Peter Kratz: "Die Götter des New Age.
Im Schnittpunkt von 'Neuem Denken', Faschismus und Romantik"
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5. Die braunen Götter der
"Deutschen Unitarier"

Enttarnung völkischer Rassisten
 

      Zweiter Teil von Kapitel 5:

...zum ersten Teil von Kapitel 5

      Inhalt des zweiten Teils:

      Arbeit an der "Neuen Rechten" der neunziger Jahre
      Zweigorganisationen der DUR
      In der Mitte der Gesellschaft: Prominente für die DUR


Arbeit an der "Neuen Rechten" der neunziger Jahre

Auch nach seinem Rücktritt bleibt Prem einer der DUR-Vorderen. In einer Erklärung vom Sommer 1991, die DUR-Zeitschriften aus den nichtöffentlichen "Mitteilungen des Präsidenten" nachdrucken, kündigt er an, sich in Zukunft um die Schulungsarbeit der Sekte zu kümmern. Hier sagt er auch, von der Unwahrheit wissend: "Ich bin meinen Vorgängern im Präsidentenamt der Unitarier dankbar dafür, daß sie sich bereits in den fünfziger Jahren von Böhme getrennt haben." Die Jubiläumsfeier mit Böhme auf dem "Unitariertag" 1967, auf dem Prem selbst in der ersten Reihe saß, hat er wohl schon vergessen. Prem ist auch Unterzeichner einer durch die antifaschistischen Aktionen provozierten "Erklärung des Vorstandes der Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft zum unitarischen Demokratieverständnis" - seine letzte Amtshandlung -, in der es heißt: "Kein einziges Vorstandsmitglied hat zu irgendeiner Zeit extremistische Gedankengänge geäußert oder publiziert." Hier mag man wohl gleich alle oben Genannten vergessen haben. "Aus alten Wurzeln zu neuen Kräften. Eine Standortbestimmung der Deutschen Unitarier" nennt Helmut Kramer 1991 eine Schrift. Darin legt er ein nachdrückliches Bekenntnis zum Völkischen ab, wie es die "Neue Rechte" unter dem Begriff des Ethnopluralismus faßt. "Eine bunte Wiese", "ein bunter Blumenstrauß" seien die Menschen, keiner dem anderen gleich, aber in einer "Gemeinschaft" verbunden. "Für die kritische Durchsicht meines Manuskriptes danke ich Christa Kramer und Dr. Rudolf Beinhauer", heißt es da. Der inzwischen verstorbene Beinhauer, zeitweise DUR-Gemeindeleiter in Düsseldorf mit Kontakten auch in andere faschistisch-religiöse Zirkel und ein Freund des Hitler-Bildhauers Arno Breker, vermacht seinen Nachlaß dem rechtsextremen Bochumer Professor Bernard Willms, der inzwischen von selbstgöttlichen Gnaden ebenfalls nicht mehr am Leben ist. (463)

1990 veranstaltet die "Jugend- und Bildungsstätte Klingberg der Deutschen Unitarier" eine "Geschichtswerkstatt", in der "Deutschland als nationalkulturelles Eigengebilde" beschworen wird: man müsse nach der deutschen Wiedervereinigung "zum aufrechten Gang durch unsere nationalen Kulturgefilde" zurückfinden. Die Dichter und Denker der Richter und Henker sind gemeint, und Hans-Dietrich Kahl schreibt 1989 treffend gegen die westlichen Sieger des Zweiten Weltkriegs: "Diese 'reeducation' wollten wir nicht." Trotz aller Lippenbekenntnisse hapert es mit dem Demokratie-Verständnis. Während Wolfgang Deppert als schnelle Antwort auf die "Demokratie-Erklärung" des DUR-Vorstands noch 1990 in der Kieler DUR-Zeitschrift "Blick" einen Text der braunen Prinzessin Reuß-zur Lippe drucken läßt, legt er im Januar 1992 in "Blick" nochmal ein Extra-Bekenntnis ab: "Leider haben wir durch häßliche Anfeindungen in der letzten Zeit erleben müssen, daß es trotz des großen weltweiten Freiheitswillens in unserem Lande noch erklärte Feinde der religiösen Freiheit gibt. Dennoch sollten wir auch im Neuen Jahr unbeirrt an unserem unitarischen Glauben festhalten, der auf dem Vertrauen auf die Selbstbestimmungskräfte im Menschen beruht." Die alte faustische Selbstvergöttlichung ist ungebrochen, und auch der neue Ideologie-Stern im DUR-Kosmos, Bernd Friesmann, bringt in seinem Buch "Weg ohne Kreuz" nur wieder einen neuen Aufguß der Ideen Rosenbergs und Hauers. Das Buch, vom "Verlag Deutsche Unitarier" herausgebracht, ist heute zu einem Hauptbuch der Sekte geworden.

Thomas Leutkart - mit dessen Leumundszeugnis die DUR 1989-1991 vergeblich versucht, ihre Prozesse gegen Antifaschisten zu gewinnen, und dessen Buch "Weg und Ziel bist du selbst" die DUR heute als ein weiteres ihrer neuen Hauptbücher verkauft - schreibt 1974 in "glaube und tat" - neben Prems "Helios-Sonde"-Artikel - über Friedrich Schöll: "Im Zustand der Ergriffenheit, der beherrschten Begeisterung" habe Schöll auf einem Treffen der bayrischen DUR-Landesgemeinde ausgerufen: "Ich bin Gott!" Was normale Menschen zum Prusten gebracht hätte, findet Leutkart "logisch und berechtigt", denn deutsch-unitarisch betrachtet sei der Mensch, mit einem Wort Schölls, "Wirkort des Göttlichen", es trete "der Mensch handelnd ganz an die Stelle des Göttlich-Allheitlichen." Auch das Böse und selbst das Verbrecherische seien göttlichen Ursprungs. Sigrid Hunke hebt in ihrem Buch "Europas andere Religion" die Tat-Gebundenheit des Selbstgott-Verständnisses von Schöll heraus. Das "Schöpferisch-Göttliche im lebendigen Vollzug" (Schöll) ist danach das Entscheidende am deutsch-unitarischen Glauben. (464)

Während Prem 1985 mit "Europas anderer Religion" Hunkes "Ehrenpräsidentschaft" begründet, sagt er in seiner Rücktrittserklärung 1990: "Eine völkische oder gar eine deutsche Religiösität zu fordern, ist ein Widerspruch in sich und nicht mit Unitariertum zu vereinbaren." Der Mann ist nun nicht etwa klug geworden, auch sind seine ideologischen Unterschiede zu Hunke weiterhin kaum auszumachen. Man fährt jetzt nur eine neue Taktik: Nicht mehr die Kritik des Faschismus am Christentum soll nach außen hin das "Unitariertum" begründen, sondern die der Aufklärung, wohl wissend, daß bereits die Nazis eine "deutsche" (faustische) von einer "französischen" (demokratischen) Aufklärung unterschieden und erstere für sich einzuvernehmen verstanden. Auch gab es deutsche Anhänger der Französischen Revolution, die deren Ziele mit denen des Germanen Hermann verknüpften - Hauptsache, gegen "Rom" ! - und bürgerliche Freiheitsforderungen mit Germanentümelei verwechselten. In der Tradition solcher ideologischer Purzelbäume versuchen heute "Deutsche Unitarier", den Anschluß an die fortschrittlichste Entwicklung der "Neuen Rechten" zu finden, die wir bereits am Beispiel des Mohler-Nachfolgers bei der "Siemens-Stiftung", Heinrich Meier, andernorts darstellten. Es ist nicht mehr das Ziel, die demokratische Geistestradition frontal zu bekämpfen, sondern sie neu zu interpretieren und für den Faschismus nutzbar zu machen. Eine Art von "Arisierung" der Menschenrechte wird hier betrieben. (465)

1989 erscheint das Heft "Macht und Gewalt in der Französischen Revolution" der "unitarischen blätter". Es ist ein solcher Versuch, die freiheitliche und egalitäre Weltanschauung der Aufklärung und der bürgerlichen Revolutionen antiegalitär zu wenden. Der Aufklärung ging es weitestgehend um die Entgöttlichung, Rationalisierung und Vermenschlichung irdischer Herrschaft, die bisher klerikal gebunden und transzendent gerechtfertigt war. Dazu diente ihr Antiklerikalismus. Herrschaft sollte begriffen werden als von Menschen über Menschen ausgeübt und deshalb nur von Gleichen nach Mehrheitsbeschlüssen praktiziert werden. Wie oben gezeigt, ließ die Gefahr unliebsamer Mehrheitsbeschlüsse und damit die Möglichkeit des Verlustes von Privilegien die klassischen faschistischen Ideologen und ihre Nachfolger in der "Neuen Rechten" gegen das Gleichheitsprinzip auftreten. In Verbindung mit dem vulgären Antisemitismus als Katalysator entstand ein intellektueller Antijudaismus, der das Prinzip der politischen Gleichheit der Menschen, wie es in den bürgerlichen Revolutionen gefordert und in Ansätzen verwirklicht wurde, sowie das Prinzip der ökonomischen Gleichheit, wie es die sozialistischen Revolutionen forderten, kurzerhand aus dem jüdisch-christlichen Prinzip der potentiellen Gleichheit der Menschen vor Gott ableitete. Die gesamte demokratische und linke Geschichte wurde als Produkt der angeblichen Überfremdung mit einer "vorderasiatisch-semitischen" statt nordeuropäisch-"arischen" Weltanschauung dargestellt, als undeutsch oder uneuropäisch und damit für politische Systeme der Europäer unbrauchbar.

Einen anderen, zukunftsweisenderen Weg geht der neue Hoffnungsträger der DUR, Jörg Witzel, in seinem "ub"-Beitrag zum zweihundertsten Jahrestag der Französischen Revolution. Offenen Antijudaismus sucht man hier vergebens. Witzel macht sich sowohl das Grundprinzip faschistischer und DUR-Weltanschauung - die nordische Selbstvergöttlichung als Alternative zum personalen außerweltlichen Gott des Juden- und Christentums - als auch die Kirchenkritik der Aufklärung zunutze und verbindet beide. Allerdings muß bemerkt werden, daß der faschistische Ahnherr Chamberlain diese Idee bereits ansatzweise verfolgte. Während jedoch die Aufklärung zu einer Entgöttlichung von irdischer Herrschaft kommen wollte, führt Witzel das Göttliche - und damit die Nichtverfügung der jeweiligen Menschen-Mehrheiten über Herrschaft - wieder in die Idee der Menschenrechte ein. Er benutzt den Antiklerikalismus der demokratischen Bewegung, der vor allem gegen die weltliche Macht der römischen Amtskirche gerichtet war, um deren Errungenschaften ins Gegenteil verkehren zu können. Das hat den Vorteil, die demokratische Bewegung nicht mehr frontal angreifen zu müssen - und erst recht nicht mit diskreditierten antijüdischen Argumenten. Das fällt dann weniger auf.

Witzel kommentiert die "Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers" vom 26. August 1789: "Institutionalisierte Macht, Herrschaft, ist nicht mehr von der Willkür des von Gott eingesetzten Herrschers und in letzter Instanz von göttlichem Recht abhängig. Vielmehr ist sie an Rechte gebunden, über die jeder Mensch seit seiner Geburt verfügt: Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Bedrückung. Christliche Offenbarungsreligion und der Glaube an eine personifizierte Gottheit spielen bei der Begründung dieser Rechte keine Rolle mehr. Vielmehr steckt ein Begründungszusammenhang dahinter, der im Menschen selbst göttliche Kraft wirksam sieht. ... Die Menschenrechte sind folglich das Ergebnis einer religiös begründeten Einschätzung des menschlichen Wesens. Sie fußen auf einem letztlich unbeweisbaren Glauben. Der den Menschenrechten vorausgehende Begründungszusammenhang, in dem der Mensch nicht mehr als sündiges und erlösungsbedürftiges Wesen gilt, steht unitarischem Denken nicht fern." Die faschistisch-religiöse Selbstvergöttlichung wird zur vermeintlichen Quelle der demokratischen Menschenrechte. (466)

Der "vorausgehende Begründungszusammenhang" wird im Beitrag Prems in demselben "ub"-Heft näher erläutert: Gemeint sind damit die unabänderlichen Hierarchie-Gesetze des Kosmos, die als göttliches Prinzip, als vergötterte religiöse Kategorie "Natur" auch die Gesellschaft des Menschen bestimmen sollen. Der tiefe antidemokratische Sinn dieses Witzel-Zitates erschließt sich, wenn man die ausschließlich völkische Herangehensweise an den "letztlich unbeweisbaren Glauben", an Religiösität schlechthin, betrachtet, wie sie alle Ahnherrn und gegenwärtigen Ideologen der DUR von Herder über Hauer bis hin zu Hunke und Mynarek vertreten - letzterer durch sein überschwengliches Bekenntnis zu den Ideen Hauers und Hunkes. Der Glaube ist für sie nur spezifisch pro Volk, jedes Volk habe seinen eigenen und solle auf Missionierung anderer Völker verzichten, weil dies Überfremdung heiße. Es ist das Konzept der Einheit von religiöser und nationaler Identität. Die Bindung der Selbstvergöttlichung an Nation und Volk hat weitreichende Konsequenzen. Wenn ausschließlich der den "Ariern" eigene und bisweilen rassisch gebunden postulierte Glaube zu den Menschenrechten führt, nicht jedoch zum Beispiel auch der der "christlichen Offenbarungsreligion" - so sagt es Witzel, ohne die "Arier" zu nennen -, wenn der pantheistisch- naturreligiöse, letztlich biologistische "Begründungszusammenhang" mit der Konsequenz der Selbstvergöttlichung des Menschen einzig zu den Menschenrechten führen soll - auch dies sagt Witzel -, dann sind folglich diese Menschenrechte selbst nur den "Ariern" erfahrbar und zugänglich. Andere Menschen, andere Völker, denen angeblich ein anderer Glaube zukommt, sind von diesen Rechten ausgeschlossen. Dieser Stoß geht - Prem macht es später deutlich - vor allem gegen die Dritte Welt. Menschenrechte für Afrikaner, so heißt es früher bei der DUR, sei "Betrug am Neger", weil der eine andere nationale Identität habe. Witzel und Prem sind intelligenter. Der Faschismus muß nur noch diejenigen definitorisch eingrenzen, die berechtigterweise "deutsch" oder "europäisch" glauben dürfen, um die Menschenrechte - ohne sie offen angegriffen zu haben und sich dadurch Blößen gegeben zu haben - für die eigenen Elite-Interessen nutzbar zu machen.

Witzel verfälscht den anti-völkischen Nation-Begriff der Französischen Revolution und den Begriff des "Gemeinwillens" Rousseaus in die Richtung des völkischen und letztlich rassistischen Nation-Verständnisses der deutschen bürgerlichen Revolution und ihrer legitimen Nachfolgerin, der völkischen Bewegung. Volks- und Nation-Bildungen sind im Kontext faschistischer Religiösität des "Allgott-Glaubens" (Hauer), die auf dem postulierten "vorausgehenden Begründungszusammenhang" der angeblich kosmosweiten Herrschaft natürlich-göttlicher Gesetzlichkeiten bis in die menschliche Gesellschaft hinein basiert, natur-göttliche Geschehnisse. Völker und Nationen sind - so kennen wir es von Herder über Hauer bis Hunke, Evertz und Schönhuber - dem freien menschlichen Zugriff entzogene göttliche Phänomene, von Menschenhand nicht antastbare Teile des göttlichen "Kosmos". Türken in Deutschland sind demnach anti-göttlich. Witzels Satz "Nur die gesamte Nation ist im Besitz der vollen Souveränität" hat nun nicht mehr einen bürgerlich-freiheitlichen Inhalt, wie er noch 1789 gemeint war, sondern ist nach der deutsch-unitarischen Vereinnahmung ebenso völkisch-rassistisch ausgrenzend wie totalitär. Witzels Anführen des Volksbegriffes des Grundgesetzes, dessen letztlich rassistischer - weil auf der biologischen Herkunft basierender - Kern erst kürzlich wieder im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gegen das Ausländerwahlrecht deutlich wurde, verstärkt diese Tendenz noch; er steht im Gegensatz zum anti-völkischen Nation-Begriff der Amerikanischen und der Französischen Revolution.

Witzel verzichtet schließlich auch nicht auf den Anspruch der "arischen" Gottmenschen, den Staat nach ihren Vorstellungen zu gestalten, die als Gotteswille ausgegeben werden: "Entscheidend für unser heutiges Staatsverständnis ist die Bindung staatlicher Macht an letztlich religiös begründete Grund- und Menschenrechte." Das von Witzel beschworene "Recht auf Widerstand" bekommt vor dem Hintergrund des Selbstgöttlichkeitsanspruchs dieser Ideologen einen für Demokraten beängstigenden, weil bedrohlichen Zug. Die letztliche Praxis dieses Rechts wird mit dem grundgesetzlich garantierten Widerstandsrecht gegen neue faschistische Diktatoren so wenig zu tun haben wie der gleichfalls immer wieder aus der Richtung faschistischer Religiösität erschallende Ruf nach Toleranz und Minderheitenschutz, den Hauer und Rosenberg bereits gegen die christlichen Großkirchen schleuderten: Minderheitenschutz für die Propaganda faschistischer Sekten.

Vernetzung der Sekten: Die Osho/Baghwan-nahe Zeitschrift "Connection" brachte in Nr. 5/ 1997 einen Artikel, der die "Deutschen Unitarier" gegen antifaschistische Angriffe verteidigte. Das DUR-Zeichen wurde mit diesem Schema erklärt. Der Autor war Steffen Rink, der manchen immer noch als unabhängiger Religionswissenschaftler gilt. In Wahrheit gehört er, wie auch Ulrich Nanko, selbst der Szene der rechten Sekten an.

Einen auf faschistischer Religiösität fußenden Staat - wie ihn Witzel mit der Bindung des Staates an deutsch-unitarisch begründete Grundrechte eben letztlich fordert - konnte die NSDAP-Minderheit der Kirchenkampf-Ideologen um Alfred Rosenberg im lang ersehnten und religiös verstandenen "Dritten Reich" noch nicht verwirklichen, ihre Praxis war auch offenbar falsch und revisionsbedürftig. Das Ziel bleibt weiterhin utopisch, besser: visionär. Aufgrund der herausragenden und sektenintern unbestrittenen Bedeutung der Ideen Hauers und Hunkes für die Weltanschauung der DUR kann sich Witzel auf ein paar Andeutungen über den "vorausgehenden Begründungszusammenhang" beschränken. Die wissenden "Arier" verstehen sie ohnehin, unwissende Demokraten, jüdisch-christlich überfremdet, verstehen sie besser nicht, so erspart man sich politische Diskussionen.

In seinem "ub"-Beitrag "Wege in eine Welt mit weniger Gewalt" wird Horst Prem deutlicher als Witzel. Er bestreitet hier die alleinige und uneingeschränkte Gültigkeit der Grundrechte, setzt ihnen "Grundwerte" faschistischer Religiösität an die Seite und will beide miteinander in einen "Wettstreit" treten lassen. Dabei läßt er auch deutlich die biologistisch- rassistische Basis dieses Vorgehens erkennen, das bereits als der Versuch der "Umwertung aller Werte" wesentlicher Bestandteil des historischen Faschismus war. Bei der Betrachtung verschiedener Grundwerte beginnt Prem mit der Forderung: "Nicht menschliche Denk- und Lehrgebäude können Richtschnur für unser Handeln sein, sondern ein Hineinhören in unseren Lebenshintergrund." Am Ende seines Beitrags macht er sein biologistisches und rassistisches Verständnis seiner Grundlage aller Politik und Gesellschaft deutlich, die Witzel "vorausgehender Begründungszusammenhang" nannte: "Ich meine, daß wir aufgrund des Hineinhörens in unseren entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund die Gelassenheit und Größe aufbringen können, im Bereich der Mitgestaltung zur Freiheit und Offenheit erziehen zu können."

Als den Kern des "entwicklungsgeschichtlichen" - also biologisch- evolutionären - Hintergrundes hat der neue DUR-Chefideologe Hubertus Mynarek bereits in seinem Buch "Ökologische Religion" die angebliche biologische Überlegenheit seines "ökoreligiösen Menschen" postuliert, der auf der Evolutionsleiter bereits die nächste Stufe erklommen habe, ganz im Gegensatz zum letztlich jüdisch-christlich fußenden Normalmenschen, den Mynarek als "Irrläufer der Evolution" bezeichnet. Es ist nicht erstaunlich, daß Mynarek nun in diesem "ub"-Heft zur - besser: gegen - die Französische Revolution ebenfalls breit angeführt wird. Vor dem Hintergrund, sich als gottförmiger neuer Herrenmensch einzuschätzen, kann sich Prem in der Tat "Gelassenheit" leisten. Die angeblich auf jüdisch-christlichen "Funktionen wie Hirte und Herde" aufbauenden Systeme - und hierzu zählt die faschistische Ideologie, wie oben dargestellt, eben auch Demokratie und Sozialismus - beinhalteten nach Meinung Prems "unnatürliche Hierarchien".

Also sollen anscheinend nicht etwa menschliche, im "Gesellschaftsvertrag" zwischen Gleichen frei beschlossene Richtlinien die Grundlage menschlichen Handelns sein, auch nicht als außerweltlich entstanden und vom personalen Gott des Juden- und Christentums in Form der Zehn Gebote gegeben geglaubte und daran anschließende säkulare Gesetzlichkeiten. Vielmehr sollen biologische Gesetzlichkeiten "Richtschnur" sein, die zu angeblich göttlich-natürlichen Hierarchien führen, dem Zugriff menschlicher Mehrheitsentscheidungen entzogen. Prem läßt keinen Zweifel an der Richtigkeit dieser Interpretation seines Artikels, wenn er gleich anschließend das biologistisch-rassistische Konzept des "Erdengewissens" des ehemaligen DUR-Gemeindeleiters Baldur Springmann anführt. Springmann veröffentlicht dies 1982 - er ist nun im Vorstand der ÖDP - in seinem Buch "Partner Erde. Einsichten eines Öko-Bauern", das im "Arndt-Verlag" erscheint. Am Ende des Buches wirbt der Verlag für eine Schrift des Neofaschisten Karl Höffkes über die bündische Jugend. In der Bundestagsdrucksache 12/6081 stuft die Bundesregierung den "Arndt-Verlag" als "rechtsextremistisch" ein; in dem Verlag seien "zahlreiche Bücher rechtsextremistischer Autoren erschienen", heißt es in einer Antwort des Bundesinnenministers auf eine parlamentarische Anfrage. Das "Erdengewissen" Springmanns soll die als göttlich angesehenen kosmischen Gesetzlichkeiten und Evolutionsprinzipien achten und religiös verehren. Prem nutzt das "Erdengewissen", um sogleich "Grenzen dieser Freiheit" des Menschen - der durch die Grundrechte garantierten Freiheit - zu postulieren. Richtig verstanden, sollen demnach die biologischen Gesetze der Evolution die politische Freiheit der Menschen in der Gesellschaft begrenzen. Das ist Biologismus in Reinkultur und in der Funktion, für die er geschaffen wurde: Freiheit beschränkend.

Im folgenden zitiert Prem den Schandspruch vom Dach des KZ Dachau, mit dem die Nazis die dort Eingekerkerten, Gefolterten und Ermordeten tagtäglich verhöhnten, und präsentiert diesen Spruch allen Ernstes als "Katalog der Tugenden" und als Ansatz zu "Grundwerte(n), nach denen sich freiheitliches Leben ausrichtet." Zu einer deutlichen Kritik an den Verbrechen im KZ kann er sich nicht hinreißen lassen, zu schweigen von einer Äußerung des Ekels und Abscheus. Diese ungeheuerliche Passage in seinem Artikel, die durch die Tatsache, daß DUR-Hartl als Gestapo-Mann das KZ Dachau mit Häftlingen zu füllen half, noch ungeheuerlicher wird, ist jedoch fast schon nebensächlich angesichts des Folgenden. Prem hält nämlich den Nazi-Schandspruch für den "zweite(n) Schritt vor dem ersten", der erste Schritt aber, der nötig sei, damit dieser "Katalog der Tugenden" auch wirklich zu einem der "Grundwerte" werde, sei von den Nazis im KZ "vergessen" (!) worden.

Er baut sodann zwei Gruppen von "Grundwerten" auf: Einerseits die "Freiheitswerte für den Bereich der verantwortlichen Mitgestaltung", d. h. die Menschenrechte bzw. Grundwerte des Grundgesetzes, die er teilweise aufzählt (freie Entfaltung der Persönlichkeit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit des Glaubens, freie Meinungsäußerung usw.). Andererseits nennt er den "Bereich der Teilhabe" mit seinen Grundprinzipien faschistischer Religiösität, die er wenig später im Gegensatz zu den "Freiheitswerten" "Bindungswerte" nennt: "Das Betroffensein vom Geheimnischarakter der Natur; die staunende Bewunderung alles dessen, was besteht; Ehrfurcht vor dem Leben, so wie es Albert Schweitzer beschrieben hat." Die "Teilhabe" ist also einerseits der Tat-Aspekt der faustisch-selbstvergöttlichten Elite, andererseits die entsubjektivierende Hinnahme und Anbetung des Seienden, kurz: der alte "Heroische Realismus". Schweitzers "Ehrfurcht vor dem Leben" - von ihm ganz anders gemeint - wird auch von Prem wieder uminterpretiert in eine Ehrfurcht vor den Evolutionsgesetzen, deren grausame Durchschlagskraft auf den Menschen die Menschheit in ihrer gesellschaftlich-historischen Entwicklung doch gerade zu überwinden versuchte. Kein Wunder, daß in demselben "ub"-Heft unter der Frage "Läßt sich Euthanasie ethisch begründen?" schließlich auf Peter Singers "Praktische Ethik" eingegangen wird.

Rufen wir uns in Erinnerung, daß es Prem in seinem Artikel um Gewalt in der menschlichen Gesellschaft und um die Grundwerte dieser Gesellschaft geht. Als "Bindungswerte", sozusagen das "Erdengewissen", die die gesellschaftlichen "Freiheitswerte" beschränken, führt er nach diesem Verständnis die Evolutionsgesetze und ihre religiöse Verehrung an. Alsdann fällt sein Wort vom "Wettstreit in diesen Grundwertedisziplinen", der der von den Nazis "vergessene" "erste Schritt" sein soll. Er wendet sich gegen einen "Absolutheitsanspruch" der Grundwerte und damit eigentlich gegen die Menschenrechte überhaupt. Nur eine einzige Interpretation ist möglich: Um in der antifaschistisch bestimmten Diskussion um Menschenrechte und gesellschaftliche Grundwerte doch noch ein Plätzchen für die Grundwerte faschistischer Religiösität, für Biologismus und Evolutionismus zu schaffen, predigt er den "Wettstreit" zwischen den beiden "Grundwertedisziplinen" und eifert gegen den "Absolutheitsanspruch" der Menschenrechte: "Wir müssen in unserem Wertegefüge die herausragende Bedeutung der Freiheitswerte für den Bereich der Mitgestaltung und die herausragende Bedeutung der Bindungswerte (Ehrfurcht vor dem Leben) für den Bereich der Teilhabe anerkennen. Die Betonung des einen oder des anderen Wertebereichs alleine führt uns nicht weiter." So ist Raum geschaffen für die "Werte" faschistischer Religiösität.

Wie sehr die Menschenrechte und Werte des Grundgesetzes durch den abverlangten "Wettstreit", in den sie mit den faschistisch-religiösen "Bindungswerten" treten sollen, relativiert werden, wird im folgenden noch einmal deutlich: "Wenn wir aber heute einen langfristig wirksamen Beitrag zur Absicherung unserer Grundwerte leisten wollen, und damit auch einen Beitrag zu Wegen in eine Welt mit weniger Gewalt", so heuchelt der Ingenieur eines Rüstungskonzerns, "dann dadurch, daß wir im moralisch-ethischen Raum Platz schaffen für ein gemeinsames Ringen um die mühsam erkämpften Grundwerte." Demokraten dagegen wollen um die "mühsam erkämpften Grundwerte" nicht noch einmal "ringen", erst recht nicht mit Vertretern faschistisch-religiöser Grundwerte. Demokraten wollen vielmehr ihre erkämpften Menschenrechte bewahren und verteidigen, und zwar gegen die Faschisten. Sie wollen auch keinen Platz für das Ringen um die Grundwerte, sondern Platz für die Grundwerte selbst. Prem will aber auch nicht eigentlich um die Grundwerte selbst ringen, sondern um die Interpretation der Grundwerte, etwa der Art, wie wir es oben bei Witzel sahen. Das ist ein viel geschickteres Vorgehen, als Grundrechte frontal anzugreifen.
 

Endlich frei von Prems deutschen "Tugenden": Von US-Soldaten gerettete Häftlinge im KZ Dachau, ein Anblick, von dem die Leser der "unitarischen blätter" verschont blieben. Eine kleine Gruppe "Deutscher Unitarier" hatte sich 1989 in die KZ-Gedenkstätte begeben, damit Prem dort vor ihnen seine infame "Ansprache" halten konnte, die die "unitarischen blätter" dann abdruckten.
(Abbildung vom Titel der "Dachauer Hefte", Nr. 1 "Die Befreiung", herausgegeben im Auftrag des Comité International de Dachau von Barbara Distel, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau,
Dachau 1985.)

Daß die "Neue Rechte" und die hinter ihr stehenden ökonomischen Interessenten eine Relativierung der universell geltenden Menschenrechte braucht, wird am letzten Zitat aus dem Artikel des leitenden MBB-Ingenieurs deutlich, das hier angeführt werden soll: "In schwieriger werdenden Zeiten sind wir alle in Versuchung, den zweiten Schritt vor dem ersten tun zu wollen, einfach deshalb, weil wir es leid sind, langatmigen Diskussionen um Grundsatzpositionen zuzuhören. Gerade weil aber die nächsten Jahre nicht leichter werden, weil der Aufstieg der dritten Welt in ein anderes Lebensstandardniveau, die Krise der Weltwirtschaft, die Energie- und Beschäftigungskrise existieren, weil wir das Zeitalter der weltweiten Kommunikation, die Tendenz zu einer Weltgesellschaft bei gleichzeitiger Verschärfung der Verteilungskämpfe noch nicht verstanden haben, ist es um so wichtiger, sich der herausragenden Bedeutung der Grundwerte bei Berücksichtigung der vorgegebenen Grenzen zu erinnern." Die angeblich "vorgegebenen Grenzen" sind vom Biologismus, dem "Erdengewissen", bestimmt; die Gesetze der Evolution sollen dafür sorgen, daß die Verteilungskämpfe mit der "Dritten Welt", die diese auf der Basis universell gültiger Menschenrechte legitim verschärfen könnte, den Privilegien der reichen nördlichen Herrenmenschen nicht allzu gefährlich werden. Es geht - wie immer - um die Privilegien der weißen Rasse und ihrer herrschenden Schicht. (467)

Ziel dieses neuerlichen, nun "neurechten" Versuchs der "Umwertung aller Werte" (Rosenberg) ist es, die Geltung der Menschenrechte auf Faschisten zu beschränken und dies religiös zu legitimieren. Das ermöglicht nicht nur die Vernichtung des emanzipatorischen Gehaltes der Menschenrechte und die Beherrschung der übrigen Menschheit statt deren Befreiung durch sie, sondern gleichzeitig auch die scheinheilige Berufung auf sie und die Tradition menschlicher Emanzipation - ein genialer Trick zur Neutralisierung der Linken, an dem sich Generationen faschistischer Ideologen bisher vergeblich versuchten. Ob all das auch noch mit "weniger Gewalt" erreicht werden kann, durch innerlich verpflichtenden religiösen Glauben nämlich statt durch äußere Repression, muß trotz aller ideologischen Purzelbäume bezweifelt werden. Schon einmal reichte die faschistische Ideologie als Bindemittel allein nicht aus, um der Emanzipationsforderungen Herr zu werden. Doch auch im offenen Terror hatten die hohen NSDAP-, SS- und Gestapo-Funktionäre, die nach 1945 zu hohen DUR-Funktionären mutierten, ja ihre Erfahrungen.

Diese Kontinuität beweist nicht zuletzt auch das Zeichen der DUR, die Hagalsrune, eine der fünf von den Nazis am meisten benutzten Runen, die in Himmlers SS-"Ehrenring" eingraviert war und auch die Festsäle seiner Wewelsburg schmückte. Himmlers Kultobjekt "Jul-Leuchter", das in den SS-Familien an die Stelle des Kreuzes treten sollte und zur Wintersonnenwende in Aktion gebracht wurde, trägt das DUR-Zeichen eingraviert: die Hagalsrune in einem Kreis. Das Bundesarchiv in Koblenz besitzt noch einen solchen Leuchter, und auch der Altnazi Otto Ernst Remer, der den Aufstand vom 20. Juli 1944 niederschlug und danach Sicherheitsberater des ägyptischen Staatspräsidenten Gamar Abd-el Nasser wurde, besitzt ein Exemplar. Zu ihrer Wintersonnwendfeier erinnert die Kieler DUR-Zeitschrift "Blick" an "Jul und Neujahr" und besteht trotzig darauf: "Das Weihnachtsfest heißt noch immer Jul, Julfest, Radfest." Genau ein Jahr vorher hatte "Blick" Himmlers Rune gemeinsam mit einer New Age-Pyramide auf dem Titel, beide als Mandala dargestellt. So verbindet man alte und neue Traditionen. In den fünfziger und sechziger Jahren war das gemeinsame Zeichen der faschistischen Neuheiden, die Irminsul, auch das Zeichen der DUR. (468)

Wenn sich die DUR heute verbal auf die Geistestradition der Aufklärung beruft, sich selbst als deren Erbin darstellt, mehr noch: als der eigentliche Ursprung der Demokratie, und dabei immer wieder auch den Verfasser der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, Thomas Jefferson, anführt, weil dieser ein "Unitarier" gewesen sei - freilich ein christlicher, kein pantheistisch-organizistisch-"deutschgläubiger" -, so ist dies nicht ausschließlich Etikettenschwindel. Zwar verkehrt Wolfgang Deppert Immanuel Kant ins Gegenteil, wenn er dessen Zitat vom "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" - das gegen die katholisch-religiösen Fesseln menschlichen Handelns gemünzt war - nun als Eingang in eine erneute Versklavung des Menschen interpretiert, diesmal an die kosmische All-Göttlichkeit. Das gleiche tat auch schon Chamberlain. Auch wird die aufgeklärte Weltsicht ohne Zweifel verfälscht, wenn die New Age-Zeitschrift "PSI-Journal" ihrem Inhaltsverzeichnis die berühmte Grafik unterlegt, in der der Mensch nach der kopernikanischen Wende das Gesichtsfeld des geozentrischen Weltbildes verläßt und hinter den vermeintlichen Sphärenschalen die Wirklichkeit des Kosmos entdeckt. Solche Verfälschungen sind heute verbreitet, um leichtgläubige Menschen einzufangen. Tatsache ist jedoch, daß auch Thomas Jefferson, dessen Landbesiedelungskonzept für die Weiten Nordamerikas ein Vorbild für Walter Darrés Phantasien zur Kolonialisierung Osteuropas abgab, durchaus seine Übergänge zu "Blut und Boden" hatte. (469)

Die DUR macht auch in den neunziger Jahren in ihrer Praxis deutlich, wo sie tatsächlich steht. Zwar gehen 1993 ganze vier "Deutsche Unitarier" - ein gutes Promill der selbst angegebenen Mitgliedschaft - mit der DUR-Fahne - Himmlers Hagal-Rune - auf die Weizsäcker-Demonstration gegen Ausländerfeindlichkeit in Berlin. Zwar steht 1993 auch das "Hilfswerk der Deutschen Unitarier e. V." unter dem Aufruf des "Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes" (DPWV) zur Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft, weil es im DPWV Mitglied ist. Zwar unterhält die Sekte 1992 in Hamburg ein "Psychosoziales Zentrum für ausländische Flüchtlinge", das von der Bundesregierung gefördert wird. Doch sein Leiter Jean Masumbuku, ein gebürtiger Afrikaner mit deutscher Staatsangehörigkeit, trennt sich von den "Deutschen Unitariern" im Streit, weil er sich als Aushängeschild mißbraucht sieht und die Führung der Sekte nach seinem Urteil aus "Rechtsextremen" bestehe.

Im August 1993 spricht auf dem "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" der Neonazis in Fulda der Rechtsextremist Wolfgang Juchem; in Fulda treffen sich Vertreter des nationalen und internationalen, legalen und kriminellen Neonazismus und ziehen mit Runen-Fahnen durch die Stadt. Außer Juchem sprechen hier unter anderen der Kühnen-Nachfolger Christian Worch und der FAP-Vorsitzende Friedhelm Busse. Im Frühjahr lädt Juchem bereits in das Unitarierheim in Bremen ein, wo eine Veranstaltung seiner "Aktion Freies Deutschland" angekündigt ist. Im Oktober 1993 spricht er dann auf einer Veranstaltung der rechtsextremistischen "Gesellschaft für freie Publizistik", die der Verfassungsschutzbericht aufführt. Die Veranstaltung findet im DUR-eigenen "Haus der Deutschen Unitarier" in Hamburg statt. In dem Haus ist auch die "Unitarische Akademie e. V." untergebracht, eine Zweigorganisation der DUR, die sich aus Steuer- und Wohlfahrtsgeldern finanziert. Die DUR-Top-Funktionäre Christa und Helmut Kramer und Freya Bednarski-Stelling sind auch die DUR-Führer in Hamburg. "Deutsche Politiker erniedrigen sich als Erfüllungsgehilfen der Siegermächte von 1945, weil mit der jahrzehntelangen einseitigen 'Vergangenheitsbewältigung' niemand mehr wagt, wirklich deutsche Interessen zu vertreten. ... Eine hemmungslose Ausländerflut zerstört das soziale Netz in Deutschland", heißt es auf dem Einladungsblatt zu Juchems Veranstaltung in Hamburg. Immerhin ist Christa Kramer die Vizepräsidentin der DUR - offenbar eine würdige Nachfolgerin von Sigrid Hunke - und Bednarski-Stelling eine ständige Mitarbeiterin der "unitarischen blätter". Hamburger Antifaschisten fotografieren Juchem, wie er am 23. Oktober 1993 kurz vor sechzehn Uhr das "Haus der Deutschen Unitarier" betritt. Juchem ist einige Monate vorher zu den "Nordischen Dichtertagen" eingeladen, zu denen auch Dieter Vollmer und die "rechte Hand" des Thies Christophersen, Claudia Brüning aus dem DKEG des DUR-Mitbrgünders Herbert Böhme, angekündigt sind. 1984 bereits ist Juchem von der "Kieler Liste für Ausländerbegrenzung" des DUR-Funktionärs Fritz Castagne zu einem Vortrag eingeladen.

Auch andere Neofaschisten nutzen die Gastfreundschaft der DUR. Im April 1991 ist Henning Eichberg - gemeinsam mit Jakob von Uexküll junior - in der "Jugend- und Bildungsstätte Klingberg der Deutschen Unitarier" angekündigt. Das Seminar 1991 leitet Lutz Hüttel, ein Autor der nationalrevolutionären Eichberg-Zeitschrift "wir selbst". Uexküll ist im April 1993 gemeinsam mit Horst Prem wiederum bei einem Klingberg-Seminar als Referent. Im September 1992 sind der Thies Christophersen-Freund Baldur Springmann, die Hauer-Biographin Margarete Dierks und der Konservative Revolutionär Karl-Heinz Weißmann - Autor in "MUT" und "Criticon" - auf dem Klingberg-Seminar "Die völkische Idee und Deutsche Glaubensbewegung" als Referenten eingeladen. Lutz Hüttel leitet das Seminar. Springmann spricht schon wieder im November 1992 in Klingberg auf einem "religionsphilosophischen Seminar" - wie es in der Einladung heißt - über "Schuld, Verantwortung, Sühne" gemeinsam mit Lutz Hüttel. Das Berliner "Antifaschistische Infoblatt" berichtet im Januar 1994, das frühere Mitglied der REP-Programmkommission General a. D. Reinhard Uhle-Wettler habe in Hamburg im "Haus der Deutschen Unitarier" auf einer Veranstaltung der rechtsextremen Burschenschaft "Askania" gesprochen. Danach zu urteilen, ist das Hamburger DUR-Haus in den neunziger Jahren ein Taubenschlag für Neofaschisten.

1993 macht der "Vorsteher der Kreisgemeinschaft Düsseldorf der Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft", Kurt Winter, Schlagzeilen. Er ist Chef eines Nazi-Zentrums in der Düsseldorfer Jägerstraße, dem auf Druck des sozialdemokratischen Bezirksvorstehers der Mietvertrag gekündigt wird. Winter betreibt hier einen esoterischen Verlag und vertreibt Bücher über die Waffen-SS und von Autoren wie dem Goebbels-"Reichsfilmintendanten" Fritz Hippler, dem völkischen Schriftsteller Hans Grimm, dem NPD-Gründer Adolf von Thadden, dem Wehrsportgruppenführer Karl-Heinz Hoffmann oder dem Autor in Thies Christophersens "Bauernschaft" Rolf Carsjens. Aus Winters Zentrum heraus betreibt der frühere Manager der kriminellen Nazi-Skinhead-Band "Störkraft", Torsten Lemmer, einen Skin-Musik- und -Zeitschriftenversand. Der Bundestags-Drucksache 12/5586 kann man entnehmen, daß die Mutter des mutmaßlichen Attentäters vom Solinger Mordanschlag am 29. Mai 1993, Christian Reher, "intensive Kontakte" zu Lemmer habe. Winter selbst ist der presserechtlich Verantwortliche des Lemmer-Skin-Fanzines "Moderne Zeiten" und beherbergt auch einige Monate die Zeitschrift "Europa Vorn", die der rechtsextremistischen "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DL) nahesteht. Über "Europa Vorn"-Chef Manfred Rouhs berichtet die "Düsseldorfer Stattzeitung Terz", er habe zeitweise in Winters Zentrum gewohnt. Die DL-nahe Zeitung "Deutsche Rundschau" würdigt im März 1993 in dem Artikel "Lesenswertes über Ketzer, Hexen, Mystiker" Sigrid Hunkes Buch "Europas eigene Religion" positiv, das hier bereits zwölf Jahre alt ist.

Im November 1991 wird Kurt Winter zum Vorsitzenden der rechtsextremistischen "Freien Wählergemeinschaft Düsseldorf" (FWG) gewählt, die aus den REP hervorgeht und deren Fraktionsgeschäftsführer im Düsseldorfer Stadtrat, stellvertretender Vorsitzender und Pressesprecher Torsten Lemmer ist. In der FWG finden sich ehemalige Mitglieder der inzwischen verbotenen "Nationalistischen Front", der REP und der FAP sowie Doppelmitglieder bei DL und NPD mit Fascho-Skins zusammen. Die FWG beteiligt sich an der Steckbrief-Jagd der Kölner DL gegen eine nach Deutschland geflohene Roma. Der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1992 schreibt, die FWG werde "seit Ende Oktober 1992 planmäßig beobachtet. ... Die Anhaltspunkte für den Verdacht, daß die FWG rechtsextremistische Bestrebungen verfolgt, zeigen sich u. a. in der personellen Zusammensetzung, in ausländerfeindlichen Aktivitäten, den Kontakten zu rechtsextremistischen Parteien sowie zu Personen aus der Skinheadszene und neonazistischen Organisationen." Kurz vor dem Erscheinen dieses Verfassungsschutzberichtes tritt Kurt Winter von allen FWG-Funktionen zurück und untersagt der FWG, sein Zentrum in der Jägerstraße weiterhin als Geschäftsstelle zu benutzen. Haase und Igel. Aus Antifa-Kreisen wird eine frühzeitige Warnung an den "Deutschen Unitarier" Winter von sozialdemokratischer Seite aus vermutet: Die DUR solle geschützt werden. Auch über Torsten Lemmer schreibt der Verfassungsschutzbericht NRW, jedoch ohne ihn namentlich zu nennen. Lemmer ist auch nach Winters FWG-Rücktritt weiterhin in dessen Zentrum in der Jägerstraße aktiv.

Zweigorganisationen der DUR

Die wichtigste Zweigorganisation ist das 1967 als Wohlfahrtsorganisation der Sekte gegründete "Hilfswerk der Deutschen Unitarier e. V.", das seit 1969 Mitglied des "Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes" (DPWV) ist und vom Hamburger SPD-Senat trotz öffentlicher Proteste 1990 die unbefristete und bundesweit wirksame Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe gemäß Paragraph 9 des Jugendwohlfahrtsgesetzes zuerkannt bekommen hat. Das "Hilfswerk" ist - vergleichbar mit den Stiftungen der Parteien - eine Institution, um Geld zu beschaffen, mit dem dann Veranstaltungen finanziert werden können, die die politische Richtung der DUR propagieren. Es wurde lange Zeit geführt von Gertrud Mohnike, die ebenfalls die Anti-AKW-Klage des rechtsextremen, Ludendorffer-dominierten "Hartmut-Gründler-Klägerverbandes für Volksgesundheit und biologische Sicherheit" unterzeichnete. An ihre Stelle tritt in den achtziger Jahren Ralf Abel, Gertruds Sohn Ernst Mohnike - der sich bester Verbindungen zur Hamburger FDP rühmt, den Gerichten bei den Berliner DUR-Prozessen als eifriger Zwischenrufer auffiel und für diese Prozesse die Büro-Infrastruktur einer FDP-Geschäftsstelle nutzen konnte - ist zweiter Vorsitzender. In den wenigen Ortsgruppen des "Hilfswerks" arbeiten auch offen rechtsextreme Personen wie der spätere REP-Kandidat Arnold Neugeborn - als "Landesgruppenleiter" des "Hilfswerks" Schleswig-Holstein - oder der Rassist Hilger Brüning mit, der 1982 in "glaube und tat" schreibt: "Wer unserer Art ist, der wird ein artgerechtes Leben auch immer als Freiheit empfinden. Freiheit bedeutet somit nicht Bindungslosigkeit, sondern Bindung an das naturgegebene innere Gesetz unseres arteigenen Wesens."

Das "Hilfswerk" bekommt Geld aus zahlreichen Wohlfahrtsquellen, durch seine Mitgliedschaft im DPWV insbesondere auch aus den Zuschlägen der Wohlfahrts-Briefmarken der Deutschen Bundespost und aus Mitteln der Fernsehlotterie "Glücksspirale". Die Anerkennung nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz verschafft weitere Zugänge zu Geldquellen. An Einrichtungen der "Deutschen Unitarier" werden in den achtziger Jahren auch Fördermittel aus einem Sonderfond des DPWV sowie Bundeskreditmittel gezahlt. Der Achterberg-Sohn Gernot Achterberg vertritt heute das "Hilfswerk" in Schleswig-Holstein.

Hauptprojekt der Zweigorganisation ist die von Ernst Mohnike geführte "Jugend- und Bildungsstätte Klingberg" in Schabeutz an der Ostsee, wo die Reichen ihre Villen haben. Die Bildungsstätte wurde in den siebziger Jahren mit Zuschüssen aus dem Zuschlags-Aufkommen der Jugend-Briefmarken der Deutschen Bundespost (Stiftung Deutsche Jugendmarke) und des Hamburger Senates gebaut. Hier finden zahlreiche neofaschistische Theorieseminare statt, aber auch "Rüstzeiten" für Zivildienstleistende in Zusammenarbeit mit dem DPWV. Die Zivildienstleistenden allerdings wissen nichts von den politischen Hintergründen. Klingberg soll nach dem Willen der DUR zu einem Altersruhesitz für "Deutsche Unitarier" werden, wenn die Zweckbindung, die durch die Finanzierung aus Mitteln der Jugendwohlfahrtspflege bedingt ist, ausläuft. So kommen alte Nazis an ein staatlich gefördertes Altenheim. Die gänzlich überalterte Mitgliederstruktur der DUR macht sich auch in den Aktivitäten des "Hilfswerks" bemerkbar, das bereits heute zu einem großen Teil Altenarbeit betreibt.

Die DUR als eingetragener Verein selbst ist seit 1971 Mitglied des "Paritätischen Bildungswerkes" (PBW), in dessen Landesverband Nordrhein-Westfalen auch Werner Georg Haverbecks "Collegium Humanum" Mitglied ist. Die DUR-Zweigorganisation "Unitarische Akademie e. V." (UA) mit Sitz in Hamburg ist ebenfalls Mitglied des PBW und des DPWV. Die UA - zeitweise unter der Regie Eberhard Achterbergs und der Kuratel von Wolfgang Deppert und Oskar Hegels - tritt mit Vortragsveranstaltungen und Schriftenreihen an die Öffentlichkeit, in denen die führenden "Deutschen Unitarier" ihre Ideologie verbreiten. Die politische Ausrichtung der UA zeigen Vorträge des SS-Funktionärs Alarich Augustin ebenso wie eine Einladung an den Chef des Kasseler "Thule-Seminars", Pierre Krebs, zu einer UA-Tagung. Krebs führt in den achtziger Jahren auch bei der später verbotenen "Nationalistischen Front" (NF) Schulungen durch und läßt sich in einem NF-Hemd fotografieren. Auch Günter Pahl gehört zu den wiederkehrenden Referenten der UA. Die Klingberger "Jugend- und Familienbildungsstätte" und die DUR-Zweigorganisation "Freie Akademie" sind ebenfalls Mitglied im PBW. Ernst Mohnike sitzt im Bundesvorstand des PBW und im Beirat des Bundes-DPWV. Der BDUJ hat beim "Paritätischen Jugendwerk" (PJW) 1991 einen Aufnahmeantrag gestellt.

Von der "Landesweiten Konferenz der antifaschistischen Initiativen und Organisationen Nordrhein-Westfalens" wird die Forderung nach einem Ausschluß der "Deutsche Unitarier"-Organisationen aus dem DPWV und dem PBW gefordert. Ein Beispiel hierfür bietet der Ausschluß des "Schlesischen Sozialwerkes" aus dem DPWV-Landesverband Bayern wegen ausländerfeindlicher Äußerungen 1991. In den DPWV-Landesverbänden Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben sich DPWV-Arbeitsgruppen gebildet, die die "Deutschen Unitarier" überprüfen, jedoch bisher nicht zu einem Ergebnis gekommen sind. Insbesondere in Schleswig-Holstein bestehen starke Tendenzen, die DUR-Zweigorganisationen wegen ihres Neofaschismus auszuschließen. Dagegen macht sich vor allen der DPWV-Bundesvorsitzende Dieter Sengling stark, ehemals Leiter des Jugendamtes der Stadt Münster und heute an der Universität Münster Professor für Erziehungswissenschaft. Ihm zur Seite steht der DPWV-Hauptgeschäftsführer Klaus Dörrie, der 1988 in einem Brief an Ernst Mohnike meinte, man könne die Ausschlußforderungen "nicht einfach unter den Teppich kehren", deshalb werde - gewissermaßen, um die Form zu wahren - eine "Prüfgruppe" eingesetzt, die einen "Prüfbericht" über die "Deutschen Unitarier" erarbeiten ließ. Der Bericht, der unter Ausschluß der Öffentlichkeit von DPWV-Funktionären und "Deutschen Unitariern" erarbeitet wurde, gibt ausschließlich und einseitig die Ansichten und Legenden der DUR-Funktionäre wieder und kursiert in mehreren Versionen, die der DPWV je nach Anfrage auch unterschiedlich verschickt. Eine Version stützt sich sogar auf die Inhalte eines "ub"-Artikels des ehemaligen NPD- und DUR-Aktivisten Peter Bahn, ohne diesen allerdings zu nennen.

In dem "Prüfbericht" und in weiteren öffentlichen Erklärungen lehnt der DPWV den Ausschluß der DUR und ihrer Zweigorganisationen ab. Da sich etliche DPWV-Mitgliedsorganisationen jedoch damit nicht zufrieden geben und in ihren Reihen neofaschistische Organisationen nicht dulden wollen, bestehen sie auf weitergehenden Prüfungen unter Einschluß der Antifaschisten. Um dies zu verhindern, versendet Sengling im September 1991 in autoritärer Weise einen Brief an die Vorsitzenden der DPWV-Landesverbände, in dem er diese fast nötigt, sich in allen Auseinandersetzungen um die "Deutschen Unitarier" ausschließlich auf den "Prüfbericht" des Bundesvorstandes zu beziehen. Kritik daran läßt er nicht gelten, will sie gemeinsam "mit dem Präsidium der Religionsgemeinschaft der Unitarier" ausräumen - ein Verfahren, daß die DPWV-Basis mehr beunruhigt statt befriedet hat. "Ich empfehle Ihnen also dringend", so Sengling in seinem Brief, "anstelle weiterer Debatten den Kritikern den Bericht zur Verfügung zu stellen und selbstverständlich auch den Mitgliedsorganisationen, deren Zweifel durch fragwürdige Praktiken immer wieder neu geschürt werden. Das Studium dieses Berichtes sollte eigentlich Klarheit geben können." Gemeinsam mit Sengling und Dörrie ist es vor allem die stellvertretende nordrhein-westfälische DPWV-Landesvorsitzende Else Rieser, Ehefrau des langjährigen Präsidenten des DUR-nahen "Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands" (BFGD) Armin Rieser, die die "Deutschen Unitarier" abschützt. So verschickt auch Else Rieser Briefe an Mitgliedsorganisationen, in denen sie diese auf den "Prüfbericht" des DPWV zu verpflichten versucht. Das Ehepaar ist persönlich befreundet mit dem DUR-Ideologen Hubertus Mynarek.

Als zweite bedeutende Organisation neben dem BFGD ist die DUR Gründungsmitglied des "Deutschen Volksbundes für Geistesfreiheit" (DVfG), einer überwiegenden Nazi-Gründung, die 1949 als Dachverband rechtsextrem beeinflußter oder nazistischer religiöser Gruppen gegründet wird. Ausgangspunkt ist wiederum ein Treffen auf dem Berg Klüt bei Hameln, wo im Mai 1949 Herbert Böhme, der Rassist Gerhard von Frankenberg - der erster Präsident des DVfG wird - und der Begründer der später als NSDAP-Nachfolgeorganisation verbotenen "Sozialistischen Reichspartei" (SRP), Gerhard Krüger, die Gründung des DVfG verabreden. Die Organisation wird dann im Oktober 1949 in Wiesbaden aus der Taufe gehoben. (470)

Die DVfG-Gründung ermöglicht es, die NS-Propaganda unter dem Deckmantel der verfassungsmäßig gesicherten Freiheit der Religionsausübung insbesondere durch die Einbeziehung des mitgliederstarken BFGD breiter abzusichern. Hier wird wiederum nach dem Modell verfahren, das Wilhelm Hauer 1933 erprobte. Auch zwei von Ludendorffern dominierte Organisationen schließen sich dem DVfG an, dessen Mitgliedsverbände allerdings bis auf die DUR, den BFGD und die "Eekboom-Gesellschaft" ständig wechseln. 1991 schließen sich zu diesen dreien noch die "Freigeistige Aktion/Deutscher Monistenbund" und der "Deutsche Freidenkerverband" dem DVfG an, der sich nun "Dachverband freier Weltanschuungsgemeinschaften" (DFW) nennt. Die DUR-Vizepräsidentin Christa Kramer, vormals Pressesprecherin den DVfG, gehört nun dem DFW-Vorstand an.

Einer der ersten Akte des DVfG 1949/1950 sind Protesttelegramme gegen die Verurteilung der Mathilde Ludendorff in der bayrischen Entnazifizierungs-Spruchkammer. (471)

Präsident von DVfG war zuletzt Fritz Bode, jetzt Präsident des DFW. Durch seine Kontakte zum SPD-Kirchenreferenten Rüdiger Reitz erreicht Bodes es, die SPD-Abgeordnete und ehemalige Juso-Bundesvorsitzende Heidemarie Wiezcorek-Zeul als Festrednerin zum vierzigjährigen Bestehen des DVfG zu gewinnen. Vorgänger Bodes als DVfG-Chef ist Joachim Firgau, ein Rassist und Anhänger des NS-nahen Organizisten Willy Hellpach, dessen pantheistische Ideen auch in der DUR rezipiert werden. Firgau publiziert über Hellpach in DUR-Zeitschriften. Die "braune Prinzessin Marie-Adelheid Reuß-zur Lippe bekennt sich 1977 in "glaube und tat" zur Freundschaft mit Firgau, der aus dem militanten Teil der völkischen Bewegung stammt. Seine frühere Organisation "Freischar Schill" diente in den zwanziger Jahren als Auffangbecken für verbotene antirepublikanische Freikorps um den Putschisten Kapitän Hermann Ehrhardt und bestand überwiegend aus NSDAP-Mitgliedern. Ehrhardt selbst hatte bereits ab Januar 1919 dem putschistischen Kapp-Ludendorff-Kreis in Berlin angehört, in dem auch Ernst Graf von Reventlow saß. Der Kapp-Ludendorff-Kreis hatte damals intensive Kontakte zur Münchner "Thule-Gesellschaft" und ihrem "Kampfbund Thule", aus dem das berüchtigte "Freikorps Oberland" des Thule-Hauptmanns Beppo Römer entstand. Jahrzehnte später, in den achtziger Jahren, beziehen sich die "Deutschen Unitarier" positiv auf den Nationalrevolutionär Ernst Niekisch, der am Ende der zwanziger Jahre mit dem "Freikorps Oberland" politisch zusammengearbeitet hatte. Auf Niekisch beziehen sich die "unitarischen blätter" in den achtziger Jahren, auch der DUR-Referent Henning Eichberg ist ein Anhänger Niekischs. Firgau arbeitete bereits in der DG mit Hauer zusammen. (472)

Die 1947 gegründete "Eekboom-Gesellschaft e. V." (EG) heißt bis 1956 "Vereinigung für freigläubige Feiergestaltung" und erinnert damit an die Abteilung "Volkskunde und Feiergestaltung" des NSDAP-"Amtes Rosenberg", in dem der "glaube und tat"- und "NS-Monatshefte"-Autor Thilo Scheller Mitarbeiter war. Das Zeichen der EG ist ein Eichenbaum, dessen Wurzeln der stilisierten Irminsul entsprechen. Die EG-Aktivisten sind überwiegend auch in der DUR aktiv, die DUR-Prominente Lotte Huwe - die dann auch in Böhmes "Klüter Blätter" des DKEG schreibt - gehört dem Gründungsvorstand der EG an, sie selbst, Gerhard von Frankenberg und Lothar Stengel-von Rutkowski sind "Ehrenmitglieder". Bei der EG erscheinen Bücher von Fritz Castagne, Huwe und Stengel sowie der "Freie Akademie"-Aktivistin und Hauer-Biographin Margarete Dierks. Bücher von Hauer, Hunke und Mynarek werden über den EG-Bücherdienst vertrieben, die DUR unterstützt die EG durch Anzeigen und Veranstaltungshinweise in ihren Zeitschriften. Der EG-eigene "Eekboom-Verlag" wirbt aber auch 1957 in "Nation Europa". Die EG-Schriftenreihe "homo humanus aktuell" bzw. "homo humanus Jahrbuch" lebt nur von den Beiträgen der DUR-Prominenz: Eberhard Achterberg, Ralf Abel, Wolfgang Deppert, Kriemhild Klie-Riedel, Helmut Kramer, Hubertus Mynarek oder Ernst Mohnike sind in den achtziger Jahren hier ständig wiederkehrende Autoren. Auch der spätere "Auschwitz-Zweifler" Dietrich Bronder, hier noch beim BFGD, kommt darin zu Wort, ausgerechnet zum Thema "Sterbehilfe". Teilweise werden hier dieselben Themen behandelt, die auch die "unitarischen blätter" bringen. Eine von der EG 1966 herausgebrachte Schrift "homo humanus. Beiträge zum Bild des Menschen und der Welt", die unter Mitwirkung von Fritz Castagne, Sigrid Hunke, Erich Keller, Gerhard von Frankenberg, Margarete Dierks und Lotte Huwe erscheint, bringt einen Beitrag von Werner Georg Haverbeck über "Das Ziel der Technik - Die Menschwerdung der Erde". Jahrelang ist Fritz Bode in Personalunion Chef der EG und "Schriftleiter" von "homo humanus". (473)

Zeichen der "Eekboom-Gesellschaft": Stilisiert oben der Eichenbaum,
unten die Irminsul.

Die "Freie Akademie e. V." (FA) mit Sitz in Wiesbaden wurde 1956 von Wilhelm Hauer gegründet, den Lothar Stengel-von Rutkowski als Präsidenten später ablöste. Es ist eine fast reine Nazi-Organisation, die sich besonders an Naturwissenschaftler wendet und in der Öffentlichkeit als seriöse wissenschaftliche Denkfabrik mißverstanden wird. Der heutige Präsident der FA ist Jörg Albertz, 1975 Professor für Fernerkundung und Photointerpretation an der Technischen Hochschule Darmstadt - einer Militär- und Weltraum-Wissenschaft also -, seit 1979 Professor für Photogrammetrie und Kartographie an der Technischen Universität Berlin. Albertz ist in den achtziger Jahren in Personalunion Vizepräsident der DUR und bereits in den sechziger Jahren in der DUR aktiv. "glaube und tat" zeigt ihn 1965 mit Photo im freundschaftlichen Gespräch mit der Nazi-Prinzessin Reuß-zur Lippe, 1967 ist er "stellvertretender Redakteur" von "g+t".

Im Präsidium der FA sitzt lange der NS-Philosoph Hans Grunsky, "Sektionen" der FA leiten der EG-Vorsitzende Fritz Hermann, Castagne, Stengel und Ehrlicher. Die FA-Zeitschrift "Wirklichkeit und Wahrheit" bezieht sich in den sechziger Jahren auf Erwin Guido Kolbenheyer, hier schreibt Eberhard Achterberg über Bernhard Kummer, Gedichte des Nazi-Autors Erich Limpach werden abgedruckt und es wird für Bücher Herbert Böhmes und Gerhard Schumanns geworben. In der FA trifft sich dieselbe Nazi-Rosenberg-und SS-Szene wie in der DUR, diese Kontinuität ist bis heute ungebrochen. Castagne betreut in Kiel die Studentengruppe der FA, deren Postadresse 1963 Wolfgang Depperts Privatwohnung ist. Bei solchen Netzen ist es nicht erstaunlich, daß die Zeitschriften der DUR, aber auch der "Humanist" des BFGD, immer wieder für Veranstaltungen und Veröffentlichungen der FA werben. Bei der FA treten in den achtziger Jahren Mynarek, Deppert, Dierks, Haverbeck, Kahl oder der Stengel-Sohn Witigo Stengel-Rutkowski - wie er sich nennt - auf. Kahl und Mynarek gehören neben Ossip Flechtheim und dem Mannheimer Philosophen Helmut Spinner dem "Wissenschaftlichen Beirat" der Organisation an.

1990 kommt es im Vorfeld einer FA-Tagung mit integrierter Mitgliederversammlung, die in den Räumen der Bonner Akademie der "Deutschen Landjugend" des "Deutschen Bauernverbandes" stattfindet, zu Protesten der "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus". Die Räume waren der FA von Armin Rieser vermittelt worden, der mit seiner Frau Else in der Nähe der Landjugend-Akademie wohnt. Es kommt zu einem öffentlichen Eklat, in den sich der Bauernverbands-Präsident Constantin Freiherr von Heeremann einschaltet: Er mißbilligt die Veranstaltung, weil er seine Organisation nicht im Zusammenhang mit dem Reichbauernführer Darré und dem "Blut und Boden"-Umfeld sehen möchte. Hier will sich nun das DUR-Umfeld in recht luxuriöser Umgebung und unerkannt zu den Themen "Volk und Nation", "Volkstumsbewußtsein" und "Nationale Identität" unter der "wissenschaftlichen Tagungsleitung" von Hans-Dietrich Kahl Vorträge von Wolfgang Deppert und Margarete Dierks anhören.

Dierks ist eine der Hauptorganisatorinnen der FA. Als enge Freundin Hauers hat sie eine affirmative Biographie dieses nazistischen Religionswissenschaftlers verfaßt. Die auch in der DUR aktive "Lehrbeauftragte für historische Kinderbuchforschung" publiziert in den fünfziger Jahren in "Nation Europa" und tritt bei den neofaschistischen "Lippoldsberger Dichtertagen" des DKEG-Umfeldes auf, die von dem Dichter Hans Grimm veranstaltet werden. So gerät Dierks in die Beobachtung des Verfassungsschutzes. 1938/39 verfaßte sie die antisemitische Dissertation "Die preußischen Altkonservativen und die Judenfrage 1810/1847", in der sie gegen die Judenemanzipation des neunzehnten Jahrhunderts Stellung bezog. (474)

Tod einer Nazisse:


Margarete Dierks lässt sich mit Hühnerfüßchen feiern, die in der DUR gerne im NS-Sinne als "Lebens- und Todesrunen" verwendet werden.
(Abbildung aus "Darmstädter Echo" vom 24. Juli 2010, verkleinert.)

Eine herausragende Tagung der FA findet zum Thema "Evolution und Evolutionsstrategien in Biologie, Technik und Gesellschaft" 1988 in der Berliner "Villa Borsig" statt und wird von der "Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung" unterstützt. Die FA veröffentlicht 1989 die Beiträge der Tagung in Buchform. Sie lassen einen extremen Sozialdarwinismus und Biologismus erkennen, wie er in der "Neuen Rechten" allgemein verbreitet ist. Bemerkenswert ist weniger, daß Jörg Albertz sich in seinem Einführungsvortrag sogleich auf Pierre Teilhard de Chardin und Hubertus Mynarek bezieht. Vor allem hervorzuheben ist der Beitrag des Biologen Hubert Markl - bis 1991 Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft -, der zwar nicht auf der FA-Tagung anwesend ist, der Albertz aber den Abdruck seines Festvortrages zur Gründungsfeier der Berliner Akademie der Wissenschaften in dem Buch über die FA-Tagung genehmigt, weil er inhaltlich so gut hineinpasse.

Markl ist bereits als biologistischer Denker bei der "Siemens-Stiftung" Armin Mohlers hervorgetreten. Auch in diesem FA-Beitrag fehlt es an einer wirklichen Abgrenzung nach rechts. Statt dessen führt er einen "Grenzgang" vor, wie er es nennt, der in ähnlicher Weise wie der "Kampf der Grundwerte" bei Horst Prem zwischen Biologie und Demokratie hin und her schaukelt. Er spielt mit Begriffen wie "Bienenvolk", "Nationalgefühl", "Eigenes und Fremdes", "Volksglaube", "Volkskörper", "Volkskrankheiten" usw., die er zwar selbst als "Minen" bezeichnet, sie jedoch nicht etwa zu entschärfen versucht. Im Umfeld der nazistischen FA gibt es für all dies nur eine einzige Interpretationsmöglichkeit. Am 9. Mai 1992 schreibt Markl in der Zeitung "Bonner General-Anzeiger" anläßlich der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro einen Beitrag über die prinzipielle Unmöglichkeit, Ökonomie und Ökologie auszusöhnen, und über die Notwendigkeit, die Menschheit drastisch zu reduzieren. Nach seinen wiederholten Auftritten im konservativ-revolutionären Umfeld der "Neuen Rechten" kann dies nur noch als Bekenntnis zum Faustischen, zum "Heroischen Realismus" gelesen werden und paßt in der Weise auch zu seinem FA-Beitrag. Man sieht hieran deutlich, wie die Ideologie des pantheistischen Organizismus insbesondere Naturwissenschaftler anzieht, die ihre Eingriffe in die Evolution im Interesse des herrschenden Kapitals philosophisch-weltanschaulich legitimieren müssen. (475)

Eine Zweigorganisation der DUR ist auch die "Sigrid Hunke Gesellschaft e. V." (SHG), die 1973 in Bonn zur Pflege und Verbreitung des Werkes von Sigrid Hunke gegründet wird. Etliche Landes- und Ortsgemeinden der DUR sowie "eine arabische Botschaft" sind laut Vereinsregister beim Amtsgericht Bonn Mitglieder der SHG, die vom Bonner Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist. Ihr erster Vorsitzender wird Otto Wetzel, langjähriger DUR-Landesgemeindeleiter in Nordrhein-Westfalen, seit 1922 als "Arbeiter des Führers" in der NSDAP tätig, seit 1932 für die NSDAP im Reichstag, dann Bürgermeister von Heidelberg. Nach 1945 sitzt Wetzel gemeinsam mit Herbert Böhme im Internierungslager, wo er die DUR-Gründung mitbetreibt, und taucht nach seiner Entlassung in der FDP unter, für die er im Stadtrat des damals selbständigen Bad Godesberg sitzt. Er ruft bei der HIAG zur Wahl der FDP auf, muß die Partei jedoch Mitte der sechziger Jahre nach Bekanntwerden seiner früheren Identität verlassen und schließt sich der NPD an, für die er auch kandidiert. Geschäftsführer der SHG ist Peter Schulze, Hunkes Ehemann, der in den sechziger Jahren im Bundespresseamt arbeitet. Bei der SHG-Gründung verzeichnet ihn das Vereinsregister als "Unterabteilungsleiter, ausgewiesen durch Ministerpaß Reg.-Nr. M 6274". "glaube und tat" bezeichnet Schulze 1967 als "Chef des Planungsamtes im Bundespresseamt". Der Historiker Hagen Schulze ("Die Wiederkehr Europas") ist ihr gemeinsamer Sohn. Die Satzung der SHG verzeichnet zuerst eine Vermögensübergabe bei Auflösung des Vereins an das "Hilfswerk der Deutschen Unitarier e. V.", der Passus wird nach dem angeblichen Ausscheiden Hunkes aus der DUR 1988 gestrichen. (476)

Etliche Hunke-Anhänger, insbesondere ältere Funktionäre, bilden seit 1986 innerhalb der DUR die "Arbeitsgemeinschaft Europas eigene Religion", die inhaltliche Forderungen an die nun von der "Neuen Rechten" beherrschte DUR stellt. Eine bereits länger bestehende Konkurrenz um die inoffizielle Funktion als Chefideologe zwischen der "Ehrenpräsidentin" Hunke und dem "Leiter des Geistigen Rates" Deppert wird nun hochgeschaukelt, weil der engere Hunke-Kreis nicht versteht, daß sich die mittlere DUR-Generation zum vermeintlich "amerikanischen" New Age hinwendet. Die DUR-Spitze - insbesondere Horst Prem - bemüht sich intensiv, den Hunke-Kreis in der DUR zu halten. Doch kommt es 1989 durch den ehemaligen DUR-Präsidenten Karlheinz Küthe und ehemalige Mitglieder des "Geistigen Rates", frühere Landesgemeindeleiter und "ub"-Mitarbeiter zur Gründung des "Bundes Deutscher Unitarier" (BDU), in dem nun auch Hunke aktiv ist. Man trifft sich bisweilen in Haverbecks "Collegium Humanum". Über das Verhältnis von BDU und DUR schweigt sich letztere aus. Es wird vermutet, daß es sich lediglich um eine taktisch begründete Abspaltung im Rahmen der Verschleierungsoffensive der Sekte handelt: Die DUR kann nun darauf verweisen, daß sie sich von der Nazi-Fraktion getrennt habe. Der Vorwurf des Nazismus ginge in Leere. Derart ließe sich der Zugang zu den öffentlichen Geldquellen für die gemeinsame weltanschauliche Bewegung der "Deutschen Unitarier" weiterhin sichern.

Nach den Publikationen des BDU zu urteilen, gibt es keine gravierenden inhaltlichen Differenzen zur DUR, und letztere führt zweieinhalb Jahre nach Hunkes angeblichem Ausscheiden diese in den "ub" immer noch positiv an. Der "Leiter des Geistigen Rates" der DUR, Hans-Dietrich Kahl, meint 1989, Hunkes Arbeitsgemeinschaft "Europas eigene Religion" weise die DUR "auf einen Nachholbedarf hin" - das klingt gar nicht nach Abgrenzung. Im Juni 1991 veranstaltet der BDU in der Nähe von Bad Hersfeld eine Sonnwendfeier mit sechzig bis achtzig Teilnehmern, die er keinesfalls aus eigenem Personalbestand zusammenbekommt. Auf einer Protestveranstaltung des Bad Hersfelder DGB wird eine inoffizielle Beteiligung von "Deutschen Unitariern" vermutet, die weiterhin der in Nordhessen vergleichsweise mitgliederstarken DUR angehören. (477)

Der "Verlag Deutsche Unitarier" ist ein kommerzielles Unternehmen der DUR, das von dem Verlagsleiter des Ravensburger Spiele- und Kinderbücher- Verlages Otto Meyer ("Ravensburger"), Micha Ramm, nebenberuflich betrieben wird. In dem Verlag erscheinen die Hauptbücher der Sekte von Eberhard Achterberg, Thomas Leutkart, Hubertus Mynarek und Bernd Friesmann sowie die "unitarischen blätter". Zusätzlich verkauft der Verlag als Versandbuchhandlung auch Bücher anderer Verlage, die der DUR thematisch nahestehen, so auch das Buch Wolfgang Seiberts aus der "Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen" über die DUR, das die nazistischen Bezüge der Sekte fast gänzlich verschweigt. Auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert sich der DUR-Verlag auf einem gemeinsamen Stand mit der FA und dem BFGD. 1991 werden hier Interessenten mit speziellen Fragen gleich an den Stand des Ravensburger Verlages Otto Meyer GmbH verwiesen, wo Micha Ramm auch in Sachen DUR mal nebenbei gerne Auskunft erteilt.

In der Mitte der Gesellschaft: Prominente für die DUR

Es wurde bereits deutlich, daß die DUR und ihre Zweigorganisationen Verbindungen in alle großen Parteien haben. So ist es keiner Partei möglich, gegen die nazistische Tarnorganisation vorzugehen, ohne sich dann auch den eigenen Verwicklungen stellen zu müssen. Am besten sind die Kontakte zur SPD und zur FDP. Jürgen Möllemann wird als Gast nach Klingberg eingeladen, der SPD-Oberbürgermeister von Wiesbaden Achim Exner, der bereits bei der Vierzig-Jahr-Feier des DVfG die Schirmherrschaft innehat, spricht ebenso Grußworte bei der "Freien Akademie" wie die stellvertretende hessische Landtagspräsidentin Ruth Wagner von der FDP. Solche Grußworte sind bereits 1955 üblich, als der SPD-Oberbürgermeister von Kassel, Lauritz Lauritzen - der bereits zur NS-Zeit eine Juristen-Karriere machte und unter Bundeskanzler Willy Brandt Bundeswohnungsbauminister wird - den "Unitariertag" der Alten Nazis "herzlich Willkommen" heißt. Dem Top-Nazi-Kirchenkämpfer und langjährigen DUR-Präsidenten Karlheinz Küthe wird sogar 1986 vom Gießener SPD-Oberbürgermeister Mutz das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland überreicht, "für seine ehrenamtlichen Tätigkeiten bei den Deutschen Unitariern', dem Volksbund für Geistesfreiheit und der 'Unitarischen Akademie'", wie die "ub" stolz schreiben. Im selben Jahr erscheint das "ub"-Sonderheft zur DUR-Geschichte mit Küthes Bekenntnis zum "Kampfbund Deutscher Glaube".

Auf dem "Unitariertag" 1991 sitzen Vertreter des "Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland" (BUND), von Amnesty International und Greenpeace auf den Podien. Schon 1986 veranstaltet Ernst Mohnike gemeinsam mit Greenpeace und der DUR ein Seminar in Klingberg. Die frühere Greenpeace-Aktivistin und heutige SPD-Umweltministerin von Niedersachsen, Monika Griefahn, ist eine Duzfreundin von Ernst Mohnike, bei dessen Seminar "Ursachen und Folgen der Fortschrittskrise" sie 1989 erneut in Klingberg auftritt, nachdem sie bereits 1986 hier sprach. In Kiel und Saarbrücken legen sich in den achtziger Jahren die Jusos für die DUR-Leute Deppert und Mynarek aus dem Fenster und greifen Antifaschisten an. Im Sommer 1990 spricht der katholische Theologie Hans Küng trotz öffentlicher Proteste beim Weltkongreß der "International Association for Religious Freedom" (iarf), deren Mitglied die DUR ist. Die Hamburger DUR-Gemeinde unter Helmut Kramer bereitet den Kongreß maßgeblich vor, der Hamburger SPD-Wirtschaftssenator Hans-Jürgen Krupp spricht das Grußwort. Sein Sohn Gotthard Krupp ist bereits Mitte der achtziger Jahre bei den Nationalrevolutionären um Rolf Stolz aktiv, wo man auch den "Deutschen Unitarier" Peter Bahn antrifft. In der "iarf" vertreten Elke Schlick-Lazarraga und Heinz-Dieter Schlingelhof die DUR. Schlick-Lazarraga ist eine Sektenaktivistin bereits aus den fünfziger Jahren, die jahrelang auch das obskure "Auslandsamt" der DUR betreut. Der stellvertretende Vorsitzende der deutschen Sektion der "iarf" Schlingelhof, der 1990 Stengel-von Rutkowski in die Kasseler DUR-Gemeinde zum Thema "Gentechnik" einlädt, ist ein Anhänger Hunkes und erklärt zum Thema "Antisemitismus": "War denn alles, was Martin Luther dereinst zu Papier gebracht hatte, deshalb reine Dummheit oder Verwerflichkeit, nur weil er sich auch einmal sehr negativ über Juden äußerte? 'Nobody is perfect' - oder 'Irren ist menschlich'". Auschwitz: "Nobody is perfect"? Mord an mehr als sechs Millionen Menschen: Da hat man sich eben mal "geirrt"? (478)

Wie man Leichtgläubige fängt: Die DUR-Agitatorin Schlick-Lazarraga wirbt auf ihrem Buch über die Geschichte der "iarf" mit dem Yin-und-Yang-Zeichen.

In Hamburg, wo die DUR in der U-Bahn mit Plakaten wirbt und das "Hilfswerk" die Unterstützung des SPD-Sozialsenators genießt, läßt sich die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ursula Caberta - heute "Sektenbeauftragte" des Hamburger Senats - bei ihren Aktivitäten gegen die konkurrierende "Scientology"-Sekte ausgerechnet vom DUR-"Justitiar" Ralf Abel beraten und beauftragt ihn 1991 mit der Bearbeitung ihrer Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen die "Scientology Church". In Kiel vertritt der prominente CDU-Rechtsanwalt Trutz Graf Kerssenbrock Deppert in einem Prozeß gegen einen Antifaschisten und verliert. In Bonn vertritt der prominente CDU-Anwalt Ludger Westrick junior den DUR-Präsidenten Prem gegen Antifaschisten und verliert. Westricks Vater war Staatssekretär von Ludwig Erhard, Nachfolger des schwer NS-belasteten Hans-Maria Globke im Bundeskanzleramt und unter Kanzler Erhard Kanzleramtsminister, als Hunkes Ehemann hier arbeitete. Westricks Onkel war "Wehrwirtschaftsführer" der Nazis. Lokale Parteigrößen treten vor allem in Schleswig-Holstein immer wieder bei DUR-Veranstaltungen auf, z. B. vor Wahlen 1990 unter dem Motto "Unitarier fragen - Politiker antworten."

Die guten Verbindungen des früheren BDUJ-Funktionärs Helmut Lölhöffel zur Spitze der SPD-Bundestagsfraktion sind in Bonn bereits sprichwörtlich. Die DUR-Propagandistin und stellvertretende nordrhein-westfälische DPWV-Landesvorsitzende Else Rieser arbeitet im Büro der Fraktionsgeschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Gerlinde Hämmerle, Bundestagsabgeordnete von Karlsruhe. Der Sohn von Georg Pick, Eckhart Pick, ist Unterbezirksvorsitzender der SPD Mainz und Bundestagsabgeordneter von Mainz. Voller Stolz weist er 1993 in dem biographischen Werk "Wer ist Wer? Das deutsche Who's Who" auf seinen Vater als "Pfarrer" der Freireligiösen in Mainz hin; Georg Picks Rolle bei der Gründung der nazistischen DG wird selbstverständlich nicht erwähnt. Eckhart Pick versteht sich selbst als parlamentarischer Arm der Freireligiösen, wenn er als einziger der 662 Abgeordneten im Bundestagshandbuch auf sein Bekenntnis als "Freireligiöser" hinweist.

Dokumente einer Veränderung, nachdem Antifaschisten die Nazi-Hintergründe der Freireligiösen publik machten:


Oben: Bundestagshandbuch 1994   Lupe 1 

Oben: Bundestagshandbuch 1998   Lupe 2

Als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz der Regierung Gerhard Schröder (1998-2002) gibt Eckhart Pick seine "Freie Religion" neuerdings nicht mehr an. Das Bekenntnis "freireligiös", bis zur Wahl 1998 stolz in seiner Biographie im Bundestagshandbuch aufgeführt, in dem sich die Abgeordneten dem Volk vorstellen, fehlt ab der neuen Legislaturperiode 1998.

Was Freireligiöse zu verbergen haben - zum Beispiel, wie Georg Pick seinen Adolf Hitler zum Gott ausrief -, verraten der KONKRET-Artikel "Führer Unser" von Peter Kratz vom Januar 1998 und das BIFFF...-Flugblatt "Nazi-Propaganda und Geschichtsfälschung" von Dezember 1998.

Die gute Beziehung gerade zu SPD-Prominenten hat Tradition. Otto Heinrich Greve, SPD-MdB aus Hannover von 1949 bis 1961 und von 1958 bis 1960 Vorsitzender des Bundestags-Ausschusses für die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts, vorher Mitglied des Parlamentarischen Rates zur Erarbeitung des Grundgesetzes, tritt im Oktober 1955 beim Bundeskongreß des DVfG vor lauter alten Nazis als antiklerikaler Redner auf. Sein Nachfolger im Vorsitz des Wiedergutmachungs-Ausschusses, Gerhard Jahn, Bundestagsabgeordneter von Marburg, später Bundesjustizminister und dann Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, entschuldigt sich in letzterer Funktion im April 1990 bei der DUR-Vizepräsidentin Christa Kramer für eine parlamentarische Antrage eines SPD-Abgeordneten über die nazistischen Hintergründe der DUR und der "Freien Akademie". Den Brief Jahns legt Rechtsanwalt Ludger Westrick junior am 21. August 1990 dem Bonner Landgericht im Prozeß gegen einen Antifaschisten als Leumundszeugnis für seinen Mandanten Horst Prem vor. (479)

Der langjährige Vorsitzende des SPD-Landesverbandes Bayern und Bundestagsabgeordnete Rudolf Schöfberger stellt sich direkt vor die DUR. In einem Brief vom April 1990 an den DUR-Landesgemeindeleiter in Bayern, Volker Dietrichkeit, schreibt Schöfberger mit dem Bundesadler-Briefkopf als MdB an den "lieben Volker": "Deine mir übergebenen Unterlagen habe ich gelesen. Ich mußte feststellen, daß jeglicher Vorwurf der Rechtslastigkeit gegen Eure Glaubensgemeinschaft absurd wäre." Den Brief legt die Sekte in dem Berliner Prozeß gegen Antifaschisten als Beweismittel und Leumundszeugnis vor. Kurz vor der Landtagswahl 1990 fürchtet Schöfberger dann doch wohl einen öffentlichen Eklat und schreibt - nun mit dem Briefkopf der SPD Bayern als Landesvorsitzender - einen neuen Brief an Dietrichkeit, in dem den Eindruck erweckt, von der DUR getäuscht worden zu sein, und meint, er hätte "sicherlich schon damals ein anderes Urteil abgegeben", wenn ihm die Nazi-Verbindungen der DUR bekannt gewesen wären. Im Berufungsverfahren des zweiten Prem-Prozesses gegen Antifaschisten vor dem Oberlandesgericht Köln, das wiederum die Antifaschisten gewinnen, legt der inzwischen zurückgetretene ehemaligen DUR-Präsident dann ein neues Schreiben des inzwischen nicht mehr zu Wahl angetretenen ehemaligen SPD-Landesvorsitzenden Schöfberger an den "lieben Volker" vor - diesmal wieder mit Bundesadler-MdB-Briefkopf, Datum 26. Februar 1991 -, in dem der Mann mit den zwei (Brief-) Köpfen nun noch einmal seine Meinung ändert: "Ich habe mich weder mündlich noch schriftlich jemals von den Deutschen Unitariern distanziert." (480)

Holger Börner, SPD-MdB von Kassel, dann Bundesgeschäftsführer seiner Partei, Ministerpräsident von Hessen und heute Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, tritt 1974 bei einem DUR-Seminar als Redner auf. Sein Text wird auszugsweise in "glaube und tat" abgedruckt. Einige Seiten vorher ist die Rede Stengel-von Rutkowskis vom "Unitariertag" 1973 in Detmold abgedruckt, eine Aufruf "Rudolf Heß jetzt 80 Jahre alt und immer noch im Kerker! Wo bleibt die Amnesty International?", und es wird über den "Befehlsleiter" im NSDAP-"Amt Rosenberg", Helmut Stellrecht, geschrieben. Was dort nicht steht, weil die "Deutschen Unitarier" es ohnehin wissen: Stellrecht hatte schon 1923 Kontakte zur NSDAP, war 1932 hauptamtlicher Funktionär in der Reichsleitung der NSDAP, 1933 bis 1939 Obergebietsführer der Reichsjugendführung als Leiter des "Amtes Wehrerziehung", ab 1941 Stabsleiter des NSDAP-"Amtes Rosenberg" und damit zweiter Mann hinter dem Nazi-Chefideologen. 1974 erscheint im Grabert-Verlag Stellrechts apologetische Biographie über Adolf Hitler. Im selben Jahrgang, in dem "glaube und tat" Stellrecht den Lesern anpreist, erscheint Leutkarts "Ich bin Gott"-Artikel über Schöll, aber Börner merkt nichts oder will nichts merken. Er gibt den "unitarischen blättern" 1988 bereitwillig ein Interview, in dem er seine Unterstützung für die DUR-Umweltpolitik erklärt. Von der "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus" auf die nazistischen Hintergründe der DUR hingewiesen, antwortet er in barschem Ton und nimmt die Sekten-Mitglieder in Schutz: "Ich gehöre den Unitariern selbst nicht an, weiß aber, daß viele mir bekannte SPD- und FDP-Mitglieder in der Kasseler Gemeinde der Unitarier mitwirken. So ist mir beispielsweise Herr Heinz Ludwig, der sich bei den Unitariern engagiert, seit über dreißig Jahren als Kasseler Stadtverordneter und als aktiver und integrer Demokrat bekannt." Ludwig ist in Wahrheit seit den fünfziger Jahren ein herausragender Funktionär der DUR, seit sich die nazistische "Gemeinschaft der Göttgläubigen" in Kassel der DUR angeschlossen hat. Er trägt seit dieser Zeit den Nazismus der DUR mit und ist als langjähriger Mitarbeiter der "unitarischen blätter" in den achtziger Jahren auch für den Abdruck von positiven Artikeln über die antisemitische Fanatikerin Mathilde Ludendorff oder für das rassistische Anti-Ausländer-Heft der "ub" politisch mitverantwortlich. Noch Ende 1987 schreibt Ludwig in den "ub": "Die Frauen und Männer, die 1946/47 mutig begannen und die, dabei oft persönliche Nachteile bewußt in Kauf nehmend, nicht bereit waren, zu 'Kreuze zu kriechen', schufen die Grundlagen unserer Gemeinschaft." (481)

Hans Eichel, SPD-Ministerpräsident von Hessen, vorher Oberbürgermeister von Kassel, schreibt im Mai 1993 - kurze Zeit, bevor Wolfgang Juchem auf dem Neonazi-Marsch in Fulda und im DUR-Haus in Hamburg spricht - das "Grußwort zum Unitariertag 1993". Mit hessischem Staatswappen, Eichel-Foto und -Unterschrift erscheint es im Programmheft des Kongresses, vor den Ankündigungen der Feierstunden des Günter Pahl und der Vorträge von Anneliese Müller, Kriemhild Klie-Riedel, Bernhard Achterberg, Helmut Kramer, Christa Kramer, Hans-Dietrich Kahl, Heinz-Dieter Schlingelhof, Jörg Witzel, des "Nation Europa"-Autors Holger Schleip und der Vertreter der DUR-Erbgeneration, Rudolf Beinhauer junior und Hartmut Hegels, um nur einige zu nennen.

"Meine guten Wünsche", schreibt Eichel, "gelten der Bewältigung der Aufgabe, die Sie sich als Religionsgemeinschaft der Deutschen Unitarier gestellt haben. ... Angebote religiöser Lebensgestaltung sind für die Gesellschaft von herausragender Bedeutung. Weil der Staat der religiös-weltanschaulichen Neutralität verpflichtet ist, kann er nur auf das Ethos zurückgreifen, das von den gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere den Kirchen und Religionsgemeinschaften, getragen ist. So lebt er - um ein berühmt gewordenes Wort aufzugreifen - von Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann. In diesem Sinne begrüße ich alle Teilnehmer des Deutschen Unitariertages 1993 mit Herzlichkeit." Wenn Eichel recht behält, dann steht dem demokratischen Gemeinwesen der Bundesrepublik Deutschland ja noch einiges bevor. Das "Bonner Institut für Faschismus-Forschung und Antifaschistische Aktion" (BIFFF...) schickt Eichel daraufhin ein Kilo Informationen über die DUR. Der Pressesprecher der hessischen Landesregierung, Erich Stather, antwortet im Juli 1993 dem BIFFF: "Nach meinen Informationen haben selbst die Nachforschungen des Landes Nordrhein-Westfalen ergeben, daß Ihr Vorwurf, die Unitarier seien eine 'Nazi-Sekte', nicht berechtigt ist."

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Neues Denken - Neue Mitte.
Heute gehört uns Europa und morgen ...
Dokumente eines neuen Selbst-Bewußtseins: Hunke-Buch von 1989 mit dem Untertitel "Bewußtseinswandel und Zukunftsperspektiven" (links), SPD-Wahlplakat von 1990 (rechts).

Im Februar 1991 schreibt der nordrhein-westfälische Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Hermann Heinemann, im Rahmen der Prüfung der Anerkennung des BDUJ als Träger der freien Wohlfahrtspflege an eine SPD-Landtagsabgeordnete: "Der Innenminister NW hat mir zwischenzeitlich mitgeteilt, daß ihm ... über die Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft Hinweise zugegangen seien, die als Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinne des  4 VSG NW anzusehen seien. Er sei daher in eine nähere Prüfung eingetreten." Im November 1993 - nach dem Auftritt Juchems im DUR-Haus und nach dem Rücktritt Winters von den FWG-Funktionen - schreibt dann Innenminister Herbert Schnoor: "Ich bin nach sorgfältiger Abwägung zu dem Ergebnis gekommen, daß von den 'Unitariern' keine Bestrebungen oder Tätigkeiten ausgehen, die darauf gerichtet sind, einen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehörenden Verfassungsgrundsatz im Sinne des Paragraphen 3 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (VSG NW) zu beseitigen. ... In die Bewertung einzubeziehen war das Gutachten einer Prüfgruppe 'Unitarier' im Auftrage des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes vom Herbst 1990. ... Der Paritätische Wohlfahrtsverband wie auch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales wurden dementsprechend unterrichtet." (482)

Angesichts solcher Verbindungen ist es nur folgerichtig, daß die DUR im Rahmen der Sendezeit für freireligiöse Sekten ab den fünfziger Jahren ihre Propaganda auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiten darf.

So funktionieren spirituell-politische Seilschaften im "Neuen Zeitalter".
 

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Anmerkungen:

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(463)
Prem zit. n. "Blick", Juni 1991. Kramer in "ub" 1991, S. 25.

(464) Kahl 1989b, S. 3. Leutkart in "g+t" 1974, S. 335-338. Hunke 1969, S. 478 f.
(465) Vgl. von See 1975, S. 13. Zur Siemens-Stiftung vgl. Kratz 1991b.
(466) Witzel in "ub" 1989, S. 200 ff.
(467) Prem in "ub" 1989, S. 216-220.
(468) Vgl. U. Hunger: Die Runenkunde im Dritten Reich. Ein Beitrag zur Wissenschafts- und Ideologiegeschichte des Nationalsozialismus, Frankfurt a. M. 1984. Zum "Jul-Leuchter" vgl. J. Ackermann: Heinrich Himmler als Ideologie, Göttingen 1970, S. 72 ff.
Daß auch die DUR ihr Zeichen als Hagalsrune sieht, trotz aller absurden Interpretationen Depperts in die Richtung des Christogramms, mit denen er die Öffentlichkeit zu täuschen versucht, zeigt die unter Depperts Regie herausgebrachte Kieler DUR-Zeitschrift "Blick" vom Juni 1991, in der Rolf Hoffmann schreibt: "Das Ganze, das Heile versinnbildlicht die HAGAL-Rune". Vgl. "ub" 1987, S. 142, wo sich Baldur Springmann ähnlich äußert.
(469) Zu Jefferson vgl. H. Prem: Aus unserer Gemeinschaft, in: "ub" 1991, S. 137; auch bereits Hunke, 1969, S. 478; dies., 1974, S. 157 f: "Der Unitarismus - Wurzel der modernen Demokratie". Deppert 1990, S. 142. Zu Darré/Jefferson vgl. Bramwell, S. 187.
(470) Vgl. Tauber, S. 652-656, S. 1270.
(471) Vgl. "ub" 1978, S. 210.
(472) Zu Firgau als "Erbbiologe" vgl. "Materialien und Informationen zur Zeit", Nr. 1/1978, S. 15.
Zu Willy Hellpach vgl. H. Grundlach: Willy Hellpach; Attributionen, in: C. F. Graumann, a. a. O.; J. Ritter u. K. Gründer, a. a. O., S. 1344; "glaube und tat"-Sonderheft über Hellpach, Nr. 2/1977; von H.-J. Firgau herausgegeben: Willy Hellpach 1877-1955. Tedeum. Laienbrevier einer Pantheologie, München 1977.
(473) Zu Scheller vgl. Hunger, S. 119.
(474) Zu Dierks auf den Dichtertagen vgl. M. Jenke: Verschwörung von rechts?, Berlin 1961, S. 365. Jenke ist ein ehemaliger Verfassungsschutzpräsident. Nanko, der sich in seinem Buch über die DG auf die Hauer-Biographie von Dierks stützt, kennt weder deren Dissertation noch ihre Verstrickungen in den Neofaschismus.
(475) J. Albertz (Hrsg.): Evolution und Evolutionsstrategien in Biologie, Technik und Gesellschaft. Schriftenreihe der Freien Akademie, Band 9, Wiesbaden 1989. Zu Markl bei der Siemens-Stiftung vgl. Kratz 1991b.
Der ehemalige Besitzer der "Villa Borsig", der Industrielle Ernst von Borsig, gehörte zu den Finanziers der NSDAP. In der Villa soll zukünftig der Bundeskanzler untergebracht werden.
(476) Zu Wetzel vgl. H. Hoffmann: Im Gleichschritt in die Diktatur. Die nationalsozialistische 'Machtergreifung' in Heidelberg und Mannheim, 1930 bis 1935, Frankfurt a. M. 1985, S. 162, S. 208; Jenke, S. 440; Tauber, S. 913 f.
(477) Hunke in "ub" 1991, S. 84. Kahl 1989b, S. 44.
(478) Schlingelhof in einem Brief an die "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus" vom 30. 12. 1989, Brief im Archiv des BIFFF.
(479) Zu Eckhart Pick vgl. "Wer ist Wer?", Ausgabe 1992/93, Lübeck 1992, S. 1044; Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag, Rheinbreitbach 1992, S. 191. Zu Greve vgl. Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.): Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1982, Bonn 1983, S. 576.
(480) Alle Briefe im Archiv des BIFFF.
(481) Zu Stellrecht vgl. Kratz 1991b, S. 216. Börner in einem Brief an Verf. vom 15. 3. 1990, Brief im Archiv des BIFFF. Ludwig in "ub" 1987, S. 204.
(482) Eichel zit. n. Programmheft des Unitariertages 1993. Briefe von Stather, Heinemann und Schnoor im Archiv des BIFFF.


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