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Der antifaschistische Informationsdienst
"blick nach rechts" geriet ins Zwielicht:
 
Blick zurück
 
von Peter Kratz
 
Mehr rechts als links mit Helmut Lölhöffel, Armin Pfahl-Traughber
 und Burkhard Schröder


aktueller Nachtrag
 
noch aktuellerer Nachtrag Januar 2002

(Der Artikel erschien zuerst, leicht gekürzt, in KONKRET Nr. 1/2001.)

Prolog
Bertold Brecht, einer, der ohne Pressefreiheit nicht leben konnte und verboten und verbrannt wurde, hatte 1947 in seinem prophetischen Gedicht "Der Anachronistische Zug oder: Freiheit und Democracy" über den Wiedereinzug Alter Nazis in ihre alten Ämter und Würden sarkastisch geschrieben:

"Einem impotenten Hahne
Gleichend, stolz ein Pangermane
Pochend auf das f r e i e Wort
Es heißt Mord.
Folgend, denn es braucht der Staat sie
Alle die entnazten Nazi
Die als Filzlaus in den Ritzen
Aller hohen Ämter sitzen.
Dort die Stürmerredakteure
Sind besorgt, daß man sie höre
Und nicht etwa jetzt vergesse
Auf die F r e i h e i t unsrer Presse."
Realitätsverlust ist die geübte Existenzweise des Volks der Täter schon seit dem 8. Mai 1945. Ausnahmsweise und falsch angewandt führt sie in den Abgrund (Barschel, Kohl, Daum), doch meistens und aufs rechte Objekt bezogen nach oben. Das weiß der Journalist der Frankfurter Rundschau und Herausgeber des heute SPD-nahen Info-Dienstes "blick nach rechts", Helmut Lölhöffel, sehr gut. Nachdem er den "blick nach rechts" (den der frühere KZ-Häftling und Kommunist Kurt Hirsch unter dem Namen "Pressedienst Demokratische Initiative" als Antwort auf die NPD-Gründung schuf und den die SPD ab 1983 unter ihre Fittiche nahm) in den 90er Jahren vorsichtig in die Blickrichtung gewendet hat, wurde Lölhöffel soeben Vize-Senatssprecher der Berliner CDU/SPD-Koalition unter einem Regierenden Bürgermeister, der bekanntlich das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas am Brandenburger Tor nicht will und inmitten der Hauptstadt eine "Gedenkmeile" für Verdrängtes befürchtet.

Als Lölhöffel 1991 unter seinem Zeitungspseudonym bei Gericht Klage einreichte, um Antifaschisten die Berichte über seine eigenen Neonazi-Aktivitäten verbieten zu lassen, wurde er schon einmal von der vergessen geglaubten Wirklichkeit eingeholt. Die Richter schrieben ihm nicht nur seinen richtigen Namen ins ablehnende Urteil, Hans Bruno Helmut Lölhöffel von Löwensprung, 1944 geborener Sproß eines ostpreußisch-baltischen Junkergeschlechts, das für Kaiser und Führer an der Ostfront kämpfte und sich nach der Flucht aus seinem 150-Seelen-Privatdorf Gut Tharau bei Königsberg (das die Sowjets zur Sowchose Vladimirow bei Kaliningrad umgewälzt hatten) in München im rechtsextremen Neuheidentum engagierte, muß sich laut Gerichtsurteil nachsagen lassen, selbst "neofaschistisch aktiv gewesen" zu sein.

Er war in den 60er Jahren leitender Funktionär des Bundes deutsch-unitarischer Jugendlicher (BDUJ) der Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft (DUR) und wurde quasi angelernt von prominenten Nazi-Schreibern, darunter Herbert Böhme, der in Goebbels' Reichsschrifttumskammer für die Nazi-Lyrik zuständig war, dann zu einer Zentralfigur des deutschen Neofaschismus wurde und als Chef der Münchner DUR-Gemeinde ein Freund der Junker-Familie war. Die Lölhöffel von Löwensprungs betätigten sich nach 1945 über Jahrzehnte für die DUR, Mutter, Tochter und Sohn an herausragenden Stellen. Helmut verkehrte persönlich mit führenden (Neo-) Nazis. 1967 durfte er beim "Unitariertag" neben Eberhard Achterberg auf dem Podium sitzen, einem Hauptideologen der DUR, der vorher "Hauptschriftleiter" der von Alfred Rosenberg herausgegebenen Intellektuellenzeitschrift "Nationalsozialistische Monatshefte" war, noch 1982 zum theologischen Chef der Sekte gewählt wurde und immer noch die alte Ideologie vom selbstgöttlichen deutschen Herrenmenschen vertrat. Ihre Herkunft pflegte die DUR sorgfältig, z. B. als ein "Landesgemeindeleiter" der Sekte (vergleichbar einem christlichen Bischof) für die NPD kandidierte oder ein weiterer "Hauptschriftleiter" - nunmehr der DUR-Zeitschrift "glaube und tat" - die "Kieler Liste für Ausländerbegrenzung" mitgründete.

Die Unitarier-Jugendgruppen hatten in den 60er Jahren, als Lölhöffel - bereits erwachsen - ihre Aktivitäten in der "Bundesleitung" zu koordinieren half, Namen wie "Condor", "Beowulf" oder "Wikinger", man fuhr zum "Führerthing", wo die "Jungenführer" und "Mädelführerinnen" beim "Fackelzug zum Thingfeuer" stolz im "braunen Fahrtenhemd" aufmarschierten (so stand es in ihren Schriften). Dies geschah öffentlich, und die Presse bezeichnete den BDUJ als "rechtsradikal".

Ebenfalls angeleitet wurden die Jugendlichen von zwei weiteren Münchnern, die vor dem Stichtag des Realitätsverlustes NS-Jugendorganisationen leiteten: einem ehemaligen Hitlerjugend-Gauführer, nunmehr "Referent für Jugendfragen der DUR", und seiner Frau, einer ehemaligen Gauführerin des Bundes deutscher Mädel. Noch in den 90er Jahren pflegte Lölhöffel die alte Freundschaft mit dieser alten Nazi-Dame, die sich auf "Unitariertagen" immer noch für den DUR-Nachwuchs engagierte. Geändert hatte sich inzwischen die Farbe des Fahrtenhemds, weniger die zündelnde Freizeitbeschäftigung: Der BDUJ-Führer Henning Hraban Ramm, wie Lölhöffel in DUR-Familientradition tätig, aber eine Generation jünger, forderte nun via Internet dazu auf, Antifaschisten Briefbomben zu schicken. Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren gegen ihn ein: es seien ja "nur" Internet-Mailbomben gemeint gewesen.

Lölhöffel sammelte erste journalistische Erfahrungen in der DUR-Zeitschrift "glaube und tat", deren Name faschistischer Leitspruch und Programm war, und war verantwortlich für deren Jugendseiten. Als "Otto (Helmut v. Lölhöffel)" lockte er mit Fahrten- und Lagerfeuerromantik, um dann politisch nachzuheizen. Während die Altersgenossen Bob Dylan hörten, dozierte "Otto" aus deutschem Liedgut: "'Die Fahne ist mehr als der Tod' hat einmal der Wahlspruch eines bedeutenden Mannes gelautet. Doch darin sind wir uns wohl einig, daß uns ein Menschenleben mehr bedeutet als ein Stück Tuch - auch, wenn dieses ein Symbol darstellt. Aber ist unser Wimpel nicht doch mehr als ein Stück Tuch? ... Auf der einen Seite des Wimpels sind die beiden sich überdeckenden Runen aufgenäht, das Symbol unseres Bundes. ... Und darum wird unser Wimpel zum sichtbaren Ausdruck unseres gemeinsamen Strebens. Überall, wo sich Mädel und Jungen zu unserer Sache bekennen, wird der Wimpel mit unserer Rune auf seiner einen Seite wehen. ... Darum ist er uns mehr als ein Stück Tuch. ... Er wird immer Sinnbild unserer Gesinnung sein - ein Symbol unseres Strebens zur Gemeinschaft!"

"Unsere Sache" ist schnell aufgeklärt, denn "Die Fahne ist mehr als der Tod" war der letzte Satz des Refrains des Hitler-Jugend-Marsches, der "bedeutende Mann" war demnach der "Reichsjugendführer" und Kriegsverbrecher Baldur von Schirach, der das Lied eigens für den NS-Propagandafilm "Hitlerjunge Quex" gedichtet hatte. Noch 1992, als ihm dieses und andere Zitate vorgehalten wurden, bestand Lölhöffel darauf: "Ein faschistischer Inhalt der früheren Veröffentlichungen läßt sich nicht feststellen".

In den 80er und 90er Jahren, als sich die traditionellen Differenzen zwischen den alten Fraktionen des Faschismus verwischt hatten, war "unsere Sache" dem nun als links geltenden Lölhöffel immer noch eine große Affäre wert. Chefideologe fast des gesamten Neofaschismus und als solcher selbst ein Symbol des "Strebens zur Gemeinschaft" war nun Henning Eichberg, der seine nationalrevolutionären Thesen von völkischer Reinheit im "Ethnopluralismus" und vom "Befreiungsnationalismus" gegen den "Wodka-Cola-Kolonialismus" auch als Stargast auf dem "Unitariertag" der DUR oder bei der "Unitarischen Akademie" vortrug. Die völkisch-spirituellen Sekten des Neuheidentums, die sich schon in den 20er Jahren sowohl aus Hitler-konformen als auch aus gegnerischen Fraktionen des Faschismus gespeist hatten, waren nun, in den 80ern und 90ern, auch wichtige Multiplikatoren für die Nationalrevolutionäre. Eichbergs Konzept sei "zum vorherrschenden Nationalismuskonzept des gesamten rechten Lagers geworden" und habe "die Modernisierung des Rechtsextremismus beflügelt", befand der Hamburger Verfassungsschutz (als einziger aller Bundesländer) angesichts der Entwicklung einer "Neue Rechten", die sich anschickte, das national-konservative mit dem konservativ-revolutionären Lager des Faschismus zu vereinen. Diese Gemeinschaft hatten die Neuheiden schon 1933 angestrebt. Doch die DUR-Führer schätzten die Lage ganz anders ein als der Verfassungsschutz und wollten gerichtlich verbieten lassen, daß Antifaschisten ihre Sekte als "völkisch-rassistisch" bezeichneten. Als die DUR ihren Prozeß 1990 in erster Instanz sogleich verlor, kam Lölhöffel den alten Freunden zu Hilfe. Der Rechtsanwalt der DUR, Ralf Bernd Abel, ein langjähriger Funktionär der Sekte und wie Lölhöffel schon in den 60er Jahren bei "glaube und tat" aktiv, hatte ihn darum gebeten. Für das Berufungsverfahren verfaßte Lölhöffel eine negative Expertise über die DUR-kritischen Antifaschisten, die er offenbar ausgeforscht hatte; sein Anti-Antifa-Papier gipfelte darin, die Bezeichnung "völkisch-rassistisch" für die DUR als gänzlich absurd zurückzuweisen. Trotzdem verlor die Sekte auch das Berufungsverfahren. (1998 hatte Abel wieder Pech: Seine Klage gegen KONKRET zog er auf nachdrücklichen Rat des Gerichts zurück.)

Später legte Lölhöffel noch einmal nach, nun gemeinsam mit Personen aus dem direkten Umfeld Henning Eichbergs: mit Peter Brandt, der Eichberg als Linken zu verkaufen versuchte und Eichbergs Ideen zu popularisieren half; mit Erich Schmidt-Eenboom, der gemeinsam mit Alfred Mechtersheimer in Eichbergs Hausblatt "wir selbst" publiziert hatte; mit dem SPD-Politiker Dieter Schinzel, der Präsident des von Mechtersheimer und Eichberg gegründeten "Deutsch-Arabischen Friedenswerks" (DAF) war; und mit Tilman Fichter, der immer wieder versuchte, Eichbergs Ideen in der SPD zu verankern und für nationalrevolutionäre Jugendliche in der Partei den Paten gab. "Psychopath", "unqualifiziert", "manisch", "nicht mehr erträgliche Kampagnen" lauteten einige der Qualifizierungen, mit denen sich diese fünf Personen 1994 in einer gemeinsamen Erklärung dagegen wandten, daß Antifaschisten den neuheidnisch-nationalrevolutionären Nebel ein wenig durchleuchteten.

Kurz darauf wurde Lölhöffel Herausgeber des Infodienstes "blick nach rechts", den viele immer noch unkritisch als antifaschistisches Blatt ansehen, und schreibt heute auffällig eifrig gegen Teile des Rechtsextremismus an. Die ersten Artikel über die DUR aus den 80er Jahren, die eine breite antifaschistische Recherche zu Herkunft und Gegenwart der neuheidnischen Sekten auslösten und im "blick nach rechts" erschienen waren, sind heute im online-Archiv des Dienstes freilich nicht abrufbar. Aber mit Armin Pfahl-Traughber schreibt hier nun ein weiterer langjähriger Autor von Zeitschriften des rechten Neuheidentums.

Pfahl-Traughber, der auf dem SPD-Ticket als Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz Karriere machte und eilig die Zeitschrift "Mut" des früheren NPD-Kandidaten Bernhard C. Wintzek vom Vorwurf des Rechtsextremismus freisprach, schloß sich dem Trio Uwe Backes, Eckhard Jesse und Rainer Zitelmann an, das seinerseits nationalrevolutionären und konservativ-revolutionären Ansätzen keineswegs fernsteht. In Backes' und Jesses "Jahrbuch Extremismus und Demokratie", das sich immer wieder gegen den linken Antifaschismus und insbesondere gegen dessen Kritik an der nationalrevolutionären "Neuen Rechten" wandte, schrieb er gemeinsam mit Ernst Nolte und dem Bonner Anti-Antifa-Ideologen Hans-Helmuth Knütter, der - wie Zitelmann - auch im "wissenschaftlichen Beirat" des Jahrbuchs saß. (Das Jahrbuch erschien ab 1989 im "arisierten" Bouvier-Verlag in Bonn, der bis zum Boykott durch die Nazi-Studenten Bonner Universitätsverlag Friedrich Cohen hieß und bis heute im Besitz der Familie Grundmann ist, die den durch die Nazis ökonomisch ruinierten Verlag billig erwarb, nachdem die "halb-jüdischen" Kinder Cohens, die den Verlag erben sollten, in die USA geflohen waren.) Pfahl-Traughber hält trotz seines Jobs beim Verfassungsschutz die vermeintlich wertfreie Wissenschaftlichkeit hoch und greift in seinen zahlreichen Artikeln im "blick nach rechts", aber auch andern Orts, immer wieder linke Antifaschisten aus dem Spektrum von KONKRET bis "Jungle World" als "unwissenschaftlich", "oberflächlich" oder gar als politisch interessiert an. Im Anschluß an Stefan Breuer möchte er den Begriff der "Konservativen Revolution" aus der Diskussion streichen, weil er "undifferenziert" verschiedene Strömungen zusammenfasse und deshalb "wissenschaftlich" unhaltbar sei. Doch allzu durchsichtig ist die politische Interessiertheit der von Breuer entfachten und von Pfahl-Traughber beförderten Debatte, nachdem die SPD in ihrer deregulierenden Sozial- und Wirtschaftspolitik und in ihrer Ost- und Südosteuropa-Politik Politikelemente der "Konservativen Revolution" und der Nationalrevolutionäre recycelt hat. Differenzieren, bis der Zusammenhang nicht mehr kenntlich ist, so scheint Pfahl-Traughbers Devise zu lauten: Zitelmann z. B., der Fichters Buch "Die SPD und die Nation" herausbrachte, gehöre keineswegs zur "Neuen Rechten" sondern zur "demokratischen Rechten"; und selbst Wolfgang Gessenharters These von der Scharnierfunktion der "Neuen Rechten" zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus ist ihm noch nicht differenziert genug, wohl weil sie die Beziehung nicht genügend vernebelt. Daß Pfahl-Traughber - diesmal in der FAZ - auch mein Buch "Rechte Genossen - Neokonservatismus in der SPD", das u.a. die Geschichte der Nationalrevolutionäre in der SPD von den 20er Jahren bis zu Eichberg und Fichter behandelt, gänzlich undifferenziert fand, möchte ich hier niemandem vorenthalten.

Eine weitere Episode des "blick nach rechts", die so gar nicht zum neuen antifaschistischen Eifer Lölhöffels, wohl aber zum alten Ziel der Gemeinschaft rechtsaußen paßt, hat im November 2000 mit den Ermittlungen des Landeskriminalamtes Berlin gegen den Journalisten Burkhard Schröder begonnen. Schröder hat auf seiner Internet-Website eine riesige Anzahl größtenteils unkommentierter Links zu originalen Nazi-Websites eingerichtet. Von Kreisverbänden der NPD bis zu strafrechtlich einschlägigen skandinavischen oder amerikanischen Nazi-Gruppen, von Websites der Neuheiden über die Auschwitz-Leugner bis hin zu verschiedenen Ausgaben von Hitlers "Mein Kampf" kann sich jeder Neonazi mit Schröders Hilfe unzensiert, ohne lästige Ermahnungen, ohne Rechtfertigungszwang gegenüber einer Bibliotheksaufsicht und ohne Portokosten einklicken in die weltweite Nazipropaganda. Schröder weist stolz auf den konkurrenzlosen Umfang seiner Liste hin, und auch darauf, daß Nazis sie bereits gequotet haben und dankbar für ihre eigenen Zwecke verwenden. Auf der Website des "blick nach rechts" ist ein unkommenierter Link auf Schröders Liste gesetzt, der schon einmal kurzzeitig abgeschaltet war, nachdem die Süddeutsche Zeitung über die Nazi-Links des "blick nach rechts" berichtet hatte. Inzwischen aber solidarisierte sich Lölhöffels Blatt mit Schröder und hat den Link wieder erneuert. Nazis können also, wenn sie die Originalpropaganda aus ihrer geistigen Heimat suchen, den "blick nach rechts" anwählen und werden nach nur einem Zwischenschritt über Schröders Liste sofort fündig. Kurt Hirsch mag sich im Grabe umdrehen. Gegen Schröder wird nun ermittelt wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen durch Links mit strafrechtlich relevantem Inhalt. Ihm wird zur Last gelegt, daß er sich die Inhalte der Nazi-Websites durch die unkommentierten Links zu eigen mache, ein Vorwurf, der im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung zum Internet steht. Gegen den "blick nach rechts", der an der Verbreitung der Nazi-Propaganda ebenso beteiligt ist wie Schröder, wird offenbar noch nicht ermittelt. Interessant könnte es werden, wenn Vize-Senatssprecher Lölhöffel Ermittlungen des Landeskriminalamtes gegen das von ihm herausgegebene Blatt und den mit ihm eng verbundenen Schröder öffentlich vertreten müßte.

Scheinbar naiv verteidigt sich Schröder mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung, daß auch Nazis zustehen müsse. Wer ihn kennt, kennt jedoch seine Masche: In Internet-Chattrooms fordert er immer wieder freie Äußerungsmöglichkeiten für Nazis und greift gleichzeitig Antifaschisten, die z.B. Antisemiten von den Debatten in linken Chattrooms ausschließen wollen, scharf an; so geschah es erst im Oktober 2000 wieder einem bekannten Aktivisten der VVN, gegen den Schröder die "Meinungsfreiheit" für Antisemiten ins Feld führte. Auch sein Artikel in KONKRET 12/2000 gegen die "strenggläubige Naziaufmarschverhinderungsantifa" entsprach dem Stil, in dem Schröder immer wieder gegen die Antifa geifert und dann z.B. Freiheit für die NPD-Aufmärsche in Berlin fordert, weil diese "kein Faschismus" seien. Dagegen ortete er schon 1992 die Schuld am neuen Nazi-Terror bei den Kommunisten: "Eine Sozialisation männlicher Jugendlicher, die sich um (Wehr-) Sport, Kampf, 'Gelobt sei, was hart macht' und um die klassischen Pfadfindertugenden rankt, korreliert einerseits mit den Werten, die im Arbeitermilieu der Ex-DDR noch viel mehr verwurzelt waren als in dem des Westens und knüpft andererseits nahtlos an Grundwerte 'sozialistischer' Ethik an." Schröders Welt ist einfach: "Der eine trabt mit der DDR-Fahne am Spielfeldrand entlang, der andere mit der 'Reichskriegsflagge'." So erklärt es sich auch, daß er die Nazi- und die Antifa-Links seiner Website auf einer gemeinsamen Seite präsentiert. Daß seine Kritik jedoch auf Lölhöffels Unitarier-Jugendarbeit viel eher paßt als auf die FDJ, weil bei Lölhöffel auch die Inhalte paßten, kann der "blick nach rechts"-Schützling Schröder bisher nicht erkennen.

Über Schröders Hintergründe gibt wiederum der "blick nach rechts" Auskunft, der mit Schröders Homepage auch dessen Lebenslauf präsentiert. Früher gehörte er zu den nationalrevolutionären Maoisten (wie auch z.B. Zitelmann und etliche aus dem Eichberg-Kreis) und bekämpfte mit der Charta 77, an die sich auch deutsche Nationalrevolutionäre herangemacht hatten, "befreiungsnationalistisch" die CSSR zwecks "Balkanisierung" (Eichberg). So wurde er Beobachtungsobjekt des MfS der DDR (wie übrigens auch der verhinderte ostpreußische Junker Lölhöffel, dieser unter dem beziehungsreichen Objektnamen "Baron"), wandte sich dann dem germanischen Kulturerbe zu und hat heute ein passendes Hobby gefunden: Unter dem Pseudonym "TeutonBlizzard" (Teutonensturm) spielt er - rein virtuell, versteht sich - im Internet bei Welteroberungsspielen mit, die die Teilnehmer mit dem Schlachtruf "Heil den mächtigen Eroberern!" zum "Endsieg" rufen; "treten Sie gegen mich online an!", fordert Schröder via "blick nach rechts" die Netzjunkies auf.

Im Kern nationalrevolutionär war auch Schröders KONKRET-Artikel. Der Teutonensturm erfand hier für solche Mitmenschen, die schon von den Nazis als "Rheinland-Bastarde" ausgegrenzt wurden, den Namen "Afrodeutsche". Das braune A steht noch nicht in ihrem Paß, aber schon in Schröders Kopf, als biologisch gebundene Unterform nationaler Identität. Das ist Rassismus. So genannte - von wem eigentlich? - "Afroamerikaner" wehren sich längst gegen diese rassistische Bezeichnung, weil sie mit Afrika nichts, mit Brooklyn aber ihr ganzes Leben zu tun haben. Wer hat ein Interesse daran, eine Stadt in Weiße und Schwarze, Schröders Heimat Berlin-Kreuzberg in echte Deutsche, "Afrodeutsche" und "Türken-Deutsche" zu unterteilen? Schröders Gewährsmann am Ende seines KONKRET-Beitrags, den er biologistisch als "Deutschen afghanischer Abstammung" (und nicht etwa "Herkunft") bezeichnet, setzt die nationale Identität "Wir Ausländer" gegen die nationale Identität "Ihr Deutschen", um zu seinem Ausländer-über-alles! zu kommen. Das ist tatsächlich kein Antifaschismus mehr, sondern klassischer Ethnopluralismus der nationalrevolutionären Herrenmenschen, egal welcher Herkunft. Was KONKRET-Lesern vielleicht nur als Schröders eigenwillige Art des Kritisierens erschienen sein mag, bekommt vor dem Hintergrund seiner sonstigen Aktivitäten einen eindeutigen Hautgout.

Ganz im Gegensatz zu den unkommentierten Links auf die härtesten Nazi-Websites überschlug sich Lölhöffel Ende September 2000, als er enthüllte, daß der Staatsminister im Auswärtigen Amt Christoph Zöpel der "Jungen Freiheit" ein Interview gegeben hatte, in der Tat ein schwerer politischer Fehler Zöpels. Doch Zweifel an der Motivation der von Lölhöffel sehr zur Schau getragenen Empörung über Zöpel und seiner Anklage der "Jungen Freiheit" sind auch unabhängig von den Nazi-Links (übrigens auch auf die Junge Freiheit) angebracht. Zöpel, der in der SPD als Linker gilt, hatte nur drei Tage vor Lölhöffels Aufschrei in einem KONKRET-Interview (Nr. 10/2000) die keimende Annäherung zwischen der EU und Libyen in Frage gestellt für den Fall, daß Libyens Führer Gaddafi weiterhin rechtsextreme Organisationen in Europa finanziere, wie er es seit den 70er Jahren tut. Über Eichbergs Vorliebe für Gaddafis völkisch-spirituelle Revolution konnte man in "wir selbst" vieles lesen, der "wir selbst"- und Eichberg-Verleger Siegfried Bublies besitzt seit langem die deutschen Rechte an Gaddafis islamisch-nationalrevolutionärem "Grünen Buch", die Nationalrevolutionäre um Eichberg besuchten sogar Libyen auf Einladung des Regimes. Beste Verbindungen zu Gaddafi hatte auch Mechtersheimer, der laut Süddeutscher Zeitung am Gründungsversuch für eine politische Stiftung beteiligt war, die von Gaddafi mit 10 Millionen US-Dollar ausgestattet wurde und seinen Namen tragen sollte; über Geld und Stiftung schwatzte Mechtersheimers damals engster Mitarbeiter Schmidt-Eenboom 1989 bereitwillig, so die SZ. Statt der Gaddafi-Stiftung gründete Mechtersheimer dann mit Eichberg und Schinzel das DAF - ob mit demselben Geld, das war nie zu klären.

Man kann es als Verkettung von Zufällen ansehen, daß Lölhöffel Mitte der 90er Jahre ausgerechnet mit diesem Eichberg-Umfeld gegen linken Antifaschismus zu Felde zog. Oder als neuen Fraktionsstreit im Neofaschismus - zumal "Junge Freiheit" und Eichberg sich neuerdings nicht mehr grün sind -, nun ausgetragen mit Hilfe des "blick nach rechts" und demnächst vielleicht aus dem Berliner Senat.

(2001)

aktueller Nachtrag:
Nach Erscheinen des KONKRET-Artikels und nach dem Ausscheiden des neuen Vize-Senatssprechers Lölhöffel aus dem "blick nach rechts" hat der "blick nach rechts" seinen Internet-Auftritt vollständig verändert und den Link zu Schröders Homepage und zu seiner Nazi-Link-Seite gekappt. Ob die Staatsanwaltschaft wegen der Schröder-Nazi-Links inzwischen auch gegen den "blick nach rechts" ermittelt hat, der bis Ende 2000 den Zugang hierzu vermittelte, wissen wir nicht. 

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