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Faschistische Folter als Lustgewinn,
eugenische Tradition als "patriotisches Unterfangen",
und Wowereit schreibt schon wieder ein Grußwort:
 
Orgasmen in der "Papageienschaukel"
 
Was es über Sadomasochismus aus antifaschistischer Sicht zu
sagen gibt, haben Max Horkheimer und Theodor W. Adorno gesagt.
Die Schwulen- und Lesbenszene will es nicht begreifen
und ehrt erneut den Eugeniker Magnus Hirschfeld.

Das BIFFF... beobachtet schon seit vielen Jahren die Beziehungen zwischen Faschismus und Gewaltsexualität. Zum Beispiel:
Als 1989 in Berlin die erste deutschlandweite Schwulenzeitschrift, "magnus", gegründet worden war, boten wir dem Redaktionsleiter Bernd Offermann, der händeringend nach kompetenten Autoren suchte, einen Artikel zum Thema "Neofaschismus in der schwulen Fetisch-Szene" an. Nach anfänglichem Interesse - in der Schweiz war das Thema bereits in der Leder-Szene diskutiert worden - lehnte Offermann ab: das könne man jetzt nicht bringen, die Zeitschrift sei noch zu jung, dann habe man gleich ein negatives Image, die Zeitschrift gehe dann vielleicht sofort wieder kaputt usw. "magnus" ging auch ohne unseren Artikel schon bald ein. Offermann ist heute Büroleiter und Anzeigenbeschaffer, d.h. Geldbeschaffer beim Berliner schwul-lesbischen Monatsmagazin "siegessäule", das im Verlag des Fleischverkäufers Reiner Jackwerth erscheint. Heute druckt die "siegessäule" (die im Internet zur Vermeidung des Umlauts als "siegessaeule" firmiert - sollte man besser schreiben: "siegesSAeule"?)  das Hakenkreuz auf nacktem Männerbauch als sexuellen Fetisch.    

1999 brachte die Berliner Schwulenzeitschrift "sergej" eine Serie über Sadomasochismus mit ausführlichen Handlungsanleitungen. Den schillernden Titel der "sergej"-Serie, "Urlaub von der Selbstkontrolle", hatten schon Jahrzehnte vorher Horkheimer und Adorno im zweiten Exkurs der "Dialektik der Aufklärung", der sich mit Donatien Alphonse Francois Marquis de Sade als Vorherseher der faschistsichen Verbrechen befaßt, auf seinen Kern reduziert: Der private Versuch, von der Zivilisation Urlaub zu nehmen, führt unter den Verhältnissen des Kapitalismus in die gesellschaftliche Barbarei, in den Faschismus.

Wie zur Bestätigung brachte "sergej" in der vierten Folge eine detaillierte Beschreibung der faschistischen Foltermethode "Papageienschaukel" als private sexuelle Praxis.

"sergej" September 1999, Seite 52:
 
 
Foltermethode als Sexpraktik:
"Papageienschaukel", von "sergej" empfohlen.

Vergrößerung:
 
 
Am rechten unteren Bildrand druckte "sergej" ohne weiteres
diesen Ausdruck "Papageienschaukel".

Diese Foltermethode ist vor allem aus den Gefängnissen der südamerikanischen Diktaturen der 70er und 80er Jahre bekannt geworden, mit denen die lateinamerikanische Linke bekämpft und soziale Forderungen der Bevölkerungen unterdrückt wurden. Auch in den Nazi-KZ wurde sie bereits angewandt. Gibt man den Begriff in eine Internet-Suchmaschine ein, erhält man z.B. die folgenden Erklärungen:

Wikipedia schreibt:
"Papageienschaukel und Bogerschaukel
 Traurige Bekanntheit erlangten die sogenannte Papageienschaukel und die Bogerschaukel. Erstere ist eine Foltermethode, bei der die Opfer lange Zeit an einer Stange an den Kniekehlen aufgehängt werden. Der Begriff stammt aus Brasilien, pau de arara, und soll besagen, dass die Trapezstange im Papageienkäfig den einzigen Halt für den Vogel darstellt.
SS-Oberscharführer Wilhelm Boger (1906-1977) und Leiter der politischen Abteilung im KZ Auschwitz, rühmte sich als der Erfinder der 'Sprechmaschine', der nach ihm benannten 'Bogerschaukel'. Dazu ließ er die zu vernehmenden Häftlinge in die Kniebeuge gehen, zog eine Eisenstange durch die Beuge, fesselte die Hände der Betroffenen daran, ließ die Opfer mit dem Kopf nach unten und dem Gesäß nach oben aufhängen. Sodann führte er Verhöre derart durch, dass er selbst die Betroffenen mit einem Stock oder Ochsenziemer auf Geschlechtsteile, Rücken und Nieren schlug oder schlagen ließ und sie zwischendurch befragte. Viele KZ-Häftlinge überlebten diese Tortur nicht."

Prof. Dr. med. Volker Faust schreibt in seinem Text "Psychosoziale Gesundheit" im Kapitel "Die Folter und ihre Folgen":
"Bemerkenswert übrigens die sadistischen Bezeichnungen der einzelnen Foltermethoden: wiederholte Schläge auf die Ohren: 'Telefon', Untertauchen bis fast zum Ersticken, auch in stinkenden Flüssigkeiten, nicht selten vermischt mit Urin und Exkrementen: 'U-Boot', das Zusammenbinden von Händen und Füßen auf den Rücken und in dieser Lage dann aufhängen: 'Schaukel' oder 'Papageienschaukel' usw."

In der Anti-Folter-Ausstellung von "amnesty international", die 1995 vom Ulmer Bezirk von "amnesty international" als Wanderausstellung »Die Würde des Menschen ist unantastbar« erstellt wurde, berichten frühere Folterer:
"Die Papageienschaukel
Der Begriff stammt aus Brasilien (»pau de arara«), die Methode ist jedoch in vielen Ländern bekannt und weit verbreitet, vor allem, weil das notwendige Gerät überall verfügbar oder leicht herzustellen ist: eine Querstange, ähnlich einem Reck oder einer Teppichstange befestigt, notfalls kann man sie auch wie ein Trapez irgendwo aufhängen. Die Wirkung der Papageienschaukel entfaltet sich durch die Art ihrer Verwendung, wobei diejenigen Methoden vorzuziehen sind, die keine sichtbaren Spuren am Körper der zu verhörenden Person hinterlassen.
Der Name kommt daher, dass die Stange im Papageienkäfig der einzige Halt für den Papageien ist. Verliert er das Gleichgewicht, hängt er kopfunter. So ist das auch mit den Personen. Es gibt zahllose Spielarten, eine Person an die Papageienschaukel zu hängen. Meistens wird die Form vorgezogen, dass der oder die Gefangene an den Kniekehlen über die Querstange gelegt wird, während die Handgelenke an die Fußgelenke gefesselt werden. Schon die Haltung allein, die damit verbundene Demütigung und vollständige Wehrlosigkeit sind sehr wirkungsvoll. Das pure Gewicht des Körpers und die damit verbundenen, nach einiger Zeit eintretenden und dann immer weiter gesteigerten Schmerzen tun ein Übriges, ohne Spuren zu hinterlassen. Fast immer haben wir den Gefangenen die Augen verbunden, was die Desorientierung fördert. Sie sind immer entkleidet, sodass alle Regionen des Körpers, besonders die schmerzempfindlichen, für uns leicht erreichbar waren. Wenn Elektroschockgeräte zur Verfügung standen, konnten die Kontakte überall appliziert werden, etwa im Gesicht, an den Brustwarzen oder Geschlechtsorganen, ohne dass wir die Lage der Person verändern mussten. Sonst behalfen wir uns mit gezielten Schlägen - die je nach Geschicklichkeit kaum Spuren hinterließen - oder mit glühenden Eisenstäben, oft auch nur mit Zigaretten. Letzteres geschah aber meist nur dann, wenn es ohnehin nicht vorgesehen war, die betroffene Person am Leben zu lassen, oder wenn es aus anderen Gründen - etwa zur Abschreckung der Bevölkerung - erwünscht war, körperlich sichtbare Spuren des verschärften Verhörs zu hinterlassen."

Erst das Bewußtsein von der Wirklichkeit der Folterzentren
verschafft die sexuelle Erregung

"sergej" hat zur Darstellung der "Papageienschaukel" noch "eine nette Idee" beizutragen:
"Eine gute Praxis ist, die Intensität und Unbequemlichkeit der Fesseln zusammen mit der sexuellen Erregung von euch Beiden (sic!) so zu steigern, daß der Höhepunkt der Wehrlosigkeit und Unbequemlichkeit auch die Phase ist, in der du deinen Partner kommen läßt. Im erregten Zustand halten Bottoms sehr viel mehr aus. ... Eine nette Idee ist, Dem (sic!) Bottom nach dem ersten Orgasmus anzukündigen, ihn erst nach dem zweiten loszubinden. ... Direkt danach den Fernseher einzuschalten ist ebenso das falsche Signal wie die oft gestellte Frage: Wie war ich?"

Erst das Bewußtsein von der Wirklichkeit der Qualen außerhalb des sadomasochistischen "Spiels" macht dieses "Spiel" so geil. Die Frage: Wie kann man nach Auschwitz ein Nazi-Outfit als "Fetisch" geil finden?, zeugt vom Unverständnis dem Sadomasochismus gegenüber. Das Nazi-Outfit wird wegen der KZ als geil empfunden, ohne die Millionen gequälter und ermorderter Menschen in der Wirklichkeit brächte es keinen Kick beim "Spiel", könnte es keine Bedrohungssituation "vorspielen", in der Sex stattfinden soll. Die Bedeutung der Gegenstände und Handlungen muß erkennbar sein, um den sadistischen oder masochistischen sexuellen Reflex auszulösen, und diese Erkennbarkeit ist an die historische Wirklichkeit ihrer Funktionen gebunden. Man kann es auch so ausdrücken: Die Gewaltsex-Szene ergötzt sich an Auschwitz. Sie ergötzt sich an der brutalen Unterdrückung sozialer Revolutionen im Lateinamerika oder der Türkei der 70er und 80er Jahre. Oder sie ergötzt sich an den Folterungen der Inquisition und der Hexenprozesse weit vergangener Jahrhunderte. Die Wirklichkeit der Folterzentren ist die Bedingung der Gewaltsexualität, deshalb schämt sich die Szene auch nicht ihrer Herkunft, sondern genießt sie. Es ist ihr nur aus politischer Opportunität manchmal peinlich, wenn der Zusammenhang allzu deutlich wird. Dann versucht sie, das Gespräch über den Zusammenhang zu verbieten.

Herrschaft des Kalküls

Zum Faschismus führt der scheinbar private Sadomasochismus die Individuen massenweise erst unter der Herrschaft des Kalküls, wie Horkheimer und Adorno darlegten, unter der Frage nach dem größt möglichen Nutzen, die keinen Raum läßt für die Frage: Warum nicht?

Das Kalkül der Bilanzen führte Wowereit in der "BILD-Zeitung" schon gleich zu Beginn der Auseinandersetzung um sein Grußwort für das "Folsom Europe"-Sado-Maso-Straßenfest an: "Ein Grußwort ist immer auch Werbung, vor allem für internationale Gäste", und weil es noch nicht deutlich genug war, ergänzte sein Sprecher Michael Donnermeyer am selben Tag laut "Berliner Zeitung": Das Grußwort und die senatsoffizielle Einladung an die Sadomasochisten sei "Teil des Tourismus-Konzepts, einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt"; daß dies mit Faschismus zu tun habe, "ist uns nicht bekannt", so Donnermeyer. Als hätte es eines Beweises der Philosophie Horkheimers und Adornos ausgerechnet durch Figuren wie Wowereit und Donnermeyer noch gebraucht!

Die "sergej"-Konkurrenz "siegessäule" brachte im Januar 2006 mehrere Seiten zu Sadomasochismus, illustriert u.a. mit dem Foto eines knabenhaften Mannes, der sich ein Hakenkreuz neben das Genital tätowieren ließ, sich den Arm aufgeschnitten hatte und sein Blut über Hakenkreuz und Genital fließen ließ. Gleich zweimal druckte das Blatt das Bild in Vollgröße. Im Februar-Heft machte die Redaktion nicht etwa einen Rückzieher, sondern druckte das Bild ein drittes Mal, unter der Überschrift "Mißverständlich". "sieggessäule" erklärt nun, der Knabe, ein Deutscher namens Hannes Gsänger, habe "das Zeichen in Nepal, wo er längere Zeit gelebt hat, als altes Glückssymbol kennengelernt und legt Wert auf die Feststellung, daß er (sic!) mit dem Nazi-Symbol nichs zu tun hat." Das wußten wir schon vorher: Der typisch deutsche Sadomasochist lernt das Hakenkreuz in Nepal kennen, wie die SS-Männer, die von Himmler auf Himalaja-Expedition geschickt worden waren! "Wir entschuldigen uns, daß wir das Zeichen nicht kommentiert haben", schreibt "siegessäule" nun. Sie entschuldigen sich nicht bei den Verfolgten der Nazi-Diktatur dafür, daß ein faschistisches Zeichen im Jahr 2006 wie selbstverständlich als sexueller Fetisch abgedruckt wird und daß sie mit den Pin-ups eines Schwachkopfs Geld machen, der glauben machen will, nicht zu wissen, wie das, was er sich tätowieren ließ, verstanden wird, und präsentieren den Nazi-Verfolgten eine sadistische "Entschuldigung" dafür, nicht auf das Glück hingewiesen zu haben, für das dieses Zeichen stehe. (Deshalb hat sich der Knabe das Hakenkreuz auch dort tätowieren lassen, wo es im Bedarfsfall mühelos von der Badehose verdeckt wird!) So funktioniert Sadomasochismus. Er ist politisch. Er braucht das Leid der Wirklichkeit.

Sex mit Blut und Hakenkreuz,
Vergrößerung aus "siegessäule" (siegessaeule) 1/06:
 
 .            . 

Nicht: "doppelt gemoppelt macht zweimal Kasse", wie wir vorher
schrieben, der dritte Moppel macht noch mal Extrakasse!
Und das sogar mit "Entschuldigung" für fehlendes "Glück".
 
"Gratulation. Eure Titel wird (sic!) immer besser", schreibt Jörg Litwinschuh, Geschäftsführer der neu gegründeten Vereinigung für Verehrer des Eugenikers und Vordenkers sogenannten lebensunwerten Lebens Magnus Hirschfeld namens "Queer Nations", zur Hakenkreuz-"siegessäule" einen Leserbrief. Und "siegessäule" bringt gleichzeitig mit dem freundlichen Leserbrief einen Artikel zu Litwinschuhs Hirschfeld-"Queer Nations"-Verein: eine Initiative, so "siegessäule", die "jede denkbare Unterstützung" verdiene.

Queer Nations und Queer Jihad

Es ist tatsächlich "alles eine Soße", wie wir vorher schrieben: Litwinschuh, der seit Jahren als "Geschäftsführer" dieser und jener schwul-lesbischen Organisation tätig ist, gibt gleichzeitig dem Terrorismus- und Michael-Kühnen-Freak Markus Bernhardt für die schwule Gewaltsex- und Fetisch-Zeitschrift "Box" ein Interview -- kurz nachdem das Landgericht Berlin unsere Vorwürfe der Unterstützung des deutschen und internationalen Terrorismus gegen Bernhardt und "Box" als "wahr" bestätigt hat. Litwinschuh scheint keine Berührungsängste zu den Terrorismus-Sympathisanten von rechtsaußen zu haben - warum auch, denn "Box" bringt immerhin eine ganze Seite Interview mit ihm für seinen Verein ("siegessäule" nur eine halbe), gekrönt mit einem feisten Litwinschuh-Foto, das sagt: dieser Mann ist die Initiative "Queer Nations" ("siegessäule" bringt nur das bekannte Foto der nachgemachten Hirschfeld-Gipsbüste zum kurzen "Queer Nations"-Artikel).  "Uns reicht eine bloße Stiftung nicht: Wir brauchen ein Haus - ein Symbol in der Mitte der Republik", tönt Litwinschuh so feist wie sein Foto im Bernhardt-Interview.

Größter Anspruch aller Zeiten
 
 
Echte Deutsche: Litwinschuh-Fotopräsentation in "Box" Februar 2006,
Seite 4, zum Interview mit Terror-Bernhardt, der in "Box" auch schon
mal auf zwei Seiten dem Neonazi und Idol des Queer Jihad Michael
Kühnen als Schwulenbefreier von rechts gedachte.

Unter dem Hirschfeld-Motto "Durch Wissenschaft zur Wahrheit" solle "Queer Nations" stehen, meint Litwinschuh und setzt damit die Dialektik der Aufklärung fort, Horkheimers und Adornos Kritik an ihr bestätigend. "Queer Nations" soll international klingen, freilich lachte die internationale Medizinerzunft in den 10er und 20er Jahren des 20. Jahrhunderts über den seltsamen Potenz-Pillen-Hersteller Hirschfeld aus Berlin, der mit Genitalverstümmelungen zwecks "Heilung" normabweichender Sexualität viel Geld machte, Homosexuelle für "degenerierend" hielt und seine eigene sexuelle Orientierung Jahrzehntelang sorgfältig verbarg - "dieser seltsame Doktor aus Berlin", meinte Sigmund Freud und distanzierte sich eilig. "Eine Denkfabrik in der Linie Hirschfelds zu begründen, ist ein patriotisches Unterfangen", meint dagegen der Deutsche Litwinschuh; freilich erwähnt er trotz seinem Deutschtum nicht, daß Hirschfeld das Zwangssterilisierungsgesetz der Nazis ausdrücklich begrüßt hatte, weil es seine eigenen jahrzehntelangen Bemühungen zur Ausrottung Behinderter und "Alkoholiker" (ein besonderes Feindbild des Abstinenzlers Hirschfeld) endlich praktisch werden ließ; ausgerechnet Benito Mussolini zustimmend zitierend, wandte sich Hirschfeld lediglich gegen den völkischen Rassismus der Nazis, unterstützte aber ausdrücklich den eugenischen. Hirschfeld formulierte seine Zustimmung zu und Kritik an dem Nazi-Gesetz noch kurz vor seinem Tod: "Wenn man wirklich eine energische Ausjätung betreiben will, hätte man die Rauschsüchtigen und unter ihnen die Alkoholiker vor allem ins Auge fassen müssen", schrieb er 1935 in "Phantom Rasse". Litwinschuh muß dies verschweigen, denn zu verräterisch könnte es für "Queer Nations" werden, vorschnell damit herauszurücken, was in Deutschland ein "patriotisches Unterfangen" konkret bedeutet.

Der Nietzsche-Anhänger Hirschfeld gehörte der biologistischen, naturreligiösen Sekte "Deutscher Monistenbund" an, die Ernst Haeckel gegründet hatte und von der sich Haeckel zum "Gegenpapst" hatte ausrufen lassen - derselbe Haeckel, den die Nazis nach seinem Tode zu einem ihrer Vordenker ausriefen. Daß Berlins Wissenschaftssenator Thomas Flierl nun "Queer Nations" unterstützt, wundert nicht, denn Flierl gehört der Sekte "Humanistischer Verband Deutschlands" (HVD) an, die sich auch als Erbin der "Monisten" sieht. Und warum sollte der von Flierl unterstützte Litwinschuh nicht der Terror-"Box" ein Interview geben, schließlich finanzierte Flierls "Linkspartei.PDS" im letzten Bundestagswahlkampf mit einer Werbeanzeige die "Box" mit! Und der ewige Grußwortschreiber Wowereit, dessen Sado-Maso-Grußwort für das "Folsom Europe"-Straßenfest nebst Wowi-Unterschrift auch die Terror-"Box" im September 2005 abdrucken durfte, ist nun auch bei der "Queer Nations"-Gründung mit einem neuen Grußwort vertreten. Paßt also mal wieder alles.

"Box" ist immer ein Stück weiter als die Konkurrenz: "Box" hatte den "German Mister Leather" Philipp Tanzer (der sich "Krieger" nennt, nachdem er ebenfalls in Nepal das Glück gesucht hatte) als ständigen Autor, der hier auch schon mal verklasuliert Toleranz für Neonazis in der Fetisch-Szene forderte, "siegessäule" brachte im März 2005 nur ein "Krieger"-Foto auf der Wiese vor dem Reichstag. "Box" solidarisierte sich im Jahr 2005 selbst mit den faschistischen Magdeburger Terroristen, die sich in die Nachfolge der RAF-Täter stellen, "siegessäule" bringt im Februar 2006 nur eine Filmbesprechung eines Pornofilms, der die Geschichte von Gudrun Ensslin und ihrem schwulen Bruder als Spielhintergrund sadomasochistischer Sexszenen benutzt, unter der Überschrift "queer studies" und mit dem empfehlenden Schlußsatz, der Porno sei "einer der besten Kommentare zum Thema RAF".  "sergej" hatte nur ein Foto von der "Papageienschaukel", "Box" hat zur Folterphantasie auch die Elektroschocks im Angebot: Ein "Master David" aus Berlin annonciert in "Box" vom Februar 2006, in derselben Ausgabe mit dem Litwinschuh-Interview, in der Rubrik "Profis werben in BOX" für "sm, sklaven-käfighaltung, ..., ns, elektro usw." - das perfekte KZ vom Professionellen. Und vorher schon druckte "Box" die Werbeanzeigen von Neonazi-Strichern, die "Skinhead Sex: Ficken, Saufen, Oi!" verkaufen wollen.

Unterdrückung als Emanzipation

Die repressive Gesellschaft dankt. Sadomasochismus läßt Unterdrückung als Bedürfnis erscheinen. Verbindet man Unterdrückung mit Sexualität, erscheint die Toleranz der Repression als Befreiung. So werden autoritäre Herrschaftsmechanismen intelligent im Bewußtsein verankert. Sie werden als legitim, ja liberal wahrgenommen, Unterdrückung wird akzeptiert. Die Linke, die festhält am Gedanken: "Und weil der Mensch ein Mensch ist, will er unter sich keinen Sklaven sehn und über sich keinen Herrn", wird als antiliberal und repressiv verleumdet. "Umwertung aller Werte" nannte dies zuerst Friedrich Nietzsche, Horkheimer und Adorno erklärten die Bedeutung; und "Umwertung aller Werte" war das ständig ausgesprochene Motto der NS-Ideologen Alfred Rosenberg und Joseph Goebbels.

Die Poplinke macht sich allenfalls lustig, statt die Bedrohung zu erkennen. Wenn Georg Seeßlen in "Konkret" vom Februar 2006 unter der Überschrift "Why we can't get no satisfaction" zwar den Zusammenhang zwischen Sadomasochismus und Folterzentren anspricht - wie immer bei ihm nur virtuell, auf der Bilderebene: SM-Pornographie/Abu Ghureib-Bilder,  und deshalb die faschistische Wirklichkeit verkennend -, aber mit dem Kommentar lächerlich macht: "Der Mainstream würde sich gern ... ein wenig abkühlen ... Vielleicht haben wir ja Angela Merkel als Engel der Entsexualisierung gewählt" (wer ist "wir"?), so zeigt sich, wie auch die bisher an Adorno orientierte Linke den Kompaß nicht mehr lesen kann. Seeßlen verkennt nicht nur in der Trennung von Körper und Geist (er scheint die Ansicht, "Dein Körper gehört dir, ... wie ein geistiges oder historisches Eigentum ... kannst du Heimat in ihm haben", für links zu halten) die Grundlagen linken Denkens. Er fällt auch auf die Ideologie der "Neosexualität" des Sexualwissenschaftlers Volkmar Sigusch herein (der auch schon einmal mehr von Adorno verstanden hatte).

Nichts ist neu an der gesellschaftlichen Bedeutung des Sadomasochismus -- allenfalls dann erscheint sie neu, wenn man, wie Seeßlen in seinem "Konkret"-Beitrag, nunmehr die Nazi-KZ über "Abu Ghureib" vergißt, statt die Ungleichheit der Erscheinungsformen aufgrund der Ungleichheit der Wesen klar zu machen und das Gleiche darin korrekt zu benennen: Im "Urlaub" von der Zivilisation tritt das Erbe der schrecklichen Jahrmillionen des Missing Link wieder die Herrschaft an. Der Kapitalismus (für Seeßlen: Neoliberalismus) finanziert nicht das Erbe, sondern den Urlaub, und, wie beim Faschismus ersichtlich war, damit seinen eigenen Untergang. Weil er die Willkür des Zugriffs auf die Opfer nicht sieht, den Terror als Erscheinung statt als Wesen betrachtet - Horkheimer und Adorno zeigen auf das Wesen am Ende des zweiten Exkurses der "Dialektik der Aufklärung" mit der berühmten, meist unverstandenen Formel: "Faschismus, in dem die Herrschaft zu sich selbst gekommen ist" -, und weil er Mitleid als religiös denunziert, statt es als einen Motor der Zivilisation zu erkennen, bleibt Seeßlen auch bei der Betrachtung von "Sexualität im Neoliberalismus" (den er nicht Neokonservatismus nennen kann, weil er den Zusammenhang zur Toleranz der Repression nicht begriffen hat) in seinem Genre, der Popkultur, hängen. Er ist ein Feuilletonist.

Das Vergessen und Verwechseln wurde leicht gemacht, weil die Aufarbeitung des sexuellen Mißbrauchs als Herrschaftsstrategie in den Nazi-KZ und über sie hinaus nicht etwa nur verabsäumt wurde, sondern verhindert wurde von der sexuellen Emanzipationsbewegung, die zur selben Zeit stark wurde, als auch der Antifaschismus stark genug war, historische Gesellschaftskritik zu schreiben. Der Hedonismus hat Adorno überrollt. Aber, ach!, zu viele Gedanken für die Schwulen- und Lesbenbewegung, einfach zu viele Gedanken.

(Oktober 2006)
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