hendrik de Man in dieser Formierungsphase des Neofaschismus; de Man war in den 20er Jahren einer der wichtigsten Ideologen des "Hofgeismarkreises der Jungsozialisten". Naumann engagierte sich auch als Kandidat für die "Deutsche Reichspartei" (DRP), die als Auffangbecken der "Sozialistischen Reichspartei" (SRP) gedient hatte, nachdem diese als verfassungswidrige Nachfolgeorganisation der NSDAP vom Bundesverfassungsgericht verboten worden war. 

Im Kampf gegen die Westbindung kannte diese Szene keine Berührungsängste, zu keiner Seite. Schenke war ein kluger Organisator, dem es immer wieder gelang, über die Parteigrenzen hinweg verschiedene und widerstreitende Strömungen anzusprechen und für seine Querfront-Pläne zu interessieren. So kaufte er damals auch Adressenmaterial der neutralistischen, christlich-pazifistischen "Gesamtdeutschen Volkspartei" (GVP) um Gustav Heinemann und die jungen Johannes Rau und Erhard Eppler auf, als die Partei sich auflöste. Die Adressen nutzte Schenke für die Abonnentenwerbung seiner Zeitschrift "Neue Politik". Eine Zusammenarbeit mit der GVP scheiterte jedoch bereits nach nur einem einzigen Treffen am Widerstand Heinemanns, der die Köpfe seiner Organisation in die SPD führte. Auch vor der entscheidenden Abstimmung des Bundestages 1955 über die Pariser Verträge, die die Westbindung besiegelten, gelang es Schenke trotz großer Anstrengungen nicht, an die zu Recht mißtrauische SPD-Spitze heranzukommen, da er sich zu offen mit dem militanten Neonazismus eingelassen hatte. 

Zu seinen engen Mitarbeitern, die in personam die Breite des faschistischen Netzes nach 1945 aufzeigten, zählte z. B. der von Griechenland zu viermal lebenslänglicher Haft verurteilte, dann begnadigte Kriegsverbrecher Alexander Andrae, ehemals Wehrmacht-Besatzungskommandant von Kreta, nach seiner Freilassung und Rückkehr nach Deutschland Mitbegründer der "Deutschen Reichspartei", die zur Auffangorganisation der verbotenen SRP wurde. Auch Bruno Kray gehörte zu Schenkes Leuten, der als Paul Stadtler oder K. E. Schaffner für rechtsneutralistische Positionen aktiv war und unter allen drei Namen in der "Neuen Politik" schrieb, in Wirklichkeit aber Paul Schall hieß und von 1940 bis 1945 Chefredakteur der "Straßburger Neuesten Nachrichten" und NSDAP-Kreisleiter der elsässischen Hauptstadt war. Der Konservative Revolutionär Bogislaw von Bonin schrieb ebenfalls für die "Neue Politik" und gründete Anfang der 60er die Schenke-Organisation "Vereinigung Deutsche National-Versammlung" (VDNV) mit, der dann auch Henning Eichberg angehörte. Ein Redner für die VDNV war in den 60er Jahren auch der Publizist Sebastian Haffner, der aus dem engeren Niekisch-Kreis kam. Bonin war beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Mitglied der Operationsabteilung des Heeres, dann ein Gewinner der Nazi-Säuberungen nach dem 20. Juli-Attentat: Er wurde nun Chef der Operationsabteilung des Heeres. In Schenkes Verlag Neue Politik brachte der heutige Ullstein-Autor und Bundeswehr-"Geopolitiker" Heinz Brill eine Biographie über Bonin heraus, über den er auch promovierte. Brill schrieb häufig in der "Neuen Politik"; Mitte der 80er veröffentlichte er ein Buch über die Militärpolitik Gaddafis, des libyschen Nationalrevolutionärs, den Eichberg so sehr verehrt. 1994 brachte Brill bei Ullstein eine Arbeit zur Geopolitik heraus; er arbeitet heute im "Amt für Studien und Übungen der Bundeswehr" und trat in den 80ern bei den Wiedervereiniger-Initiativen Ammons, Schweisfurths und ihrer Mitkämpfer auf. Ebenfalls in Schenkes Organisationen und Publikationen dabei war der ehemalige Botschafter Werner Otto von Hentig, ein Nationalrevolutionär der ersten Stunde, der 1924 in den thüringischen Kommunistenaufstand verwickelt war. Damals glaubte die KPD, sich mit den "Kriegssozialismus"-Teilen der Reichwehr verbünden zu können, und Reichswehr-Einheiten hielten in der Sowjetunion heimlich Manöver ab, was gegen den Versailler Vertrag verstieß. Später war von Hentig ein enger Freund Otto Strassers und schrieb in der "Neuen Politik" anti-israelische Artikel. Wie Bonin war auch er Mitglied von Schenkes kleinem "Deutschlandrat" in den 60er Jahren, der die Wiedervereinigung über ein Konföderationsmodell verfocht und in den 80ern einen Nachfolger im "Deutschlandrat" Mohlers und Schönhubers fand. Der zwielichtige Gerhard Bednarski, Vater von Wolfram Bednarski, arbeitete zuerst mit Schenke zusammen, zerstritt sich mit ihm dann jedoch über die Frage der Anerkennung der DDR: Bednarski war dafür. Kurz nach Kriegsende hatte er mit Herbert Böhme die "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft" aus früheren Kadern der Nazi-Organisationen aufgebaut, was zeitweise Bednarskis Hauptbeschäftigung war. Später schloß er sich der "Deutschen Friedens-Union" an, die als neutralistisch und DDR-geführt galt, aber ein buntes Gemisch aus Unabhängigen, Ex-Sozialdemokraten, illegalen Kommunisten und Nazi-Verbindungsleuten war. Dann tauchte er gänzlich unter. Auch Heinz Mahncke - von der SRP kommend und später Sekretär von Otto Ernst Remer, der einst als Kommandant des Wachregiments "Großdeutschland" maßgeblich an der Niederschlagung des Putschversuchs vom 20. Juli 1944 beteiligt war und dann die SRP mitinitiierte - legte eine Zwischenstation in Schenkes "Neuer Politik" ein. Mit Hjalmar Schacht verband Schenke die Vorliebe für China, der ehemalige Nazi-Reichsbankpräsident hatte in den 50ern einen Vorstandsposten in Schenkes "Deutsche China-Gesellschaft" inne. Schenke gab damals auch Schriften von Arthur Moeller van den Bruck heraus und besaß den rechtsextremistischen Holsten-Verlag, der kriegsverherrlichende Bücher von ehemaligen Wehrmachtsoffizieren und früheren NSDAP-Leuten veröffentlichte, vom Verfassungsschutz schon in den 50er Jahren beobachtet wurde und 1975 die erste deutschsprachige Biographie über Gaddafi veröffentlichte. 

Man nahm es also nach der Niederlage vom 8. Mai 1945 nicht mehr ganz so erst mit den alten Fraktionsstreitereien innerhalb des Faschismus, doch die breite innerfaschistische Koalition störte zuerst die Möglichkeiten der Querfront, auf die Linke überzugreifen. Erst durch die Opposition links politisierter Studenen gegen den Vietnamkrieg änderte sich dies. Der unermüdliche Schenke erhielt wieder einen Zugang zur Linken und nutzte in den späten 60er Jahren seine Zeitschrift "Neue Politik", um ein neues Querfront-Projekt zu versuchen. Das Blatt war in den 60er Jahren ein wichtiges Diskussionsorgan des nationalrevolutionären Neutralismus mit Verbindungen in alle Bereiche des Neofaschismus, eine ähnliche Rolle, wie sie in den 80ern "wir selbst" hatte und in den 90ern der "Jungen Freiheit" zukommt. Mehr noch als in den heutigen Projekten kamen hier auch Linke zu Wort. Die Zeitschrift wurde vom Verfassungsschutz systematisch beobachtet und ausgewertet und - wie Schenkes VDNV - im ersten Verfassungsschutzbericht des Bundesinnenministers, der 1968 erschien, als rechtsextremistisch erwähnt. Autoren der "Neuen Politik" schrieben immer wieder antisemitische Artikel, zu Beginn der 60er Jahre auch Hetzartikel gegen die Auschwitz-Prozesse. Ende der 70er schrieb Wolfgang Venohr hier, er wolle von dem Film "Holocaust" in deutschen Fernsehen verschont bleiben. Hier schrieb man über "Spenglers bleibende Bedeutung" und veröffentlichte Anzeigen der "Oswald-Spengler-Gesellschaft", hier schrieben Otto Strasser und Ernst Niekisch persönlich, auch der vormalige SA-Funktionär Werner Georg Haverbeck, als er den "Weltbund zum Schutz des Lebens" (WSL) führte. Verurteilte Kriegsverbrecher und vormalige Nazi-Größen gaben sich den Schreibstift in die Hand, forderten "Freiheit für Rudolf Heß!" und veröffentlichten Texte über angebliche Kriegsschuldlügen. 

Schenke persönlich fragte nach der Gründung von NPD und AUD in der "Neuen Politik": "Warum eigentlich nicht gemeinsam?" Die Frage war berechtigt, denn beide Parteien beerbten das Potential der "Deutschen Reichspartei" und Schenke hatte zu allen Verbindungen. In den 70er Jahren versuchte er ein Zeitlang, seinem Blatt einen seriösen Anstrich zu geben. Neben seinen Freunden aus dem Neofaschismus schrieben hier jetzt auch z. B. die späteren Grünen-Politiker Petra Kelly und Jakob von Uexküll, auch Günter Verheugen, damals noch FDP. 

Vor allem der Niekisch-Schüler Wolfgang Venohr, später ein Verbündeter Ammons und Brandts, Autor auch in der Glotz-Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte", nutzte das Schenke-Blatt eifrig. Er veröffentlichte hier 1968 den Wortlaut des letzten Interviews von Rudi Dutschke vor dem Attentat, das Venohr für eine private Fernsehproduktionsfirma aufgenommen hatte, das in Deutschland jedoch nie gesendet wurde. Ziel der Veröffentlichung war es, auf die Studentenbewegung Einfluß zu nehmen, die Proteste gegen den Vietnamkrieg für die großdeutsche, antiwestliche, konservativ-revolutionäre Position zu instrumentalisieren, gegen die Sieger des Zwetien Weltkriegs und das "Jalta-System" zu wenden. So glaubten Schenke und Venohr, Teile der Studentenbewegung zu den Nationalrevolutionären hinüberziehen zu können. Diese Bündnispolitik, die Schenke dann auch mit öffentlichen Reden und Auftritten als selbsternannter "Sprecher der Außerparlamentarischen Opposition" vertrat, war nicht erfolglos: Die nationale Haltung der Gruppe um Bernd Rabehl, Peter Brandt und Tilman Fichter, die ihre Rolle im damaligen SDS heute gerne überschätzt, zeigt es. Die nationalrevolutionäre Gruppe "Außerparlamentarische Mitarbeit", die damals in Berlin gegen die "Außerparlamentarische Opposition" der linken Studenten und teilweise aus nationalrevolutionären NPD-Gruppen heraus gegründet wurde und deren Mitglieder sich heute in Piepers "Dienstags-Gesprächskreis" mit Fichter und in der "Jungen Freiheit" mit heutigen "Hofgeismarer Jungsozialisten" wiederfinden, zeigt es ebenfalls. Die späten Wirkungen Schenkes sind allerdings heute wenig bekannt. 

Venohr schrieb in der "Neuen Politik" über das Zusammentreffen mit Dutschke: "Als wir im Verlaufe des Vorgesprächs auf die Generationenfrage kamen, sagte ich ihm, ich sei Fähnleinführer, Kriegsfreiwilliger und Offizier in der Deutschen Wehrmacht gewesen. Er sah mich an, lächelte und sagte in seinem langgezogenen Tonfall: 'Okay.' Von diesem Augenblick an war das Eis zwischen uns geschmolzen, und auch vor den Kameras sprach er ausführlich über das Problem des Generationskonflikts." Venohr zitiert Dutschke: "'Wenn ehemalige jugendliche Mitläufer und in Ansätzen überzeugte Nationalsozialisten einen Prozeß der Selbstaufklärung über die Geschichte des Nationalsozialismus gemacht haben, sich geschichtlich darüber klar geworden sind, was da geschehen ist, was mit ihnen geschehen ist, was mit unserem Volk und der Menschheit da geschehen ist, dann spricht nichts, aber auch gar nichts dagegen, sie als direkte Mitglieder unserer Bewegung dabei zu haben; absolut.'" 

Und auf der nächsten Seite der Zeitschrift folgte unmittelbar die Würdigung eines Kriegsverbrechers, der für die Greueltaten der nazi-deutschen Besatzung auf Kreta verantwortlich war: "Unbeugsamer Charakter und politischer Mensch: General a. D. Alexander Andrae. ... Seine militärische Pflichterfüllung im Zweiten Weltkrieg brachte ihm nach 1945 mit sieben Jahren Haft in Griechenland die bittersten Jahre des Lebens, aus denen er nur noch unbeugsamer an Geist und Charakter hervorging." Dutschke ließ sich Ende der 70er Jahre in der Sex-Zeitschrift "Das da", die Klaus Rainer Röhl herausgab, auf eine Debatte mit Henning Eichberg um die "Deutsche Frage" ein. Eichberg wurde damals als "der Dutschke von rechts" verkauft. Die Debatte sollte den Nationalrevolutionären den Einstieg in die neuen sozialen Bewegungen verschaffen. Karrieren einer Szene: Röhl publizierte dann in den 90ern unter Zitelmann bei Ullstein seine eigenen nationalen Thesen. 

Mit seiner nationalrevolutionären Pointierung nach 1950 schloß Schenke an seine Veröffentlichungen aus den ersten Jahren des Nationalsozialismus an. Volksgemeinschaftsideologie vertrat er in der Hitlerjugend Anfang der 30er ebenso wie "die Botschaft des Sozialismus" und "die Botschaft des Reiches" gegen die "fremde Ideologie des Westens", die als "ein Element der Auflösung bestehender Ordnungen" das Individuum "aus der Gemeinschaft der Nation und der Ordnung des Staates" gelöst habe, wie er 1934 in "Wille und Macht" schrieb. 1958 dann meinte er in der "Neuen Politik": "Im deutschen Nationalsozialismus gab es zu Anfang wenigstens noch Elemente freiheitlich-völkischer Natur"; den "völkischen Sozialismus" erklärte er als eine "nicht auf dem Klassenkampf beruhende, sondern alle sozialen Kräfte im Zusammenwirken dem Gemeinwohl verpflichtende Volksordnung," die von Hitler abgewürgt worden sei. Der immer wiederkehrende Bezug auf die Konservativen Revolutionäre Ernst Jünger oder Oswald Spengler findet sich ebenso schon in den frühen Ausgaben von "Wille und Macht". 

Schenkes Thesen stießen in den 80er Jahren außer in den Wiedervereinigungsinitiativen, die sich der Friedensbewegung zugesellten, vor allem in der Friedrich-Ebert-Stiftung auf Interesse. Das erklärt auch die Aufmerksamkeit, die die Zeitschrift der FES, "Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte", Schenkes Apologeten Ammon, Brandt, Schweisfurth und Venohr entgegenbrachte. Auch die Positionen Niekischs und Strassers finden in der FES Sympathie und Unterstützung, man hält sie hier bisweilen für links. Die Zeitschrift "Neue Politik" lag bis zu ihrem Ende Mitte der 80er Jahre immer im Lesesaal der FES offen aus. Sie hatte durch zahlreiche Autoren aus der Ökologiebewegung und der Friedensbewegung, die in den 70er und 80er Jahren bei Schenke eine Publikationsmöglichkeit fanden, und durch die AUD-Grünen-Verbindung auch in den neuen sozialen Bewegungen einen unheilvollen Einfluß. Schenkes jahrzehntelanges Bemühen um die Wiederherstellung eines starken Deutschland in der Mitte Europas wurden von Rainer Dohse in dem Buch "Der Dritte Weg" eingehend dargestellt, das 1974 in Schenkes Holsten-Verlag erschien. Dohse zählte sich selbst zu dieser Querfront-Szene, und kein geringerer als Peter Brandt bezog sich in seinem Buch "'Vaterlandslose Gesellen'. Sozialdemokratie und Nation 1860-1990", das auch die nationalrevolutionären Deutschland-Vereiniger der 80er Jahre als Thema sozialdemokratischer Politik breit behandelte, auf Dohse, Schenke und die "Denkschrift"-Szene.  (69) 

Schenke unterstütze am Ende seines Lebens alle Wiedervereinigungsaufrufe aus der nationalrevolutionären Ecke. Auch bei der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" war er dabei. Auf einer Unterzeichnerliste bezeugte eine illustre Gesellschaft ihre Übereinstimmung mit diesem Papier. Neben Schenke, Venohr, Fichter und Brandt waren hier auch ehemalige "Junge Nationaldemokraten" um die Zeitschrift "wir selbst" anzutreffen. Hubertus Mynarek, der für die "Deutschen Unitarier" arbeitete, die vormalige Hitler-Geburtstags-Dichterin Luise Rinser, der Romancier des nationalen Kleinbürgertums Martin Walser und der oben zitierte "Neue Gesellschaft"-Autor Reinhard Hesse waren dabei. Die betagte Witwe Ernst Blochs wurde über die SDS-Schiene Fichters geködert, Unterzeichner William Borm später und posthum der MfS-Verbindungen beschuldigt. Neben etlichen Nationalrevolutionären vor allem des Niekisch-Umfelds, darunter auch das ehemalige Grünen-Bundesvorstandsmitglied Rolf Stolz, stand auch der Ex-Bundeswehrgeneral aus der Friedensbewegung, der fraktionslose Abgeordnete Gert Bastian, auf der Liste, der zur Zeit seiner Unterschrift bereits aus den Grünen wieder ausgetreten war. In der Tat: Diese Szene hätte zur Konservativen Revolution der 20er Jahre gepaßt. 

Die "Denkschrift" von 1985 wurde also von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis getragen, das jedoch seinen Schwerpunkt bei den Niekisch- und Strasser-Anhängern hatte. Offenbar war dies einigen Unterstützern aus der Mitte der Gesellschaft nicht klar, da sie weder die jüngere Entwicklung des Neofaschismus noch alle Personen einer Unterstützerliste für das Papier kannten. Die "Denkschrift" war ein taktisches Projekt der neuen "Querfront"-Strategen. Mit Schweisfurth und Fichter zielte es vor allem auf die Sozialdemokratie, wo man sich Anschluß an die 50er Jahre und den "Deutschland-Plan der SPD" erhoffte. Mit Ammon und Peter Brandt waren zwar neben dem SPD-Spektrum auch die Grün-Alternativen angesprochen, doch nicht einmal Mechtersheimer war als Bundestagsabgeordneter Mitglied der Partei Die Grünen geworden. Nach den Büchern von Brandt und Ammon ("Die Linke und die nationale Frage") und von Venohr ("Die deutsche Einheit kommt bestimmt") war das "Denkschrift"-Projekt das wichtigste und breiteste Bündnis dieser Szene, die noch weitere Gruppen und Initiativen für andere Zielgruppen gründete. Zwar ließen die Unterschiede zwischen den Zielgruppen die Szene selbst als wirr und chaotisch erscheinen, doch schon in den Zeiten 1919 bis 1923 war die Verwirrung ein Teil der Querfront, die eben Anker in allen politischen Lagern suchte. Tatsächlich jedoch hielten Ammon, Venohr, Schenke und Stolz die Zügel. 

Die "Denkschrift" basierte vor allem auf den juristischen Arbeiten von Theodor Schweisfurth, einem SPD-Mitglied mit Ambitionen auf ein Bundestagsmandat, das ihm trotz seiner Bemühungen bisher verwehrt blieb. Beruflich ist er Völkerrechtler mit Schwerpunkt Osteuropa, nach der Wiedervereinigung erhielt er eine Professur an der "Europa-Universität" in Frankfurt an der Oder. Er hatte bereits 1984 in der "Frankfurter Rundschau" eine Anzeige unter dem Titel "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!" unterzeichnet. Der Text, der explizit auf Niekisch Bezug nahm, forderte, in dessen Geiste Deutschlands Größe gegen den Westen wiederherzustellen. "Die nationale Frage der Deutschen ist zugleich eine wahrhaft revolutionäre Aufgabe aller Europäer", hieß es da. "Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes" zeichnete für die Anzeige Sven Thomas Frank, der seit den 60er Jahren im nationalrevolutionären Neofaschismus aktiv ist. Frank gehörte zur "Außerparlamentarischen Mitarbeit" APM und ist heute bei der "Jungen Freiheit". Unterzeichner waren auch der "MUT"-Autor Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Konrad Buchwald (ein Gefolgsmann Otto Strassers, Funktionär der Brückenkopf-Organisation VDA - früher "Verein für das deutsche Volkstum im Ausland", dann von den Alliierten verboten, jetzt "VDA-Gesellschaft für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland" -, Mitglied in Wolfram Bednarskis kurzlebiger Partei "Die Weißen", "wir selbst"-Autor), der ehemalige "Deutsche Unitarier" Wolfram Bednarski, Franks alter APM-Weggefährte Udo W. Reinhardt (heute ebenfalls bei der "Jungen Freiheit", dazwischen mit Wolfram Bednarski bei den "Unabhängigen Ökologen"), Wolfgang Seiffert, Schenke, Schweisfurth, Venohr, Wolfgang Strauss ("Nation Europa") und der "Danubia"-Burschenschaftler Michael Vogt. Vogt war ein früher Mitarbeiter Venohrs, im "Ring freiheitlicher Studenten" (rfs) aktiv, zeitweise Sprecher der Deutschen Burschenschaft; der nationalrevolutionäre Informationsdienst "DESG-inform" berichtete 1989, er sei "Pressesprecher des Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsunternehmens MBB", dann war Vogt Sprecher des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Wie vernetzt diese Szene ist, zeigt die rechtsextreme Burschenschaft "Danubia", die bei der Gründung der REP-Organisation "Republikanischer Hochschulverband" eine zentrale Rolle spielte, in der hauptsächlich vormalige rfs-Leute aktiv waren. Als Sprecher des BPI tauchte Vogt dann auch in deren Anzeigen namentlich auf, die die SPD-Mitgliederzeitung "Vorwärts" zur ihrer Finanzierung abdruckte. 

Schweisfurth trat auch selbst immer wieder in Burschenschaftler-Kreisen auf, die "Burschenschaftlichen Blätter" der weit rechts stehenden "Deutschen Burschenschaft" haben mehrfach über ihn positiv berichtet, ihn auch als "einen alten Corpsstudenten" vorgestellt. Auch beim "Gesamtdeutschen Studentenverband" GDS, der von Burschenschaftlern beherrscht war und bei dem sich etliche militante und auch kriminelle Neonazis trafen, trat er in den 80er Jahren auf. 

Peter Glotz stützte sich 1989 in seinem Buch "Die deutsche Rechte" auf Schweisfurths Arbeiten; 1993 rechtfertigte Schweisfurth in einem "FAZ"-Artikel den Putsch als politisches Mittel in Carl-Schmitt-Manier: "Die ethische Beurteilung eines Staatsstreichs hängt von den mit ihm verfolgten Zielen ab und von der Billigung oder Mißbilligung dieser Ziele", die man in Schweisfurths Umfeld eben vor allem nach völkischen Interessen beurteilt.  (70)  

Der Kölner Grüne Rolf Stolz bildete Ende 1984 die Gruppe "Initiativkreis Linke Deutschland-Diskussion" (LDD), die eine eher sozialistische Zielgruppe im Visier hatte. Stolz war wegen seiner nationalrevolutionären Orientierung 1980 gemeinsam mit dem zeitweiligen Gemeindeleiter der "Deutschen Unitarier" Baldur Springmann aus dem Bundesvorstand der Partei Die Grünen gekippt worden und setzte in den 80ern die verhängnisvolle Politik national orientierter Maoisten der 70er Jahre fort, zu denen Stolz gehörte. Das "links" im Initiativennamen der LDD war so demagogisch wie der Sozialismus-Begriff bei Otto Strasser. Denn das LDD-Manifest "Anstoß für eine deutsch-deutsche Alternative" enthielt im wesentlichen die Positionen der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift", die für die neuen sozialen Bewegungen passend umformuliert und mit etwas sozialistischer Rhetorik aufgepeppt wurden. Radikaler Antiamerikanismus sollte diejenigen ansprechen, die aus der Studentenpolitik der 70er Jahre übrig geblieben waren; daher legte Stolz auch immer wieder Wert auf eine Agitation gegen die "fremden Truppen" in Westdeutschland, besonders die US-amerikanischen, deren Abzug er in immer neuen Schriften forderte. Auch beim "Anstoß" gab es eine Unterstützerliste, zu der u. a. Ammon, Schweisfurth, Venohr, Schenke, Mynarek und Peter Bahn zählten. Der zeitweilige "Deutsche Unitarier" Bahn, der auch noch andere Beziehungen zum Stolz-Umfeld unterhielt, führte damals den völkisch-esoterischen "Helios"-Verlag in Mainz und schreibt heute im "Jahrbuch zur Konservativen Revolution" der Anneliese Thomas gemeinsam mit Armin Mohler; die "Junge Freiheit" wirbt für dieses Buch Ende 1994. Die LDD veranstaltete gemeinsame Tagungen, auf denen Ammon und Schenke auftraten, so im Mai 1985 in Berlin. 

Stolz selbst ist ein enger persönlicher Freund Ammons und Mechtersheimers, in dessen Zeitschrift "Frieden 2000" er im April 1993 schrieb: "Die große Koalition der Deutschlandfeinde und Ausländerverherrlicher verlangt, die als spießig, dumm, egoistisch und rassistisch angeprangerten Deutschen sollten gefälligst der Zerstörung ihrer Gesellschaft, ihrer Kultur und ihres Wohlstands widerstandslos zusehen, weil es erstens inhuman sei, jemand abzuweisen und man zweitens ohnehin nichts gegen die wachsende Völkerwanderung tun könne." Ausländer tauchen in dem Text als "kriminelle", "Polit-Terroristen", "Drogenhändler, Zuhälter, Hütchenspieler, Zigarettenschmuggler, Sozialbetrüger", "Dauerarbeitslose und selbstverschuldete Sozialfälle" auf, die von Deutschen "durchgefüttert" werden wollten. Bosnische Roma müßten sich erst einmal das Stehlen und Betteln abgewöhnen, wenn sie bis zum Kriegsende in Deutschland bleiben wollten, befand Stolz. Er meinte, als würden noch die Nürnberger Gesetze der Nazis gegen die jüdischen Deutschen gelten: "Der 'ausländische Mitbürger' ist eine contradictio in adjecto, ein Widerspruch in sich", "Einwandern kann niemals ein Menschenrecht sein." Im April 1991 schrieb Stolz in "MUT" über Objekte seiner Begierde: "Wir fahren umher in der Nähe von Wongrowitz, Provinz Posen. Dies war über mehr als ein Jahrhundert deutsches Land, bis 1918, an das russische Reich angrenzend, 1939 für ein kurzes halbes Jahrzehnt als 'Warthegau' in das Reich zurückgekehrt, nach zwanzig polnischen Jahren. Überall gibt es Spuren, aber ein Außenstehender wird diese Spuren nicht finden oder nur ganz wenige. Es ist schon die zweite Generation, die vergessen machen will, daß einmal Deutsche in diesem Land lebten." In Zitelmanns "Geistiger Welt" ließ er sich gegen Moslems in Deutschland aus. 

Seine LDD führte in den 80er Jahren mit der Neonazi-Gruppe "Politische Offensive" (PO) in Lahnstein bei Koblenz ein gemeinsames Postfach. PO war die Nachfolgeorganisation des "Nationalrevolutionären Koordinationsausschusses" (NRKA), der mit der Eichberg-Gruppe um die Zeitschrift "wir selbst" sympathisierte. So kamen führende LDD-Mitglieder auch aus dem Koblenzer Bublies-Verlag. Der "Sozialdemokratische Pressedienst" berichtete 1987, bei PO-Treffen sei das Horst-Wessel-Lied gesungen und Material der inzwischen verbotenen "Nationalistischen Front" ausgelegt worden. PO-Chef Marcus Bauer war Mitarbeiter von "wir selbst" und "Junge Freiheit" und wurde auf der REP-Liste in eine Kölner Stadtbezirksvertretung gewählt. 

In der LDD wirkte auch der Juso Christian Wipperfürth mit, der später Mitarbeiter des Weimarer SPD-Europaabgeordneten Edelbert Richter wurde; Richter hatte schon im Dezember 1989 als Vertreter der DDR-Wende-Organisation "Demokratischer Aufbruch" gemeinsam mit Nationalrevolutionären um Rolf Stolz in Köln eine Wiedervereinigungs-Veranstaltung abgehalten. Nach seinem Übertritt zur SPD stieg er in Thierses "Grundwertekommission" auf, deren Funktion die weltanschauliche Weiterentwicklung der SPD ist. 

Einzelne Personen aus diesem Netz saßen auch im "Deutschlandrat" Schönhubers und Mohlers von 1983 - hier waren auch Wolfgang Seiffert und Bernard Willms beteiligt -, der den Namen einer Schenke-Organisation aus den 60er Jahren wieder aufnahm, sowie in einer "Koordination Friedensvertrag", zu der Rolf Stolz 1985 gemeinsam mit dem Nationalrevolutionär August Haußleiter und weiteren Aktivisten aus dessen AUD aufgerufen hatte. Zu ihnen zählte auch Torsten Lange, Ex-AUD, Ex-Grünen-MdB, 1994 Bundestagskandidat der "Statt-Partei" in Bonn. Haußleiter hatte sich 1923 beim Hitler-Ludendorff-Putsch engagiert, schrieb nach 1933 als antisemitischer, militaristischer Nationalrevolutionär in Nazi-Zeitungen und verfaßte ein Kriegstagebuch von der Ostfront, das eine 100 000er Auflage gehabt haben soll; nach 1945 baute er die neofaschistische, teilweise paramilitärische "Deutsche Gemeinschaft" auf und gründete später die AUD, die 1980 in den Grünen aufging. Schriften der "Koordination Friedensvertrag", die eine Art Dach der Einzelinitiativen gedacht war, wurden u. a. von Gert Bastian, Peter Brandt, Ammon und Schweisfurth unterzeichnet, die für ähnliche Aktivitäten schließlich auch noch Petra Kelly, Helmut Lippelt und Eva Quistorp gewannen. Quistorp sprach sich später als Grünen-Europaabgeordnete für die Bombardierung Bosniens aus; Lippelt, der 1994 für Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag zurückkehrte, wollte 1992 ebenfalls ein militärisches Eingreifen auf dem Balkan. Auch zum "Neuen Deutschen Nationalverein" (NDNV), den der frühere CDU-Politiker Harald Rüddenklau 1988 für den klassischen Konservatismus gegründet hatte - Logo: das Berliner Reichstagsgebäude zur Kaiserzeit -, bestanden Verbindungen. Der NDNV knüpfte an die frühere Schenke-Organisation VDNV an und wollte die konservative Zielgruppe des aufgelösten "Deutschlandrates" von 1983 ansprechen. Rüddenklau hatte schon 1982 mit Brandt und Ammon in Venohrs Buch "Die deutsche Einheit kommt bestimmt" geschrieben. 

Erich Schmidt-Eenboom, damals noch die rechte Hand Mechtersheimers, schloß sich ebenfalls dieser Szene an. Er unterzeichnete 1989 mit Ammon, Schweisfurth, Stolz, Mechtersheimer, Peter Brandt und Nationalrevolutionären aus dem NRKA-Umfeld ein "Memorandum" an Michael Gorbatschow, das die Einheit eines blockfreien Deutschland forderte. 1985 schon war die "Friedensplattform '87" von Mechtersheimer, Schmidt-Eenboom und Franz Miller als Sonderdruck der Zeitschrift "wir selbst" erschienen. Schmidt-Eenboom schrieb 1989 in Mechtersheimers Zeitschrift "Mediatus" von der "Friedensbewegung NPD" und druckte ein Flugblatt einer "NPD-Initiativgruppe Frankfurt" zum deutschen Neutralismus ab. In "Mediatus" schrieb auch Henning Eichberg, als Schmidt-Eenboom zur Redaktion gehörte, und Peter Brandt veröffentlichte hier einen gemeinsamen Artikel mit Rolf Stolz. Es ist immer dieselbe Szene. 

Unter anderem die politische Rechtslastigkeit der "Memorandum"-Gruppe und die "wir selbst"-Veröffentlichung diente dem Oberlandesgericht Köln im Mai 1994 dazu, Antifaschisten die Behauptung zu erlauben, Erich Schmitt-Eenboom habe "Kontakte zu völkischen Gruppen". Bereits vorher mußte er sich vom Landgericht Bonn - wo Schmidt-Eenboom gegen ein Antifa-Flugblatt geklagt hatte - sagen lassen, angesichts seiner Äußerungen über eine angebliche "Friedensbewegung NPD" seien die Äußerungen der Antifaschisten, er sei ein "Braunzonen-Vertreter" und lasse "den nötigen Abstand zur NPD vermissen", wohl nicht zu beanstanden. Der "Friedensforscher" - wie Mechtersheimer ein vorheriger Berufssoldat der Bundeswehr - betreibt jetzt, nach Mechtersheimers Ausscheiden, das Starnberger "Forschungsinstitut für Friedenspolitik" weiter, in dem nach seiner eigenen Aussage vor den Gerichten in Bonn und Köln der rechtskräftig verurteilte "Auschwitz-Lügner" Gerd Sudholt verkehrte. In Sudholts "Verlagsgesellschaft Berg" veröffentlichte der selbsternannte "Geheimdienstexperte" Schmidt-Eenboom 1993 das Buch "Siegermacht NATO", obwohl der Verlag im Verfassungsschutzbericht als rechtsextremistisch erwähnt war. Sudholt finanzierte ihm bereitwillig das Buchprojekt, in dem auch die heutige stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Heidemarie Wieczorek-Zeul schrieb. In der Tat: Man glaubt es kaum, wie weit die extreme Rechte heute wieder in die SPD hineinreicht. 

"Der amerikanische Anspruch auf Vorherrschaft und die neue deutsche Machtentfaltung geraten in Konkurrenz zueinander", begeisterte sich der Sudholt-Verlag auf dem Umschlagstext des Buches. Schmidt-Eenboom und Jo Angerer warfen hier den USA vor, die "Rolle als alleinige Weltmacht" anzustreben. Konflikte gehörten "sozusagen zum menschlichen Dasein", so gaben Schmidt-Eenboom und Achim Schmillen (aus dem Bundestagsbüro der ostdeutschen Bündnis-Grünen Vera Wollenberger) hier ihre "eher anthropolgisch zu verstehenden Einsichten in das Wesenhafte von Konflikten" wieder. Statt einer soliden Gesellschaftsanalyse widerstreitender Interessen auf dem Weltmarkt präsentierten die Hobby-Philosophen "quasi ein Urphänomen menschlicher Existenz", wie sie schrieben. Der Krieg als anthropologische Konstante und Blauhelmeinsätze der Bundeswehr gegen den Weltmachtanspruch der USA, die in der "Friedensforschung" ohnehin Deutschland hinterherhinkten: das ist der Schluß des Buches. Wie die Blauhelmeinsätze aussehen könnte, machte Schmidt-Eenboom deutlich, in dem er "chemo-technische Sanktionen" aufzählte, die er in der Kategorie "nicht-militärische Zwangsmittel" zusammenfaßte: "waffenähnliche Mikrowelleneinsatz", "Einsatz von Schlafgasen", "materialaufweichende Chemikalien" und "eine Mikrobenlösung, die Flubenzin in eine schmierige Masse verwandelt" - Hightech. 

Wieczorek-Zeul wollte mit Schmidt-Eenboom ein weiteres Buch machen, das in Sudholts Verlag erscheinen sollte. Die Verhandlungen liefen schon, als Antifaschisten das Projekt auffliegen ließen. Wieczorek-Zeul arbeitet seit Jahren mit Schmidt-Eenboom zusammen und veröffentlichte mit ihm auch andernorts Texte, die vor allem durch Antiamerikanismus auffielen. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende behauptete schließlich, von Sudholts Hintergrund nichts gewußt zu haben, obwohl die Verfassungsschutzberichte davon voll sind. 

Die nationalrevolutionäre Zeitschrift "wir selbst" aus dem Verlag Siegfried Bublies war in den 80ern das Hauptorgan dieser Szene. Hier schrieben - z. T. bis in die 90er Jahre - Peter Brandt, Ammon, Schweisfurth, Venohr, Eichberg, Mechtersheimer, auch Rainer Zitelmann, Baldur Springmann, Lutz Rathenow, Rudolf Bahro. Ihre Ideen wurden hier mit denen des offenen Neofaschismus verbunden. So schrieb in "wir selbst" auch Bernard Willms, Franz Schönhuber und der Mitautor des REP-Parteiprogramms Helmut Diwald ebenso wie Karl Höffkes, der von den "Jungen Nationaldemokraten" bis zum "Thule-Seminar" die wichtigsten rechtsextremen Organisationen durchlief und zeitweise neben Bublies Mitbesitzer von "wir selbst" war (Verlag Bublies und Höffkes). Höffkes gehört heute zu den führenden Autoren von "Nation und Europa", an seinem Verlag Heitz und Höffkes war auch Mahncke finanziell beteiligt, der sich auch bei den REPs und deren "res publica GmbH" politisch und finanziell engagierte. 

Ein herausragender "wir selbst"-Autor war auch der ehemalige Bundeswehrgeneral Günter Kießling, für den sich der SPD-Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel Anfang der 80er Jahre während der Kießling-Wörner-Affäre so vehement eingesetzt hatte. Doch waren die Angriffe auf Kießling aus dem Brüsseler Nato-Hauptquartier damals schon nicht in seiner angeblichen Homosexualität begründet, die den öffentlichen Teil der Affäre bestimmten, sondern in seinen nationalrevolutionären Vorstellungen über Deutschlands Hegemonie. Kießling tanzte Ende der 80er auf jeder deutsch-deutschen Hochzeit dieser Wiedervereiniger-Szene und ist inzwischen auch zum "Junge Freiheit"-Autor aufgestiegen. Sein Buch "Neutralität ist kein Verrat", das 1989 im rechtslastigen "Straube-Verlag" erschien, rezensierte im November 1989 im "Vorwärts" ausgerechnet Florian Gerster, der in personam für den Komplex von Nationalismus, nationalrevolutionärer Deutschland-Vereinigung und Sozialabbau stehen kann. Gerster lobte die "mutige, querdenkerische Perspektive" des Kießling-Buches und benutzte die Agitation der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" und des LDD-"Anstoßes": "Der Kritik am blinden Vertrauen in die friedensbewahrende und zukunftssichernde Funktion des Status quo in Mitteleuropa werden Sozialdemokraten betreten - viele auch der weitergehenden Feststellung, Deutschland sei angesichts der Zuständigkit der Siegermächte für Deutschland als Ganzes und ihres unkündbaren Rechts auf Truppenstationierung noch immer ein besetztes Land." Kießling entwickele dagegen "sicherheits- und deutschlandpolitisch eine Konzeption, die die deutsche Suche nach einer Überwindung der Spaltung befruchten kann". Dies tat Kießling eben vor allem in den Publikationen "wir selbst" und "Junge Freiheit", was jedoch diesen engen Mitarbeiter Scharpings aus dem Mainzer Landeskabinett nicht störte. 

Bublies war vor der Verlagsgründung und Gründung von "wir selbst" stellvertretender Landesvorsitzender der "Jungen Nationaldemokraten" und Vize-NPD-Vorsitzender von Rheinland-Pfalz. Er wirbt damit, daß sein Verlag die deutschsprachigen Rechte an Gaddafis "Grünem Buch" besitze; in "wir selbst" schrieb Eichberg über sein nationalrevolutionäres Vorbild Gaddafi, eine Gruppe der "wir selbst"-Redaktion reiste 1981 auf Einladung Libyens nach Tripolis und interviewte 1983 auf einer erneuten Libyenreise Gaddafi persönlich. Mit dem Bublies-Verlag arbeitete auch Mechtersheimer verlegerisch zusammen, über den seine früheren Freunde aus dem Starnberger Friedensforschungsinstitut 1994 in der Zeitschrift "Wissenschaft und Frieden" schrieben: "Gelder des libyschen Diktators Gaddafi im Umfang von etwa einer Million US-Dollar sind nur an Alfred Mechtersheimer privat gegangen." Die Zeitschrift "wir selbst" sieht die eigene nationalrevolutionäre Tradition als Weg von den Burschenschaften zu Anfang des 19. Jahrhunderts über die Konservative Revolution der 20er Jahre bis zu den Neugründungen nationalrevolutionärer Gruppen in den 70er Jahren - fast immer aus der NPD heraus - und ihre Fortsetzung in den Wiedervereiniger-Initiativen der 80er. 

Im April 1995 dann forderte "wir selbst"-Autor Peter Brandt für die "Junge Freiheit", die personell und inhaltlich gewissermaßen die Nachfolge von "wir selbst" angetreten hat, in einem "Spiegel"-Leserbrief "ein Mindestmaß an Fairness" ein, "auf die Gefahr hin, wie in solchen Fällen üblich, mich selbst verdächtig zu machen" - als hätte er das noch nötig.  (71) 

All diese Gruppen führten in den 80er Jahren inhaltlich im wesentlichen die Versuche Schenkes, Haußleiters und der Strasser- und Niekisch-Leute aus den 50ern und 60ern fort, ein blockfreies, nationalrevolutionäres Deutschland als europäische Hegemonialmacht zu erreichen, auch wenn sich einzelne Formulierungen und Etappenziele den unterschiedlichen Verhältnissen über die Jahrzehnte anpaßten. Sie meinten schon vor vierzig Jahren keine "Blockfreiheit" im friedenspolitischen, gar pazifistischen Sinne, sondern ein aufgerüstetes Deutschland, das durch sein militärisches Potential die Vorherrschaft in Europa auch behaupten könne. 

Wie sehr sie in der SPD-Spitze auf Resonanz einiger ihrer Forderungen hoffen konnten, zeigte schon im September 1985 das berühmte "Bühlow-Papier" des früheren Staatssekretärs im Bundesverteidigungsministerium unter Bundeskanzler Helmut Schmidt, Andreas von Bühlow, das dieser als "Entwurf eines Antrags zur Sicherheitspoltiik für den Bundesparteitag 1986" der SPD vorgelegt hatte. Hierin forderte Bühlow, nun Mitglied der sicherheitspolitischen Kommission seiner Partei, den Abzug der US-amerikanischen und sowjetischen Truppen aus Deutschland. Als hätte er es aus der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" oder aus dem LDD-"Anstoß" abgeschrieben, meinte er: "In Deutschland organisieren sich die Militärbündnisse entlang der deutschen Teilungsgrenze. ... Blitzschnell können Funken von Krisenherden der Welt, an denen fast immer mittelbar oder unmittelbar Großmächte beteiligt sind, die übervollen Pulverfässer Europas zur Explosion bringen. ... Man könnte im Laufe der Jahre ein nur zur Defensive befähigtes Verteidigungssystem ohne Supermächte auf beiden Seiten der heutigen Grenzlinien errichten." 

Bühlow sprach sich zwar hier noch für eine Bestandsgarantie für die DDR aus, doch der damalige Vorstandssprecher der SPD und heutige Spitzenpolitiker seiner Partei in Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Clement, schrieb wenige Tage, nachdem Bühlows Papier für Aufsehen gesorgt hatte, in einer Pressemitteilung: "Zu den Vorwürfen, die von den Unionsparteien im Zusammenhang mit einem sicherheitspolitischen Diskussionspapier Andreas von Bühlows gegen die SPD erhoben worden sind, hat das Präsidium der Partei ... unter Vorsitz Willy Brandts die folgende Erklärung verabschiedet: .... Wer die Spaltung Europas und Deutschlands überwinden will, muß auch über die Sicherung Europas ohne die Armeen der Supermächte nachdenken." Die "Denkschrift" war durch, bis in die SPD-Spitze; der Vorstellung, feindliche Großmächte spalteten durch ihre militärische Präsenz Deutschland und müßten aus Europa wieder vertrieben werden, schloß sich sogar das oberste Gremium der SPD an. Das Bülow-Papier von 1989 zur Verarmung der osteuropäischen Bevölkerung zeigte dann die Zielrichtung seiner Thesen von 1985 in aller Unbarmherzigkeit. 

Zur Jahreswende 1988/89 forderte Heidemarie Wieczorek-Zeul dann den Abzug von "Fremdtruppen der Supermächte" aus Europa, der Bundeswehr-Admiral Elmar Schmähling - der SPD nahestehend - sprach vom "wiedernatürlichen (!) Zustand der Stationierung fremder Streitkräfte auf dem eigenen Staatsgebiet". 

Die breit erfolgte Übernahme der Konföderationsidee 1989/90, durch Willy Brandt und Helmut Kohl bereitwillig, durch Hans Modrow nach den "Wir sind ein Volk!"-Demonstrationen, zeigte die Reichweite der scheinbar randständigen nationalrevolutionären Zirkel. Die Idee einer deutsch-deutschen Konföderation als erster Schritt zur Wiedervereinigung war seit den 60er Jahren vor dem November 1989 fast nur von diesen Zirkeln diskutiert worden, hier und da bei den Grünen und der SPD in die Debatte gebracht worden. Peter Brandt und Günter Minnerup beklagten dies 1987 in einem NG/FH-Artikel ausdrücklich. Die Vorstellung, z. B. an den "Deutschland-Plan" der SPD von 1959 anzuknüpfen, wurde von ernstzunehmenden sozialdemokratischen Politikern in den 80ern belächelt. Allerdings hatte schon im April 1985 die "Frankfurter Rundschau" als Dokumentation einen Teil der "Denkschrift" von Ammon, Schweisfurth, Schenke, Brandt, Fichter und Mechtersheimer abgedruckt. 

1989 dann - die unrealistische Forderung nach Blockfreiheit war fallengelassen worden - spielte der Springer-Konzern eine zentrale Rolle bei der Propagierung der nationalrevolutionären Deutschlandpolitik: Nachdem Chefkommentator Herbert Kremp schon am 11. November 1989 in der "Bild-Zeitung" die Parole ausgegeben hatte: "'Wir sind das Volk' rufen sie heute, 'Wir sind ein Volk' rufen sie morgen", wurde noch im November 1989 Schweisfurths "Konföderationsplan" auf Seite 2 der "Bild-Zeitung" präsentiert, als dritte Alternative hinter Kohls 10-Punkte-Plan und Hans-Jochen Vogels Konföderationsvorschlag. "Wiedervereinigung - Der Anfang ist gemacht" titelte das Blatt in schwarz-rot-goldenen Lettern. Schweisfurth nun auf allen Kanälen: Am 28. 11. im Südwestfunk 3, am 29. 11. im "Brennpunkt" der ARD, und Kohl, Vogel und Schweisfurth gemeinsam auf einer "Bild"-Seite: Da glaubten die "Querfront"-Strategen, ein neues 1932 stünde bevor. 

Derselbe Schweisfurth, der 1986 gemeinsam mit Bernhard Willms und Emil Schlee beim rechtsextremen "Arndt-Verlag" des Dietmar Munier publizierte (der Herausgeber des Buches, Helmut Kamphausen, stieg 1995 zum Leitartikler der "Jungen Freiheit" auf und unterzeichnete im selben Jahr gemeinsam mit Zitelmann und Ammon den Aufruf der extremen Rechten zum 8. Mai - diese Szene hält tatsächlich bis heute zusammen; Munier arbeitet heute für den Aufkauf und die Wiedereindeutschung Ostpreußens durch Neofaschisten; in seinem Verlag veröffentlichte auch der "Deutsche Unitarier" Baldur Springmann), derselbe Schweisfurth, der 1986 gemeinsam mit Kamphausen, Willms, Schlee, Rolf Schlierer (heute Parteivorsitzender der "Republikaner") und Günter Pahl (einem Zeremonienmeister heidnischer Feierstunden der "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft") beim "Norddeutschen Forum" der "Deutschen Kulturgemeinschaft" auftrat (einer Abspaltung von Herbert Böhmes "Deutschem Kulturwerk Europäischen Geistes" DKEG), derselbe Schweisfurth konnte dennoch 1987 die "Aufrufe zum Frieden" unterschreiben, die Willy Brandt organisiert hatte und die SPD-Bundesgeschäftsführer Peter Glotz als SPD-Publikation herausbrachte, Nachwort von Erhard Eppler. Zur großen Veranstaltung "Aufrufe zum Frieden" in der Bonner SPD-Zentrale war Schweisfurth eingeladen. 

Solche Bündnisse waren die Vorbereitung für ein Manifest zur Deutschlandpolitik, das die SPD im Dezember 1989 Hals über Kopf verabschiedete. Vom Fall der Mauer kalt erwischt und ohne jedes eigene Konzept, griff die Parteispitze auf die Nationalrevolutionäre zurück, die seit Jahren in der Theoriezeitschrift NG/FH Gedankenspiele geübt hatten: "In den Vordergrund rückt die Erklärung dabei das Modell der Konföderation", schrieb der Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel im "Vorwärts" vom Januar 1990 über die deutschlandpolitische Erklärung. Peter Brandt durfte anschließend den SPD-Mitgliedern auf zwei "Vorwärts"-Seiten seine Vorstellungen darlegen. Es war nun die Hohe Zeit der Nationalrevolutionäre, die Teile des SPD-Vorstands zur Agitation der Mitgliedschaft wohl auch planmäßig einsetzten, denn beim Fußvolk wollte keine rechte Nationalbegeisterung aufkommen. "Schmidt bei BILD: Jetzt müssen alle Opfer bringen", hieß es in der "Bild-Zeitung" schon am 11. November 1989, als der weitsichtige Helmut Schmidt im Gespräch mit Springer-Journalisten nationale Solidarität einforderte. Auf eine Sozialabbau-Politik waren Hunderttausende SPD-Mitglieder noch keineswegs gefaßt. Man bediente sich jetzt der völlig illusionären Vorstellungen Peter Brandts über das Zusammengehen eines "'amerikafreien', sozialistischen Westeuropa" mit der Sowjetunion, wie Brandt und Minnerup 1987 in NG/FH geschrieben hatten, um ein größeres Deutschland als Kernmacht für die europäische Konkurrenz zur US-amerikanischen und japanischen Wirtschaft zu schaffen. Brandts Ideen erschienen links und sympathisch, doch sie sollten nur das Parteivolk beruhigen, das dem größeren Deutschland gegenüber skeptisch war, aus historischer Erfahrung. 

Zur rechten Zeit verfügten die nationalrevolutionären Zirkel über eine genügende Anzahl von Verbindungsleuten in entscheidenden Positionen, um mit ihrem Konzept die Demonstrationen in der DDR und die Mediendiskussion in der BRD zu beherrschen, bevor die DDR-Volkskammer schließlich einfach nur den Anschluß zu beschließen brauchte. Wenn auch die Mehrheit in der Volkskammer, die dann die Wiedervereinigung zugunsten der Westkonzerne beschloß, bei der Wahl im März 1990 aufgrund der Wohlstandshoffnungen zustande kam, so hatte die nationale Ideologie in den vorangegangenen Jahren doch - auch innerhalb der Linken - die Akzeptanz für diesen Schritt vorbereitet. 

Inzwischen geht die Szene weit über die nationalrevolutionären Wiedervereinigungs-Bündnisse hinaus. Schweisfurth publizierte gemeinsam mit Marcus Bauer, dem "Europa vorn"-Redakteur und "Nation und Europa"-Autor Wolfgang Strauss und Alain de Benoist in dem Buch "Gedanken zu Großdeutschland", das der "Junge Freiheit"-Redakteur Stefan Ulbrich 1991 herausgab. Nachdem mit der deutschen Einheit die erste Etappe erreicht war, faßte man sogleich das nächste Ziel ins Auge. Man kennt sich seit Jahren: Benoist war bereits 1985, ein Jahr vor Schweisfurth, beim "Norddeutschen Forum" aufgetreten, gemeinsam mit Schlee sowie Michael Vogt und Wolfgang Seiffert, beide wie Schweisfurth Unterzeichner der Anzeige "Den Frieden retten- Deutschland vereinen!" von 1984. Im Januar 1990 gründeten Peter Brandt und der Stolz-Schenke-Freund Jürgen Graalfs den Verein "Deutsche Gesellschaft e. V. zur Förderung kultureller, politischer und wirtschaftlicher Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik". Das Kuratorium des Vereins zeigte die Reichweite der Nationalrevolutionäre: Neben Ammon, Schweisfurth, Mechtersheimer, Eva Quistorp, Edelbert Richter, Luise Rinser, Wolf Jobst Siedler, Martin Walser und Alexander von Stahl waren hier auch Willy Brandt, Egon Bahr, Oskar Lafontaine, Gerhard Heimann, sogar Horst Ehmke, Ilse Brusis vom DGB, Bärbel Bohley, Jens Reich, Konrad Weiß, Eberhard Diepgen, Rainer Eppelmann, Elmar Pieroth, Herribert Scharrenbroich, Lothar de Maiziere und sogar der Schauspieler Armin Müller-Stahl Mitglied. Sicher wußten die meisten nichts von den Hintergründen, die Organisation selbst erlangte ohnehin keinerlei Bedeutung. Doch teilweise kannte man sich schon: Graalfs hatte Anfang der 80er Jahre eine Schrift "Deutsche Fragen - europäische Antworten" mit herausgegeben, in der auch Peter Brandt, Schweisfurth und Eppelmann über den "Umgang mit der 'Deutschen Frage'" schrieben. 

Eckart Jesse, mittlerweile Autor in NG/FH, brachte im Mai 1989 in der Zeitschrift "Deutschland Archiv" eine zusammenfassende Darstellung dieser nationalrevolutionär bestimmten Gruppen. Das "Deutschland Archiv" war eines der wichtigsten Blätter der deutschlandpolitischen Diskussion, das zudem vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen subventioniert und an Abgeordnete kostenlos abgegeben wurde. Die Kritik von Antifaschisten an den rechtsextremen Hintergründen all dieser Bündnisse beurteilte Jesse zwischen den Polen "nicht immer fair" und "gänzlich denunziatorisch"; sie sei von "marxistisch-leninistischen Kreisen" antideutsch beeinflußt.  (72) 

Hofgeismarkreis der Jungsozialisten 

Eine keineswegs randständige Erscheinung sind die neuen Fascho-Jusos aus Sachsen, die sich 1992/93 im wiederbelebten "Hofgeismarkreis" zusammenfanden und für ihre nationalistische Agitation die Büroinfrastruktur der SPD in Leipzig nutzen konnten. Ihre Ideen haben inzwischen große Teile der ostdeutschen SPD-Jugend beeinflußt. Weitgehend unbekannt ist es bisher geblieben, daß an der Basis der ostdeutschen Juso-Verbände eine nationale Orientierung vorherrscht, auch wenn man sich nach außen hin von einigen Eskapaden der Leipziger distanzierte, wie z. B. von ihrem öffentlich bekundeten Verständnis für den ausländerfeindlichen Pogrom von Rostock-Lichtenhagen. Weil der SPD-Nachwuchs in Ostdeutschland nur wenige Mitglieder zählt, die sich zudem scharf nach links gegen die PDS-Konkurrenz abgrenzen, kann eine kleine, gut organisierte rechte Gruppe hier einiges bewirken, erst recht, wenn sie von den Parteioberen geduldet wird. "Wir als sächsische Jusos haben versucht, über inhaltliche Arbeit die Hofgeismarer ins Vereinsleben einzubinden", meinte der dortige Landesvorstand noch im Januar 1995. Die Fascho-Jusos selbst schrieben im April 1995 über sich: "Für die Leipziger Jusos verlief die Juso-Landeskonferenz im Wesentlichen erfolgreich. Sie haben sowohl ihre inhaltlichen und strukturellen Positionen als auch ihre Personalvorschläge großenteils durchsetzen können." 

Der neue "Hofgeismarkreis der Jungsozialisten Deutschlands", wie sich die Gruppe um Sascha Jung, Harald Heinze, Dirk Larisch und Heiko Oßwald nennt, hat ihren historischen Namen mit Bedacht gewählt. Zu Ostern 1923 trafen sich über 100 überwiegend rechte Jungsozialisten in dem mitteldeutschen Städtchen Hofgeismar. Sie waren von der überwiegend bürgerlich bestimmten Lebensreformbewegung und ihrem völkisch-religiösen Kitsch angetan und aufgewühlt von der gerade erfolgten Besetzung des Ruhrgebietes durch das französische Kapital, das sich wegen der Ausplünderung des lothringischen Kohle- und Stahlreviers durch das deutsche Kapital seit 1871 und der Kosten des Weltkriegs schadlos halten wollte. Die intellektuellen Anführer dieser Gruppe, die sich fortan "Hofgeismarkreis der Jungsozialisten" nannte und in scharfer Opposition zur marxistischen Juso-Mehrheit der 20er Jahre stand, orientierten den anfänglichen Kitsch auf die völkisch-elitären Ideen der Konservativen Revolution, auf einen "Sozialismus", den sie mit Oswald Spengler "preußisch" und mit Otto Strasser "deutsch" nannten. Er entsprach der "Kriegssozialismus"-Demagogie des rechten SPD-Flügels. Die Verständigungspolitik, die die SPD ab 1919/20 im Reichstag gegenüber den Siegern des Weltkriegs verfocht, wurde von ihnen als Verrat an der Nation bekämpft. Sie wollten Revanche und den Sieg Deutschlands als den Sieg ihres "Sozialismus", wie 1914/15. 

Otto-Ernst Schüddekopf, ein Sympathisant der Nationalrevolutionäre, formulierte das Ziel der 1923er Hofgeismar-Politik in seinem Buch "Linke Leute von rechts" 1960 so: "Frieden sei Nichtkrieg und man könne nicht sagen: Frieden um jeden Preis. Das Ziel müsse die revolutionäre Verwandlung der Zivilisationswelt sein, nicht zu einem Paradies, sondern zu einem heroischen Dasein." Die Hofgeismarer waren gegen den Völkerbund und gegen Konfliktregelungsinstitutionen. Sie befürchteten, Deutschland solle Aufmarsch- und Kriegsgebiet für eine west-östliche Auseinandersetzung zwischen den USA, Frankreich und England einerseits und der jungen Sowjetunion andererseits werden - "Glacis". 

Das Jahr 1923 war das turbulenteste der jungen Republik. Im Januar hatten die französischen Truppen das Ruhrgebiet besetzt, um die Kohlelieferungen nach Frankreich sicherstellten. Gegen die fremden Besatzer lebten die "Ideen von 1914" wieder auf, die bürgerliche Weimarer Republik unter Friedrich Ebert fand sich vereint im passiven Widerstand, der die Wirtschaft zusammenbrechen ließ, und nur einige Unternehmer - wie Hugo Stinnes - verdienten durch Spekulationen kräftig an dieser Situation. Die SPD trat im Sommer wieder in die Reichsregierung einer Großen Koalition ein; ihr linker Flügel bildete dagegen im Oktober in Thüringen und Sachsen Volksfrontregierungen mit der KPD; die Kommunisten begannen mit schnell und schlecht ausgerüsteten "Rotfront-Kämpfern" im Ruhrgebiet den militärischen "Ruhrkampf", der in eine bolschewistische Revolution gegen die französischen Besatzungssoldaten und gegen die deutschen Konzernherren der Montanindustrie münden sollte, obwohl er hier und da gemeinsam mit SA-Truppen Gregor Strassers geführt wurde; die Rechte putschte im Herbst mehrfach in München; Ebert ließ die Reichswehr gegen die SPD/KPD-Regierungen marschieren und betraute den Reichswehr-General von Seeckt mit der zeitweiligen Militärdiktatur über das Reich, nachdem General Groener an Ebert eine Warnung vor einer neuen Revolution gesandt hatte; die KPD wurde verboten; die SPD trat wieder aus der Reichsregierung aus, stimmte aber im Reichstag zweimal den ersten Ermächtigungsgesetzen zu, die dem Chaos mit einer wirtschaftlichen Diktatur begegnen wollten und faktisch solche drastischen Verschlechterungen der sozialen Bedingungen zur Folge hatten, wie sie Stinnes und Stadtler in ihrem Aufbauplan für Deutschland vorgeschlagen hatten; der Währungskommissar der Reichsregierung, Hjalmar Schacht, bekämpfte mit windigen Finanzkonstruktion die Inflation der Reichsmark, deren Geldscheine Billionen aufwiesen, für die man jedoch kaum etwas kaufen konnte. 

Das Juso-Treffen vom April 1923 geriet flugs zu einem quasireligiösen germanentümelnden Lichtfest mit Rezitationen völkischer Gedichte und Beschwörungen der "Ideen von 1914". Reden und Referate waren bestimmt von Tiraden gegen die Demokratie, die sie als dem "deutschen Volkscharakter" angeblich unangemessen betrachteten, und gegen den Versailler Friedensvertrag. Ihre Agitation reichte bis zum Aufruf für einen Revanchekrieg gegen Frankreich, um die Ergebnisse des Ersten Weltkriegs zu revidieren. Miefig-piefig wurde Nietzsches "Feuerspruch" an lodernden Flammen theatralisch vorgetragen, und die Jubelrufe "Es lebe Deutschland!" prägten die Stimmung an diesem Osterfest, das die Hofgeismarer Jusos heidnisch statt christlich feierten. Ein paar marxistische Jusos, die der Einladung ebenfalls gefolgt waren, opponierten erfolglos. Die große Mehrheit der Hofgeismarer war weit entfernt von der Moderne der Zwanziger Jahre, von der Skepsis vieler bürgerlicher Intellektueller nach dem Kulturschock des mörderischen Ersten Weltkriegs oder gar vom Sozialismus der Arbeiterbewegung, die aus den Aufbauleistungen der frühen Sowjetunion emotionale Kraft zog. 

Statt dessen wurden die "Stahlgewitter" (Ernst Jünger) der sinnlosen Materialschlachten mit den Krupp-Kanonen heldisch verklärt, Deutschtum beschworen und einer hierarchischen ständestaatlichen Gesellschaft mit Führern an der Spitze das Wort geredet. Die Aufbruchstimmung dieser Zeit, die sich aus den furchtbaren Lehren des Ersten Weltkriegs ebenso speiste wie aus dem neuen Selbstbewußtsein nach den gewonnenen Revolutionen, eine Stimmung, die große Teile der Arbeiterbewegung und der kritischen Intelligenz bestimmte, wurde antiemanzipatorisch gewendet, nach rechts, zu einem irrealen Heroismus eines siegreichen Deutschland über allem in der Welt. Es war Reichspräsident Friedrich Ebert, der 1922 das Deutschlandlied Hoffman von Fallerslebens als Nationalhymne durchsetzte, Kurt Schumacher half dabei, es 1952 gegen breiten Widerstand in allen politischen Lagern erneut durchzusetzen. 

Der Hofgeismarkreis war Teil derselben Atmosphäre des Jahres 1923, in der Ebert und die Reichsregierung - darunter SPD-Justizminister Gustav Radbruch, Monate vorher Gründungsmitglied des Hofgeismarkreises - die legalen SPD/KPD-Volksfrontregierungen kurzerhand absetzen ließen, aber gegen die illegale rechtsputschistische bayrische Landesregierung tatenlos blieben. Wiederum, wie 1918/19, galt es vor allem, die antikapitalistische Linke zu schwächen, ideologisch und notfalls militärisch. So wundert es nicht, daß die Hofgeismarer auch praktisch wurden: Einige kämpften in Freikorps an Rhein und Ruhr gegen Kommunisten, Anarchisten und rheinische Separatisten, um in dem Chaos des Jahres 1923 wenigsten die Einheit der deutschen Nation zu erhalten, die sie wie 1914 mit dem Sozialismus verwechselten. 

Der Hofgeismarer Karl Bröger, der später "Gauführer" der faschistoiden Organisation "Reichsbanner" wurde, eröffnete das 1923er Treffen. Er war ein verquaster Schwarmgeist, den man als "Arbeiterdichter" mißverstand. So wird er noch 1993 im "Vorwärts" bezeichnet. In Wahrheit kämpfte Bröger romantizistisch und treudeutsch gegen die Weimarer Moderne, in der Dadaismus, Agitprop, politische Revue aufblühten, in der die wahren linken Autoren Heinrich Mann, Lion Feuchtwanger, Alfred Döblin, Kurt Tucholsky hießen und Bert Brecht sich mit seinen ersten Theaterstücke bereits als anerkannter Dramatiker durchgesetzt hatte. Gegen sie verzapfte Bröger am Hofgeismarer Osterfeuer völkischen Mist. Die "Jungsozialistischen Blätter" druckten seinen Vortrag: "Wer recht tief aus wohlverstandenem deutschen Geiste lebt, muß Sozialist sein, und viele Züge unseres Volkstums, selbst so lächerliche wie die deutsche Vereinsmeierei, deuten auf die innere Verbundenheit von deutscher Art zum Sozialismus." (Das klingt nach Peter Glotz und Thomas Schmid, den Ehrenrettern verschmähten Vereinstums in den 80ern!) Die "Sozialistischen Monatshefte" schrieben 1926 in der Rückschau: "Karl Bröger hatte den Streit mit einer Rede über 'Deutscher Mensch und deutscher Geist' eröffnet. Er hatte seine Verbundenheit mit deutscher Landschaft, deutscher Geschichte und deutscher Kunst klargelegt. Die Einheit der Nation war sein Ziel." (Das klingt nach Steffen Reiche und seiner "Zeughaus"-Rede von 1993!) Die Tagung war als Abschied von der marxistischen Gesellschaftsanalyse gemeint und wurde auch so verstanden. Nicht mehr der Entwicklungsstand der Produktivkräfte, nicht mehr die Produktionsverhältnisse wurden als grundlegend angesehen, sondern die Volksseele bestimmte nach Meinung der Hofgeismarer die Gesellschaft. 

"Als Mensch ist der blonde Brite uns natürlich tausendfach mehr sympathisch als sein schwarzer Bundesgenosse: der Franzmann", schrieb damals ein anderer Hofgeismarer. Die "Fiktion der Gleichheit" der Menschen wurde von dem Kreis bekämpft, den Säbel ließ man kräftig rasseln: "Wir fühlen uns als Enkel jener Germanen, die das römische Joch brachen. Unsere Gedanken folgen den Spuren der Ordensritter nach Osten." Hofgeismar sollte der Anbruch der Epoche "des schaffenden Mannes" und seiner "reifen Männlichkeit" sein. "Du bist nichts, Dein Volk ist alles", schrieb Heirich Deist 1924 im "Politischen Rundbrief des Hofgeismarkreises", "das Individuum ist nichts ohne die Verwurzelung im Volk." Deist wurde 1931 persönlicher Referent des preußischen Innenministers Carl Severing war von 1953 bis 1964 SPD-Bundestagsabgeordneter, einige Zeit auch Vorsitzender des Wirtschafts- und Finanzausschusses des Europäischen Parlaments. 

Mitte der 20er Jahre vertraten Hofgeismarer dann auch offen antisemitische Positionen. So war es nur folgerichtig, daß ein erheblicher Teil zum Ende der 20er Jahre hin aus der SPD austrat und sich den Zirkeln der Konservativen Revolution auch organisatorisch anschloß. In ihrer faschistischen Ideologie bestärkt wurden diese Jusos von Ideologen, die bis heute innerhalb der SPD als vermeintlich sozialdemokratische Denker in Ehren gehalten werden, vor allem Hermann Heller, auch Hendrik de Man und Ernst Niekisch, als dessen Hausmacht die Hofgeismarer schließlich galten. Der linke Jungsozialist Jörg Weltzer wies 1993 in seiner Arbeit über den historischen Hofgeismarkreis und den Einfluß Niekischs nach, daß sich die Führer der Hofgeismarer bereits auf dem Weg der Konservativen Revolution befanden, bevor Heller, de Man und Niekisch in den Jahren 1924/25 ihre Positionen systematisierten. So habe man sich sogleich mit den Aussagen des Buches "Das dritte Reich", das Arthur Moeller van den Bruck 1923 herausgebracht hatte, identifiziert. Die sozialdemokratischen Vorarbeiten von Bloch, Lensch usw., die Weltzer allerdings nicht nennt, hatten den Weg wohl bereits gewiesen.  (73) 

Hermann Heller war im Sinne der Antisemiten jüdischer Abstammung, kam aus großbürgerlichem Hause und wurde Staatsrechtler. 1922 hatte er die Leitung des Volksbildungsamtes (Volkshochschule) der Stadt Leipzig übernommen und baute hier später einen starken Kreis der Hofgeismarer auf. Er kehrte 1933 von einer Auslandsreise nicht mehr ins faschistische Deutschland zurück und starb im gleichen Jahr. 1925 hatte er in seinem Buch "Sozialismus und Nation" Grundpositionen der Hofgeismarer veröffentlicht. Auf der Reichskonferenz der Jungsozialisten 1925, wo er zu seinem Buch sprach, scharten sich die Hofgeismarer um ihn. In seinem Vortrag vertrat er als erklärter Gegner marxistischen und internationalistischen Denkens und der Idee der Gleichheit der Menschen ungeschminkt eine Blut-und-Boden-Mystik, wie sie - um den Antisemitismus ergänzt - bei den Nazis üblich war. Er sprach davon, daß jeweilige "Blutsverfestigung" die angeblich verschiedenen körperlichen Eigenarten der europäischen Völker bestimme und die Sozialisten diese Völker als jeweilige Schicksals- und Kulturgemeinschaften anerkennen müßten. Das war Ethnopluralismus in reiner Form. Er pries die "irrationalen Kräfte des Blutes und der Gefühle" und verurteilte im gleichen Zug den angeblich vom "Durchschnittssozialisten" gepredigten "homo oeconomicus des Liberalismus", der "die nationalen Kulturen erdrückt ... durch die ungeheure kulturfremde Masse eines zum politisch-wirtschaftlichen Machtbewußtsein erstarkten Proletariats." "Zum Teufel mit diesen ausgedienten Ladenhütern des Liberalismus! ... Solange wir nicht wandelnde Geister, sondern Menschen von Fleisch und Blut sind, wird das Rationale nur getragen werden vom Irrationalen, werden Organisationen nur dann Bestand haben, wenn sie äußerer Ausdruck, letztes Vorwerk einer durch Blut, Boden, irrationale Gefühlswerte, Geschichte, gemeinsamen Kulturbesitz verbundenen Gemeinschaft sind." "Sozialismus bedeutet ... nicht die Vernichtung der nationalen Volksgemeinschaft durch die Klasse, sondern die Vernichtung der Klasse durch eine wahrhaft nationale Volksgemeinschaft." 

Heller war ein Querfront-Stratege, der die nationale Bewegung der Weimarer Zeit mit einem vom Marxismus gereinigten "Sozialismus" zusammenbringen wollte. Ihm schwebte ein nationalrevolutionärer, europäischer Bundesstaat zwischen dem Rußland der Bolschewiki und dem Amerika des vermeintlich jüdischen Kapitalismus vor. Dabei begriff er nicht, daß sein Rassismus sich einmal gegen ihn selbst wenden könnte. Begeisterter Verfechter der "Ideen von 1914" - heute würde man ihn wohl mit der Bezeichnung "deutsch-jüdischer Patriot" verharmlosen -, war er ein Gegner von gleichen Menschenrechten mit weltweiter Geltung. Stattdessen favorisierte er ein kulturrelativistisches, ethnopluralistisches Recht, das andere schließlich - in Eisen geschmiedet am Eingangstor zum KZ Buchenwald - in dem Spruch "Jedem das Seine" zusammenfaßten und hinter dem Tor praktisch werden ließen. Heller gehörte auch zu denjenigen, die Hegels staatsphilosophische Überlegungen für den nationalistischen und autoritären "Machtstaat" nutzbar machten. Seine Definition der Souveränität des Staates unterschied sich nicht von der Carl Schmitts, der die Verfügung über den Ausnahmezustand, d. h. die Möglichkeit zur Errichtung der Diktatur, als Kriterium der Souveränität eines angeblich über den Interessenkonflikten stehenden abtrakten Staates ansah. Mit Schmitt - ein erklärter Gegner der Weimarer Republik - war Heller privat freundschaftlich verbunden. Hellers Idee eines völkisch-rassistisch fundierten "nationalen Kultursozialismus" verneinte die Klassengegensätze und setzte stattdessen auf eine "Gemeinschaft", die ihre vermeintliche Homogenität über gemeinsame Werte, einen gemeinsamen Willen und die Tat erlange, die allesamt aus "Blut" und "Boden" erwüchsen. Es sollte wieder einmal der "gute Führer" sein, der die Gemeinschaft leitet. Er nannte ihn "Herr". 

Heller gehörte 1932 zu denen, die die Weimarer Demokratie wiederbeleben wollten, nachdem sie sie zu Tode gebracht hatten. Als die SPD-Fraktion des preußischen Landtags nach dem Papen-Schleicher-Putsch gegen die preußische Staatsregierung vor den Staatsgerichtshof zog und klagte, statt die demokratische Legitimation mit den linken Massen zu verteidigen, wurde sie vom Staatsrechtler Heller vertreten. Auf der Bank der gegnerischen Partei, der Putschisten, saß sein Freund Carl Schmitt, und die ganze Angelegenheit bekam den Charakter eines sportlichen Wettstreits zwischen Wissenschaftlern der Juristerei. Daß Schmitt, der später als "Kronjurist" der Nazis die Diktatur "rechtswissenschaftlich" rechtfertigte, in den frühen 30ern auch ein enger politischer Freund und Berater Kurt von Schleichers war, zeigt erneut, wie vernetzt die antidemokratische, antiliberale und antisozialistische Intellektuellenszene dieser Zeit war. 

Peter Glotz nahm Heller in das Buch "Vorbilder für Deutsche" auf, das er 1974 erstmals, 1986 erneut herausgab. "Wir sind der Meinung, daß die in diesem Buch vertretenen Figuren die vergessene, verdrängte und verschlampte Tradition der sozialen Demokratie in Deutschland repräsentieren", hieß es in der Einleitung. Eine Kritik von Hellers Positionen enthiel das Buch nicht. Im Juli 1991 brachte NG/FH einen unkritisch positiven Artikel über Heller: "Gerade jetzt, wo sich für das vereinigte Deutschland erneut die Verfassungsfrage stellt, ist es wichtig, sich Hellers zu erinnern." In der 1984 erschienenen "Gedächtnisschrift für Hermann Heller 1891 - 1933" mit dem Titel "Der soziale Rechtsstaat" empfahl der SPD-nahe Rechtsextremismus-Forscher Eike Hennig das vermeintliche Vorbild Heller; Hennig, der auch in NG/FH schrieb, war später Autor in "wir selbst" und Interviewpartner der "Jungen Freiheit". 

Hendrik de Man gab mit seinen völkisch-religiösen Ideen, die er 1927 in dem Buch "Zur Psychologie des Sozialismus" zusammenfaßte, einen weiteren Schub in die Richtung des Irrationalismus. Er stand von Anfang an in engem Kontakt mit den Hofgeismarern, die er mit Vorträgen schulte. Er war ein Anhänger planerischer, halbstaatlicher Wirtschaftskonzepte wie des "Kriegssozialismus", schloß sich später dem flämischen Faschismus an, war der nazi-deutschen Besatzung in Belgien zu Diensten und 1944 vom befreiten Belgien als Kollaborateur verurteilt. Er starb im schweizerischen "Exil", auf der Flucht vor seinen antifaschistischen Richtern. Sein Buch von 1927 widmete er den Hofgeismarer Jusos, die ihn in ihren Schriften als geistigen Führer verehrt. Im Gefolge der konservativ-revolutionären Elitetheoretiker Gustave Le Bon (Frankreich) und Vilfredo Pareto (Italien), die die europäische "Neue Rechte" heute zu ihren historischen Vordenkern zählt, verachtete de Man "die Massen" und die parlamentarische Demokratie, weil sie verantwortlich seien für einen angeblichen "Kulturverfall". Er strebte einen antidemokratischen Elite-"Sozialismus" an, der nicht Sache einer Klasse sondern eines Volkes sei und der auch nicht etwa - wie bei der marxistischen Arbeiterbewegung - die materielle Not der Massen beseitigen sollte, sondern als psychische "Gefühlsreaktion" von "Gebildeten" aus dem Bürgertum und dem Adel einen einheitlichen völkischen "Willen" hervorrufen sollte. 

De Man verstand sich als antimarxistischer, religiös motivierter Sozialist und gehört in den breiten Strom der Völkisch-Religiösen der 20er Jahre, der in den Kirchenkampf der Nazis mündete. Besonders der Kitsch, den de Man um quasireligiöse germanische Lichtfeste und Arbeitskult aufbaute, imponierte etlichen Hofgeismarern. Heute knüpft Henning Eichberg bei seiner faschistischen Interpretation des Maifeiertages an solche Positionen de Mans an, Karl-Heinz Klär druckte dies im "Lexikon des Sozialismus" ab. 1943 begrüßte de Man in dem Nazi-Blatt "Europäische Revue" - hier schrieben gleichzeitig mit ihm auch der italienische Rassist Julius Evola, heute ein Ahne der "Neuen Rechten", oder der spanische Elitetheoretiker José Ortega y Gasset - dann indirekt den Überfall der Nazi-Wehrmacht auf das neutrale Belgien. Die Militäraktion sei die Beendigung des "veralteten Systems" der parlamentarischen Demokratie und beinhalte die Chance für eine "neue Ordnung" des siegreichen, angeblich "natürlichen" Nationalismus. Nach 1945 traf er sich häufig mit dem Goebbels-Staatsekretär Naumann, der den Neofaschismus zu formieren versuchte. 

Auf de Man als Vertreter des "religiösen Sozialismus" berief sich 1983 der heutige Kirchenreferent beim Parteivorstand der SPD, Rüdiger Reitz, ein Kollege Fichters, der sich wiederum offen auf Pareto beruft. De Mans "Psychologie des Sozialismus" sei "heute so aktuell wie damals", befand Reitz 1983. Mit solchen Bekenntnissen macht man in der SPD Karriere. 1989 forderte Reitz im "Vorwärts" "die Brechung der Herrschaft des Menschen über die Natur", eine alte Forderung des Faschismus, der den naturalistischen Sozialdarwinismus verficht. Reitz nahm auch hier ausdrücklich Bezug auf "ganzheitliche Lebens- und Denkformen", die die völkische Bewegung damals, das New Age und die "Neue Rechte" heute vertreten. "New Age und neues Denken", meinte er, "das geht für erstaunlich viele zusammen." 1923 und danach ging es schon einmal, nur unter anderen Namen.  (74)  

Favorit der historischen Hofgeismarer war Ernst Niekisch, der lange Zeit als der bedeutendste Konkurrent Hitlers um die Führungsposition der antidemokratischen rassistischen Rechten in Deutschland galt, weil er selbst der sozialistischen Bewegung der unmittelbaren Nachkriegszeit entstammte und bis 1926 Mitglied der SPD war. Niekisch hatte damit - wie z. B. auch die Führer des italienischen Faschismus - den Vorteil des sozialistischen Stallgeruchs, den sich die kleinbürgerliche NSDAP Hitlers erst mühsam mit Hilfe der nationalrevolutionären Strasser-Brüder anzuheften versuchte. Niekisch gehörte zu den extremsten Rassisten, Antidemokraten und Nationalisten am Ende der Weimarer Republik. Seine auch antisemitisch begründete Mordhetze gegen Marxisten, Liberale und Christen stand der eines Juluis Streicher - Chefredakteur des Nazi-Blattes "Der Stürmer" - kaum nach. Aber auch seine Schriften aus der Hofgeismar-Zeit - meist Artikel, die von diesen Jusos begierig gelesen und verbreitet wurden und die Niekisch selbst später zu Büchern ausbaute - und seine Redeauftritte bei den Hofgeismarern trugen bereits diese Handschrift. 

Niekisch machte Politik gegen "den Westen", "das Welsche", den Liberalismus und Marxismus, gegen den Ausgang des Ersten Weltkriegs. Seine Devise lautete nach Nietzsche: "Gesundes und starkes Leben ist Wille zur Macht." Deutschland müsse wieder zur alten Größe aufsteigen, die Kriegsniederlage rückgängig machen. Sein Begriff des "Widerstands" war gegen "Versailles" gerichtet, also gegen den Friedensvertrag von 1919, der im Spiegelsaal des französischen Königsschlosses unterzeichnet worden war, und nicht - wie Neofaschisten zeitweise glauben machen wollten - gegen die Nazis, die ihn als einen lästigen Konkurrenten später verfolgten. "Widerstand" hieß dann auch Niekischs eigener politischer Zirkel und seine Zeitschrift. Der Begriff, so verstanden, stammte von Arthur Moeller van den Bruck. 1929 schrieb Niekisch in dem Buch "Gedanken über deutsche Politik": "Das deutsche Volk verurteilte sich selbst; indem es demokratisch wurde, hatte es jene Wertmaßstäbe gewählt, durch die seine frühere Art zu sein verdammt wurde. ... Damit wurde das deutsche Volk ein entwurzeltes Volk, dem sein geistiges Gesetz von außen her aufgezwungen wurde." Nach 1945 agitierte die Konservative Revolution in derselben Weise gegen die demokratische "Reeducation" der Deutschen durch die Alliierten als einer angeblichen "Charakterwäsche", wie es Caspar von Schrenck-Notzing in einem Buch aus den 60er Jahren nannte. 1989 griff Fichter den Ausdruck und die Idee wieder auf. 

Deutschland hatte nach Niekisch 1929 "nur noch die Freiheit, zwei Wege einzuschlagen: entweder asiatisch oder afrikanisch zu werden, sich an das vernegerte Frankreich oder das tatarische Rußland zu schmieden." Niekisch neigte letzterem zu, da er von der Kreuzung des "germanischen Barbarismus" mit der "russischen Volksseele" träumte. "Vielleicht aber bleibt dieses düstere Entweder-Oder Deutschland noch erspart, vielleicht winkt ihm noch die dritte Möglichkeit: das deutschgeführte Mitteleuropa." 

Seine Ostorientierung, die militärische Kooperation mit der Sowjetunion gegen "den Westen", die er nach dem Beispiel der antinapoleonischen Kriege plante, führte ihn in die originale "Querfront" der frühen 30er Jahre, in der Kurt von Schleicher auf die Ostexpansion der Wirtschaft setzte und Siedlungsraum im Osten gegen die Arbeitslosigkeit im Reich erschließen wollte, zuerst auf den Junkerländereien in Ostelbien, die auch Niekisch als Kern seines nationalrevolutionären Deutschland ansah. Dabei war Niekisch dennoch Antikommunist. Am "Bolschewismus", wie er ihn verstand, faszinierte ihn die Brutalität und das Heroentum, nicht die sozialistische Gesellschaftsgestaltung. Deshalb wohl auch entfernte er sich wieder von den Reichswehrgenerälen Seeckt und Schleicher, die ihm letztlich "zu westlich" waren. 

Auch Sätze wie die folgenden hatte Niekisch bereits vorher in ähnlicher Form bei den Hofgeismarern vertreten, die sich an der "reifen Männlichkeit" deutscher Militaristen begeisterten und deren Schriften von antifeministischen Ausfällen voll waren: "Deutschlands Heil liegt nicht bei Girls", so Niekisch 1929, "liegt nicht bei emanzipierten Frauen; für Deutschland ist der Feminismus mit all seinen pazifistischen, humanitären, ethisierenden und ökonomisierenden Masken der politische Krebs. Deutschland hat es zu schwer, als daß es sein Schicksal Weibern anvertrauen dürfte."  (75) 

In seinem Buch "Entscheidung" von 1930 forderte Niekisch die Deutschen zur Entscheidung zwischen ihrer angeblichen völkischen Identität und dem "Westen" auf, der sie überfremde. Als extremer Rassist meinte er aber lange nicht alle Deutschen: "Soviel romanisches Blut floß in die Menschen südlich des Grenzwalles ein (gemeint sind der römische Limes und die Zeit der Antike, P. K.), daß nicht nur ihr leibliches, sondern auch ihr geistiges und seelisches Dasein dem Gesetz römisch-lateinischen Wesens verfiel." Dagegen helfe nur "Verheidung": "Der Weltkrieg" habe "im deutschen Volk seelische Schichtungen freigelegt, bis zu denen hinunter noch nie eine Wurzel des Christentums drang und für deren unerschlossene ursprüngliche Fruchtbarkeit das Christliche ein fremdes Gewächs ist." Er beschwor die "Aufwallungen jener germanischen Zornmütigkeit, die lieber tot als Sklave der Welschen sein möchte." "Seit Jahrhunderten ist das Christentum am Werk, das Germanisch-Heroische zu domestizieren und für die romanische Knechtschaft reif zu machen", eine These, die man heute in den Büchern von Sigrid Hunke oder Alain de Benoist antrifft. 

Niekisch forderte eine "Selbstreinigung des deutschen Blutes von romanischem Erbgut" und im Kapitel "Der Mut zum Abgrund" nahm er die Praxis von Auschwitz gedanklich vorweg: "Weil es um Sein oder Nichtsein geht, bleibt Deutschland, wenn es sich selbst erhalten will, das Schwerste nicht erspart: die Bartholomäusnacht und Sizilianische Vesper gegen alles, was an Welschem in ihm lebt. Mit grausamer Härte muß es in sich selbst ausrotten, was in ihm dem Westen verbündet ist, dem Westen Zuträgerdienste anbietet, dem Westen Vorschub leistet. Das Bürgerlich-Liberale ist unter den heutigen Weltverhältnissen für Deutschland 'Feind im Land'; es ist die Romanisierungs-, Zivilisations-, Urbanisierungs-, Verwestlichungs- und Entdeutschungsform des deutschen Menschen. Je mehr einer Bürger ist, desto weniger ist er Deutscher." Um keinen Zweifel zu lassen, gegen wen es gehen sollte, hetzte Niekisch bereits in "Gedanken über deutsche Politik": "Nie kann der Jude, auch wenn er besten Willens und edelster Absichten voll ist, Führer des andersgearteten Volkes sein; er ist nicht Fleisch und Blut von dessen Fleisch und Blut; für dessen Takt, Rhythmus, Gerichtetsein fehlt ihm das Organ: einem anderen, ihm eingeborenen Takt, Rhythmus, Gerichtetsein gehorcht er; wo er führt, unterwirft er das andersgeartete Volk einer fremden Gesetzlichkeit; er vergewaltigt es. Es ist für ein jedes Volk ein Zeichen geschwächten Lebenswillens, wenn Juden nach seiner politischen Führung streben dürfen." 

Niekisch forderte von den Deutschen "Gehorsam, Disziplin, Unterordnung, Treue, Hingabefähigkeit, Dienstwilligkeit" und die Hinwendung zum deutschen Bauerntum, die Jahrzehnte später in NG/FH von Thomas Schmid als Hinwendung zum "Hinterweltlertum" erneut empfohlen wurde, in moderner Form und weniger radikal. "Ländlicher werden heißt ärmer und primitiver werden, vielleicht auch roher und barbarischer, sicher aber auch wieder deutscher", so Niekisch. "Barbarismus trägt sein Recht in sich, wo er Kraft und insbesondere, wo er die Kraft deutscher Selbstverteidigung ist. Dem deutschen Volke tut der Mut zu seinem Barbarentum not; seine Stärke ruht in Germaniens Wäldern; je tiefer es sich dorthin zurückzieht, desto mehr findet es sich selbst. Es braucht die Schluchten des Teutoburger Waldes, um den Welschen die Köpfe abschlagen zu können." "Seine innere Haltung ist entscheidend: daß es in der westlichen Zivilisation seinen Abgrund und in der Abkehr davon sein Heil erblicke." Und schließlich Niekischs Vision: "Deutschland hört auf, noch mehr Zivilisation zu wollen; wird es durch seine Haltung sogar Ursache ihrer Vernichtung, so weicht es auch vor dieser geschichtlichen Mission nicht zurück." Als Erfüllung dieser Ideen vom kargen, heldischen Deutschtum galt ihm der 4. August 1914, weil vom ersten Tag des Ersten Weltkriegs an das "selbstisch-materialistische Wesen vom deutschen Menschen wie eine Schale abfiel, die seinen wahren heldischen Kern, der auch im verstädterten Proletarier noch versteckt liegt, verdeckt hatte". In modernen Worten ausgedrückt, wandte sich Niekisch 1930 in dem Buch "Entscheidung" gegen den angeblichen Hedonismus der breiten Bevölkerung. 

1932 schrieb er das kleine Buch "Hitler - ein deutsches Verhängnis", in dem er den Faschismus rechts von Hitler predigte. Die Schrift entstand in der Zeit, als die Konservativen Revolutionäre ihren Konkurrenten aus der Hitler-Linie die Orientierung am italienischen Faschismus vorwarfen, die sie als undeutsch, als nicht preußisch, ansahen. Zu dieser Zeit engagierten sich auch Heller und de Man in Büchern gegen den "Fascismus" und benutzten die halb italienische Schreibweise, um deutlich zu machen, daß sie die Entwicklung meinten, die von Italien ausging, und nicht etwa die Traditionslinie des "Kriegssozialismus". 

Niekischs Schrift wird heute immer wieder als antifaschistisch ausgegeben, war jedoch in Wahrheit ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus, lediglich ohne den Konkurrenten Hitler. "Die nationalsozialistische Bewegung ... kann aufwühlende Pflugschar, sie kann Kampf schöpferischen Gebärens, sie kann das Gewitter sein, daß die Erde tränkt und die Luft reinigt", wenn sie sich nur endlich von Hitler trenne. Hitler sei zu sehr "Demokrat", "eine Spielart des demokratischen Menschen." Positiv schrieb Niekisch hier über den Hitler-Ludendorff-Putsch von 1923: "In den ersten Jahren allerdings war Hitler unleugbar noch ein Mundstück des deutschen Protestes. ... Das Aufgebot, das der Eifer des Demagogen (d. i. Hitler, P. K.) in Bewegung setzte, war ein deutscher Glücksfall, wenn der Feldherr (d. i. Ludendorff, P. K.) vorbereitet war, es zu ordnen und zweckvoll einzusetzen." Dann aber seien bei Hitler die nicht-deutschen Gene bestimmend geworden: "Er ist romanisierter Deutscher; gegenreformatorische Instinkte, halb wittelsbacher, halb habsburger Färbung, trägt er in seinem Blute." Das habe zur "römischen Überfremdung" des Nationalsozialismus geführt, "ein gebrochenes deutsches Rückgrad" sei die Folge für die Bewegung. Hitler habe mißachtet, "daß die räumliche Mittellage Deutschlands ein Höchsmaß an Zwang, an 'Kaserne', an 'Selbstverzicht', an 'Unnatur' fordert." Schließlich sei Hitlers Politik sogar "jüdischen Ursprungs." "Wer an den geistigen Werten, den zivilisatorischen Gütern des Abendlandes hängt, gehört zu Versailles; er gibt Deutschland preis, um diese Werte und Güter nicht zu gefährden. ... Das Abendland kannte stets das beklemmende Grauen vor dem, was nördlich der Donau und östlich der Elbe liegt", dort, wo Niekisch sein "Deutschland", seinen "germanischen Barbarismus" suchte. 

Niekisch kritisierte 1932, daß Hitler davor zurückgeschreckt sei, "die alte Welt in Flammen" zu setzen, sich statt dessen der Legalität verschrieben habe, aber: "Weder Weimar noch Versailles läßt sich legal vernichten." Niekischs einziger Vorwurf gegen die Nazis: "Ein tiefgreifendes Mißtrauen gegen die abendländische Überfremdung war in Deutschland erwacht; der Nationalsozialismus schläferte das Mißtrauen wieder ein." Schon 1929 hatte er in seinem Buch "Politik und Idee" geschrieben: "Wer sich der Moral so sehr verpflichtet fühlt, daß er selbst die Rettung seines Volkes nicht durch die Preisgabe sittlicher Grundsätze erkaufen wollte, mag zu manchen Dingen taugen; unter keinen Umständen ist er dazu berufen, Staatsmann zu sein." 

Antiamerikanismus war die Konsequenz des "Widerstands" gegen den "Westen". In "Gedanken über deutsche Politik" schrieb er: "Washington ist die Herrschaft der Unter- und Minderwertigen." 

Die Vorstufe zu diesen literarischen Ergüssen produzierte Niekisch in den Zeitschriften "Der Firn" und "Die Glocke" schon Anfang der 20er Jahre, ab 1926 dann in dem Blatt "Widerstand" und der Tageszeitung "Der Volksstaat". An allen Blättern waren führende Hofgeismarer maßgeblich beteiligt. Vor allem mit dem "Widerstand" versuchte Niekisch, die Konservative Revolution hinter sich zu vereinigen. Ernst Jünger war hier häufig Autor. "Der Firn" wurde von den Hofgeismarern wie eine Pflichtlektüre bearbeitet. In der "Glocke" - dem Organ der "Kriegssozialisten" um Lensch, Winnig und Plenge ab 1915 - brachte Niekisch 1924 den Artikel "Sozialdemokratie und Nationalismus" heraus, der bis heute weitgehend unbekannt blieb, obwohl - oder gerade weil? - er auffällig modern argumentiert. Die SPD solle Abschied nehmen vom Marxismus, "sie muß den Mut haben, offen als die wahrhaft nationale Partei zu erscheinen, die sie gern sein möchte, auch wenn im Zusammenhang damit mit manch alter, liebgewordener Tradition gebrochen werden müßte." Daß die nationale Idee mißbraucht worden sei, dürfe nicht dazu führen, sie nun gänzlich abzulehnen. Denn "das Los des deutschen Arbeiters" sei "entscheidend abhängig" davon, wie "Schutzzoll", "Verteilung der Kolonien", "Ein- und Auswanderung" geregelt würden. Klassengegensätze und Schichtsunterschiede seien belanglos angesichts der Bedeutung der Gemeinsamkeiten innerhalb der Nation: "Gleichheit der Sprache und der geschichtlichen Überlieferungen, Einheit des Gebietes, auf dem das Heim errichtet und die Nahrung gebaut wird und in dem die Daseinsgrundlage jedes einzelnen wurzelt." Inhaltlich identisch definierte der damalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel in den 80er Jahren in NG/FH die "Kulturnation" als sozialdemokratische Alternative zum "Verfassungspatriotismus". 

Niekisch verfolgte ab Mitte der 20er Jahre mehrere organisatorische Linien parallel, um verschiedene Strömungen sammeln und unter seinem Hut zusammenführen zu können. Dabei konnte er sich immer wieder auf "seine" Hofgeismarer als Kader stützen. "Der Volksstaat", den er von seiner Gründung 1926 bis Mitte 1928 leitete und auf seine politische Linie verpflichtete, war die Parteizeitung einer rechten SPD-Abspaltung, der "Alten Sozialdemokratischen Partei Sachsens" (ASP), die 1926 von ehemaligen Mitgliedern der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag gegründet wurde. Sie waren bereits 1923 aus rechter Opposition gegen die sächsische Volksfront-Regierung aus der Fraktion ausgeschieden, aber in der linken sächsischen SPD geblieben und 1926 aus der Partei ausgeschlossen worden, weil sie eine bürgerliche Landesregierung unterstützten. Die volksgemeinschaftlich, kapitalistisch und planwirtschaftlich orientierte ASP stellte in der zweiten Hälfte der 20er eine Hauptwirkungsstätte Niekischs dar, mit der er die kleinen nationalrevolutionären Gruppen parteipolitisch sammeln wollte. Hofgeismarer und Bündische bewegte er zum Eintritt. 

Im "Volksstaat" vertrat Niekisch ähnliche Positionen wie gleichzeitig im "Widerstand", allerdings weniger radikal, gewissermaßen fürs breite Volk aufbereitet. Im "Volksstaat" hieß es 1927 über ein Jazz-Konzert: "Ausbrüche wilder sexueller Negertriebe ereignen sich auf der Bühne, eine Weiße Primadonna leistet verdächtig wenig Widerstand. ... Sie ist nicht der unmittelbare geistige Ausdruck welterobernder Nigger-Kultur, daß, was sie verkörpert und versinnlicht, ist der Geist des Amerikanismus. ... Wir müssen alle Kräfte aufwenden, um die Gefahr der geistigen Verwüstung, die uns von Amerika her droht, zu begegnen." Wohl gemerkt: Was uns heute als Parodie erscheint, meinte Niekisch ernst. 

Die reichsweite Ausdehnung der bisherigen Regionalpartei ASP, die Niekisch 1927 betrieb, wurde durch vorherige Hofgeismarer und "Kriegssozialisten" getragen. In der Berliner ASP-Gruppe - die vorher den harten Kern der Niekisch-Anhänger bei den Hofgeismarern gestellt hatte - traf man jetzt auch Karl Otto Paetel und August Winnig. Niekisch und Winnig versuchten, mit einem "Führerring der nationalen Bünde" auf die Jugendbewegung Einfluß zu nehmen, die sich ab Mitte der 20er durch den Zustrom der Freikorps-Reste wieder rechts und antirepublikanisch politisierte. 1927 dann wurde Winnig Mitherausgeber von Niekischs Zeitschrift "Widerstand", dem Organ des "Widerstandskreises", den Niekisch parallel zur ASP aufbaute, ebenfalls mit Hofgeismarern. 

Heute liegt es nahe, anzunehmen, daß die Leipziger Fascho-Jusos der 90er Jahre von ASP-Erbschaften profitieren, die in manchem sächsischen Keller die Systeme überdauert haben mögen.  (76) 

Die Reaktion auf die Ungeheuerlichkeiten der Nationalrevolutionäre innerhalb der SPD war in den 20er Jahren teilweise klar ausgrenzend, andererseits auch so butterweich wie heute gegen die neuen Hofgeismarer oder gegen die Niekisch-Apologeten um Fichter oder Herbert Ammon und Peter Brandt, deren Lobpreisungen des deutschen Volkslieds in den 80er Jahren bisweilen an die "Nigger-Kultur"-Kritik der Niekisch-Leute erinnerten. Als "Faschistenversammlung" bezeichnete der "Vorwärts" im Februar 1928 eine Zusammenkunft der Niekisch-Anhänger, die von Antifaschisten "gesprengt" worden war. Niekisch verleite seine Leute "zu immer weiterem Abrücken nach der nationalsozialistischen Seite", hieß es in dem Artikel, er mache "sich offen zum Reiseapostel der national-sozialistischen Organisationen." Aus der SPD ausgeschlossen wurde Niekisch aber nie. Er trat 1926 freiwillig zur ASP über, doch viele seiner Anhänger blieben in der SPD und bis heute hat er Freunde in der Partei. 

Der damalige Parteivorsitzende Otto Wels nannte die politische Position Niekischs auf dem Kieler Parteitag 1927 zwar "rein nationalsozialistisch", mußte sich aber von der zum linken Flügel zählenden Delegierten Dora Fabian aus Chemnitz die innerparteiliche Praxis entgegenhalten lassen: "Der Parteivorstand hat uns in unserem Kampf gegen diese Genossen nicht unterstützt; er hat auf unsere Forderung, sie aus der Partei auszuschließen, nur mit Hohn und Spott geantwortet. Noch heute können diese einstigen Jungsozialisten Mitglieder der Partei sein, obwohl sie mit demselben Herrn Niekisch in der Redaktion seines Blattes 'Der Widerstand' sitzen, dessen nationalistische Einstellung Wels in anderem Zusammenhang ... so treffend gekennzeichnet hat. Wenn es sich um die Genossen von rechts handelt, dann ist der Parteivorstand immer sehr großzügig; gegen die Genossen von links ist er ebenso intolerant." Das hat sich bis heute nicht geändert. Die Kritik an Niekisch wurde nach 1926 wohl auch deshalb so drastisch, weil seine ASP nun - vor allem bei der Reichstagswahl 1928 - als Konkurrentin der SPD auftrat. 

Die gute Konjunkturentwicklung des Abschnitts der "Goldenen Zwanziger", die das Rekrutierungspotential der extremen Rechten vorübergehend schwächte, die innerparteiliche Auseinandersetzung um Niekisch und sein Übertritt zur ASP führten 1926 zum Zerfall des Hofgeismarkreises. Die von Hofgeismarern dominierten Juso-Bezirke "Wasserkante" und "Westliches Westfalen" traten aus der Reichsorganisation der Jungsozialisten aus, und in Hofgeismar-Blättern wurde zum Anschluß an Niekischs "Widerstand"-Kreis aufgerufen. Das damalige Leitungsorgan der Jungsozialisten, der Reichsausschuß, beschloß 1926 mit Zweidrittelmehrheit: "Die politische Auffassung des Genossen Niekisch und des ihm nahestehenden Kreises sind mit den Grundsätzen der SPD und den Bestrebungen der Jungsozialisten nicht in Einklang zu bringen. Reichsausschuß und Reichsleitung richten deswegen an den Parteivorstand das Ersuchen, baldigst Schritte zur Klärung des organisatorischen Verhältnisses zu diesen Kreisen zu unternehmen." 

Der Hofgeismarkreis löste sich jedoch selbst auf. Die meisten führenden Köpfe schlossen sich Niekischs neuen Gruppen an. Nach dem schnellen Scheitern der ASP blieb der "Widerstand"-Kreis als Auffangbecken, den Niekisch nun ebenfalls aus den Überresten der putschistischen Freikorps von 1919/20 verstärkte. Sie hatten sich in der Mitte der 20er Jahre zu militaristischen Bünden zusammengeschlossen, in denen inzwischen auch der Geopolitiker Karl Haushofer und Ernst Jünger wirkten. Nun schlossen sich einige mit dem "Widerstand"-Kreis zusammen. Niekischs Schritt zum offenen Militarismus lag nach allem nahe. In den Jahren 1928 bis 1932 war sein Einfluß auf die Konservative Revolution am größten. Anfang der 30er gehörte der "Widerstand"-Kreis mit Paetels "Sozialrevolutionären Sozialisten", Otto Strassers "Schwarzer Front", den Jünger-Brüdern, den aufgesogenen Freikorps und Zehrers und Wirsings "Tat"-Kreis zur "Querfront" um Schleicher. Daß Niekisch nun dennoch eifersüchtig an den erfolgreichen Schleicher und Hitler herummäkelte, sie seien nicht germanisch-barbarisch genug, schmälert keineswegs seinen Beitrag zu dieser nationalrevolutionären Gemengelage, die die republikanischen Dämme gegenüber dem Faschismus einriß. 

Auch Otto Strassers "Schwarze Front", die paramilitärische Organisation "Stahlhelm" und die NSDAP rekrutierten Mitglieder aus den ASP-Resten. So führte Niekisch etliche Hofgeismarer, die Winnig wegen seiner Beteiligung am Kapp-Putsch und dem anschließenden Parteiausschluß aus der SPD nicht mehr erreichen konnte, weil er als Person diskreditiert war, aus der SPD heraus und über Zwischenstationen auch organisatorisch an den Faschismus heran, was Heller und de Man lediglich geistig, aber innerhalb der SPD, getan hatten. Es macht wenig Unterschied, ob sie 1932 bei der Schleicher/Strasser-Fraktion landeten oder bei der Hitler-Fraktion, zumal Schleicher selbst auf eine Verständigung mit Hitler hoffte und man sich nach 1945 ohnehin über die Blutlachen der Röhm-Affäre hinweg zusammenraufte. Völkische Orientierung, Antiliberalismus, Antimarxismus und Militarismus sind gemeinsame Positionen aller Linien des Faschismus. Niekisch vertrat sie. Und auch diejenigen, die in der SPD blieben, bewiesen z. B. mit der Zustimmung zu Hitlers Friedensresolution, was "Kriegssozialismus" und "Hofgeismar" bewirkt hatten. 

Die "Kriegssozialisten" von 1914/15 trafen sich Anfang der 30er wieder, um das Ende der Weimarer Republik gemeinsam zu betreiben. Winnig arbeitete nun auch mit dem Schriftsteller Hans Grimm zusammen, Autor des berüchtigten Buches "Volk ohne Raum", dessen Werke nach 1945 bei den "Deutschen Unitariern" breit rezipiert wurden. Die "Lippoldsberger Dichtertage", auf denen Grimm in den 50ern die Nazi-Dichter aus dem Umfeld des DKEG Herbert Böhmes versammelte, waren ein "Unitarier"-Treffpunkt. Deren Vorläufer-Sekte, die "Deutsche Glaubensgemeinschaft", war als Sammlungsbewegung völkisch-religiöser Sekten von Ernst Graf von Reventlow mitbegründet worden, einem engen Weggefährten der Strasser-Brüder in der NSDAP; er schrieb ebenfalls in Niekischs "Widerstand". Es war Ende der 20er, Anfang der 30er durchaus eine vergleichbare Szenerie, wie sie bei den nationalrevolutionären Gruppen der 80er Jahre neu erstand. 

Andere Hofgeismarer blieben in der SPD bis zum Verbot 1933 und machten nach 1945 Parteikarriere. Der Niekisch-Gefolgsmann Franz Osterroth, der 1923 am Feuer "Es lebe Deutschland!" gerufen hatte, trat aus und wieder ein und ging zum sozialdemokratischen "Reichsbanner". Die zunehmend paramilitärische Organisation gab vor, die Republik gegen die SA-Horden der Nazis und die Rotfront-Kämpfer der KPD zu verteidigen, war tatsächlich aber einer der Sargnägel der Republik. Das "Reichsbanner" entwickelte militante faschistoide Strukturen, übernahm Propagandaformen der Nazis und betrieb einen Führerkult um seinen Chef Karl Höltermann, der sich am Hitler-Kult orientierte. Höltermann genoß das Vertrauen der "Querfront"-Strategen, wurde 1932 in ihre Pläne einbezogen und sollte nach dem Willen von Otto Strasser ebenso wie Wenzel Jaksch einer Nach-Hitler-Regierung angehören, die Strasser in den frühen 40er Jahren aus dem Exil plante: "Hitler beiseite schieben und vom Nationalsozialismus die guten und die nützlichen Ideen beibehalten", erläuterte Strasser die Schleicher-"Querfront" rückblickend 1940. Seine nationalrevolutionäre Nachkriegsregierung sollte fast identisch sein mit der "Querfront", die Strasser im Sommer 1932 aus seinem Bruder Gregor, Graf von Reventlow, Höltermann, den Schleicher-freundlichen Teilen der preußischen SPD um Severing und Braun und dem nationalistischen KPD-Flügel um Scheringer zu basteln versuchte. Bei der Zeitung "Das Reichsbanner" wurde Osterroth Redakteur, hier traf er den früheren Hofgeismarer Theodor Haubach, der bis 1930 Pressereferent des SPD-Reichsinnenministers Carl Severing war, der wiederum als preußischer Innenminister 1932 dem Papen/Schleicher-Putsch gegen die preußische Staatsregierung tatenlos zugesehen hatte - man kann fast sagen, ihn unterstützte, indem er freiwillig und ohne Zögern sein Ministerbüro ausräumte. Osterroth wurde nach 1945 zu einem viel gelesenen Chronisten der Sozialdemokratie, der die offizielle Parteigeschichtsschreibung maßgeblich beeinflußte. 1964 schrieb er in einem zusammenfassenden Artikel über die Hofgeismarer, daß sie die eigentlichen Vorbereiter der Schumacher-SPD und des Godesberger Programms von 1959 gewesen seien, was aber in dieser Form auch dann nicht stimmt, wenn man "Volkspartei" als völkische Organisation mißverstehen wollte. Das Godesberger Programm wurde vor allem unter Willi Eichler erarbeitet, einem linken Gegner der Hofgeismarer in den 20er Jahren. Allerdings leitete der frühere Hofgeismarer Heinrich Deist in den 50ern die Arbeitsgruppe, die den Wirtschaftsteil des Programms verfaßte. 

Gustav Radbruch, der führende Rechtspolitiker der SPD in den 20er Jahren und bis heute verehrt, brachte 1931 Hellers Buch "Sozialismus und Nation" unverändert wieder heraus. Es sollte jetzt eine Antwort auf den erstarkenden Nationalsozialismus geben und war doch nur ein weiterer Schub in dessen Richtung. Zu den Hofgeismarern zählte auch der Reichstagsabgeornete Eduard Heimann - ein Kopf der "Religiösen Sozialisten" - und der Niekisch-Gefolgsmann Gustav Dahrendorf, 1932 Reichstagsabgeordneter, der mit Julius Leber die Putschpläne des 20. Juli 1944 vorbereitete und als Überlebender des Volksgerichtshof-Prozesses nach 1945 gegen Otto Grotewohl und den Zusammenschluß von SPD und KPD eintrat. Nach dem reichsweiten Juso-Votum gegen Niekisch 1926 erklärte er als Vertreter des Bezirks Wasserkante den Austritt aus der Jungsozialisten-Organisation. 

Eine Hofgeismar-Karriere machte auch Walther Oschilewski. Eine Zeitlang Niekischs rechte Hand als verantwortlicher Redakteur des "Widerstand", hatte er sich in den 20er Jahren als Anhänger Moeller van den Brucks profiliert und auch verlangt, die Bücher Karl Kautskys müßten auf dem Scheiterhaufen verbrandt werden. Als Hofgeismarer hatte er in den "Jungsozialistischen Blättern" antifeministische Ausfälle produziert: "Das Weib fühlt", "Wir Männer denken." Er wurde nach 1945 stellvertretender Chefredakteur der SPD-Mitgliederzeitschrift "Berliner Stimme" und schrieb hier in den 60er Jahren eine Würdigung zu Niekischs 75. Geburtstag und 1967 einen flammenden Nachruf auf ihn. Das Blatt blieb rechts, Brigitte Seebacher war in den 70ern Chefredakteurin. In den 80ern wurde die "Berliner Stimme" zu einem Organ für Fichter, der hier immer wieder seine Deutschlandpolitik propagierte und hier wiederholt auch die "Denkschrift" von Ammon und Schweisfurth empfahl. Oschilewski brachte 1981 einen Faksimile-Nachdruck der Zeitung "Junge Menschen" heraus, die zur Jugendbewegung im sozialdemokratischen Umfeld der 20er Jahre zählte. In einer gänzlich unkritischen Einleitung nannte er als ihre Themen u. a. die Stichworte Religiösität, Seelenkultur, Körpererziehung, Eros, Vegetarismus, Rassenhygiene, Volksordnung und Weltverbesserung, die durchaus die politische Stimmungslage in dem breiten Strom zwischen den offen Völkischen und den Hofgeismarern beschrieben. Der Kopf des Blattes, Walter Hammer, arbeitete auch mit Hofgeismarern zusammen, gehörte dem Leitungsgremium des "Reichsbanners" an und wurde später von den Nazis verfolgt. In "Junge Menschen" las man z. B. 1923 - neben Fotos von nackten, Sport treibenden Menschen in früher Riefenstahl-Ästhetik - über die "Forderungen der Rassenhygiene": "Die biologische Erblichkeitsforschung hat bei uns noch nicht die Beachtung gefunden, die sie verdient. ... An nichts kranken die menschlichen Zustände so sehr als daran, daß viel zu viele Minderwertige erzeugt werden und viel zu wenige Vollwertige. ... Da nun sowohl körperlich-konstitutionelle als auch seelische Eigenschaften und geistige Veranlagungen sich forterben können, entsteht daraus für die Zukunft unserer Rasse eine ernste Gefahr" usw. Oschilewski fand dies wohl 1981 immer noch richtig, denn mit keinem Wort kommentierte er solche Stellen des Nachdrucks, etwa in seiner Einleitung. 

NG/FH schrieb 1993, Niekisch sei ein "frühes Opfer des NS-Terrors" gewesen und sponn so an dessen Antifaschismus-Legende mit. Doch nach der Machtübertragung an die NSDAP konnte Niekisch sich weiterhin frei bewegen, sogar bis zum Dezember 1934 seine Schriften publizieren, als der Hitler-Flügel den Strasser-Flügel der NSDAP längst durch Mord und Verfolgung zerschlagen hatte. Bis 1934 waren bereits - nach einer Rechnung von Bernd Engelmann - 28 ehemalige SPD-Reichstagsabgeordnete verhaftet, 5 ermordet. Niekisch konnte bis 1937 im In- und Ausland frei reisen und seine "Widerstandsbewegung" gegen alles "Welsche" betreiben. Ein "frühes Opfer"? 1937 dann - als schon Hunderte von Sozialdemokraten und Tausende von Kommunisten ermordet waren - verhafteten die Nazis ihn und sperrten ihn bis 1945 ein. Seine Politik wurde in den 70er und 80er Jahren zu einem zentralen Bezugspunkt für die Nationalrevolutionäre. Ihrer neuen Querfront kam zugute, daß Niekisch nach 1945 für kurze Zeit sein Heil in der SED suchte, dort dann aber ausgeschlossen wurde. Bei seinem Versuch, eine Entschädigung als Verfolgter des Nazi-Regimes zu bekommen, verweigerte ihm der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, die Unterstützung - wegen Niekischs kurzzeitiger SED-Mitgliedschaft, wie es hieß. "Zwischen allen Fronten" nannte Uwe Sauermann seine Niekisch-Biographie 1980, die Armin Mohler um einen "bio-bibliographischen Anhang" ergänzte. Sauermann kam aus dem "Nationaldemokratischen Hochschulbund" NHB der NPD, wo er zeitweise sogar den Bundesvorsitz innehatte, war ein Wegbegleiter Eichbergs, Sprecher der "Danubia"-Burschenschaft und Ende der 80er Jahre Mandatsträger der SPD in Bayern. Er arbeitete beim Bayrischen Rundfunk und hat in etlichen Büchern Niekisch für die Nationalrevolutionäre der 80er und 90er Jahre aufgearbeitet. 

Die Verfassungsschutzberichte des Bundesinnenministers erwähnen Niekisch heute unter dem Stichwort "Neonationalsozialismus" in einem Atemzug mit den Strasser-Brüdern und dem SA-Chef Ernst Röhm. Dessen ungeachtet bekannte sich z. B. Herbert Ammon mehrfach zu Niekisch und verfaßte einen Text zu dessen Ehrenrettung. Rolf Stolz - mit dem gemeinsam auch Peter Brandt Artikel schrieb - veröffentlichte Ammons Text in einer internen nationalrevolutionären Publikation, die Stolz gemeinsam mit dem NG/FH-Autor Reinhard Hesse herausgab. Darin schrieb Ammon, Niekisch gehöre zum "Vermächtnis des deutschen Widerstandes" gegen Hitler. Der Verlag Siegfried Bublies brachte 1993 Biographien über Niekisch und Otto Strasser heraus, die von einer Biographie über Alfred Rosenberg ergänzt wurde, dem Chefideologen der NSDAP und nach 1945 zeitweilig geistigem Vorbild der "Deutschen Unitarier"-Sekte. Verlagsanzeigen bewarben alle drei Bücher gleichzeitig. Beim Parteitag der "Republikaner" im Dezember 1994 berief sich Franz Schönhuber auf Niekisch, der immer die "feige Unterwürfigkeit gegenüber fremden Besatzungsmächten" gegeißelt habe, und meinte über sich selbst, er verstehe sich als "linken Rechten" in der Tradition Niekischs und Strassers. 

Die Legenden vom "linken Sozialdemokraten Niekisch", der eine "marxistische Frühzeit" gehabt und in der Münchner Räterepublik sozialistische Positionen vertreten habe, hat kürzlich erst Jörg Weltzer widerlegt. Seine Arbeit "Nationalistischer Einfluß in der SPD von 1917 bis 1926: Ernst Niekisch, der 'Hofgeismarkreis der Jungsozialisten' und die 'Alte Sozialdemokratische Partei'" weist nach, daß Niekisch immer nur ein instrumentelles Verhältnis zur Arbeiterbewegung hatte, die er für eine nationalistische Großmachtpolitik Deutschlands benutzen wollte. Seine politischen Gruppen agitierten für den Faschismus und bestanden zum Teil aus NSDAP-Gefolgsleuten. Weltzer entdeckte auch in Niekischs Nachlaß den "Glocke"-Artikel von 1924 wieder, der bisher in der Literatur nicht berücksichtigt worden war. Doch an der Legende vom "linken Niekisch" spinnen Ammon, Brandt, Schweisfurth weiter, ohne viel Aufhebens unterstützt von denen, die es in der SPD geschehen lassen, Glotz, Fichter, bis hin zu Oertzen.  (77) 

Es war nötig, so intensiv auf Heller, de Man und Niekisch einzugehen, denn sie sind die Quellen der heutigen Hofgeismarer, ihrer Bezugsgruppe Brandt/Ammon/Fichter und teilweise auch von Glotz oder Reitz. Zum 70jährigen Jubiläum der historischen Hofgeismarer im März 1993 brachte der "Vorwärts"-Redakteur Michael Scholing einen Artikel, in dem die irrationale Romantik der 20er Jahre verklärt wurde. Das 1923er Treffen erschien hier als frühes Woodstock, der völkische Nationalismus wurde heruntergespielt, obwohl doch gerade erst die Aussagen der neuen Hofgeismarer zu den Bildern des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen durchs Fernsehen gingen. Vorsichtig noch wurde die Bereitschaft der historischen Hofgeismarer zum Revanchekrieg gegen den Versailler Frieden als vermeintliches Realitätsdenken gewürdigt, das angeblich "Menschen- und Völkerrecht vor Frieden um jeden Preis" gesetzt habe - die Blauhelmdebatte warf 1993 Schatten. Inzwischen wird auf dieser Basis der Einmarsch der Bundeswehr nach Bosnien gefordert. Scholing hatte schon im November 1991 (!) im "Vorwärts" die völkische "Entmischung" des Balkans als einzige Lösung des Konfliktes angesprochen und gefleht: "Müßte sich die EG nicht doch endlich zum militärischen Eingreifen durchringen?" Denn "in Jugoslawien herrscht Völkerkrieg". 

Der Initiator des historischen Hofgeismarkreises, August Rathmann, starb Anfang Januar 1995 zwei Tage nach seinem hundertsten Geburtstag in Kiel. "Sein Tod erschüttert uns. Wir werden ihn als vorbildlichen Sozialdemokraten in Erinnerung behalten", schrieben Rudolf Scharping und der schleswig-holsteinische SPD-Landesvorsitzende Willy Piecyk - früher ein Vertreter des Stamokap-Flügels - in einem Nachruf. In den 20ern war Rathmann ein Anhänger und Propagandist der völkisch-religiösen Ideen von de Man gewesen und hatte schon ab 1922 mit Karl Bröger eng zusammengearbeitet. Er hatte 1923 die Einladungen zu dem Oster-Treffen in Hofgeismar an Eduard Heimann, Gustav Radbruch, Bröger und die anderen verschickt. 1995 würdigte die Presse Rathmanns Weg in den 20er Jahren als frühe Vorbereitung des Godesberger Programms der SPD von 1959. Die neuen Hofgeismarer der 90er Jahre versuchten, sich an Rathmann heranzumachen. Seinen völkisch-rassistisch motivierten Kampf gegen die "Speckdänen" in den 20er Jahren - er wollte das dänische Nordschleswig wieder für Deutschland zurückgewinnen - setzen die heutigen Hofgeismarer fort. Selbst den Begriff "Speckdänen" benutzen sie in ihren Schriften. 

Nach offizieller Lesart der "Kieler Nachrichten", die 1995 eine Würdigung des Hundertjährigen brachten, ließ Rathmann die neuen Leipziger Fascho-Jusos abblitzen. Die sehen das freilich anders: In ihrem "Politischen Rundbrief" vom April 1995 brachten sie einen flammenden Nachruf, der mit dem Satz endete: "Besondere Freude hatte Rathmann ('Vater aller Hofgeismarer' laut Vorwärts-Redakteur Michael Scholing) noch einmal 1993/94 verspürt, als er von der Wiedergründung des Hofgeismarkreises in Leipzig erfuhr und eben an jenem 20. Juli dessen Vorsitzenden Sascha Jung gegenüberstand." Dirk Larisch schrieb hier "zum Geleit", daß "wir Hofgeismarer erstmals Kontakt zu Rathmann (bekamen), als er uns im Januar 1993 mit 'Sascha Jung und dem Hofgeismarer Kreis in Leipzig solidarische Grüße' den ersten und zweiten Teil seiner Aufsatzreihe 'Marx, Lenin und der Marxismus' sandte. Seitdem ist ein dicker Packen Briefe entstanden. Freundschaftlich begleitete er bis zum Schluß unsere Weg, setzte sich bei anderen für uns ein, z. B. als er an den Vorwärts schrieb: 'Ich meine, daß der Leipziger Kreis jede nur mögliche Unterstützung verdient...'." Larisch rühmte Rathmann weiter: "Seine Hilfe und 'guten Wünsche' hatten wir währen des Parteiverfahrens und nicht zuletzt unterstützte er die Herausgabe unseres 'Politischen Rundbriefes' sowohl finanziell als auch durch Informationen. Wir Hofgeismarer verlieren mit August Rathmann einen Genossen, auf den wir uns berufen und einen guten Freund, den wir dankbar im Gedächtnis behalten werden." Das scheint wohl näher an der Wahrheit zu liegen. Denn Rathmann hatte schon 1984 in der Glotz-Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft" an die historischen Hofgeismarer erinnert und stolz eine Erklärung von Deist und Haubach zitiert, die die Hofgeismarer 1925 verabschiedeten und die zum Rassismus ihrer heutigen Nachfolger paßt: "Wir erkennen in den Nationen die natürliche (!) Gliederung der menschlichen Gesellschaft. Die Nation ist uns als historisch gewordene Natur- und Schicksalsgemeinschaft eine theoretisch gültige wie praktisch unleugbare Wirklichkeit."  (78) 

Der 1992 wiedererstandene Kreis macht nichts anderes als sein Vorgänger, den die SPD offiziell in Ehren hält. Und da sie auch Ideologen wie Rathmann, Radbruch oder Heller in Ehren hält, wundert es nicht, daß die Leipziger Fascho-Jusos 1995 wieder oben auf sind, nachdem ihre Parteistrafen - einjährige Funktionsverbote - abgelaufen sind. Die heutigen Hofgeismarer setzen darauf, aus der sozialen Notsituation der 90er Jahre Gefolgsleute rekrutieren zu können, wie zu Anfang der 20er und in der Wirtschaftskrise der 30er Jahre. Der Begriff "Deutschfeindlichkeit" gehört zu ihrer Grundausstattung, wenn sie die Linke wegen der internationalen Solidarität - auch mit Ausländern in Deutschland - attakieren. Sie werfen der SPD vor, "ihre eigenen deutschen Wurzeln verraten" zu haben, wie es die Vorgänger bereits in den 20er Jahren taten. In welchem braunen Boden diese Wurzeln stecken sollen, zeigten die wiederkehrenden Kleinanzeigen von Hofgeismarern in der "Junge Freiheit" ebenso wie ihr "Liederbuch Junger Sozialdemokraten", das sie zeitweise über das SPD-Unterbezirksbüro in Leipzig verschickten. Es enthält eine Sammlung völkischer Erbauungslyrik. "O alte Burschenherrlichkeit! Wohin bist du entschwunden?" ist noch eines der harmloseren Lieder. "Die lieben Waffen glänzen so hell im Morgenrot; man träumt von Siegeskränzen, man denkt auch an den Tod ... Dein ist, o Herr, der Krieg", geht es weiter. "Heldenblut" und "Männertugend" werden besungen, "himmelwärts im Siegertod" wollen diese Jusos, denn "stolz, keusch und heilig sei, gläubig und deutsch und frei Hermanns Geschlecht!" Das "Liederbuch" bringt auch ein altes antisemitisches Lied, "Haltet euer Deutschtum hoch", das heute neue Zielgruppen in Arbeitsemigranten und Flüchtlingen findet: "Deutsche Jugend, auf zum Streite, rüste dich mit Herz und Hand! Beug' dem Joch dich fremden Geistes nicht im eignen Vaterland!" 

Die neuen Hofgeismarer berufen sich nicht zu Unrecht auf die großen Namen der Sozialdemokratie, auf Lassalle, Ebert, Kurt Schumacher und Julius Leber. Ihre heutige Ausländerfeindlichkeit setzt das fort, was schon die Lassallaner an Antisemitismus in die Partei einbrachten. Rosemarie Leuschen-Seppel hat 1978 mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie über "Sozialdemokratie und Antisemitismus im Kaiserreich" vorgelegt, in der sie darlegte, wie sehr Lasalle - selbst Jude - und seine Anhänger platte antisemitische Agitation gegen das liberale Bürgertum, die freie Presse und die marxistische Linke einsetzten. Sie wurden darin zu Vorläufern Niekischs und der Nazis, deren "Sozialismus" gegen den "jüdischen Kapitalismus" und den "jüdischen Weltbolschewismus" stand. Leuschen-Seppel schrieb von "antisemitischer Politik" und "antijüdischen Affekten" der Lassallaner, die sich in der SPD ausgebreitet hätten. Große Teile der Partei hätten die antisemitische Bewegung in Deutschland sogar als positive Rebellion gegen die Herrschenden verstanden, die ein Durchgangsstadium kleinbürgerlicher Schichten zum Sozialismus darstelle, gewissermaßen die Vorstufe zum Eintritt in die SPD. Sie zitierte sogar den Parteimitgründer Wilhelm Liebknecht mit den Sätzen: "Ja, die Herren Antisemiten ackern und säen und wir Sozialdemokraten werden ernten. Ihre Erfolge sind uns also keineswegs unwillkommen." Diese Idee, Antisemitismus als soziale Unzufriedenheit mit dem herrschenden liberalen Bürgertum - das nach 1848 für die Judenbefreiung in Deutschland stand! - zu interpretieren, brachte eine direkte Nähe zur völkischen Bewegung. Die ideologische Gemengelage der "linken Leute von rechts" und "rechten Leute von links" in den 20er Jahren hatte sicher auch hierin einen Ursprung. Lediglich Karl Kautsky hat nach Leuschen-Seppel diese Infiltration der Sozialdemokratie mit Antisemitismus als Problem direkt und öffentlich angesprochen; es sei in der Partei nicht diskutiert und bewältigt, sondern tabuisiert worden. 

Die heutigen Hofgeismarer rasseln mit den Säbeln ihrer Urgroßväter. Scholing hatte im "Vorwärts" 1993 durchaus die richtige Richtung gewiesen, in der die weltweiten Bundeswehreinsätze liegen. In ihrer Gründungserklärung "Warum Hofgeisamerer Kreis?" verwiesen die Neuen 1992 auf einen heroischen Friedrich Ebert, der aus persönlichem Schicksal nationale Politik gemacht habe. Reichskanzler Max von Baden habe am 9. November 1918 zum SPD-Vorsitzenden gesagt: "Herr Ebert, ich lege Ihnen das Deutsche Reich ans Herz!", und Ebert habe ihm geantwortet: "Ich habe zwei Söhne für dieses Reich verloren." Die Fascho-Jusos wissen sehr genau, welche Stellen sie zitieren, an welche sozialdemokratischen Traditionen sie anknüpfen. Eine Partei, die unfähig ist, ihre Geschichte kritisch aufzuarbeiten, hat solcher Traditionspflege nichts entgegenzusetzen. 

Die Gruppe biedert sich heute diversen Kreisen an, die sich auf Kurt Schumacher beziehen, den Kriegsfreiwilligen des Ersten Weltkriegs, Verfolgten der Nazis und Nationalisten nach 1945, von dem Willy Brandt schrieb, "sein dominierender Charakterzug war ein eiserner Wille zur Macht". Die neuen Hofgeismarer zitierten in ihrer Grundsatzerklärung die Rede Schumachers vom Februar 1932, in der er den Nazis entgegenhielt: "Von der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion haben im Krieg 73 Prozent aktiv gedient." Diese Art von Patriotismus hat immer mit Gewalt zu tun, immer mit Krieg, immer mit der Pflicht des Individuums, sein Leben für die nationale Gemeinschaft im "Schützengraben" (Fichter) zu opfern. 

Schumachers frühere Sekretärin und spätere prominente SPD-Politikerin Annemarie Renger wird von den Hofgeismarern ebenso als Ansprechpartnerin gesehen wie Brigitte Seebacher-Brandt. Die Gruppe um Stiefsohn Peter Brandt, Ammon und Fichter ist der primäre aktuelle Bezugspunkt. Die Friedrich-Ebert-Stiftung finanzierte den neuen Hofgeismarern im Juli 1993 ein Seminar, auf dem Tilman Fichter "anhand der Hofgeismar-Liederbücher" ein Referat zur Nation hielt und andere Referenten über den "hedonistischen Irrtum - Die Deutschen und die Demokratie" sowie über die faschistoide paramilitärische Organisation "Reichsbanner" aus der Weimarer Zeit informierten. Später bejubelten die Fascho-Jusos eine innerparteilich umstrittene Neugründung des "Reichsbanners", die im August 1994 stattfand. Das Ergebnis des Seminars veröffentlichte Fichter als Persilschein im August 1993 in NG/FH und im Antifa-Informationsdienst der Bundes-Jusos vom September 1993: Es gebe keine Fascho-Jusos in Ostdeutschland, die Mehrheit der neuen Hofgeismarer verträte lediglich "einen ethnisch (im Zweifelsfall also auch rassistisch) begründeten Nationalbegriff", was Fichter wohl für eine legitime Position innerhalb der SPD hielt. 

Im April 1994 dann veranstaltete die FES gemeinsam mit der "Kurt-Schumacher-Gesellschaft" Annemarie Rengers in Leipzig ein groß angelegtes Symposium "Der 'Hofgeismar-Kreis' in der Weimarer Republik und seine Nachwirkungen bis in die Gegenwart", auf dem auch ein Vertreter der heutigen Hofgeismarer ein Referat hielt und einer ihrer erklärten Sympathisanten gemeinsam mit Renger auf dem Podium saß. "Annemarie Renger betonte, daß Stamokap- u. ä. Gruppen einst viel größere Unruhe hervorgerufen und negativere Schlagzeilen gemacht hätten als der neue Leipziger Kreis, dem sie ausdrücklich Existenzberechtigung zugestand", schrieben die Faschos im "Politischen Rundbrief des Hofgeismarkreises" Ende 1994. 

Auch Franz Walter, der weit nach rechtsaußen abgerutschte Historiker der 20er Jahre-Jungsozialisten, sprach hier. "Die verschiedentliche Wertung des Hofgeismarkreises als präfaschistisch verweise, so dezidiert Walter, auf mangelnde Sach- und Quellenkenntnis der betreffenden Autoren", freuten sich die neuen Hofgeismarer über Walters Geschichtsfälschungen, der auch für die 90er-Jahre-Nachfolger eine passende Aufgabe wußte: "Bei klarer Trennung von ganz rechts käme diesem Kreis heute die Aufgabe, 'linkspazifistisches Mainstream' in der SPD aufzubrechen, zu", radebrechten die Leipziger Jusos in ihrem Rundbrief über Walters Rede. Offenbar kamen sie bei dem Symposium von FES und Renger auch sonst breit zu Wort, ihre prominenten Vertreter waren sämtlich zugegen. Ihr Vertreter Harald Heinze habe einen "vom Plenum mit stürmischem Beifall honorierten Diskussionsbeitrag" zum Nationbegriff gehalten, Sascha Jung den Begriff der "Kulturnation" gegen den des Verfassungspatriotismus hochgehalten. "Besonders hitzig wurde von den Teilnehmern des Forums der Habermas'sche Begriff des Verfassungspatriotismus diskutiert", jubilierten sie anschließend in ihrem "Politischen Rundbrief". 

Bereits in ihrer Gründungserklärung von 1992 bezogen sie sich romantisch auf die "Kriegsozialismus"-Politik der SPD im Ersten Weltkrieg und hoben auch Friedrich Eberts Rolle im Kampf gegen die streikenden Munitionsarbeiter positiv hervor. Zum Auftakt der Schrift zitierten sie gleich einen Resolutionsantrag der SPD-Reichtagsfraktion von 1917: "Solange die feindlichen Regierungen Deutschland und seine Verbündeten mit Eroberung und Vergewaltigung bedrohen, wird das deutsche Volk wie ein Mann zusammenstehen, ... unerschütterlich ausharren und kämpfen, bis sein und seiner Verbündeten Recht auf Leben und Entwicklung gesichert ist. In seiner Einigkeit ist das deutsche Volk unüberwindlich. Der Reichstag weiß sich darin eins mit den Männern, die in heldenhaftem Kampfe das Vaterland schützen. Der unvergängliche Dank des ganzen Volkes ist ihnen sicher." Dieter Groh und Peter Brandt schrieben 1992 in ihrem Buch "'Vaterlandslose Gesellen'. Sozialdemokratie und Nation 1860-1990", daß die "Politik des 4. August" - der Bewilligung der Finanzen, die den Krieg erst ermöglichten, durch die neue Volksgemeinschaft im Reichstag 1914 - "durch die Kriegsniederlage (!) ... desavouiert worden war", nicht etwa durch den Krieg und seine Ziele, nicht etwa durch die Millionen von Toten in den Schlachten an Marne und Somme, bei Verdun und Tannenberg, in Litauen und Galizien. 

Hier wird deutlich, wie wenig eine humanistische Orientierung, wie sehr aber der Heroismus eines Ernst Jünger mit seiner Verherrlichung der "Stahlgewitter" des Ersten Weltkriegs bereits das Denken bestimmt. Daß man die Hofgeismarer gebrauchen kann, wenn eine Große Koalition die Bundeswehr weltweit marschieren lassen will, wissen Scharping und Gansel, Glotz und Fichter, auch wenn die jungen Leute erst noch ein bißchen Parteischule brauchen werden, um den groben Unfug abzuschleifen. Daß diejenigen dabei stören, die das Profitinteresse der Konzerne am Ersten Weltkrieg ebenso hervorheben wie am heutigen Balkan-, Kaukasus- oder Somalia-Krieg, danach handeln sie innerparteilich. 

Den Nationalkitsch des Ersten Weltkriegs kontrastierten die Hofgeismarer 1992 der angeblich aktuellen nationalen Stimmung. Ihre konservative Kulturkritik entspricht der von Glotz am "Krämergeist" und von Thierse am "Hedonismus": "Heute handelt jeder vor allem für seine eigenen Interessen. Wir sehen dies unter anderem an den derzeitigen Verteilungskämpfen." Und: "Jeder tritt nur für seine Interessengruppe ein. Vertreter des deutschen Volkes sind weit und breit nicht zu sehen. ... Wir brauchen einen neuen Gemeinschaftssinn. Aufgabe unserer SPD müßte es sein, der derzeit stattfindenden Übertragung der westdeutschen Ellenbogengesellschaft auf die ehemalige 'DDR' den alten sozialdemokratischen Wert der Solidarität entgegenzusetzen. ... Was wir brauchen, ist ein neues nationales Bewußtsein, das sich nicht am Konsum, sondern nach den anfangs genannten Werten richten sollte. Nur wenn wir eine gemeinsame Identität, ein Gemeinschaftsbewußtsein schaffen, werden wir unsere Probleme lösen." In den Zeiten des Sozialabbaus dem Individuum Konsumverzicht zugunsten der Nation abzufordern, mag Edzard Reuter und Hans-Olaf Henkel gefallen. 

Weiter schrieben sie: "Wir jungen Sozialdemokraten sind angetreten, Jugendlichen deutsche Kultur und Geschichte nahezubringen, ihnen eine Identität zu geben. ... Wir werden wieder die Lieder unserer Freiheitsdichter singen." Daß Jugendliche bei Hip-Hop und Madonna schon ihre Identität haben, freilich eine als "hedonistisch" diffamierte - universalistisch, amerikanisch, japanisch -, stört die Hofgeismarer, denn damit läßt sich nicht an den deutschen Militarismus seit den antinapoleonischen Kriegen anknüpfen: Sascha Jung und seine Gefolgsleute posierten fürs Fernsehen vor dem Völkerschlacht-Denkmal bei Leipzig. 1992 schrieben sie, "die Völker Westeuropas, und allen voran die Deutschen" müßten sich "von ihrer Ersatzkultur 'Konsum' in der Industriegesellschaft wieder auf ihre alten wahren Kulturen, ihre ihnen eigene Identität, besinnen." Im ersten "Politischen Rundbrief" - der den alten Namen der Hofgeismar-Publikation aus den 20er Jahren aufnimmt - schrieb Jung 1993: "Mit einer solchen Wurzellosigkeit der modernen Generation und der damit einhergehenden hedonistischen Lebensphilosophie, sich im Konsumrausch um jeden Preis 'selbstverwirklichen' zu müssen und dabei hektisch nach jedem falschen Glitter und Glanz zu greifen, ist eine positive Identifizierung mit dem eigenen Land und die Übernahme von Verantwortung dafür nicht zu machen." Das hatte Thierse zwei Monate vorher in Potsdam doch nicht viel anders gesagt! Jung beklagte 1994 erneut die "soziale und menschliche Kälte" im Deutschland der "Raffke-Mentalität" und wetterte gegen die "Freigabe von Drogen, Multikulti und die Feminisierung des Bürgerlichen Gesetzbuches. ... Wir fordern deshalb eine Abkehr von der 'Hedonisten- und Schicki-Micki-Partei'. ... Leistungsforderungen sind zu erfüllen, die erste Priorität haben und hinter denen andere Einzelinteressen zurückstehen müssen." 

1994 erinnerten die Hofgeismarer in der vierten Ausgabe des "Rundbriefs" an den "Kriegssozialisten", Kapp-Putschisten und Niekisch-Freund August Winnig, der 1930 schrieb: "Amerika hat uns seinen Rekordsport, seine Negertänze und seine Negermusik, seinen Girltypus, seinen Haarschnitt, seine Hutmoden, seinen Zahlenfimmel, seine rationalisierte Fabrik und ein Dutzend anderer Dinge beschert." Das ließe "durchaus unterschiedliche Interpretationen" zu, befand der Hofgeismar-Autor, der Winnig so zitierte. Die Fascho-Jusos wissen sehr wohl, wo ihr Feind steht. 

"Die Deutschen, und allen voran unsere Politiker, müssen sich von den sinnlosen Schuldkomplexen, der tiefen Nationaldepression lösen", riefen sie 1992 auf, "es muß Schluß sein mit der Komprimierung tausendjähriger deutscher Geschichte auf zwölf schreckliche Jahre." Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe hatte das im November 1990 im Fernsehsender "1 plus" so ausgedrückt: Einer 1000jährigen deutschen Geschichte könnten "ein paar verunglückte Jahrzehnte" wohl nichts anhaben. Auf den Einwand des Interviewers Ernst Ehlitz: "Ist 'verunglückt' das richtige Wort?" meinte Stolpe: "Ein paar schreckliche Jahrzehnte, will ich gerne nachbessern." Warum also sollte sich die SPD eigentlich von diesen ostdeutschen Jusos trennen? 

In ihrem ersten "Rundbrief" 1993 war der historische Hofgeismarer Karl Bröger Schwerpunktthema. Jung bezeichnete den völkisch-religiösen Romantiker und Revanchekrieg-Hetzer als "den meist gedrucktesten und gelesensten" Autor im Ersten Weltkrieg. Goethe und Brecht, helft gegen diese Deutschen! 

1994 hatten sie dazugelernt: Nun wurden aktuelle Vertreter der "Neuen Rechten" bemüht, Jean Haudry z. B., der rassistische Ideologe des "Indoeuropäertums", mit dem Alain de Benoist, Armin Mohler, Pierre Krebs und Sigrid Hunke im "Thule-Seminar" den Faschismus reformierten. Türken gehörten im Gegensatz zu den Hugenotten Friedrichs II. nicht in die "indo-europäische Völkerfamilie" und seinen deshalb nicht integrierbar, meinten die Hofgeismarer, "vgl. Haudry, Jean: Die Indo-Europäer, Wien 1986." Beim "Thule-Seminar" hatte Haudry 1988 geschrieben: "Überall in der indoeuropäischen Welt entspricht der physische Idealtypus dem nordischen Typus" und der sei "zwangsläufig blond", während "die niedrigen Elemente der Bevölkerung, die feindseeligen Nachbarn" schon in der griechischen Mythologie "schwarz wie die Erde und die Nacht" seien. Das Blonde habe "Eroberungsgeist", "Lebenselan und Willen zur Macht." 

Das stimmt zwar schon historisch nicht, wie Martin Bernal 1992 in seinem Buch "Schwarze Athene. Die afroasiatischen Wurzeln der griechischen Antike" nachwies: Die "arische" Antike wurde erst zur Zeit der Romantik konstruiert, ebenso wie das "arische" Indien. Aber zur ausländerfeindlichen Ideologie reichen diese Mythen, die nicht "indoeuropäisch", aber faschistisch sind, allemal. Die Farben der "Indoeuropäer", meinte Haudry, seien "weiß, rot und schwarz", zufällig die des Kaiserreichs der Hohenzollern, der antirepublikanischen Kampforganisation "Stahlhelm" und die der NS-Fahne. Mit "der rein abstrakt gedachten 'Wertegemeinschaft' des Verfassungsstaates", schrieben die Hofgeismarer 1992, solle die "indo-europäische" Zusammensetzung der deutschen Gene zerstört werden: "In Berlin leben heute 140 000 Türken. ... Berlin ist bereits heute die viertgrößte türkische Stadt der Welt." Auch Peter Glotz war ja gegen solche Masseneinwanderungen, wie sie Wien und Berlin schon zu Beginn des Jahrhunderts mit den Ostjuden erlebt hatten. Die theoretische Agitation gegen Habermas in NG/FH findet bei den Hofgeismarern nun verständnisvolle Praktiker. 

Zur Asylrechtsänderung schrieben sie 1994: "Auf der Basis von Unwissenheit wird mit Fehlinformationen und Phrasen diskutiert", obwohl es doch gelte, "Mißbrauchsbeschränkungen" durchzusetzen, da sonst "konsequent zu Ende gedacht alle ca. 2 Milliarden unterhalb der Armutsgrenze lebenden Menschen in die Wohlstandsregionen importiert" würden. "Die vorgenommenen Änderungen werden mit Sicherheit ihre wohltuende Wirkung entfalten." Das Asylrecht sei ohnhin "im wesentlichen nichts weiter, als hilflose Gewissensberuhigung christlicher oder sonst humanistischer Nächstenliebe." 

Daß sie im November 1994 im "Politischen Rundbrief" ihre Darstellung zum deutschen Bauernkrieg auf ein Nazi-Buch von 1939 stützten - peinlich, aber ansonsten vertraten sie die Positionen der SPD-Spitze: erst ein Friedrich-Naumann-Zitat, dann die Klage, "der geistig-moralische Verfall in Deutschland" schreite "rapide voran, Ellenbogenmentalität macht sich breit, Egoismus und Konsumdenken bestimmen heute unser Handeln" - das hatte doch schon Thierse ebenso beklagt. Weiter schrieben sie: "Für Jugendliche gibt es keine Autoritäten, keine Respektpersonen, Vorbilder und Grenzen mehr" - Glotz hatte den alten Hofgeismarer Heller als Vorbild angepriesen. "Immer mehr Ehen werden geschieden, immer weniger Kinder geboren" - die SPD hatte mit Versprechen auf höheres Kindergeld die Bundestagswahlen gewinnen wollen. "Der Justizapparat, Behörden und Verwaltungen werden immer bürokratischer, Gesetze immer komplizierter" - Scharping und Lafontaine wollen mit Deregulierung und schlankem Staat da Abhilfe schaffen, wo Bürger ihr Recht zu suchen wagen. "Wachsende Kriminalität" beklagten die Hofgeismarer 1994, den Lauschangriff bot Scharping als Lösung an. "Zunehmende Individualisierung", "zerrüttete Familienverhältnisse", "Jugendverwahrlosung, Lehrstellennot und Drogenmißbrauch", "Arberitslosigkeit als Schicksal und Pornos als Ausdruck von Liberalität", "unkontrollierte Zuwanderung" beklagten die Fascho-Jusos, Glotz forderte schon 1989 die Kontrolle der Zuwanderung, dann nehmen Ausländerkinder auch keine Lehrstellen und Arbeitsplätze weg. "Die letzten sozialen Bindungen sind im Begriff sich aufzulösen. Mit dem sozialen Konsens hat sich der kulturelle verflüchtigt. Ein Volk kann aber ohne ein Mindestmaß an Gemeinschaftsbezügen und kultureller Übereinstimmung nicht existieren", meinten die Leipziger in ihrem fünften Rundbrief, denn "ganz sicher sind Sparsamkeit und Verzicht das Gebot der Stunde". 

Die neuen Hofgeismarer genießen den besonderen Schutz Fichters, der sich öffentlich vor sie stellte: "Es muß Schluß sein mit den Ausgrenzungen", meinte er im Juli 1993 gegenüber dem Berliner "Tagesspiegel" und klärte seine Funktion als politischer Pate: "Ohne mich wären die Kinder draußen." Die Gruppe versuchte, über Anzeigen in der "Jungen Freiheit" Mitglieder zu werben, sie wird von der rechtsextremen Presse kontinuierlich aufmerksam beobachtet. So brachte z. B. die Zeitschrift "DESG-Inform" - aus der "Deutsch-Europäischen Studiengesellschaft" DESG, in der Henning Eichberg seine rechtsextreme Karriere begann -, ein Blatt mit Schaltstellenfunktion zwischen dem alten und neuen, dem intellektuellen, nationalrevolutionären und militanten Faschismus von Remer bis Rieger, von Christophersen bis Eichberg, im Januar 1994 einen Artikel über den "Politischen Rundbrief" der Hofgeismarer, in dem es hieß: "Wir empfehlen, diese Grundsätze sehr genau zu studieren. Das sind neue Kräfte, mit denen man zumindest sprechen sollte." 

Die Fascho-Jusos verbinden auf drastische Weise den Rückgriff auf nationalrevolutionäre Positionen seit der Jahrhundertwende mit der aktuellen Sozialabbau-Politik. Sascha Jung dokumentierte im April 1995 im "Politischen Rundbrief" der Gruppe seine Sympathie für die bayrische SPD-Vorsitzende Renate Schmidt, die sich im November 1994 lauthals gegen den angeblichen Sozialmißbrauch vorgewagt und drastische Einschnitte in den Verorgungssystemen gefordert hatte. Ohne Umschweife schließen sich die Hofgeismarer dem "antihedonistischen" Kurs des SPD-Vize Wolfgang Thierse an, dessen Quelle sie im schwärmerisch verehrten "Kriegssozialismus" des Ersten Weltkriegs sehen. Sie passen damit sicher besser in die neuen deutschen Zeiten als die Juso-Linke, die den Kriegsdienst verweigert, und es ist wohl auch kein Zufall, daß die Hofgeismarer ein Männerverein sind. Es gibt schon längst wieder Eliten in Deutschland, die harte Jungs und kernige Helden den hedonistischen Softies vorziehen. Über den Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann, der fatal an Groener, Seeck oder Schleicher erinnert, schrieb "Der Spiegel" im Januar 1995: "'Einen professionellen Stamm von Kämpfern' wünscht sich Naumann, 'Pflichterfüllung' mahnt er an. Es gelte Abschied zu nehmen von 'Hedonismus und Egoismus' in der Gesellschaft" - ob Thierse oder Jung, da klatscht die nationale Riege der SPD Beifall. 

Daß die Hofgeismarer zu ungestüm vorgingen, hier und da den Mund zu weit aufrissen, brachte ihren Führern Jung und Heinze 1994 ein mildes einjähriges Funktionsverbot in der SPD ein, das zudem nach Presseberichten vor Ort nicht eingehalten wurde. Im Urteil des SPD-Schiedsgerichts hieß es, "daß die Position der Antragsgegner (Jung und Heinze, P. K.) mit dem Begriff deutschnational, geschweige denn rechtsextrem oder neonazistisch nicht sachgerecht beschrieben wird" und daß die Medien "in einem für die Schiedskommission erschreckenden Ausmaß unkorrekt, undifferenziert-pauschalisierend, aufbauschend und ungerecht-insinuierend" über die Fascho-Jusos berichtet hätten. Triumphierend schrieb Jung im April 1995, "am 03. Februar um 24.00 Uhr" sei "das einjährige Funktionsverbot gegen Harald Heinze und mich abgelaufen". Und dann legten sie erst einmal kräftig nach. Ein Brief des Kriegshetzers Ludwig Frank vom August 1914 wurde als Juso-Orientierung zitiert: "Die Strapazen der Felddienstübung und des Marsches ertrage ich mühelos. Ich bin froh darüber: Das Blut für das Vaterland fließen zu lassen, ist nicht schwer und umgeben von Romantik und Heldentum." Naumann wird sich freuen. 

Es fließt aber auch anderes Blut, nämlich das der angeblichen Vaterlandsverräter, bis hin zu den Lübecker Sozialdemokraten, die gegen den Synagogen-Anschlag protestiert hatten. Larisch lobte im selben Rundbrief vom April 1995 die österreichische Neonazi-Zeitschrift "Aula", sie habe - wohl im Gegensatz zu der Presse, die die SPD-Schiedskommission kritisierte - "äußerst sachlich und gut informiert" über die neuen Hofgeismarer berichtet; "sowohl Literatur und Presse, als auch unsere eigenen Veröffentlichungen scheinen hier ausschöpfend gesichtet worden zu sein, so daß ein umfassend informierender Artikel entstanden ist." Die österreichische Polizei brachte die Zeitschrift "Aula" mit den Briefbombenattentaten von 1994/95 in Verbindung, die auch die Lübecker SPD-Stadtratsfraktion trafen, und beschlagnahmte schon Anfang März 1995 im Rahmen der Ermittlungen die "Aula"-Abonnenten-Datei. Gegen den "Schriftleiter" des Blattes ist in Österreich ein Gerichtsverfahren wegen verbotener nationalsozialistischer Wiederbetätigung anhängig, nachdem "Aula" die "Auschwitz-Lüge" verbreitet hatte. Doch die Zeitschrift konnte Anfang 1995 ein internes Foto drucken: "Hofgeismar heute: Dr. Michael Rudloff, Markus Glaubig und Sascha Jung im Leipziger Juso-Büro". Rudloff war 1994 Referent des Symposiums der FES und Annemarie Rengers "Kurt-Schumacher-Gesellschaft" über die historischen Hofgeismarer gewesen. Wie mag "Aula" an das interne Foto gekommen sein? Die Wege in dieser Szene waren immer schon kurz, sie sind es bis heute. Der "Aula"-Autor des Hofgeismar-Artikels schreibt auch in der "Jungen Freiheit", die im Januar 1995 einen Artikel von Sascha Jung abdruckte. Den aber wollte Jung im April 1995 nicht autorisiert haben. 

Die Sozialdemokratie braucht offenbar die Leute um Jung, Heinze und Rudloff so sehr wie sie Tilman Fichter und Peter Glotz braucht, deshalb läßt sie sie gewähren, schult sie sogar. Fichter warf in seinem "Nation"-Buch der Linken "antideutschen Rassismus" vor, und so erstaunt es nicht, daß selbst die ausländerfeindlichen Äußerungen der Hofgeismarer zum Rostocker Pogrom eher milde geahndet wurden. Selbst der Juso-Bundesvorstand forderte lediglich ein nicht näher bezeichnetes "Häuflein Junger Sozialdemokraten in Leipzig" auf, "die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten zu verlassen." In der Sitzung des Juso-Bundesausschusses vom September 1992 beantragte der Bundesvorstand dann, den Landesvorsitzenden der sächsischen SPD aufzufordern, erst mal eine Untersuchungskommission einzusetzen. Diese "soll aufklären", hieß es schwammig, "ob vorliegende Sachverhalte zu einem Parteiordnungsverfahren gegen den im sogenannten 'Hofgeismarer Kreis' organisierten Teil der Leipziger Jusos führen können." Rainer Zeimentz, beim Parteivorstand für die Beobachtung des Rechtsextremismus mit zuständig, sah in einem internen Papier vom Juni 1993 die Gefahr deutlicher: "Es muß unbedingt verhindert werden, daß aus dem regionalen Ärgernis der rechten Jusos Leipzig ein Netzwerk für rechte Gesinnung innerhalb der SPD wird." Doch die Mahnung blieb ungehört. 

Niekischs ASP-Zeitung "Der Volksstaat" schätzte 1926 das Verhältnis Hofgeismarer-SPD so ein: "Immer konnte man den Eindruck haben, daß der Parteivorstand sich zwar nicht getraute, sich offen zum nationalen Gedanken und Lebensgewohnheiten zu bekennen, daß er aber mit heimlichem und tätigem Wohlwollen auf die nationalen Bekenntnisse dieses jungsozialistischen Nachwuchses blickte und immer schützend die Hände über ihn halte." Die neuen Hofgeismarer haben nun angekündigt, sich intensiver mit Niekisch zu befassen. (79) 

Antifaschisten unter Beschuß 

"Es ist eine kapitale Fehleinschätzung zu glauben, Rechtsextremismus sei eine Angelegenheit von 'Ewiggestrigen', dumpfdröhnenden Biertisch-Strategen oder verelendeten Skinheads. Themen werden breit aufgenommen und oft bewußt in sprachlicher Nähe zu Sozialdemokraten oder Grünen angegangen (z. B. Ökologie, Renten, Gesundheitsreform, Abrüstung). Dahinter verbergen sich jedoch nur scheinbar deren Ideen. Es ist zu sehr aus dem Blickfeld geraten, daß die deutsche Rechte durchaus Traditionen hat, die sich im Nationalsozialismus nicht durchsetzen konnten, aber ihm sehr wohl in den Sattel geholfen haben. Die Deutsch-Nationalen sind dafür ein Beispiel, der 'linke' Strasser-Flügel der Nazis ein anderes. ... Die pseudowissenschaftlichen Hilfstruppen der extremen Rechten tun ein übriges zur vereinheitlichenden Kontaktpflege: Vom Stahlhelm-Flügel der CDU/CSU bis hin zu alten und neuen Faschisten reicht der Kreis derer, die rechtsaußen Ideologie fleißig diskutieren und hoffähig machen wollen. Zeitschriften wie 'Mut', 'Nation Europa', 'Criticon' oder 'Elemente' sind dafür beredte Zeugnisse." 

Dieser Abschnitt stand Ende der 80er Jahre in einem Flugblatt des SPD-Parteivorstands, "Thema: Rechtsextremismus". Doch was tun, wenn jetzt auch Peter von Oertzen und Oskar Lafontaine in "MUT" schreiben, wie geschehen; oder wenn Peter Glotz dem "Criticon"-Autor Karlheinz Weißmann ausdrücklich zustimmt, wie geschehen; oder wenn "Criticon" den sozialdemokratischen Anti-Antifa-Agitator Wolfgang Kowalsky lobt, wie geschehen; oder wenn Tilman Fichter mit dem Strasser-Flügel Politik macht, wie in der "Denkschrift"-Gruppe bereits geschehen, als das zitierte Flugblatt erschien, und deshalb von Steffen Reiche gelobt wird? Wer diese Entwicklung innerhalb der SPD kritisieren will, muß mit Konsequenzen rechnen. 

Noch bevor das Grundgesetz verabschiedet war, faßte die Partei den Beschluß, daß die Mitgliedschaft in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA), der größten Organisation der Nazi-Opfer, nicht mit der SPD-Mitgliedschaft vereinbar sei. Wer glaubt, das würde sich nun ändern, nachdem ein langjähriges prominentes VVN-Mitglied, der neue Bremer Bürgermeister Henning Scherf, Chef einer SPD-geführten Landesregierung ist, wird enttäuscht werden. Der Unvereinbarkeitsbeschluß zur VVN ist einer der beständigsten Teile sozialdemokratischer Nachkriegspolitik. Die "Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten" (AvS) war ursprünglich ein Konkurrenzunternehmen zur VVN, das sich nach dem Ende der DDR totalitarismustheoretisch erweiterte und sich heute vorwiegend mit den Opfern des Stalinismus befaßt. Sein Vorsitzender Heinz Putzrath schrieb 1989 über die REPs: "Das Programm der Republikaner läßt sie als eine konservative, deutschnationale Partei erscheinen, die auf dem Boden des Grundgesetzes steht und sich von Nationalsozialisten der Vergangenheit distanziert." Im selben Jahr - als REPs und NPD ihre ersten spektakulären Wahlerfolge hatten - sprach sich die AvS rundheraus und undifferenziert gegen antifaschistische Demonstrationen aus; der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Wilfried Penner, warnte ebenso undifferenziert vor jeglichen Verboten neofaschistischer Organisationen. So läßt sich wohl auch dann kein Antifaschismus betreiben, wenn man wollte. 

Der linke Düsseldorfer SPD-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Hansen erfuhr in den 70er Jahren, als mit Willy Brandt ein prominter Antifaschist Bundeskanzler war, was dies in seiner Partei konkret bedeutete. Er hatte von der Bundesregierung verlangt, sich bei den USA dafür einzusetzen, daß das Berliner US-Document-Center mit Millionen Daten über Nazi-Aktivisten aus der Verwaltung der Alliierten in deutsche Hände überführt werde, damit auch deutsche Antifaschisten freien Zugang zu den Dokumenten bekämen, was bis dahin fast nur für Bürger der Kriegssiegerstaaten möglich war. Doch Willy Brandt lehnte ab; es befanden sich zuviele Hinweise auf Personen im US-Document-Center, die inzwischen die Seite gewechselt hatten und sich nach jahrelanger Treue zu den Nazis während des "Dritten Reiches" nun jahrelang als stramme Sozialdemokraten bewährt hatten. Brandt: "Wir wären von allen guten Geistern verlassen, wenn wir ... jetzt anfangen würden, nochmal das, was vor 35 Jahren ein gewisses Ende gehabt hat, aufrollen zu wollen. Das bringt uns innenpolitisch auch nicht einen Millimeter voran." Hansen wurde sogar vor der Bundestagsfraktion vom damaligen Justizminister Hans-Jochen Vogel gemaßregelt, weil er im britischen Fernsehen erklärt hatte, in Deutschland würden ehemalige Nazis von der Bundesregierung gedeckt. 

"Das rechtsextreme Lager wählt mehrheitlich die Unionsparteien und an zweiter Stelle die SPD. Rechtsextreme Parteien mobilisieren dagegen nur einen winzigen Teil des Kuchens", so resümierte 1993 der sozialdemokratische Parteienforscher Richard Stöss von der Freien Universtät Berlin mehrere Studien, die rechtsextreme Einstellungen zum Wahlverhalten in Beziehung setzten. Danach wählten Rechtsextremisten, die mit Hilfe von Einstellungsskalen in Meinungsumfragen identifiziert wurden, zu 25 Prozent die SPD, dagegen nur zu 6 Prozent die "Republikaner". Karl-Heinz Klär brachte 1989 das Buch "Die Wähler der extremen Rechten" heraus, in dem über Umfrageergebnisse zu lesen war: "Zahlreiche Gesprächspartner, die von der SPD zu den Republikanern gewechselt sind, zeigten eine ausgesprochen negative Einstellung gegenüber den westlichen Verbündeten." Als prominente Wechsler machten Schlagzeilen: Werner Müller, als Parteimitglied unter den SPD-Kanzlern Brandt und Schmidt Chef der Abteilung Inland im Bundespresseamt, 1991 zum Chef der Berliner "Republikaner" gewählt, oder der ehemalige Oberbürgermeister von Würzburg, Klaus Zeitler, der 1992 von der SPD zu den REPs übertrat. Solche Entwicklungen, die es ähnlich auch schon in den frühen 30er Jahren gab, gelten in der SPD als Argument dafür, lieber keinen Antifaschismus zu betreiben, sondern die Partei nach rechts zu verschieben, obwohl dies auch schon in den 30ern den Rechtsruck der gesamten Gesellschaft nur beschleunigte statt verhinderte.  (80) 

Heute gibt es beim SPD-Parteivorstand zwar mit Rainer Zeimentz eine Stelle, die sich damit befaßt, den Neofaschismus zu beobachten, ohne ihn so zu benennen. Auch die Bundestagsfraktion hat seit der 12. Legislaturperiode 1990 eine "Projekt-Arbeitsgruppe 'Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt'" eingerichtet, doch ihre Kampfmittel erscheinen zweifelhaft: Einer der Wortführer der Arbeitsgruppe war SPD-MdB Jochen Welt, der sich einen Namen machte als vehementer Verfechter sowohl der Abschaffung des Asylrechts als auch der Errichtung einer elektronischen Überwachung der Oder-Neiße-Grenze auf illegale Flüchtlingsübertritte. "Das Boot ist wirklich voll. Wir lenzen bereits mit aller Kraft. ... Die Gemeinden, speziell die der Ballungsgebiete, können keine neuen Zuwanderer mehr ertragen!", schrieb er schon im Oktober 1990 im "Vorwärts" als Bürgermeister von Recklinghausen, kurz bevor er in den Bundestag einzog und die Änderung des Artikel 16 des Grundgesetzes betrieb. 

Als in ganz Deutschland Unterkünfte von Asylbewerbern und Ausländern brannten, als die Leipziger Fascho-Jusos dafür im Fernsehen Verständnis bekundeten, da klebten fleißige Sozialdemokraten ein multikulturelles Solidaritätsplakat für ausländische Mitbürger. Sein Bildmotiv war als Sympathieträger gedacht, doch es zeigte ein rassisch-buntes Strichmännchen, das verschreckt "Hände hoch" machte. Das Plakat trug den Text "Amigo - Mein Kumpel, mein Freund!" und wollte an die französische "SOS-racisme"-Kampagne "Touche pas à mon pôte!" anknüpfen. Doch es wurde nicht mehr nachgedruckt, als die bayrische Landes-SPD mit Blick auf den Landtagswahlkampf die "Amigo-Affäre" der CSU-Prominenz hochspielte. Sozialdemokratischer Antifaschismus, wenn er gutgemeint ist - das ist wie Pleiten, Pech und Pannen. Die Opfer des Neofaschismus können allerdings nicht darüber lachen. 

Die Partei behandelt die Rechtsentwicklung im wiedervereinigten Deutschland überwiegend als ein Problem gewalttätiger, desorientierter Jugendlicher. Dennoch kürzen die sozialdemokratisch regierten Kommunen zur Zeit ihre Haushalte breit im Bereich der Jugendarbeit. Wenn schon nicht praktisch, dann doch ideologisch: Die SPD setzt auf Sozialarbeit statt darauf, politisch aufzuklären und die "Neue Rechte" ebenso wie die militanten Neonazis aktiv zurückzudrängen, indem sie ihnen ihre Agitations- und Aktionsmöglichkeiten nimmt, wo immer die SPD dies aus der Regierungsverantwortung heraus tun könnte. Die Forderung des langjährigen nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Schnoor, die FAP endlich zu verbieten, war ein Alleingang, für den er in der SPD erst um Zustimmung ringen mußte. Bis hin zu den Jusos stellen die umstrittenen Thesen des Jugendforschers Wilhelm Heitmeyer die Grundlage der Antifa-Arbeit dar: Zerstörte Familien und sich auflösende Sozialmilieus stießen die Jugendlichen in Identitätskrisen, so Heitmeyer, Orientierung und emotionale Sicherheiten suchten sie sich daher beim gewalttätigen Nationalismus, von dem Heitmeyer behauptet, er sei das letzte noch funktionierende Sozialmilieu der Gesellschaft. Als hätten die patriarchal strukturierten Arbeiterfamilien der 20er Jahre oder die muffige Romantik der Bündischen Jugend den Faschismus verhindert! Historisch verlief es wohl eher gegenteilig. Heitmeyers abstruse, konservativ-romantizistische Ideen konnte er zwar in der heutigen Jugend mit den Instrumenten der empirischen Sozialforschung gar nicht abstützen, doch selbst die Nationalrevolutionäre stimmten ihm zu. Herbert Ammon z. B. griff schon länger - auch in der Frage der nationalen Identität - auf den konservativen Psychologen Erik Eriksen zurück, der ein rigides Modell aufeinanderfolgender Entwicklungsstufen der psychischen Identität von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen entwarf, an dessen Ende die glückliche Vater-Mutter-zwei-Kinder-Familie als Kriterium für eine psychisch gesunde Entwicklung der individuellen Identität steht. 

Die Reduktion auf Straßengewalt und Rowdytum fragt nicht mehr nach der strukturellen Gewalt gesellschaftlicher Formierungspolitik. Hans-Jochen Vogel z. B. forderte von der Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger im November 1992 lieber die "strafrechtliche Verfolgung gewaltverherrlichender Lieder von sogenannten Skinhead-Rockgruppen", statt sich mit den Aktivitäten der Hofgeismarer Jusos, Fichters oder Reiches zu befassen, geschweige denn, die Formierungspolitik von Glotz, Thierse und Lafontaine zu kritisieren. Den Gipfel erreichte diese Politik im April 1993, als NG/FH ein Schwerpunktheft zu "Jugend und Gewalt" herausbrachte, das auch einen Artikel über "Rockmusik als Jugendprotest" enthielt. Sein Autor Ulrich Meyer, der als "ausgebildeter Gymnasiallehrer" vorgestellt wurde, warf die Rolling Stones mit den Böhsen Onkelz und Skinhead-Gruppen mit Heavy Metal in einen Topf rechtsextremer Gewaltideologie. Er hatte noch nie etwas von Red Skins gehört, deren Skinhead-Kultur, -Musik und -Texte einen Großteil des antirassistischen Kampfes unter den Jugendlichen in Großbritannien und den USA darstellt und selbst bei linken Jusos eine kleine Basis fand. Am Ende blieb nur ein Gefühl übrig: Die Sozialdemokratie hat ein Jugendproblem.  (81) 

Wo Faschismus nur als Halbstarken-Krawall angesehen wird, braucht man keine Antifaschisten. Der rechte Juso-Bezirk Niederrhein wußte das schon 1990, als er aus der "Landesweiten Konferenz antifaschistischen Initiativen und Organisationen Nordrhein-Westfalens" austrat, weil dort eine Resolution gegen Alfred Mechtersheimer und Tilman Fichter verabschiedet worden war. Die niederrheinische Juso-Sprecherin Silvia Rosendahl - heute Redaktionsmitglied der Zeitschrift "spw" - wandte sich damals ebenso heftig gegen den Begriff Antifaschismus wie gegen die Rede vom Europa der Konzerne. Ihre frühe Anti-Antifa sah sie als Teil eines "gestalterischen Ansatzes" der Jusos "innerhalb der kapitalistischen Gesellschaftsformation", den sie verfocht. Im selben Jahr versuchten reformistische Jusos aus der "Baracke" - der Bonner Parteizentrale, die sich längst von der Bretterbude der 50er Jahre zum Hightech-Bürozentrum entwicklete -, auf Bundesebene einen Zusammenschluß antifaschistischer Gruppen herzustellen, der die antikapitalistische Linke ausgrenzen sollte. Den Kongreß hierzu veranstalteten sie kurz nach der Öffnung der DDR-Grenze, in der emotional aufgewühlten Atmosphäre der "Wir sind ein Volk!"-Demonstrationen, und er war schon gesamtdeutsch geplant, noch bevor die Volkskammer gewählt war, die den Anschluß beschloß. Als Tagungsort wählten sie ausgerechnet ein Symbol des großdeutschen militärischen Expansionismus und des Patriarchats, die Frankfurter Paulskirche. Zwar hing hier nicht mehr eine riesige Germania hinter dem Rednerpult - wie 1848; übrigens die einzige Frau in diesem Parlament, zu dem nur Männer das Wahlrecht hatten! -, dafür saßen in der ersten Reihe Daniel Cohn-Bendit und der damalige Oberbürgermeister Volker Hauff. Cohn-Bendit, der heute für das militärische Eingreifen der Bundeswehr in Bosnien eintritt, hatte schon als Chef der Zeitschrift "Pflasterstrand" den Nazi-Terroristen Manfred Roeder aus dem Knast schreiben lassen, er sei ein politischer Gefangener wie die Mitglieder der RAF und verlange ebenso die vorzeitige Haftentlassung. 1994 solidarisierte sich Cohn-Bendit öffentlich mit der "Jungen Freiheit" gegen den Brandanschlag auf deren Druckerei, der Hofgeismarer Juso Sascha Jung zählte ihn deshalb zu "den wenigen Aufrechten". Hauff wechselte kurzerhand aus dem SPD-Bürgermeister-Büro im Frankfurter Römer als Manager in die Chefetage eines Großkonzerns: deutsche Karrieren. Der Paulskirchen-Kongreß wurde von Linken gesprengt, der Kopf der Juso-Organisatoren, Martin Stadelmeier, wurde Mitarbeiter in Scharpings Mainzer Staatskanzlei. 

Anti-Antifa betreiben heute in der SPD vor allem Armin Pfahl-Traughber, Wolfgang Kowalsky oder Wolfgang Rudzio. Während Pfahl-Traughber in linken sozialdemokratischen Antifa-Initiativen Informationen sammelte, die er dann später als Angestellte der Verfassungsschutzes gut gebrauchen konnte, wurde vor allem Kowalskys Buch "Rechtsaußen ... und die verfehlten Strategien der deutschen Linken", das unter Zitelmanns Lektorat neben Jörg Haiders oder Alfred Mechtersheimers Büchern in der Reihe "Ullstein Report" erschien, zur Bibel derer, die Antifaschisten aus der SPD ausgrenzen. Das weitgehend inhaltsleere Buch besteht vor allem daraus, die Schriften marxistischer Antifaschisten nach Art eines Zettelkastens, aber grob verfälschend, darzustellen, um dann auf die Autoren einzudreschen. Es gipfelt in Empfehlungen wie: "Antifaschismus darf nicht dazu dienen, andere auf den Index zu setzen und Schuldgefühle hervorzurufen." Die Zeitschrift "Criticon" kommentierte: "Für diejenigen Konservativen, welche sich immer noch von der Auschwitz-Keule beeindrucken lassen, ist Kowalskys Buch heilsam." Das rechtsextremistische Blatt "Nation und Europa" fand Kowalskys Buch "eine Lust". Man versteht sich eben. Der antifaschistische Autor Detlev Claussen - wirklich kein Marxist - kritisierte Kowalsky, er betreibe die "Bekämpfung des rechten Extremismus durch Eingemeindung". Rudzio - als SPD-Mitglied 1973 auf eine Professur an der Oldenburger Reform-Universität gehievt - sammelte in den 80er Jahren breit Daten über die geächtete Zusammenarbeit von Sozialdemokraten mit DKP und VVN. Seine Erkenntnisse dienen Zitelmann in dessen Buch "Wohin treibt die Republik?" von 1995 als Beweis für eine Linksdrift, und die "Junge Freiheit" goutierte Rudzios Auftritt gegen die autonome Antifa, den er im März 1995 bei der Hanns-Seidel-Stiftung der CSU hatte, für die auch schon der Nationalrevolutionär Wolfgang Strauss oder der Anti-Antifa-Ideologe Hans-Helmuth Knütter tätig waren.  (82)  

Der Kampf gegen den Neofaschismus hatte schon in den 80er Jahren innerhalb der Sozialdemokratie allenfalls noch eine Feigenblattfunktion. Von den Ortsvereinen bis zur "Baracke" hieß die am meisten fortschrittliche Parole: "Gegen Rechtsextremismus? Laßt das mal die Jusos machen, da können die sich abreagieren!" Einfluß auf die Politik der Partei war so nicht zu gewinnen, Antifa-Arbeit wurde zur geduldeten Spielwiese degradiert. Viele antifaschistische Aktivisten, gerade in linken Juso-Bezirken, haben inzwischen die Konsequenzen daraus gezogen und für ihre Arbeit autonome Strukturen aufgebaut. Die Antwort lokaler Parteigrößen hierauf ist es oftmals, sie dann auch von der Büroinfrastruktur der SPD abzukoppeln: keine elektronischen Schlüsselkarten für die Fotokopiergeräte mehr, keine Portozuschüsse mehr für die Infopost, keine Treffen mehr im Parteibüro. Zig Juso-Initiativen können von solchen Maßnahmen berichten und viele werten sie zähneknirschend wohlwollend als Schikane uninformierter und deshalb unsicherer Parteisekretäre, die aufgrund ihres Angestelltenverhältnisses Angst haben vor der Bonner "Baracke" und der dortigen Mannschaft, die Glotz aus seiner Zeit als Bundesgeschäftsführer der Partei hinterließ: Fichter, Reitz usw. 

Die bisherige Strategie der SPD-Spitze, gerade diejenigen innerparteilich ins Leere laufen zu lassen, die sich an dem alten "Thema: Rechtsextremismus"-Flugblatt des Parteivorstands orientierten und deshalb die einflußreichen Intellektuellen des Neofaschismus - Konservative Revolution, Nationalrevolutinäre, "Neue Rechte" - ins Zentrum ihrer Antifa-Politik stellten, wurde Mitte der 90er Jahre von offener Repression abgelöst. Der Grund dafür, die bisherige lange Leine zur Peitsche umzuwandeln, liegt wohl vor allem darin, daß sich auch prominente Sozialdemokraten in Teilgebieten den Positionen der "Neuen Rechten" angenähert haben. Die Asylpolitik war bisher das bekannteste Beispiel. Allerdings zeigte sie auch - ebenso wie die Militärpolitik gegenüber den Staaten des ehemaligen Jugoslawien -, daß sich die Partei eine liberale Haltung leisten kann: Um im Bundestag die nötigen Mehrheiten für neokonservative Politik zu bekommen, reicht es nämlich aus, wenn nur ein Teil der SPD-Abgeordneten mit CDU/CSU und FDP stimmt, der andere aber zur Pflege des progressiven Images - und ohne jede politische Wirkung - dagegen opponiert. Etliche aus der Bundestagsfraktion, die standhaft auf ihrer Minderheitenposition beharrten und gegen die faktische Abschaffung des Asylrechts stimmten, kehrten dennoch nicht in den 1994 neu gewählten Bundestag zurück. 

Eine Betroffene der neuen Repression war die niedersächsische Abgeordnete Margitta Terborg, die sich auch in der Blauhelm-Debatte der frühen 90er Jahre partout nicht nach rechts bewegen wollte. Allerdings konnte die Parteispitze ihr das Mandat nicht abnehmen, weil Terborg ihren Wahlkreis seit mehr als zehn Jahren immer direkt gewinnt. Dennoch: die Geschäftsführung der SPD-Bundestagsfraktion unter Peter Struck weigerte sich schließlich sogar, Terborgs Pressemitteilungen herauszugeben und zu verteilen, wie es als Dienstleistung der Fraktion für alle ihre Mitglieder üblich ist. "Für die Kriegswütigen eine Fremdenlegion", forderte die Pazifistin darin ironisch und kündigte an, "meinen schießwütigen Kollegen in meiner Partei (zu) empfehlen, bei der Fremdenlegion oder in einem 'Friedenskorps' der NATO, der WEU, der KSZE oder sonstwo anzuheuern, damit sie endlich einmal die Chance haben, einen Krieg selbst zu erleben und zu überleben". Terborg blies nicht in Sonntagsreden auf Friedensschalmeien, sondern wollte praktische Lehren aus den historischen Fehlern der Sozialdemokratie ziehen. In einer weiteren Pressemitteilung schrieb sie in Anspielung auf Ernst Jünger: "Den nächsten Krieg gewinnen wir. Unter dem Etikett der UNO. Und weil offenbar die Mehrheit der Väter in unserer Republik ihre Söhne und Enkel mal wieder in ein 'Stahlgewitter' schicken wollen. Das ehemalige Jugoslawien bietet sich an. Aber auch der Nahe Osten, bald die ehemalige Sowjetunion, und natürlich Afrika liefern Aktionsfelder. ... Als Mutter sage ich: mein Kind wird nicht am nächsten Krieg unter UNO-Flagge teilnehmen. Und ich hoffe, daß die Mehrzahl der Mütter in Deutschland ebenso denkt." Über ihrer Erklärung stand: "Folgender Artikel durfte im SPD-Pressedienst nicht erscheinen. Die Fraktion hat es auch abgelehnt, ihn zu verteilen." 

Die Bedeutung der Konservativen Revolution in der SPD erkennt man weniger an verquasten Formulierungen aus jugendlichem Sturm und Drang der Hofgeismarer, als vielmehr an der Reaktion der Parteispitze auf antifaschistische Kritik. Den Zusammenhang mancher Entwicklungen innerhalb der historischen Sozialdemokratie zum Faschimus hin zu klären, ist nicht erwünscht, Verantwortung dafür zu übernehmen, nicht attraktiv, daraus für die heutige Politik zu lernen, nicht opportun. Diese Aufgabe der "Historischen Kommission beim Parteivorstand der SPD" bleibt unerledigt, um das Image eines monolithischen antifaschistischen Widerstands zwischen 1933 und 1945 nicht zu gefährden, das diejenigen nach 1945 von sich aufbauten, die 1933 im Reichstag für die "Friedensresolution" Hitlers gestimmt hatten. Ein offensives Schuldbekenntnis müßte einer breiten Diskussion vorangehen, die sich mit dem Einfluß der "Neuen Rechten" und der sie tragenden Kapitalfraktionen auf die SPD-Politik beschäftigt und die Gefahren klarmacht. Es würde dann deutlich, wie wenig "historisch" diese Entwicklungen sind. Doch der Lerneffekt für die weitgehend uninformierte Mitgliedschaft wäre denen zu groß, die schon Mühe hatten, die Asylrechts- und Kriegseinsatz-Wende durchzusetzen. 

Zu viele Menschen an der Parteibasis sind antifaschistisch orientiert und würden diejenigen davonjagen, die Positionen der Konservativen Revolution seit Jahren dulden und befördern. Den Parteivorständen ist das zu gefährlich. Wenn nationale Solidarität eingefordert wird, um Sozialabbau zugunsten der Konzerne zu betreiben, wäre eine solche Aufarbeitung der eigenen Geschichte kontraproduktiv. Nicht Abgrenzung, sondern Reinigung und Wiederverwendung ist deshalb die Politik einer Partei, die stolz auf den Mitgliedsbeitrag des Daimler-Benz-Vorstandvorsitzenden ist. Die SPD ist eben bis weit in ihren linken Flügel hinein keine durchgehend emanzipatorische Partei, geschweige denn eine des demokratischen Sozialismus. Wo man heute aufgrund der Untersuchungen anderer nicht umhin kann, sich kritisch zu distanzieren - wie bei der Lensch-Gruppe oder Niekisch -, da wird dann eben "historisiert" und mehr differenziert, als es die damaligen sozialdemokratischen Zeitgenossen aus eigener Beobachtung taten. Jedenfalls darf der übergreifende Zusammenhang nicht kenntlich werden. 

Innerparteiliche Ansätze der Aufarbeitung wurden immer wieder administrativ unterbunden, die Bedeutung des Zusammenhanges zu den Rechten und extremen Rechten heruntergespielt. Die Historikerin Helga Grebing empfand 1993 im "Vorwärts" die Sehnsucht Fichters nach den "linken Leuten von rechts" lediglich als ein "unfreiwilliges Bonmot". Die fehlende Selbstkritik erleichtert es heute den Apologeten, unerkannt auf die alten Konzepte zurückzugreifen. Schon 1986 und 1987 veröffentlichte der "Sozialdemokratische Pressedienst" die nationalrevolutionären Hintergründe der Ammon/Fichter-Gruppen. Daraufhin machten beide in der Partei mobil, und Willy Brandt schrieb Ammon einen tröstenden Brief: Er hoffe, daß die wiederkehrenden Veröffentlichungen Ammon nicht schaden würden. Ammon, Schweisfurth und andere aus ihrem Umfeld erhielten nach etlichen Enthüllungsartikeln in der sozialdemokratischen Presse immer wieder die Möglichkeit, ihre Bündnispolitik mit Neofaschisten in eigenen Beiträgen zu rechtfertigen. Inzwischen sind sie den Weg zu Ende gegangen, den die "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus" und ihr Nachfolger, das "Bonner Institut für Faschismus-Forschung und Antifaschistische Aktion", in etlichen Veröffentlichungen seit den 80er Jahren beschrieben haben: Schweisfurth zu Benoist und "Großdeutschland", Ammon zur "Jungen Freiheit", Stolz zu "MUT", Mechtersheimer und Schmidt-Eenboom zum Umfeld der "Auschwitz-Lügner"-Szene, Fichter zu Zitelmann und Fleissner usw. 

Als 1987 ein Artikel, der noch einmal die Personenbündnisse von Peter Brandt über Henning Eichberg bis Wolf Schenke darstellte, im sozialdemokratischen Pressedienst "ppp" erschienen war, schrieb der Chefredakteur des Pressedienstes, Helmut G. Schmidt, an Fichter: "Ich übernehme die volle politische Verantwortung für diesen Vorfall und habe heute Willy Brandt den Rücktritt von allen meinen Funktionen angeboten." Statt dessen trat Brandt kurz darauf selbst zurück, allerdings wegen der innerparteilichen Proteste gegen die Griechin Margarita Mathiopoulos, die Brandt zur Pressesprecherin der deutschen SPD hatte machen wollen. Welchen Strum im Wasserglas mußte es gegeben haben, wenn Schmidt wegen eines Artikels, der Fichters Zusammenarbeit mit Nationalrevolutionären darstellte, sogleich seinen Rücktritt anbot! Seitdem durfte in keinem SPD-Blatt mehr über die Verbindungen Fichters, Ammons und Peter Brandts zum Neofaschismus geschrieben werden. Lediglich zu den neuen Hofgeismarern brachte der Pressedienst "blick nach rechts" der SPD noch ein paar kritische Anmerkungen. Daß jeder öffentliche Hinweis auf die Nähe von Peter Glotz oder Wolfgang Thierse zu den Positionen der Konservativen Revolution den sofortigen Rauswurf des Verantwortlichen zur Folge hätte, daran besteht in der Bonner Parteizentrale ebensowenig ein Zweifel wie in der SPD-Bundestagsfraktion. 

Hier waren es bisher vor allem die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Peter Struck, Rudolf Dreßler und bis zur Wahl 1994 Renate Schmidt, die Nibelungentreue verlangten und dabei halfen, Vertreter des linken Parteiflügels nicht etwa nur kaltzustellen, sondern kurzerhand hinauszuwerfen. Struck hatte schon die Asyl- und Blauhelm-Wende in der Fraktion durchgesetzt, Dreßler hatte in Verhandlungen mit den Fraktionen der Regierungskoalition Sozialkürzungen zustimmungsfähig gemacht, die bayrische SPD-Landesvorsitzende Schmidt begann nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag die innerparteiliche Debatte um den angeblichen Mißbrauch von Sozialleistungen. 

Hans-Jochen Vogel, früherer Partei- und Fraktionsvorsitzender, unter dem Fichter Karriere machte, hielt die schützende Hand über den Bildungsreferenten, nachdem es am Rande des Wiesbadener Parteitags im November 1993 Proteste gegen Fichter gegeben hatte. Vogel übte hinter den Kulissen erfolgreich Druck gegen Kritiker aus und war auch in der Bundestagsfraktion bemüht, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die vor den Bündnispartnern des Neofaschismus in der SPD warnten. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Friedrich-Ebert-Stiftung, Jürgen Burckhardt, schaltete sich bereits im September 1993 ein und verlangte in einem Brief an Struck Konsequenzen, damit die FES nicht länger wegen ihrer Unterstützung der Nationalrevolutionäre öffentlich angegriffen werde. Wer es wagte, die FES-Einladungen an Ammon oder Mechtersheimer zu kritisieren, sei "aus unserer Sicht ... mehr ein Fall für eine psychologische Beratung ..., denn für eine ernsthafte politische Auseinandersetzung", so Burckhardt am 15. September 1993 an den "lieben Peter" Struck, "mit freundlichen Grüßen Dein Jürgen." Diese Art, eine politische Auseinandersetzung zu führen, ist nicht neu in Deutschland. 

Die Mitarbeiter der SPD-Bundestagsabgeordneten beschlossen im Dezember 1993 auf einer Vollversammlung mit Zweidrittelmehrheit ein Papier, daß öffentliche Kritik an Tilman Fichter verurteilte. Sein Name wurde in dem Papier ausdrücklich genannt. Nachdem in der Partei und in der Presse die Debatte um Fichters Politik anhielt, versuchte man offenbar überall, Verteidigungslinien aufzubauen. Die Fraktionsspitze hatte von den MdB-Mitarbeitern eine solche Distanzierung abverlangt und mit beruflichen Konsequenzen gedroht, wenn sie nicht erfolge. Nur eine Minderheit widersetzte sich zaghaft dem absurden Ansinnen, das in einer emotional aufgeheizten Atmosphäre und ohne jede Debatte über Fichters Politik durchgepaukt wurde. 

Im März 1994 dann fand sich ein eigenartiges Quintett zusammen, das gemeinsam initiativ wurde und forderte, innerparteiliche Kritik an ihrer Zusammenarbeit mit Neofaschisten müsse von höchsten Stellen administrativ unterbunden werden: Peter Brandt, Tilman Fichter, Erich Schmidt-Eenboom, der Europaabgeordnete Dieter Schinzel und Helmut Lölhöffel, ein SPD-naher, mit Struck und Dreßler befreundeter Journalist, dessen Nazi-Kontakte aufgedeckt und sogar gerichtlich bestätigt worden waren. Sie verlangten nun in einem gemeinsamen Brief an Struck, sozialdemokratische Antifaschisten rauszuwerfen, die weiterhin über ihre Rechtsaußen-Politik berichteten. Struck solle "darauf hinwirken, daß diese Aktivitäten nicht aus der SPD heraus fortgeführt werden". 

Die Herren hatten allen Grund, das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen, denn ihr Milieu war nicht nur rechts, es wurde zunehmend kriminell. Schinzel hatte sich Ende 1993 von Mechtersheimer als "Präsident" eines "Deutsch-Arabischen Friedenswerkes" (DAF) werben lassen, das im wesentlichen durch die Ideen Mechtersheimers, Eichbergs und von Rolf Stolz bestimmt wurde. Mechtersheimer führte das DAF aus seinem "Friedenskomitee 2000"-Büro heraus. Über die Finanzierung der Organisation wurde deshalb sofort in die Richtung der Gaddafi-Dollars spekuliert, die an Mechtersheimer geflossen sein sollten. Ungefragt, aber per Einschreiben, schrieb Mechtersheimer am 24. Oktober 1994 einen Brief an den Verfasser des vorliegenden Buches. Libysches Geld aus der "Muhammar-al-Gaddafi-Stiftung" stecke nicht "im DAF-Projekt", beeilte er sich zu bekunden. Was es mit der Million Dollar von Gaddafi auf sich hatte, die seine früheren Kollegen aus dem "Forschungsinstitut für Friedenspolitik e. V." - darunter Schmidt-Eenboom - ihm im Oktober 1994 in Zeitschrift "Wissenschaft und Frieden" persönlich definitiv zugerechnet hatten, dazu nahm Mechtersheimer jedoch nicht Stellung. Immerhin gibt für den Beirat der Zeitschrift mit Dieter Senghaas, Ekkehart Krippendorff, Jörg Huffschmidt oder Ulrich Albrecht die Spitze linker Wissenschaft in Deutschland ihre Namen. "Aus der Tatsache, daß ich mehrere andere unrichtige Behauptungen nicht richtigstelle, können Sie nicht schließen, daß sie den Tatsachen entsprechen", lautete Mechtersheimers kryptische Bemerkung. 

Mechtersheimer vertrieb 1993 über das DAF neben Eichberg-Äußerungen auch Literatur aus der rechtsextremistischen "Verlagsgesellschaft Berg" des Gerd Sudholt. Das Mitglied des Europäischen Parlaments Dieter Schinzel, inzwischen Präsident des DAF, galt als linker Sozialdemokrat, hatte als Mitglied des Aachener Stadtrats entgegen der Politik des SPD-Oberbürgermeisters Jürgen Linden den Aufbau des islamischen Kulturzentrums unterstützt und war aus gemeinsamen Straßburger EP-Zeiten mit Wieczorek-Zeul befreundet, die Autorin eines Sudholt-Buches ist. Als Präsident der seriösen "Deutsch-Arabischen Gesellschaft" wurde Schinzel vom Vorstand wegen finanzieller Probleme abgesetzt. Die Aachener Lokalpresse und das bundesweite Wirtschaftsmagazin "Capital" berichteten 1993 über ihn, er sei in Millionenhöhe verschuldet und versuche, mit zweifelhaften Methoden in arabischen Ländern zu Geld zu kommen. In Spielcasinos und auf dem Immobilienmarkt sei er "ein bekannter Zocker und Pleitier", schrieben die Journalisten, politisch und beim Glücksspiel werde er unterstützt von der Abgeordneten Ulla Schmidt, die in ihrem Aachener Bundestagswahlkreis als lebenslustig bekannt ist und gerade von Scharping als frauenpolitische Sprecherin in die Wahlkampfkommission geholt worden war. Schinzel habe mehr als die Hälfte der Sitzungen des Straßburger Parlaments geschwänzt und sei "Deutschlands faulster Europaabgeordneter", schrieb die "FAZ". "Friedenswerk" hin oder her, die "Aachener Volkszeitung" berichtete im Januar 1995, Schinzel habe im Konkursverfahren vor dem Aachener Amtsgericht beteuert, bald wieder zu Geld zu kommen und seine Schulden zu bezahlen, denn er mache Geschäfte "in Krisengebieten dieser Welt". 

Wenige Wochen, nachdem das Quintett Schinzel, Fichter, Brandt, Schmidt-Eenboom und Lölhöffel - wohl in der Hoffnung, durch innerparteiliche Repression aus den Antifa-Schlagzeilen zu kommen - ihren Brief an Struck geschrieben hatten, schlug die Öffentlichkeit wieder zu, diesmal in Gestalt der Staatsgewalt: DAF-Präsident und SPD-MdEP Schinzel wurde in flagranti verhaftet und beschuldigt, versucht zu haben, mehrere Millionen gefälschter Schweizer Franken zu verkaufen. Ein V-Mann der Polizei hatte den Deal auffliegen lassen. Wochenlang saß Schinzel in Untersuchungshaft und wurde nur gegen Meldeauflagen bis zum Prozeß entlassen. Die undurchsichtige Agentenaffäre harrt noch der strafrechtlichen Aufklärung. 

Tilman Fichter hatte besseres zu tun. Im März 1994, eine Woche nach der gemeinsamen Antifa-raus!-Forderung gegenüber Struck, sagte er der "taz" in einem Interview, er habe in der Partei keine Schwierigkeiten wegen seiner rechten Politik: "Die heutige SPD ist eine erstaunlich liberale Partei. ... Ich trete seit vielen Jahren für die Freiheit der Andersdenkenden ein. ... Rosa Luxemburg hat recht, wenn sie sagt, daß Freiheit nicht nur ein hohes Gut für die eigenen Leute ist, sondern auch für die Andersdenkenden."  (83)  

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Anmerkungen: 
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(65) "Deutsche Nationalzeitung" 29. 1. 1993. 
Mechtersheimer, A.: Bereitet Multikulturalität dem Rassismus den Weg?, in "Welt am Sonntag" 11. 7. 1993. 
Schacht, U.: Was Strauss, Enzensberger, Walser und Stich gemein haben ..., in "Welt am Sonntag" 4. 7. 1993. 
Vgl. a. ders.: Gewissen ist Macht. Notwendige Reden, Essays, Kritiken zur Literatur und Politik in Deutschland, München 1992. 
Fichter zu Wehner: Leserbrief in "FAZ" 10. 2. 1994. 
Fichter, T.: Die SPD und die Nation, Berlin 1993. 
Fichter, T. u. S. Lönnendonker: Was in zehn Jahren unter Studenten geschah, in "stichwort" Nr. 3/1981. 
Stengel-von Rutkowski in "stichwort" Nr. 4/1981. 
Zu den Verbindungen SPD-"Deutsche Unitarier" vgl. P. Kratz, Die Götter des New Age. Im Schnittpunkt von "Neuem Denken", Faschismus und Romantik, Berlin 1994. 
Großheim, M., K. Weißmann u. R. Zitelmann: Westbindung: Chancen und Risiken für Deutschland, Berlin 1993. 
Fichter, T.: Fragen an Erich Kuby, in "taz" 12. 10. 1989. 
Zu "APM" vgl. Verfassungsschutzbericht des Bundesinnenministers 1972. 
(66) Glotz-Distanzierung von Fichter, Oertzen-Solidarität: "Frankfurter Rundschau" 22. 3. 1994 und 23. 3. 1994. 
Oertzen, P. v.: Braucht Deutschland eine Hauptstadt?, in "MUT" Nr. 281, Januar 1991. 
Streitgespräch Glotz-Oertzen in NG/FH, Nr. 9/1988. 
Fichter, T.: Sich selbst den Blick auf die Hohlheit des SED-Regimes verstellt, in "FAZ" 25. 7. 1990. 
Ders.: Kein kultureller Bezug zur Freiheit, in "taz" 23. 3. 1992. 
Zu Fichter/SDS vgl.: Fichter, T. u. S. Lönnendonker: Kleine Geschichte des SDS, Berlin 1977; Fichter, T.: Vom linken Offiziersbund zur Revolte. Vier SDS-Generationen, in: Seifert, J. u. a. (Hrsg.): Soziale oder sozialistische Demokratie, Marburg 1989. 
"Zeughaus": "Berliner Zeitung" 20. 8. 1993; "Das Ostpreußenblatt" 18. 8. 1993; "Berliner Morgenpost" 20. 8. 1993. 
Fichter, T.: Die Gewalt entwaffnen, in "Geistige Welt", "Die Welt" 26. 2. 1994; Nachdruck "Bosnien - Krieg ohne Ende?" in NG/FH, Nr. 5/1994. 
(67) Vgl. für diesen Abschnitt: Kratz, P.: Die nationalrevolutionäre Connection: Gaddafi-Mechtersheimer-Schonhuber. Quellen und rotgrüne Querverbindungen neofaschistischer Deutschland-Vereiniger, hrsgg. von der "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus", Bonn 1990. 
Vgl. a. Kratz, P.: Friedensvertragsdiskussion: Ein nationalistisches Gleis der Friedensbewegung, in "Blätter für deutsche und internationale Politik" Nr. 2/1987; ders.: Von Grün bis links: Deutsche Frage über alles. Und die rechte Antwort, in "Bonner Stattzeitung De Schnüss" Nr, 6/1985. 
Mechtersheimer, A.: Friedensmacht Deutschland. Plädoyer für einen Patriotismus, Berlin 1993. 
Zeitschrift "Frieden 2000" Nr. 1-2/1993. 
REPs/Mechtersheimer: "FAZ" 16. 2. 1994. 
"Unabhängige Ökologen": Zeitschrift "Ökologie" Nr. 1/1994. 
"Deutsche National-Zeitung" 30. 9. 1994. 
Südwestfunk: Unkorrigiertes Manuskript der Sendung "report Baden-Baden" vom 8. 8. 1994. 
(68) Ammon, H. u. Th. Schweisfurth: Friedensvertrag, Deutsche Konföderation, Europäisches Sicherheitssystem. Denkschrift zur Verwirklichung einer europäischen Friedensordnung, Starnberg 1985. 
(69) Vgl. Kratz, P.: Pläne zur deutschen Konföderation im bundesdeutschen Rechtsextremismus: Wolf Schenke und August Hausleiter, hrsgg. von der "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus", Bonn 1986; Stöss, R.: Vom Nationalismus zum Umweltschutz. Die Deutsche Gemeinschaft/Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher im Parteiensystem der Bundesrepublik, Opladen 1980; ders. (Hrsg.): Parteien-Handbuch, Opladen 1986. 
Dohse, R.: Der Dritte Weg. Neutralitätsbestrebungen in Westdeutschland zwischen 1945 und 1955, Hamburg 1974. 
Zu NP und VDNV vgl.: Erfahrungsbericht über die Beobachtungen der Ämter für Verfassungsschutz im Jahre 1968, hrsgg. vom Bundesministerium des Innern, Bonn 1969. 
Groh, D. und P. Brandt: "Vaterlandslose Gesellen", München 1992. 
(70) Anzeige "Der Frieden retten..." in "Frankfurter Rundschau" 3. 2. 1984. 
Zu Schweisfurth vgl. "Burschenschaftliche Blätter" Nr. 8/1985; 
Nr. 5/1987. 
Zum GDS vgl.: Kratz, P. und H. Meyer: "Deutsche Recken fegen durch's Punker-Gesindel", in "taz" 20. 8. 1986; ders.: Bundesmittel für rechten Studentenverband, in "taz" 10. 6. 1987. Aufgrund der Berichte wurden dem GDS von der damaligen Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, Rita Süssmuth, Zuschüsse aus dem Bundesetat gestrichen. 
Schweisfurth, Th.: "In Moskau hat sich etwas vollzogen ...", in "FAZ" 24. 9. 1994. 
(71) Stolz, R.: Deutsche und Ausländer in Deutschland - welche Zukunft?, in "Frieden 2000" Nr. 3-4/1993. Nachdruck in der DJO-Zeitschrift "Der Pfeil". 
Ders.: Offene Grenzen, Grenzen der Offenheit, in "MUT", April 1991. 
Zur PO vgl. "blick nach rechts" (Sozialdemokratischer Pressedienst) 23. 11. 1987. 
Schmidt-Eenboom, E. u. J. Angerer (Hrsg.): Siegermacht Nato, 
Berg 1993. 
Schmidt-Eenboom, E.: "Friedensbewegung NPD", in "Mediatus" 
Nr. 6/1989. 
Mechtersheimer, A., F. Miller und E. Schmidt-Eenboom: Friedensplattform '87, in "wir selbst" Nr. 4, Oktober 1985. 
Eichberg, H.: Herausforderungen der europäischen Identität, in "Mediatus" Nr. 10/1989. 
Zu "wir selbst" vgl. Starke, F. Chr.: Analyse der nationalrevolutionären Zeitschrift "wir selbst" und ihres politischen Umfeldes, Seminararbeit am Seminar für politische Wissenschaft der Pädagogischen Fakultät der Universität Bonn, 1988. 
Gerster, F.: Über Günter Kießlings Modell der Wiedervereinigung: Perspektivisch und reaktionär zugleich, in "Vorwärts" Nr. 11/1989. 
Die rechtsextreme Zeitschrift "Diagnosen" zitierte im Juni 1983 einen Nationalrevolutionär mit den Worten: "Die Leute, die am direktesten mit Gaddafi zusammenarbeiten und auch eine Menge Geld von ihm bekommen, sind die Leute um die Zeitschrift 'Wir Selbst' in Koblenz." 
Gaddafi-Dollars an Mechtersheimer: vgl. Zeitschrift "Wissenschaft und Frieden" Nr. 3/1994. 
Brandt-Leserbrief: "Der Spiegel" Nr. 14/1995. 
(72) Bühlow, A. von: Strategie vertrauensschaffender Sicherheitsstrukturen in Europa. Wege zur Sicherheitspartnerschaft (Bühlow-Papier), hekt. 1985. 
Pressemitteilung Clement vom 10. 9. 1985. 
Schmähling und Wieczorek-Zeul nach "NRZ" im "Pressespiegel der SPD" vom 24. 12. 1988 bis 1. 1. 1989. 
"Denkschrift"-Dokumentation in "Frankfurter Rundschau" 17. 4. 1985. 
"Aufrufe zum Frieden", hrsgg. vom Vorstand der SPD, Bonn 1987. 
Brandt, P. und G. Minnerup: Osteuropa und die deutsche Frage, in NG/FH, 1987, S. 722-734. 
E. Jesse: Der "dritte Weg" in der deutschen Frage, in "Deutschland-Archiv" Nr. 5/1989. 
(73) Schüddekopf, O. E.: Linke Leute von rechts, Stuttgart 1960. 
Vgl. Lüpke, R.: Zwischen Marx und Wandervogel. Die Jungsozialisten in der Weimarer Republik 1919-1931, Marburg 1984; Walter, F.: Jungsozialisten in der Weimarer Republik. Mit einer Einleitung von Michael Scholing, Kassel 1983. (Das Buch enthält zahlreiche falsche Angaben und Fehldeutungen.); ders.: Nationale Romantik und revolutionärer Mythos. Politik und Lebensweisen im frühen Weimarer Jungsozialismus, Berlin 1986. (Das Buch ist den Hofgeismarern noch freundlicher gesonnen als das von 1983.) Lüpke wurde dem Stamokap-Flügel der Jusos zugerechnet, Walter zählte zum reformistischen Flügel und wanderte inzwischen zur äußersten Rechten in der SPD. 
Engelhard, V.: Die nationale Frage im Jungsozialismus, in "Sozialistische Monatshefte", Jg. 1926. 
Zu Deist vgl. Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1982, Bonn 1983. 
Weltzer, J.: Nationalistischer Einfluß in der SPD von 1917 bis 1926. Ernst Niekisch, der "Hofgeismarkreis der Jungsozialisten" und die "Alte sozialdemokratische Partei", Universität Bielefeld 1993. 
(74) Heller, H.: Sozialismus und Nation, Berlin 1925. 
Glotz, P. und W. R. Langenbucher: Vorbilder für Deutsche, München 1974, 1986. 
Reitz, R.: Christen und Sozialdemokratie, Stuttgart 1983. 
Fichter zu Pareto z. B. "Holiday as usual", in "taz" 7. 8. 1990; "Implosion im Hinterhof", in "Frankfurter Rundschau" 17. 8. 1991. 
Reitz, R.: Die Bewegungskultur des Protestantismus, in "Vorwärts" Nr. 8/1989. 
(75) Niekisch, E.: Politik und Idee, Dresden 1929. 
Ders.: Gedanken über deutsche Politik, Dresden 1929. 
Zum Antifeminismus und der Mannerbündelei in der Jugendbewegung der 20er Jahre, aus der der Hofgeismarkreis und Niekisch Anhänger rekrutierten, vgl. das grundlegende Buch von Geuter, U.: Homosexualität in der deutschen Jugendbewegung. Jungenfreundschaft und Sexualität im Diskurs von Jugendbewegung, Psychoanalyse und Jugendpsychologie am Beginn des 20. Jahrunderts, Frankfurt a. M. 1994. 
(76) Niekiesch, E.: Entscheidung, Berlin 1930. 
Ders.: Hitler - ein deutsches Verhängnis, Berlin 1932. 
Zur ASP vgl. Weltzer. 
(77) Sauermann, U.: Ernst Niekisch - Zwischen allen Fronten, München 1980. 
Osterroth, F.: Der Hofgeismarkreis der Jungsozialisten, in "Archiv für Sozialgeschichte", 1964, S. 525-569. 
Ammon, H.: Vom Umgang mit der Wahrheit zu höherem Zweck (Niekisch-Ehrenerklärung), in: "Materialbrief Deutsche Proleme - Probleme mit Deutschland", hrsgg. v. Rolf Stolz und Reinhard Hesse, Nr. 8/9, Februar 1987. 
Oschilewski, W. G.: "Junge Menschen"-Faksimile-Druck, Frankfurt a. M. 1981. 
Engelmann, B.: Vorwärts und nicht vergessen, München 1984. Das Buch enthält zahlreiche Fehler über die Hofgeismarer. 
(78) Scholing, M.: Hitzige Debatten am Osterfeuer, in "Vorwärts" Nr. 3/1993. 
Ders.: "Den Mund zu voll genommen", Interview mit SPD-MdB Gernot Erler, in "Vorwärts" Nr. 11/1991. 
Rathmann nach "Kieler Nachrichten" 3. 1. 1995 und 6. 1. 1995; vgl. a. Osterroth; Weltzer; Walter 1983. 
Rathmann, A.: Hofgeismarer und Hannoveraner Jungsozialisten, in NG, Nr 10/1984. 
(79) Leuschen-Seppel, R.: Sozialdemokratie und Antisemitismus im Kaiserreich, Bonn 1978. 
Warum Hofgeismarer Kreis? (Grundsatzerklärung), hekt., Leipzig 1992. 
Politischer Rundbrief des Hofgeismarkreises der Jungsozialisten Deutschlands, Nrn. 1 bis 6, November 1993 bis April 1995. 
Haudry, J.: Die indoeuropäische Tradition als Wurzel unserer Identität, in: Krebs, P. (Hrsg.): Mut zur Identität, Struckum 1988. 
"Der Tagesspiegel" 16. 7. 1993. 
Fichter, T.: "Fascho-Jusos" in Sachsen?, in NG/FH, Nr. 8/1993; Abdruck in "antiFA Materialien", Juso-Informationsdienst, Nr. 3, September 1993. 
"DESG-Inform" Nr. 1/1994. 
Naumann nach "Der Spiegel" Nr. 5/1995. 
"Aula" Nr. 1/1995: Die Linke und ihre Nation. 
Zeimentz, R.: Zusammenstellung zu den Vorgängen um den sog. "Hofgeismarkreis" innerhalb der Jusos, hekt., 1993. 
"Volksstaat" 25. 10. 1926, zit. n. Weltzer. 
(80) "Thema: Rechtsextremismus", sechsseitiges Flugblatt des SPD-Parteivorstands, o. J. (1989). 
Hansen. K.-H.: Az. NSDAP, in "Konkret" Nr. 4/1992. 
Putzrath, H.: Die Republikaner, in "Sozialdemokratischer Pressedienst" 22. 6. 1989. 
Pressemitteilung AvS vom 19. 5. 1989. 
Penner nach "ppp" 11. 5. 1989. 
Stöss, R.: Rechtsextremismus und Wahlen in der Bundesrepublik, in "Aus Politik und Zeitgeschichte" 12. 3. 1993 
Klär, K.-H. u. a.: Die Wähler der extremen Rechten, Bonn 1989. 
Müller und Zeitler nach "Der Spiegel" Nr. 26/1992. 
(81) Welt, J.: Sichtwechsel, Kurswechsel: Asyl, in "Vorwärts" Nr. 10/1990. 
Zu Heitmeyer vgl.: Döhmann, U., A. Garcia und P. Kratz: Streitschrift gegen Leggewisierung und Heitmeyerei im Antifaschismus, hrsgg. von der "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus", Bonn 1989. 
Vogel zu Skinhead-Bands: Pressemitteilung vom 17. 12. 1992. 
Meyer, U.: Rockmusik und Jugendprotest, in NG/FH, Nr. 4/1993. 
(82) Rosendahl: Brief an die Juso-Bezirke, im Archiv des BIFFF.... 
Zu Cohn-Bendit: Sascha Jung in "Politischer Rundbrief" Nr. 6, April 1995. 
Kowalsky, W.: Rechtsaußen ... und die verfehlten Strategien der deutschen Linken, Berlin 1992. 
Zu Kowalsky vgl.: von konkret, in "Konkret" Nr. 2/1993. 
Zu Rudzio vgl. "Der Rechte Rand" Nr. 34, April/Mai 1995. 
Zu W. Strauss und H.-H. Knütter vgl. Gutjahr-Löser, P. und Klaus Hornung: Politisch-Pädagogisches Handwörterbuch, Berichte und Studien der Hanns-Seidel-Stiftung, Percha 1985. 
Zitelmann, R.: Wohin treibt unsere Republik?, Berlin 1995. 
(83) Pressemitteilungen von M. Terborg 1992/93 im Archiv des BIFFF... 
Grebing, H.: Sozialismus geht - Nation kommt?, in "Vorwärts" Nr. 12/1993. 
"Nationalrevolutionäre suchen Einfluß auf die Friedensbewegung", in "blick nach rechts" (Sozialdemokratischer Pressedienst) 1. 4. 1986. 
"Die Grundlagen der geistig-moralischen Wende. Sozialabbau, Geschichtsrevision und Museumsstifterei", vier Teile in "Sozialdemokratischer Pressedienst ppp, Hintergrund-Dienst" 9. 2., 11. 2., 18. 2. und 20. 2. 1987. 
Brief von Burckhardt an Struck 1993 im Archiv des BIFFF... 
Resolution der SPD-MdB-Mitarbeiter 1993 im Archiv des BIFFF... 
Brief von Brandt, Fichter, Lölhöffel, Schinzel und Schmidt-Eenboom an Struck 1994 im Archiv des BIFFF... 
Brief von Mechtersheimer an Verf. 1994 im Archiv des BIFFF... 
Zur Schinzel-Affäre z. B.: "Capital" Nr. 5/1993, "Aachener Volkszeitung" 23. 9. 1993, "FAZ" zit. n. "Aachener Volkszeitung" 1. 6. 1994, "Focus" 6. 7. 1994, "Aachener Volkszeitung" 17. 1. 1995, "stern" 16. 3. 1995. 
Fichter im "taz"-Interview, "taz" 26. 3. 1994. 

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